John of Gaunt, 1. Duke of Lancaster
John of Gaunt, Duke of Lancaster – in der deutschen Literatur oft
Johann von Gent, Herzog von Lancaster genannt – (* 6. März 1340 in Gent; † 3. Februar 1399 in Leicester) entstammte dem ursprünglich französischem Adelsgeschlecht der Grafen von Anjou, das seit 1154 mit Heinrich II. (1133–1189) die englischen Könige stellte. Da Heinrichs Vater, Gottfried V. von Anjou (1113–1151) einen Ginsterzweig als Helmzier trug, bürgerte sich in England aus der französischen Bezeichnung der Ginster
„Planta Genêt“ der Name Plantagenêt (Plantagenet) für die Dynastie ein. John, dessen Namenszusatz
„of Gaunt“ sich aus der englischen Bezeichnung seines Geburtsortes Gent im heutigen Belgien herleitete, war der dritte, seine Kindheit überlebende Sohn
Eduards III. von England (* 1312, König 1327–1377) und dessen Gattin
Philippa von Hennegau – frz. Hainault – (1311–1369). Er war unter anderen Herzog von Lancaster, Herzog von Aquitanien, Earl of Derby, Earl of Lincoln, Earl of Richmond, Lord High Steward of England und Ritter des Hosenbandordens.
1340 bis 1370
Obwohl seine Kindheit und Jugend vom Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich (1337–1453) und dem verheerenden Ausbruch der Pest (in England 1348/49) überschattet war, wuchs der spätere Stammvater des Hauses Lancaster in harmonischen Familienverhältnissen auf. Im Haushalt seines - von ihm verehrten - älteren Bruders
Eduard of Woodstock (1330–1376), der wegen seiner schwarzen Rüstung nur
„der Schwarze Prinz“ genannt wurde, erhielt John bereits als Kind eine ritterliche Ausbildung. Er erlebte im Alter von zehn Jahren die Seeschlacht von Winchelsea, mit fünfzehn erhielt er seinen Ritterschlag und als Neunzehnjähriger kommandierte er erstmals eine eigene Truppe während eines zermürbenden Winterfeldzuges in der Normandie.
Gemäß der Heiratspolitik seines Vaters vermählte sich John 1359 mit seiner Verwandten
Blanche of Lancaster (1341–1368), die eine der beiden Erbtöchter von
Henry of Grosmont, Duke of Lancaster – dt. Heinrich von Lancaster – (1306–1361) war, der wiederum aus einer auf
Heinrich III. (* 1207, König 1216–1272) zurückzuführenden Nebenlinie der Plantagenets abstammte. Nach dem Tod seines Schwiegervaters erbte John die Hälfte von dessen Vermögen, nach dem baldigen Tod seiner kinderlosen, nach Bayern verheirateten Schwägerin Maud – dt. Mathilde – (1339–1362) erhielt er auch deren geerbte Hälfte. Von Eduard III. am 13. November 1362 zum Duke of Lancaster erhoben, galt John of Gaunt als der größte Landeigner nach der Krone in England. Er war nun der reichste der englischen Lords, dem schließlich 30 Schlösser und ausgedehnte Ländereien in England und Frankreich gehörten. Bald entwickelte er eine sowohl seinen Vater als auch seinen Bruder übertreffende Vorliebe für Prunk und Pracht, die Schönheit seiner Paläste wurde legendär. Besonders ausgeprägt war seine Leidenschaft für Glasfenster sowie für Skulpturen und Reliefs aus Alabaster. Der bedeutendste Dichter des englischen Mittelalters,
Geoffrey Chaucer (1340–1400), zählte zu den Klienten und Freunden Lancasters, er verfasste nach dem Tod der Blanche of Lancaster das
„Book of Duchess“, die in diesem Gedicht vorkommende
„weiße Lady“ wird allgemein als Allegorie zu Johns früh verstorbener Gattin interpretiert.
Nachdem der Krieg zwischen England und Frankreich mit dem Vertrag von Brétigny 1360 vorläufig endete, begannen 1367 Engländer und Franzosen erneut ihre Kriegshandlungen, indem beide sich in den Bürgerkrieg Kastiliens zwischen dem entmachteten König Pedro el Cruel – dt.
