Gnaeus Domitius Corbulo

Gnaeus Domitius Corbulo (ca. 7 n.Chr.- 67n.Chr.)

Gnaeus Domitius Corbulo

(7-67 n. Chr.)

 

Corbulo wurde im Jahr 7 n. Chr. in die Oberschicht des römischen Reiches hinein geboren.

Seine Familie lebte in Italien und entstammte den Senatorenkreisen. Zur Veranschaulichung:

Zur Zeit des Augustus brauchte man, um in Senator zu werden, eine Million Sesterzen.

Während dessen war für einen Normalbürger ein einziger Sesterz richtig viel.

Corbulos gleichnamiger Vater gehörte also wirklich zur Elite.

 

Einmal war er sogar Suffektkonsul gewesen.

Dieser Begriff braucht vielleicht wieder eine Erklärung:

In der römischen Republik wurden jedes Jahr 2 Konsuln gewählt,

die die Spitze des Staates darstellten. Das dürfte soweit bekannt sein.

In der Kaiserzeit ging die Macht auf die Kaiser über,

die nun die Konsuln bestimmten und dieses Amt selber hin und wieder bekleideten.

 

Aber „Konsul“ war immer noch ein gefragter Titel.

Doch irgendwann kam es dazu, das der Kaiser mehr Anhänger im Senat brauchte

und mehr treue Kandidaten für wichtige Ämter.

Dies versuchte er dadurch zu erreichen, dass er mehr Konsuln ernannte.

Die Amtszeit wurde einfach beschränkt und es gab in jedem Jahr mehrere Konsul-Paare.

Die ersten Konsuln hießen „consules ordinarii“,

das zweite Paar „consules suffecti“ (das bedeutet so viel wie Ersatzkonsuln).

 

Dadurch gab es mehr dem Kaiser treu verbundene Politiker.

Zum Beispiel Corbulo den Älteren, den Vater des Gesuchten.

Seine Frau entstammte der Familie der „Vistilia“.

Wie viele Kinder die beiden hatten, ist nicht bekannt.

Doch eine Halbschwester des Gesuchten wurde später mit Kaiser Caligula verheiratet.

 

Über Corbulos erste Jahre ist nichts bekannt, vermutlich machte er die normale Laufbahn

(cursus honorum) eines jungen römischen Adeligen durch.

Er durchlief wohl solche Ämter wie das des Prätors, des Quästors oder des Ädilen.

Vielleicht hatte er auch irgendein Priesteramt inne.

Im Jahr 39, unter der Regierung des Caligula, war er Suffektkonsul wie ehemals sein Vater.

Vielleicht hatte da seine Halbschwester ein bisschen Einfluss genommen…

 

Teil 2 meiner Biographie von Corbulo

 

Aber als Caligula umgebracht wurde, hörte Corbulos Karriere vorerst auf.

Er bekleidete in den nächsten Jahren keine weiteren Ämter.

Vermutlich diente er irgendwo im Heer als General.

Erst im Jahr 47 n. Chr. wurde er vom Nachfolger Caligulas,

dem Kaiser Claudius, zum Verwalter der kaiserlichen Provinz Germania inferior gemacht.

 

Damals gab es senatorische und kaiserliche Provinzen.

Die senatorischen Provinzen wurden von Statthaltern verwaltet, die der Senat ernannte.

Die kaiserlichen Provinzen waren diejenigen, in denen Legionen stationiert werden mussten.

Sie wurden dann auch von einem Militärbefehlshaber, einem Legaten verwaltet,

der allein dem Kaiser und keiner anderen Instanz unterstellt war.

Solch ein legatus augusti war nun auch Corbulo, der in der Provinzhauptstadt Köln residierte

– damals hatte sie noch den einfachen Namen „Colonia Claudia Ara Agrippinensis“

(das heutige Wort Köln ist eine Verkürzung von „Colonia“, also nur von dem Titel der Stadt).

Aber er hatte keine leichte Aufgabe übernommen.

 

Die beiden germanischen Provinzen waren echte Unruheherde.

