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Normale Version: Ausmorden einer Dynastie
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An der Oberen Donau nicht weit von Sigmaringen hat man vor ein paar Jahren die Merowingerzeitliche gemeinsame Bestattung von einem ca. 45jährigen, einem ca. 20 jährigem, einem ca. 16 jährigem und einem etwa 5 jährigem Knaben gefunden.
Alle nah miteinander verwandt.
Und ausweichlich der Grabfunde "Reiter" sie wurden alle mit Sporen begraben.
Demnach Angehörige des Adels.

Laut Landesdenkmal wäre dies in jenen "gewaltsamen" Zeiten nicht selten gewesen.

Nun fällt mir in späteren Zeiten, hier dem Hochmittelalter eigentlich nur das Vorgehen Karls von Anjou gegen die Staufer ein.

War das ein Einzelfall, oder gab es im Hochmittelalter noch ähnliches?
Vergleichbar mit dem Vorgehen Karls von Anjou gegen die Staufer ist vielleicht das Vorgehen von Heinrich VI. gegen die Familie von Tankred von Lecce.

Es ist oft vorgekommen, dass sich verschiedene Linien einer Dynastie bekämpften, z.B. die Merowinger, Lancaster und York, verschiedene Stuart-Abkömmlinge u.v.a.
(14.09.2020 19:45)Sansavoir schrieb: [ -> ]Vergleichbar mit dem Vorgehen Karls von Anjou gegen die Staufer ist vielleicht das Vorgehen von Heinrich VI. gegen die Familie von Tankred von Lecce.

Es ist oft vorgekommen, dass sich verschiedene Linien einer Dynastie bekämpften, z.B. die Merowinger, Lancaster und York, verschiedene Stuart-Abkömmlinge u.v.a.

Natürlich, die Verwandtschaftsstreiterein spätestens beim Erbeverteilen gibts ja heute noch.
Dass aber versucht wird, eine kpl. Dynastie kpl auszumorden, kenne ich als vergleichbaren Fall eigentlich nur die Romanows, da hat Lenin auch alle die er erwischte umbringen lassen.
Aber das 20. Jahrhundert ist bei ja in vieler Beziehung, und fast immer negativ, ein Sonderfall
(14.09.2020 12:02)Suebe schrieb: [ -> ]An der Oberen Donau nicht weit von Sigmaringen hat man vor ein paar Jahren die Merowingerzeitliche gemeinsame Bestattung von einem ca. 45jährigen, einem ca. 20 jährigem, einem ca. 16 jährigem und einem etwa 5 jährigem Knaben gefunden.
Alle nah miteinander verwandt.
Und ausweichlich der Grabfunde "Reiter" sie wurden alle mit Sporen begraben.
Demnach Angehörige des Adels.

Laut Landesdenkmal wäre dies in jenen "gewaltsamen" Zeiten nicht selten gewesen.

Nun fällt mir in späteren Zeiten, hier dem Hochmittelalter eigentlich nur das Vorgehen Karls von Anjou gegen die Staufer ein.

War das ein Einzelfall, oder gab es im Hochmittelalter noch ähnliches?

Ist eigentlich eindeutig wissenschaftlich abgeklärt, dass diese Familie getötet wurde oder öder wäre auch eine andere Ursache möglich, zum Beispiel eine Krankheit.
Davon abgesehen - Karl der Große ließ ihm "feindliche" Dynastien nicht durch Mord auslöschen, zumindest gibt es für mögliche Auslöschung durch Mord in seinem Umfeld keine Belege, nehmen wir zum Beispiel die Kinder seines Bruders. Über die ist nur bekannt, dass sie aus der "Geschichte" verschwunden sind. Ein anderes Beispiel im Umfeld von Karl dem Großen wäre die Familie des Bayernherzogs Tassilo, Schauprozess, Todesurteil, Begnadigung zum Kloster - effektive Familienausschaltung, selbes Ergebnis wie Auslöschung durch Mord, aber völlig "unblutig". Nur ein Einzelfall?
Die Beispiele, wo echte oder angebliche Rivalen im Kloster landeten, sind Legion. Ein übliches Verfahren.
(20.09.2020 09:34)Teresa C. schrieb: [ -> ]
(14.09.2020 12:02)Suebe schrieb: [ -> ]An der Oberen Donau nicht weit von Sigmaringen hat man vor ein paar Jahren die Merowingerzeitliche gemeinsame Bestattung von einem ca. 45jährigen, einem ca. 20 jährigem, einem ca. 16 jährigem und einem etwa 5 jährigem Knaben gefunden.
Alle nah miteinander verwandt.
Und ausweichlich der Grabfunde "Reiter" sie wurden alle mit Sporen begraben.
Demnach Angehörige des Adels.