Peter der Grausame – (* 1334, König 1350–1369) und dessen Halbruder Enrique de Trastámara – dt. Heinrich von Trastamara /
Heinrich II. von Kastilien – (* 1334, König 1369–1379) einmischten. Die Engländer zogen als Verbündete Pedros unter dem Kommando des Schwarzen Prinzen und seines jüngeren Bruders John über die Pyrenäen und schlugen am 3. April 1367 die verbündete kastilisch-französische Armee bei Najero, wobei Johns herausragende Verdienste besonders hervorgehoben wurden. Allerdings blieb die Schlacht bei Najero für lange Zeit der letzte Erfolg der Engländer, erst in der Schlacht von Azincourt im Jahr 1415 erreichten sie unter Johns Enkel Heinrich V. den nächsten bedeutenden Sieg über die Franzosen.
1370 bis 1377
Der Sieg seiner englischen Verbündeten ermöglichte es Pedro, für knapp zwei Jahre auf den Thron Kastiliens zurück zu kehren. Zusätzlich wurde das englisch-kastilische Bündnis mit dem Eheversprechen zwischen Pedros jüngeren Tochter
Isabella (1355–1392) und einem jüngeren Sohn Eduards III,
Edmund of Langley, Duke of York (1341–1402), gefestigt. Nachdem Pedro 1369 erneut vom Thron gestürzt und danach von seinem Halbbruder eigenhändig ermordet wurde, gelangte im Gefolge Isabellas auch deren ältere Schwester
Konstanze (1354–1394) an den englischen Hof. Aus politischem Kalkül entschloss sich 1371 der inzwischen verwitwete Lancaster, Konstanze zu ehelichen und ihren Thronanspruch auf die Krone Kastiliens zu übernehmen. Bereits zu dieser Zeit führte er mit der verwitweten Schwägerin des Dichters Geoffrey Chaucers und ehemaligen Hofdame seiner ersten Frau, der Flämin
Catherine Swynford, geborene de Roët (1350–1403) eine feste Lebenspartnerschaft. Interessant ist ebenfalls, dass 1369 ein Versuch John of Gaunts, die Erbin
Margarethe von Flandern (1350–1405) zu ehelichen, nur am Veto des mit dem französischen König
Karl V. (* 1338, König 1364–1380) verbündeten Papstes
Urban V. (* 1310, Papst 1362–1370) scheiterte.
Da einerseits der Schwarze Prinz Anfang der 1370-er Jahre schwer erkrankte, andererseits Eduard III. nach dem Tod seiner Frau geistig und körperlich verfiel, musste der Duke of Lancaster die militärische Führung und politische Verantwortung als Präsident des königlichen Rates in einer für England schwierigen Zeit übernehmen. Diese umfangreichen Aufgaben konnte er kaum bewältigen.
Er begann im Juli 1373 einen Beute- und Verwüstungsfeldzug durch Frankreich, wobei er versuchte, direkte Kampfhandlungen mit dem Herr des gefürchteten Connetábles
Bernard du Guesclin (1320–1380) zu vermeiden. Jedoch erlitten die nach Aquitanien vordringenden Engländer enorme Verluste in ihren Scharmützeln mit lokalen, französischen Rittern und in Gefechten mit der Armee
Philipps des Kühnen, Herzog von Burgund (1342–1405), dem jüngeren Bruder des französischen Königs und Ehemann der Margarethe von Flandern. Bereits 1374 hatten die Engländer die meisten Gebiete in Frankreich verloren, sie kontrollierten nur noch Calais und kleine Teile Aquitaniens, ebenso konnte ihre Flotte nicht mehr die Vorherrschaft im Ärmelkanal behaupten. Dies bedeutete, dass alle infolge der militärischen Siege von
Crécy (1346) und
Maupertuis/Poitiers (1356) gewonnenen Gebiete verloren gegangen bzw. alle Regelungen des
Vertrages von Brétigny (1360) nichtig geworden waren.