Es gab immer wieder Rebellionen der unterworfenen Bevölkerung,

die aus germanischen und keltischen Stämmen bestand.

Auch germanische Stämme jenseits des Rheins starteten immer wieder Aufstände,

so zum Beispiel die Chauken und auch die Cherusker.

All diese Aufgaben meisterte Corbulo leichter Hand.

 

Er wollte angeblich sogar seine Provinz noch weiter ausdehnen,

doch der Kaiser in Rom verbat dies und Corbulo musste einlenken.

Aber was die zivilen Aufgaben angeht, war er sehr erfolgreich.

Er befahl den Bau eines Kanals zwischen dem Rhein und der Maas,

den man schon bald „Fossa Corbulonis“ (Kanal des Corbulo nannte.

Es gibt ihn noch heute, er verläuft in Südholland zwischen Voorburg und Leiden

und ist als „Vliet“ bekannt.

 

Nach Ablauf seiner Amtszeit kehrte Corbulo wieder nach Rom zurück.

Aber schon 52 n. Chr. wurde er wieder in eine Provinz geschickt

– er wurde Statthalter von Asia (in der heutigen Türkei).

Obwohl dies eine senatorische Provinz war, wurde der Verwalter vom Kaiser ernannt.

Dass Corbulo von Claudius grade zum Statthalter von Asia,

einer sehr bedeutenden Provinz, ernannt wurde, zeigt, in welcher Gunst er bei ihm stand.

Von besonderen Maßnahmen in seiner Amtszeit ist nichts bekannt,

nur, dass sie im Allgemeinen ziemlich glücklich verlief.

Doch schon 54, als Claudius starb, endete sie wieder.

 

Zu dieser Zeit hatte er wohl schon ein Buch geschrieben

über seine Erfahrungen als Statthalter.

Es ist im Laufe der folgenden Jahrhunderte verloren gegangen.

 

Teil 3 meiner Biographie von Corbulo

 

Der neue Kaiser Nero schickte ihn an die Ostgrenze des Reiches.

Dort gab es seit mehreren Jahren ein Problem:

Der Grenzverlauf war eine wichtige Streitfrage mit dem parthischen Reich.

Konkret ging es um die Herrschaft über Armenien.

 

Nachdem er sich vorbereitet hatte, ging Corbulo zum Angriff gegen die Feinde über.

Friedliche Lösungen waren nicht so sein Ding,

und militärisch war er sowieso begabter als diplomatisch.

Schnell konnte er in die wichtigen Städte Parthiens vorstoßen,

nach Artaxata und Tigranocerta.

Der armenische König Trdat (in der griechisch-lateinischen Sprechweise Tiridates) I.,

der dem parthischen Geschlecht der Arsakiden entstammte, wurde abgesetzt

und Tigranes VI., ein armenischer Fürstensohn eingesetzt.

Dieser war in Rom erzogen worden und hatte sich zu einem Römerfreund entwickelt.

 

Nun, als er an der Macht war, unterstütze er die Römer, wo es nur ging.

61 griff er die parthische Region Adiabene an, wo der Partherkönig Vologaeses I. regierte.

Eine Weile ging es hin und her, und es sah so aus,

als käme es zu einem römisch-parthischen Krieg.

Aber Vologaeses schlug eine friedliche Lösung vor.

Es starteten Friedensverhandlungen zwischen ihm und Tigranes.

 

Dieser war in einer schlechten Position. Er musste folgenden Punkten zustimmen:

- seine Absetzung als König

- die Wiedereinsetzung Tradt’s

- die totale Entmilitarisierung Armeniens

Doch der Senat in Rom hatte auch noch ein Wörtchen mitzureden und lehnte das ganze ab.

 

Er beschloss den Angriff auf Armenien.

Doch dieser wurde nicht Corbulo übertragen, sondern Lucius Caescennius Paetus,

der in dieser Zeit Statthalter in Kappadokien war.

Was die Armee anging, war er als unfähiger Befehlshaber bekannt.