Laut Landesdenkmal wäre dies in jenen "gewaltsamen" Zeiten nicht selten gewesen.

Nun fällt mir in späteren Zeiten, hier dem Hochmittelalter eigentlich nur das Vorgehen Karls von Anjou gegen die Staufer ein.

War das ein Einzelfall, oder gab es im Hochmittelalter noch ähnliches?

Ist eigentlich eindeutig wissenschaftlich abgeklärt, dass diese Familie getötet wurde oder öder wäre auch eine andere Ursache möglich, zum Beispiel eine Krankheit.

Die drei Erwachsenen kamen durch massive Gewalteinwirkung (Schädel eingeshlagen) ums Leben, bei dem Kind ist dies unklar.
Eindeutig also ein Verbrechen, danke für die Ergänzung.
(20.09.2020 09:39)Teresa C. schrieb: [ -> ]Davon abgesehen - Karl der Große ließ ihm "feindliche" Dynastien nicht durch Mord auslöschen, zumindest gibt es für mögliche Auslöschung durch Mord in seinem Umfeld keine Belege, nehmen wir zum Beispiel die Kinder seines Bruders. Über die ist nur bekannt, dass sie aus der "Geschichte" verschwunden sind. Ein anderes Beispiel im Umfeld von Karl dem Großen wäre die Familie des Bayernherzogs Tassilo, Schauprozess, Todesurteil, Begnadigung zum Kloster - effektive Familienausschaltung, selbes Ergebnis wie Auslöschung durch Mord, aber völlig "unblutig". Nur ein Einzelfall?

Kein Einzelfall. Karls Onkel Karlmann ging angeblich freiwillig ins Kloster. Dadurch konnte sich Pippin der Jüngere als alleiniger Hausmeier im Frankenreich durchsetzen. Beider Halbbruder Grifo wurde ermordet.

Offensichtlich bestand nur die Möglichkeit, das Reich zu teilen oder die Einheit zu erhalten, in dem die Brüder bzw. Halbbrüder beseitigt werden.
Nach Karls des Großen Tod kam es nur nicht zur Reichsteilung, weil mit Ludwig dem Frommen nur noch ein einziger erbberechtigter Sohn lebte.
Das ist mir der Spur nach alles bekannt.
Betrifft aber in der Regel die "eigene" Verwandtschaft.
Und noch das frühe Mittelalter.

Das Ausmorden einer konkurrierenden Dynastie, wenn zB die Habsburger die Zähringer kpl. mit Rumpf und Stil ausgerottet hätten.
Wie eben Karl von Anjou die Staufer bis zu dem illegitimen Konradin in Lucera.

Zitat:XII. GENERATION

109 (89) KONRADIN
-----------------------------
* um 1252, + 1269 (auf Befehl Karls von Anjou gehängt nach der Einnahme der Festung Lucera zusammen mit seiner Mutter, der einstigen geliebten KONRADS IV.
Italien Lucera
von da http://www.manfred-hiebl.de/genealogie-m..._1269.html
Meines Wissens gab es über den Byzantinischen Kaiser Alexander Berichte darüber das er seinen Neffen (den Sohn Kaiser Leos VI) zum Eunuch machen wollte. Das hätte meines Wissens zum Aussterben der Makedonischen Dynastie geführt.
Schlussendlich kam es aber zum Glück nie dazu und Konstantin VII (der Neffe Alexanders) wurde später Kaiser.

Ein weiterer Versuch fällt mir bei Andronikos III, Kaiser von Trapezunt ein. Allerdings wollte er seine Dynastie (die Komnenen) nicht beseitigen, sondern "nur" alle Verwandten beseitigen, damit seine Linie weiterregieren konnte (ein gar nicht so seltenes Vorgehen in der Geschichte). Er war nicht erfolgreich, aber es war der Beginn eines Bürgerkriegs in Trapezunt.