Ebenso konnte sich der Herzog von Lancaster nicht gegen skrupellose und machtgierige Höflinge am Hofe seines zunehmend regierungsunfähig werdenden Vaters durchsetzen. Es gelang ihm auch nicht, Eduard III. dem Einfluss seiner verschwendungssüchtigen Mätresse
Alice Perrers († nach 1377) zu entziehen, die neben den hohen Steuern mit ihrer extravaganten Hofhaltung den finanziellen Ruin Englands beschleunigte. Dass John of Gaunt grundsätzlich für das Versagen der Regierung in den 1370-er Jahren öffentlich verantwortlich gemacht wurde, vereinfachte seine Lage ebenfalls nicht. Die politische Krise verschlimmerte sich außerdem noch durch die 1374/75 in England grassierende Pestwelle und den zunehmenden Einfällen der Schotten im Norden Englands. Des Weiteren empfanden große Teile der englischen Bevölkerung den frühen Tod des dahin siechenden Schwarzen Prinzen (1376) und den bald darauf folgenden Tod seines Vaters (1377) als Strafe Gottes für deren Politik. Lancaster stieg 1376/77 zur zentralen Figur der königlichen Regierung auf. Er musste sich mit dem
„guten Parlament“ auseinander setzen, in dem 60 Abgeordnete der Städte und 74 Landedelleute der Grafschaften im Unterhaus vereint waren, die energisch und mit Hilfe des Oberhauses die Ahndung und Wiedergutmachung von 164 Rechtsverletzungen forderten.
1377 bis 1386
Um den über enorme Privateinnahmen verfügenden, aber in breiten Teilen der Bevölkerung unbeliebten, Herzog von Lancaster bildete sich während der Minderjährigkeit seines Neffen
Richard II. (* 1367, König 1377–1399, † 1400) eine von ihm finanziell abhängige Gefolgschaft heraus, die ihm als Gegenleistung half, seine Macht abzusichern. Allerdings wurde der Herzog, der konsequent die Rechte der Krone gegen Forderungen des Parlaments – insbesondere gegen das
„gute Parlament“ von 1376 - verteidigt hatte, nicht zum offiziellen Regenten des minderjährigen Königs bestimmt. Da er als ältester, noch lebender Sohn Eduards III. nicht übergangen werden konnte, gestattete man ihm und Richards Mutter
Joan of Kent (1329–1385) im Hintergrund zu wirken, während das politische Alltagsgeschäft einem königlichen Rat (mit wechselndem Personal) überlassen wurde. Im Wesentlichen unterstützte der Herzog seinen Neffen, die ihm angelastete Absicht zur Usurpation der Krone ist offensichtlich eine gezielte Unterstellung, die bisher nicht belegt wurde.
Die Fortführung des festgefahrenen Krieges, die Verteidigung von Calais und den verbliebenen Teilen Aquitaniens, die Schuldenpolitik Eduards III., die Schotteneinfälle und die Folgen der Pest erforderten immer höher werdende Steuern. Da der französische König Karl V. sich mit Hilfe der Seemacht Kastilien eine schlagkräftige Flotte schuf, befürchteten viele Engländer eine baldige französische Invasion. 1380 scheiterten Lancasters Versuche, die Hafenstadt St. Malo zu erobern. Als besonders fatal erwies sich jedoch seine 1381 initiierte und im Parlament durchgesetzte Kopfsteuer für alle Männer und Frauen über 14 Jahre. Diese allgemeine Kopfsteuer wollten und konnten die seit 1360 – infolge der restriktiven Gesetze Eduards III. - verarmten Bauern und Handwerker nicht mehr leisten. Die Unzufriedenen sammelten sich unter Führung des Dachdeckers und Kriegsveteranen
Wat Tyler, der zur Abschaffung der Leibeigenschaft, des Frondienstes und der Gerichtsgewalt der Lords aufrief. Am 13. Juni 1381 besetzten die Aufständischen London, sie zerstörten Lancasters Savoy-Palast und töteten die Bediensteten. Der junge
Henry of Bolingbroke (* 1367, als Heinrich IV. König 1399–1413), Lancasters ältester Sohn, konnte nur durch den mutigen Einsatz eines Ritters der Lynchjustiz der Bauern entkommen. Der verhasste Herzog jedoch weilte zum Zeitpunkt des Wat-Tyler-Aufstandes nicht in London, er hielt sich im englischen Norden auf, wo er mit schottischen Warlords Verhandlungen zur Beilegung der Grenzstreitigkeiten führte.