Warum das ganze? Corbulo war nämlich in Syrien,

das in großer Gefahr und ihm anvertraut worden war.

 

Doch es kam wie es kommen musste:

Paetus erlitt 62 n. Chr. eine schwere Niederlage gegen die Parther.

Er wurde von ihren Truppen eingekesselt und zur Kapitulation gezwungen.

Armenien musste geräumt werden.

 

Darauf hin wurde Corbulo zum Kommandeur der Ostgrenze ernannt.

63 überschritt er den Euphrat und zog in das Königreich Armenien ein.

Doch Trdat verweigerte die Schlacht, also musste Corbulo mit ihm Frieden schließen.

 

In Zukunft sollten die armenischen Könige weiterhin von den Parthern bestimmt werden.

Dem musste er zustimmen.

Doch um sein Gesicht zu wahren, setzte er durch, dass die Einsetzung dieser Könige

ab sofort durch die Römer zu geschehen hatte. Sieger gab es bei der ganzen Geschichte keine.

Aber was hätte Corbulo machen sollen, wenn es nicht zur Schlacht kam?

 

Trdat hielt alle Bestimmungen ein:

Er nahm seine Krone in Rhandea ab und legte sie einer Statue des Kaisers zu Füßen.

Er gelobte, sie einzig und allein aus der Hand Neros anzunehmen, was er dann auch tat.

 

Zwischendurch noch ein paar Sätze zu Corbulos Familie:

Corbulo war verheiratet, seine Frau Cassia Longina.

Genaueres zu der Ehe habe ich nicht herausfinden können.

Doch ihr entwuchs unter anderem mit Domitia Longina eine Frau,

die wie Caligulas Halbschwester die Frau eines Kaisers wurde:

Sie heiratete den späteren Kaiser Domitian.

 

Teil 4 meiner Biographie von Corbulo

 

Nun kommt der tragische Teil von Corbulos Leben:

66/67 war in Judäa ein Aufstand losgebrochen, der sich gewaschen hatte.

Die Juden waren unzufrieden über die Unterdrückung durch die Statthalter

und die Verachtung, die man ihrer Religion entgegenbrachte.

 

Der Großteil des Senats war dafür, auch diese Krise Corbulo zu überlassen.

Er war, wie es sich gezeigt hatte, ein sehr, sehr fähiger und beliebter Feldherr.

Doch gerade das wurde im zum Verhängnis:

Denn so stieg für die Gefahr, dass die Soldaten ihn zum Kaiser ausriefen.

 

Besonders Nero, der bekanntlich sehr machtbesessen war,

war oft in panischer Angst vor Rebellionen.

Er wollte nicht noch einen Erfolg Corbulos in Kauf nehmen,

selbst wenn dieser die größten Chancen hatte, den Aufstand niederzuschlagen.

So übergab er den Auftrag dem bis dahin wenig bekannten Vespasian

– der übrigens nach so manchem Erfolg gegen die Aufständischen

tatsächlich zum Kaiser ausgerufen wurde.

 

Was Corbulo anbelangt, so wurde er nach Griechenland geschickt.

67 v. Chr. kam er in Kenchreae, dem zu Korinth gehörigen Hafenörtchen, an.

Doch direkt nach seiner Ankunft tauchten Boten des Kaisers auf

und überbrachten ihm den Befehl, Selbstmord zu begehen.

 

Die offizielle Begründung war, dass er an einer Verschwörung gegen Nero

beteiligt gewesen sei. Doch ich halte das für unwahrscheinlich.

Tatsächlich tötete sich Corbulo seiner Familie zuliebe,

der sonst das Vermögen entzogen worden wäre.

Wie das genau ablief, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.

Zu diesem Zeitpunkt war er 60 Jahre alt.

 

Mit ihm starb ein sehr fähiger Feldherr des römischen Reiches,

vielleicht sogar der fähigste seiner Zeit.

Ihm ist es vor allem zu verdanken, dass das erste Jahrhundert nach Christi Geburt

in den Augen der Nachwelt so ein friedliches ist.

 

 

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