Die Herrscherdynastie der Komnenen wurde nach 1461 tatsächlich "Ausgemordet". Als Mehmed II sich an die Belagerung von Trapezunt machte, gab man auf. Man ging ins Osmanenreich ins Exil, wurde dort bald des Verrats und der Zusammenarbeit mit Usun Hassan bezichtigt. Die Dynastie wurde aufgrund der Vorwürfe so gut wie ausgelöscht (angeblich gab es einen Überlebenden, der in den Kaukasus flüchtete, seine Spur verlor sich aber bald). Wobei das natürlich nicht mehr im Hochmittelalter war.
Mir fallen die Umayyaden noch ein, die nach ihren Sturz im Jahr 750 von den Abbasiden "ausgemordet" wurden. Nur Abd-ur-Rahman I. entging den Verfolgungen und gründete 756 das Emirat von Cordoba.
Mir sind zufällig zwei Fälle aus dem Spätmittelalter untergekommen, bei denen es zumindest Hinweise gibt, dass mögliche Erben ausgeschaltet, vielleicht sogar beseitigt wurden. Es handelt sich um zwei Adelsfamilien, die relativ unbekannt sind.

Fall 1:
1418 starb Reichsgraf Friedrich (III.) von Ortenburg, mehr dazu unter dem folgenden Link auf der Regiowiki.AT. (OT: Die Regiowiki.AT ist eine auf Österreich ausgerichtete Variante der Wikipedia. Wie viele andere Wikis (Regiowiki Niederbayern, SalzburgWiki etc. wird sie von Wikipedia unter der Hand eher schief angesehen, aber gerade ich finde, dass diese "regionalen" Wikis oft ausgezeichnete Ergänzungen zu Wikipedia sind und manchmal auch interessante Alternativen bieten.)

Die im heutigen südlichen Österreich (in Kärnten) und in Slowenien gelegene Reichsgrafschaft Ortenburg (nicht identisch mit der bairischen (Reichs-)Grafschaft Ortenburg) wurde von König Sigismund als Lehen des Reiches eingezogen und an den Grafen Hermann von Cilli verliehen, dessen Herrschaftsgebiet sich damit verdoppelte. (Abgesehen davon, dass Sigismund damit seinen Schwiegervater förderte, verhinderte er so, dass die Grafschaft von Ortenburg letztlich an die Habsburger oder die Grafen von Görz kam. Dabei hätten die Grafen von Görz aufgrund ihrer Verwandtschaft zu den Grafen von Ortenburg durchaus einen guten Erbanspruch gehabt.)

Die Geschichtsforschung hat sich mit den Kärntner Grafen von Ortenburg bisher nicht wirklich beschäftigt. Die bisher beste Arbeit ist noch immer eine, die im 19. Jahrhundert in einem "regionalwissenschaftlichen" Jahrbuch als Aufsatzreihe publiziert wurde. Daher überrascht es auch nicht, dass es zum Ende der Grafen von Ortenburg in der Forschung bisher lapidar heißt, dass die Grafen mit diesem Friedrich ausstarben, dieser keine Nachkommen hatte und die Grafschaft daher an die Grafen von Cilli kam. Manchmal wird noch ein Erbvertrag angeführt, den die Ortenburger und die Cillier bereits viele Jahre früher geschlossen haben. Soweit die allgemein bekannten Fakten.

Den Erbvertrag dürfte es tatsächlich gegeben haben, 1420 wird er in der Urkunde genannt, die König Sigismund zur feierlichen Weitervergabe der Grafschaft (mit allen Details) damals ausstellen ließ. Hier wird ausdrücklich mit Verweis auf den Erbvertrag betont, dass es auch der Wille des letzten Grafen von Ortenburg gewesen wäre, dass ihn die Grafen von Cilli beerben.

Auf den ersten Blick scheint alles auch ganz plausibel, zudem der letzte Graf von Ortenburg in einem positiven Verhältnis zu König Sigismund gestanden haben dürfte. Nach seiner Wahl zum Herrscher des Römischen Reiches betraut Sigismund ihn zum Beispiel mit der Verwaltung des Patriachats von Aquileja für die Zeit, bis er und der Papst sich um die Neubesetzung des Patriarchaten gekümmert hätten. Bereits als König von Ungarn dürfte Sigismund mit ihm immer wieder zusammengearbeitet haben.
Friedrich von Ortenburg war zudem ein Schwager des Grafen Eberhard von Nellenburg, der als Vertrauter von Sigismund gilt und den Graf Friedrich 1417 mit seiner Stellvertretung auf dem Konzil von Konstanz betraut hatte, als er sich dort von König Sigismund seine Besitzungen und seinen Reichsgrafenstatus bestätigen ließ. Aus der Urkunde geht übrigens hervor, dass der letzte Ortenburger zu diesem Zeitpunkt bereits schwer krank war, weswegen ihn der König ausdrücklich von seiner Anwesenheit für diese Bestätigung (oder Belehnung) suspendiert hat.
In dieser Urkunde um die Belehnung aus dem Jahr 1417 deutet sich außerdem an, dass Friedrichs Tod, der etwa ein Jahr später erfolgte, für König Sigismund (und wohl auch andere) durchaus nicht überraschend kam.