Es gelang Richard II., den Bauernführer zu überlisten, der dem Worten des Königs vertraute und während der gemeinsamen Verhandlungen verhaftet und am 15. Juni 1381 hingerichtet wurde. Ihres Führers beraubt, brach der Aufstand bald darauf zusammen. Richard II. begann danach langsam, die Vorherrschaft seines Onkels zu überwinden, zunehmend gewannen seine Günstlinge Einfluss auf die englische Politik. John of Gaunt widersetzte sich deren Herrschaft, er beteiligte sich am politischen Aufruhr der Magnaten, doch war er vorsichtig genug, sich nicht offen als Gegner des Königs zu zeigen.
Ungeklärt dagegen sind die Gründe, die ihm bewegten, die vorreformatorische Bewegung des Oxforder Professors Dr.
John Wycliff († 1384) zu unterstützen. Es steht nur fest: Der Schutz des mächtigen Herzogs sicherte das Leben des Theologen und Philosophen vor Angriffen der katholischen Kirche und ermöglichte ihm das schnelle Verbreiten seiner Lehre, die letztlich auch die Aufständischen um Wat Tyler beeinflusst hatte. Während des 14. Jahrhunderts lebten die Anhänger John Wycliffs, die Lollarden, sicher in England, erst nach 1400 verschärfte sich ihre Situation. So wurden z.B. 1415 die Gebeine des Reformators auf dem Konzil von Konstanz öffentlich verbrannt. Ob der Libertin John of Gaunt ernsthaft eine Reform der katholischen Kirche befürwortete, ob er nur den weltlichen Einfluss des Papstes und der Bischöfe einschränken wollte oder gar nur nach den Ländereien des Klerus trachtete, ist bisher nur spekulativ geblieben.
1386 bis 1399
Um seinen Anspruch auf die Nachfolge des
„grausamen“ Pedros durchzusetzen, begann John of Gaunt zu Ostern 1386 eine militärische Expedition gegen das mit Frankreich verbündete Kastilien, die sich als wenig günstig für die englischen Interessen erwies. Nach anfänglichen Erfolgen, es gelang ihm, Galizien zu besetzen, kam der Eroberungsfeldzug zum Erliegen. Nachdem der Herzog im Juni/Juli 1387 seinen Rivalen Juan I. – dt.
Johann I. von Kastilien – (* 1358, König 1379–1390) als König anerkannte, musste er ohne greifbares Ergebnis die Reste seiner Armee nach England zurückschicken. Der Konflikt zwischen dem Haus Burgund-Ivrea, dessen Anspruch Lancaster vertrat, und dem Haus Trastamara wurde jedoch 1388 diplomatisch beendet, indem sich der damalige Infant Enrique (* 1379, als Enrique III. – dt.
Heinrich III. – König von Kastilien und Leon 1390–1406) mit John of Gaunts Tochter
Katharina (1373–1418) vermählte.
Während der Abwesenheit Lancasters formierte sich eine Opposition der Lords gegen die Missherrschaft Richards II., die England an den Rand eines Bürgerkrieges brachte. Der König wurde deshalb gezwungen, seine Macht mit fünf Lords zu teilen, den so genannten
Appellanten – engl. Lords Appellant – zu denen Richards Onkel
Thomas of Woodstock, Herzog von Gloucester (1355–1397), Richards Cousin bzw. Lancasters Sohn
Henry of Bolingbroke (Heinrich IV.), Richards Jugendfreund
Thomas Mowbray, späterer 1. Herzog von Norfolk (1366–1399),
Thomas of Beauchamp, 12. Earl of Warwick (1339–1401) und
Richard FitzAlan, 11. Earl of Arundel (1346–1397) gehörten. Nach seiner erst 1389 erfolgten Rückkehr, gelang es Lancaster, einerseits den König mit den ihm feindlich gesinnten Appellanten auszusöhnen, andererseits Frieden mit Frankreich zu schließen. Aus diesem Grund initiierte John of Gaunt 1396 die Ehe zwischen Richard II. und
Isabella von Frankreich (1389–1409). Jedoch war sein Einsatz für den Frieden mit Frankreich nicht nur politisch begründet, er verfolgte damit auch dynastische Ziele, da er die Interessen seiner Töchter
Philippa, Königin von Portugal und
Katharina, Königin von Kastilien und Leon schützen wollte. Des Weiteren wirkte der Herzog mit Hingabe für die baldige wirtschaftliche und rechtliche Gesundung des Königreiches.
Nach dem Tod seiner zweiten Frau Konstanze († 1394) heiratete John of Gaunt im Januar 1397 seine langjährige Mätresse
Catherine Swynford. Dies sorgte für einen gesellschaftlichen Skandal, vor allem nachdem der Herzog im Februar 1397 die vier gemeinsamen Kinder vom Papst legitimieren ließ. Diese Kinder trugen seitdem den Namen
„Beaufort“ nach einer Burg in der Champagne, sie selbst und ihre Nachkommen spielten im 15. Jahrhundert eine wichtige Rolle in der englischen Geschichte.
Richard II., der nach dem Tod seiner ersten Gattin
Anna von Böhmen (1366–1394) immer unberechenbarer wurde, rächte sich 1397 an den Appellanten, indem er zuerst seinen Onkel Gloucester und den Earl of Arundel ermorden ließ, später verbannte er Mowbray und dem Earl of Warwick auf Lebenszeit. 1398 wurde Henry of Bolingbroke für sechs Jahre außer Landes gewiesen. Lancasters Versuche, den Konflikt zu entschärfen und den König umzustimmen, blieben erfolglos, da er bereits infolge eines Herzinfarktes am 3. Februar 1399 in Leicester verstarb. Er wurde an der Seite seiner ersten Gattin Blanche im Kirchenschiff der Londoner St. Paul’s Cathedral in einem von Heinrich Yevele gestalteten Grab aus Elfenbein beigesetzt, das allerdings während des großen Brandes von 1666 vernichtet wurde.
Die historische Figur des Herzogs von Lancaster erlebte bisher eine vielfältige literarische Bearbeitung, so ist z.B. in William Shakespeare’s Drama
„Richard II.“ die berühmte Englandrede dem sterbenden John of Gaunt gewidmet. Rebecca Gablé gibt ihm in ihrem historischen Roman
“Das Lächeln der Fortuna“ eine zentrale Rolle, in der er mit viel Sympathie, aber historisch korrekt, porträtiert wird.
John of Gaunt und die Dynastie der Lancaster
Richard II. zog nach dem Tod des Herzogs dessen Vermögen für die Krone ein und verbannte dessen Sohn lebenslänglich. Dieser entschloss sich jedoch, nach England zurück zu kehren, um sein Erbe zu beanspruchen. Die Ereignisse überschlugen sich dann, die Unzufriedenen schlossen sich
Henry of Bolingbroke an. Das Parlament beschloss im September 1399, den König zu entthronen und am 13. Oktober wurde Heinrich IV. aus dem Hause der Lancaster zum neuen König gekrönt. Der entmachtete Richard II. starb unter nicht aufgeklärten Umständen im Februar 1400 im Londoner Tower, mit ihm erlosch die Hauptlinie der Plantagenets.
Heinrich IV., der erste König aus der Dynastie Lancaster, baute seinen Thronanspruch auf zwei Überlegungen auf:
1. Sein ältester Onkel Lionel von Antwerpen, Herzog von Clarence (1338–1368) hatte nur eine Tochter, Philippa Plantagenet, Countess of Ulster (1355–1382), die mit Edmund Mortimer, 3. Earl of March (1352–1381) verheiratet wurde. Ihr gemeinsamer Sohn Roger Mortimer, 4. Earl of March (1374–1398), der von Richard II. zum Thronfolger ernannt wurde, war bereits tot, die Thronansprüche seines noch minderjährigen Sohnes Edmund Mortimer, 5. Earl of March (1391– 1425) wurden sowohl von Heinrich IV. als auch vom Parlament übergangen.