Wie gesagt - Version der bisherigen Geschichtsforschung lautet: ein Jahr später stirbt Graf Friedrich, hinterlässt keine Kinder / Erben / Nachkommen, Sigismund zieht als Herrscher des Heiligen Römischen Reiches seinen Besitz (als Reichsgrafschaft Ortenburg) als erlediges Reichslehen ein und belehnt damit Graf Hermann von Cilli und seine Familie. Das erzählt die Urkunde aus dem Jahr 1420.

Interessant sind in diesem Zusammenhang ber zwei weitere Urkunden (oder Dokumente?) von König Sigismund, beide aus dem Jahr 1418, ausgestellt einige beziehungsweise mehrere Wochen nach dem Tod es Grafen.

In der ersten Urkunde, ausgestellt einige Wochen nach dem Tod des Grafen, übernimmt Sigismund die Verwaltung und den Schutz der dessen Reichsgrafschaft. Hier ist ausdrücklich von noch unmündigen Kindern des Verstorbenen die Rede, in deren Interesse Sigismund in seiner Funktion als "römischer" König handelt.

Einige Wochen später bestätigt Sigismund dann aber seinem Schwiegervater, nachdem dieser zuvor die Grafschaft besetzt hatte, dass es so bleiben soll. Hier werden unmündige Kinder nicht mehr genannt.
Diese Urkunde deutet zumindest an, dass die Übergabe der Grafschaft an die Grafen von Cilli zunächst eine sehr zweifelhafte Sache gewesen sein dürfte. Vermittelt wird auf den ersten Blick der Eindruck, dass Sigismund von Graf Hermann in dieser Angelegenheit vor vollendete Tatsachen gestellt wurde und die Situation halt akzeptieren musste, was gut zu der älteren Forschung passt, die in Sigismund einen schwachen und passiven Herrscher sah, für dessen fragwürdige und zum Teil auch rechtswidrige Aktivitäten stets andere verantwortlich sind, die ihn dazu nötigen. Das steht im Gegensatz zu der neuere und neuesten Forschung, die in Sigismund inzwischen einen sehr erfolgreichen und tatkräftigen, politisch äußerst fähigen Herrscher sieht und Aktivitäten, die als rechtswidrig eingestuft werden können, gewöhnlich ausblendet, ins sogar Gegenteil verkehrt oder mit Berufung auf die politische Lage entschuldigt beziehungsweise sogar rechtfertigt. (Sigismund wird inzwischen sogar bei vielen Forscherinnen und Forschern neben seinem Vater Karl IV. zum bedeutendsten Herrscher des Mittelalters erklärt, wobei häufig bedauert wird, dass leider nicht er, sondern sein "unfähiger" Halbbruder Wenzel der ältere Sohn und daher Karls Nachfolger war.)

Für unsere Fragestellung ist die Einstufung von Sigismund damals und heute eher unwichtig. Interessanter scheint mir in unserem konkreten Fall, dass Sigismund und sein Schwiegervater gewöhnlich zusammenarbeiteten und auf einer gemeinsamen Linie agiert haben. Ich würde daher nicht ausschließen, dass es sich im Fall der Weitergabe der Grafschaft Ortenburg an Graf Hermann um eine Inszenierung gehandelt haben dürfte, bei der Graf Hermann die Grafschaft Ortenburg wohl im Einvernehmen mit Sigismund besetzt hat, um so die Lage zu schaffen, dass Sigismund scheinbar keine andere Wahl bleibt, als Hermann damit belehnen zu müssen. (Oder wurde Sigismund etwa doch von seinem Schwiegervater übertölpelt?)

Mit Blick auf Suebes Thema allerdings ist es natürlich die entscheidende Frage, warum in der ersten der drei Urkunden zum Tod und zur Nachfolge des Grafen von Ortenburg noch unmündige Kinder genannt sind und warum diese in den beiden späteren Urkunden nicht mehr erwähnt werden.