2. Da sein Vater John of Gaunt älter war als Edmund of Langley, Herzog von York (1341–1402) und Thomas of Woodstock, Herzog von Gloucester (1355–1397) begründete Heinrich IV. seinen Thronanspruch als Prätendent der älteren agnatischen Linie. Dies war ein erstaunlicher politischer Bewusstseinswandel, dessen Widerspruch seinen Zeitgenossen nicht verborgen blieb, vor allem nach dem Heinrich V. (* 1387, König 1413–1422) sich entschloss, den Hundertjährigen Krieg fortzusetzen, der ja letztlich auf den über eine Frau, Isabella von Frankreich (1292–1358), vertretenen Erbanspruch auf die Krone Frankreichs basierte.
Anne Mortimer (1390–1411), die Schwester des letzten Mortimers Edmund, ehelichte 1406
Richard of Conisburgh, Earl of Cambridge (1375–1415), dem jüngeren Sohn des Herzogs von York. Mit ihrem Sohn
Richard (1411–1460), seit 1425
3. Herzog von York, entstand dem englischen König Heinrich VI. (* 1421, König 1422–1461, 1470–1471) ein politischer Gegner, der seine Thronansprüche sowohl über Lionel von Antwerpen als auch über seine direkte agnatische Abstammung von Eduard III. begründen konnte. Nach dem Ende des Hundertjährigen Krieges (1453) entzündete sich 1455 der schwelende Konflikt des Hochadels in offene Kriegshandlungen. Die Rosenkriege, die ihren Namen den Wappen der Kontrahenten verdankten, endeten 1485 mit der Thronbesteigung
Heinrichs VII. (* 1457, König 1485–1509) aus dem Haus Tudor, die bekannte Tudorrose symbolisierte schließlich die Vereinigung der roten Rose des Hauses Lancaster mit der weißen Rose des Hauses York.
Abschließend werden die Nachkommen John of Gaunts, Herzog von Lancaster aufgeführt, die das Erwachsenenalter erreicht haben und eine politische oder genealogische Bedeutung für die englische oder europäische Geschichte hatten:
* aus der ersten Ehe mit Blanche of Lancaster (1341–1368)
(1)
Philippa Plantagenet (1360–1415) war seit 1387 mit
Johann I. von Portugal (* 1358, König 1385–1433) verheiratet. Ihr bekanntester Sohn war
Heinrich, der Seefahrer (1394–1460), der die Entdeckungsfahrten entlang der westafrikanischen Küste initiierte und die portugiesische See- und Kolonialmacht begründete.
(2)
Elisabeth Plantagenet (1364–1425) war dreimal mit englischen Hochadligen verheiratet, wobei ihr zweiter Ehemann
John Holland, 1. Duke of Exeter (1352–1400) ein älterer Halbbruder Richards II. war. Ihr Sohn
John Holland, 2. Duke of Exeter (1395–1447) war ein Militärführer während des Hundertjährigen Krieges und ihr Enkel
Henry Holland, 3. Duke of Exeter (1430–1475) war ein Militärführer während der Rosenkriege.
(3)
Heinrich IV. (1367–1413) bestieg 1399 den englischen Thron und begründete die Dynastie Lancaster. Ihm folgte sein Sohn
Heinrich V., der 1415 die Kriegshandlungen gegen Frankreich wieder aufnahm. Im Jahre 1471 erlosch mit dem Tod
Heinrichs VI. und
Edward of Westminster das Haus Lancaster.
* aus der zweiten Ehe mit Konstanze von Kastilien (1354–1394)
(4)
Katharina Plantagenet (1373–1418) heiratete 1388 den späteren König
Heinrich III. von Kastilien. Sie besaß während der Minderjährigkeit ihres Sohnes
Johann II. (* 1405, König von 1406–1454) großen Einfluss auf die Politik Kastiliens. Ihre Enkelin war die bedeutende
Isabella von Kastilien (* 1451, Königin 1479–1504), die gemeinsam mit ihrem Gatten
Ferdinand von Aragon (* 1452, König 1479–1516) die Einigung Spaniens vollzog. Deren gemeinsame Tochter
Katharina von Aragon (1485–1536) war an der Seite
Heinrichs VIII. Königin von England.
* aus der dritten Ehe mit Catherine Swynford (1350–1403)
(5)
John Beaufort, 1. Earl of Somerset (1373–1410) heiratete
Margaret Holland (1385–1429). Seine Tochter
Joan Beaufort (1406–1445) war Gattin des schottischen Königs
James I. (* 1394, König 1406–1437) und stellte sich während der Minderjährigkeit ihres Sohnes
James II. (1430–1460) den Ansprüchen diverser Adelsgruppen entgegen. Johns Enkelin
Margaret Beaufort (1443–1509) ist die Mutter des ersten Tudor-Königs
Heinrichs VII. (* 1457, König 1485–1509). Ebenso stammt von ihm die heutige Familie des Herzogs von Beaufort ab.
(6)
Henry Beaufort (1375–1447) war von 1422 bis 1426
Regent für den minderjährigen König Heinrich VI. Zum Kardinal ernannt, fungierte er seit 1427 als päpstlicher Legat für Deutschland, Böhmen und Ungarn. Er versuchte vergebens einen Feldzug gegen die Hussiten zu organisieren.
(7)
Thomas Beaufort, Duke of Exeter (1377–1426) war mit Margaret Neville verheiratet und Admiral der englischen Flotte.
(8)
Joan Beaufort (1379–1440) führte ihre zweite Ehe mit
Ralph Neville, Earl of Westmoreland (1364–1425). Sie ist einerseits die Großmutter der beiden York-Könige
Eduard IV. (* 1442, König 1461–1470, 1471–1483) und
Richard III. (*1452, König 1483–1485), andererseits auch die des einflussreichen Königsmachers
Richard Neville, 16. Earl of Warwick (1428–1471). Außerdem war Joan die Urgroßmutter von
Henry Stafford. 2. Duke of Buckingham (1455–1483), den einige Historiker für den Mörder der Söhne Eduards IV., der so genannten
„kleinen Prinzen“ halten. Diese -
Eduard V.. (1470–1483),
Richard, Duke of York (1473–1483) - und ihre Schwester
Elisabeth von York (1466–1503) waren ebenfalls Urenkel der Joan Beaufort und die letzten Vertreter des Hauses York. Elisabeth heiratete 1486 den Erben des Hauses Lancaster,
Heinrich VII., und begründete mit ihm die Dynastie Tudor. Ihr gemeinsamer Sohn war
Heinrich VIII. (* 1491, König 1509–1547).
Literatur
* Fryde, Natalie / Vollrath, Hanna;
''Die englischen Könige im Mittelalter: Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III.''; Verlag C.H. Beck oHG, München 2004; ISBN 3-406-49463-3
* Tuchman, Barbara;
''Der ferne Spiegel: Das dramatische 14. Jahrhundert.'' Lizenzausgabe des SPIEGEL-Verlags Rudolf Augstein GmbH & Co. KG. Hamburg. SPIEGEL-Edition 2006/2007; ISBN ISBN 978-3-87763-032-7
* Gablé, Rebecca;
''Von Ratlosen und Löwenherzen. Eine kurzweilige, aber nützliche Geschichte des englischen Mittelalters.'' Ehrenwirth und Bastei Lübbe Taschenbuch in der Bastei Lübbe Taschenbuch GmbH & Co. KG. 1. Auflage: Oktober 2010; ISBN 978-3-404-64242-7
* Grote, H.
''Stammtafeln.'' Zentralantiquariat der DDR. Leipzig 1990. 7. Reprint der Originalausgabe von 1877
*
John of Gaunt, 1. Duke of Lancaster (Wikipedia)
Hinweis
Ich arbeite in der Wikipedia unter dem Namen
"Saxonicus" mit, somit sind Ähnlichkeiten zum dortigen Artikel nicht ganz zufällig, da ich den Großteil dieses Artikels im März 2011 überarbeitet habe. Sansavoir