Dass die unmündigen Kinder im Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten Urkunde, also innerhalb nur weniger Wochen rein zufällig verstorben sind, halte ich für eher unwahrscheinlich. Außerdem hätte dies in der zweiten Urkunde von 1418 und auch in der Urkunde von 1420 nicht weggelassen oder gar verschwiegen werden müssen.

Bleiben zwei Möglichkeiten:
Die 1. Möglichkeit: Als Friedrich von Ortenburg starb, hatte er keine Kinder oder sie waren nicht mehr am Leben. War die Angabe in Sigismunds ersten Dokument von 1418 etwa nur ein Irrtum oder beruhte sie auf einer Fehlinformation?

Und die 2. Möglichkeit: Wurden hier noch unmündigen Kinder um ihr Erbe gebracht und verschwanden aus der Geschichte, da sie Sigismund und seinem Schwiegervater im Weg standen?
...
Fall 2:
Er findet sich im Umfeld von König Sigismund, allerdings ist eine Mitwirkung von Sigismund im Unterschied zu einem anderen Geschehnis im damaligen Herzogtum Österreich (heutiges Niederösterreich) doch eher auszuschließen. Die Familie der Maissauer war eine im heutigen Niederösterreich ansässige Ministerialenfamilie und ist historisch als eine Familie von regionaler Bedeutung einzustufen.

Im Gegensatz zu den Kuenringer, wohl die bekannteste und auch bedeutendste der im heutigen Niederösterreich ansässigen Ministerialenfamilien, ist ihr der Weg in die Welt der Sage und Legende nicht gelungen. (Die Kuenringer sind wohl die berühmtesten Raubritter von Niederösterreich, obwohl sie als vermeintliche solche etwa zwei Jahrhunderte vor dem sogenannten Zeitalter der niederösterreichischen Raubritter ihr Unwesen getrieben haben sollen. Und einer der Kuenringer war der Bewacher von Richard Löwenherz auf Dürnstein.)

Immerhin aber hat die Familie der Maissauer mit der ehemaligen Kartause Aggsbach eine wunderschöne Sehenswürdigkeit hinterlassen.

Die Familie der Maissauer starb 1440 mit Otto (IV.) von Maissau aus, der Link zu ihm: https://regiowiki.at/wiki/Otto_IV._von_Maissau (Zu ihm gibt es zwei Artikel, einen auf Wikipedia und einem auf Regiowiki. Ich habe Regiowiki verlinkt, weil dort ein direkter Link auf Wikipedia vorhanden ist. Umgekehrt ist das leider nicht möglich.)

In der Forschung wird gewöhnlich davon ausgegangen, dass Otto von Maissau, der verheiratet war, keine Nachkommen hatte. In der Fußnote einer ungedruckten Dissertation, eine Arbeit über die Familie der Maissauer, findet sich allerdings die Information, dass er 5 Kinder hatte, diese allerdings vor ihm gestorben sind. Als Quelle ist der Nekrolog der Kartause Aggsbach angegeben.

Interessant sind mit Blick auf unser Thema allerdings das Sterbejahr und die Lage, in welcher drei seiner Söhne umgekommen sind. Während eine Tochter und ein weiterer Sohn 1429 bereits gestorben waren, ist für die übrigen drei Söhne angemerkt, dass sie 1429 in Gefangenschaft von Herzog Albrecht (V.) von Österreich verstorben sind.

Otto von Maissau war 1429 wegen Hochverrats verhaftet worden. Er kam 1430 frei, nachdem er Urfehde geschworen hatte. Allerdings verlor er einen Teil seiner Besitzungen, andere, die er zuvor als "freies Eigen" besessen hatte, musste er von Herzog Albrecht (V.) zu "Lehen" nehmen.

Die angebliche oder tatsächliche Verschwörung des Ottos von Maissau (die Geschichtsforschung ist sich da nicht einig) ist insofern interessant, als Herzog Albrecht während seiner etwa dreißigjähren Herrschaft über das Herzogtum Österreich, nachdem er diese selbst in die Hand genommen hatte, gewöhnlich mit seinen Adeligen gutauskam. (Allerdings ist anzumerken, dass die Zeit von Albrechts Herrschaft als Ganzes bisher nicht gut erforscht ist.)

Der Adel bildete zusammen mit einigen Städten die Landstände im Herzogtum Österreich und war dort ein wichtiger Machtfaktor. Im 15. Jahrhundert gab es zwischen dem Adel und den Herrschern (zwischen 1406 und 1485 / 1493) häufig Konflikte. Einzig während der Herrschaft von Albrecht (V. / II.) gab es relativ ruhige Verhältnisse, was umso bemerkenswerter ist, als die Herrschaft dieses Albrechts gerade wegen der Hussitenkriege eine für das Herzogtum eigentlich schwierige Zeit war, zumindest was den Norden betrifft.

Die Verschwörung von Otto von Maissau, wenn sie denn tatsächlich eine war und nicht einfach nur ein Vorwand, um ihn auszuschalten (eine Interpretation, die in der neueren Forschung zumindest für möglich gehalten wird), gilt jedenfalls als die Ausnahme.

Mit Blick auf das Thema auf das Suebe stellt sich jedenfalls auch hier die Frage. War der Tod der Söhne von Otto von Maissau nur ein bedauerlicher Zufall?
...
(14.09.2020 12:02)Suebe schrieb: [ -> ]An der Oberen Donau nicht weit von Sigmaringen hat man vor ein paar Jahren die Merowingerzeitliche gemeinsame Bestattung von einem ca. 45jährigen, einem ca. 20 jährigem, einem ca. 16 jährigem und einem etwa 5 jährigem Knaben gefunden.
Alle nah miteinander verwandt.
Und ausweichlich der Grabfunde "Reiter" sie wurden alle mit Sporen begraben.
Demnach Angehörige des Adels.

Laut Landesdenkmal wäre dies in jenen "gewaltsamen" Zeiten nicht selten gewesen.

Nun fällt mir in späteren Zeiten, hier dem Hochmittelalter eigentlich nur das Vorgehen Karls von Anjou gegen die Staufer ein.

War das ein Einzelfall, oder gab es im Hochmittelalter noch ähnliches?

Zunächst fällt natürlich auf, dass es sich ausschließlich um Männer handelt- und das ist ein ganz eindeutiges Zeichen dafür, dass eine Familie, ein Zweig oder was auch immer ausgelöscht werden sollte.
Frauen waren einerseits von der Erbfolge ausgeschlossen und andererseits begehrte Kriegsbeute- und in einer Zeit, in der Frauen noch verhältnismäßig oft im Kindbett starben ein wichtiges Gut, um das Überleben der eigenen Dynastie zu sichern.
Ob der Tod der vier Männer jetzt dynastische Ausmaße hatte, also ein kompletter Familienzweig von der Erbfolge ausgeschlossen werden sollte, oder ob dahinter alternativ eine "einfache" Familienfehde steckt, läßt sich wohl nicht mehr ermitteln. Auch Rache als Motiv zum Töten ganzer Familien ist durchaus bekannt (man denke an de urdeutsche Nibelungensage)... Und die Merowingerzeit war eine sehr gewalttätige Zeit...

Archäologische Funde können immer nur sagen, was passiert ist. Nicht aber, warum... Das macht das Spekulieren ja so spannend.
Frauen waren keineswegs von der Erbfolge ausgeschlossen, das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sie gewöhnlich mit einer Mitgift abgefunden werden mussten und dass sie durchaus zur Legitimation bei der Nachfolge zugezogen wurden. Allerdings wechselte die Frau meistens mit ihrer Heirat und dem Vollzug der Ehe in die Familie des Ehemannes über, womit ihre Herkunftsfamilie eigentlich nicht mehr für sie zuständig war.

Es ist auch ein Merkmal, dass die Dynastien, die erloschen, in den meisten Fällen gar nicht ausstarben, sondern lediglich im "Mannesstamm" endete. Über die Nachfahren von Töchtern, Schwestern und andere weiblicher Familienmitglieder gibt es einige Dynastien die bis in die Gegenwart bestehen. So starben die Staufer nicht wirklich mit Konradin aus, sondern es gab noch mindestens zwei "Töchtersöhne" in den Häusern Aragon und Wettin. (Was für jemanden, der versucht Romane zu schreiben, für die Motivation gewisser Akteure zusätzlichen Sprengstoff bietet.)

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Ein Massaker, das übrigens auch nicht sehr bekannt sein dürfte, betrifft übrigens Böhmen: dort wurde die Dynastie der Slavnikiden, von den Přemysliden, wenn man der Überlieferung glaubt, tatsächlich (um 995) "ausgemordet". Dass darüber überhaupt berichtet wurde, wenn auch vielleicht nicht jedes Detail zuverlässig ist, liegt vermutlich daran, dass einzig Überlebende Vojtěch das war, was wir heute einen Promi nennen und zudem später heilig gesprochen wurde: Bekannt ist er als Adalbert von Prag und er war Bischof.

Was ich auch interessant finde, ist, dass die überlieferten Massaker, soweit es um Mitteleuropa geht, scheinbar alle in die Zeit der Völkerwanderung und ins Frühe Mittelalter fallen, im Hoch- und im Spätmittelalter finden wir Todesfälle, die eindeutig als Massaker überliefert sind, nur mehr außerhalb von Europa, in den Randzonen von Europa beziehungsweise im Süden und Osten von Europa, dessen Beziehung zum Heiligen Römischen Reich eher lose war.
Es galt meist die Primogenitur mit männlichem Vorrecht, d.h. der älteste Sohn erbte den Haupttitel, die anderen waren dann quasi seine Vasallen mit Untertiteln, allerdings mit Ansprüchen. Gab es nur eine Tochter, erbte sie, dann kamen allerdings alle möglichen entfernten männlichen Verwandten aus ihren Löchern und beanspruchten ihren Titel. Das ergab genug Stoff für Intrigen, Verwandtenmord und Bruderkrieg.
Ein pfiffiger Herrscher ohne Söhne verheiratete seine Tochter natürlich, wenn es ging, matrilinear, d.h. die Kinder blieben in der Familie.
Ein schönes Beispiel, wie es meist ablief, liefert das Schicksal der Maria von Burgund (Lady Di des Mittelalters).
(19.01.2021 19:38)Teresa C. schrieb: [ -> ]Frauen waren keineswegs von der Erbfolge ausgeschlossen, das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sie gewöhnlich mit einer Mitgift abgefunden werden mussten und dass sie durchaus zur Legitimation bei der Nachfolge zugezogen wurden.

Das ist aber nicht das gleich- ob Frauen direkt Titel erben konnten oder ob Männer ihre Thronansprüche über die Frauen legitimierten. Dass letzteres der Fall gewesen sein konnte, läßt sich wegen der Ermordung nur männlicher Familienmitglieder, durchaus vermuten.
Elizabeth, die älteste Tocher von Edward IV. hätte den Thron vermutlich nie bestiegen, ihrem Gatten Henry VII war die Verbindung aber zur Legitimation seiner Thronansprüche aber sehr wichtig...

(19.01.2021 19:38)Teresa C. schrieb: [ -> ]Allerdings wechselte die Frau meistens mit ihrer Heirat und dem Vollzug der Ehe in die Familie des Ehemannes über, womit ihre Herkunftsfamilie eigentlich nicht mehr für sie zuständig war.

Weswegen die Frauen auch nicht ermordet werden mussten...

(19.01.2021 19:38)Teresa C. schrieb: [ -> ]Es ist auch ein Merkmal, dass die Dynastien, die erloschen, in den meisten Fällen gar nicht ausstarben, sondern lediglich im "Mannesstamm" endete.

Wobei man dort häufig auf Nummer Sicher ging und die Tochter ins Kloster steckte, damit ein etwaiger Sohn nicht die Erbfolge gefährden konnte...
Das kommt dann wieder sehr auf den "Rechtskreis" an.
In Hannover konnte Victoria nicht Königin werden, da man dort die weibliche Erbfolge nicht kannte.

Und für diese Bluttat:
Zitat:109 (89) KONRADIN
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* um 1252, + 1269 (auf Befehl Karls von Anjou gehängt nach der Einnahme der Festung Lucera zusammen mit seiner Mutter, der einstigen geliebten KONRADS IV.
Italien Lucera

wird von der Forschung angenommen, dass der Grund darin lag, dass die Muslime den Erbanspruch illegitimer Nachkommen kennen.
Wohl nicht nur wegen der Muslime, im Königreich Sizilien hatte es immerhin bereits mindestens einen Präsenzfall gegeben.

Nach dem Tod von König Wilhelm (II.) "dem Guten" war es seinem Verwandten Tancred von Lecce gelungen, sich gegen Tante Konstanze und ihren Ehemann, Kaiser Heinrich VI., als dessen Nachfolger zu behaupten, obwohl er ein illegaler Angehöriger der Dynastie war. Es ist zudem auch keineswegs auszuschließen, dass die Geschichte anders gelaufen wäre, wenn er länger gelebt hätte oder sein ältester Sohn, den er bereits zu seinem Nachfolger aufgebaut hatte, nicht ca. 2 Monate vor ihm gestorben wäre.

Auch, was die tatsächliche Legitimität der Herkunft von König Manfred betrifft, ist diese nicht eindeutig. Es hat den Anschein, dass Kaiser Friedrich II. seine Geliebte Bianca kurz vor ihrem Tod geheiratet und seine Kinder aus dieser Verbindung legimierte, aber die gesicherten Angaben dazu sind widersprüchlich.

Die Gefahr, dass ein illegaler Sohn zum "rechtmäßigen" Erben wird, war im Königreich Sizilien gegeben. (Und nicht nur dort, wie das Beispiel eines Wilhelm "des Eroberers" zeigt. Henry VII. (Tudor) war zwar kein illegaler Sohn, aber er ist ein gutes Beispiel dafür, dass jemand mit einer etwas fragwürdigen Verwandtschaft de facto zum "Erben" einer Dynastie werden kann, bei der die eindeutigen männlichen Erben alle nicht mehr am Leben waren. Die Habsburger sind wiederum wie ihre Herrschaftsübernahme in den Herzogtümern Österreich und Steier zeigt ein Beispiel dafür, dass es sogar möglich war, letztlich als der rechtmäßige Erbe zu gelten, ohne dass mit der Vorgängerdynastie irgendeine Verwandtschaft bestanden hätte. Immerhin hatte Friedrich von Baden eine Schwester und diese aus ihrer zweiten Ehe mit Ulrich von Heunburg Nachkommen.

Der "Lehensherr" des Königreiches Sizilien war zumindest "rechtlich" der Papst. Der war zwar zunächst Karls Verbündeter und Gegner der Staufer, aber Karl konnte sich keineswegs nicht darauf verlassen, dass das so bleiben würde. Abgesehen davon, dass der Papst sich auch gegen Karl wenden würde, sobald er mit dessen Politik nicht mehr einverstanden war, konnte Karl nicht sicher sein, dass der nächste Papst auch ihn und seine Nachfahren unterstützen würde.
Da er offensichtlich ein rücksichtloser Machtpolitiker, aber kein Idiot war, wird ihm wohl auch klar gewesen sein, dass Konflikte um seine Souveränität als König von Sizilien mit der päpstlichen Oberhoheit bei einer längeren Herrschaft nicht ausbleiben würden.

In diesem Fall hätte durchaus die Gefahr bestanden, dass der nächste Papst mangels geeigneter Erben einen natürlichen Sohn eines Staufers legitimiert, um ihn gegen Karl und dessen Familie ausspielen zu können. Zynisch betrachtet: Mit der Hinrichtung dieses "zweiten" Konradins hat Karl zumindest dem vorgebeugt.
(19.01.2021 23:40)Arkona schrieb: [ -> ]Es galt meist die Primogenitur mit männlichem Vorrecht, d.h. der älteste Sohn erbte den Haupttitel, die anderen waren dann quasi seine Vasallen mit Untertiteln, allerdings mit Ansprüchen. ...

Nicht wirklich, die Dinge sind viel komplexer und es gab da wesentlich mehr Möglichkeiten, zum Beispiel, dass der jüngste Sohn oder die jüngste Tochter erbt, die Variante der "Samtherrschaft", tatsächliche Teilungen, juristische Teilungen und Ähnliches. Eine weitere Rolle spielte auch, ob es in dem Territorium, um das es geht, weitere Herrschaftsträger gab, die auch ein Wörtchen mitzureden hatten, ob es hier bereits so etwas wie eine Landesherrschaft gab, auf die Rücksicht zu nehmen war etc. Hinzu kam noch die lehensrechtliche Stellung eines Staates etc. Ebenfalls wichtig, war auch die Stellung der Untertanen, und anderes spielte auch noch mit.
@Teresa, du solltest mal Crusader Kings 3 spielen, da kannst du deine eigene Dynastie entwickeln, mit allen Schikanen wie Erbteilung oder Verheiraten. Wink
(20.01.2021 23:21)Arkona schrieb: [ -> ]@Teresa, du solltest mal Crusader Kings 3 spielen, da kannst du deine eigene Dynastie entwickeln, mit allen Schikanen wie Erbteilung oder Verheiraten. Wink

Warum sollte ich eine eigene Dynastie in einem Rollenspiel entwickeln, wenn es historisch doch so viele interessante Fälle gibt.Angel
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