Hier ist Platz, um über Revolutionen zu diskutieren und ein bisschen theoretisches auszutauschen. Natürlich darf auch die Praxis nicht zu kurz kommen. Ein paar Fragen als Leitfaden:
- Gibt es Gemeinsamkeiten bei allen Revolutionen?
- Gibt es einen gewissen Ablauf, den alle Revolutionen durchmachen?
- Gibt es eine Art "Geheimrezept" für das Gelingen einer Revolution?
- Welche der gescheiterten Revolutionen (Franz. Rev., 1848/40 etc.) hatte die besten Erfolgsaussichten?
Wer irgend eine Meinung zu dem ganzen (oder anderen Fragen) hat - nur raus damit!
In einem anderen Thread, dem zur neolithischen Revolution schrieb ich gestern:
(13.07.2012 13:33)Maxdorfer schrieb: [ -> ] (01.07.2012 12:48)Renegat schrieb: [ -> ]Der Begriff "Neolithische Revolution" suggeriert eine plötzliche Erkenntnis und einen daraus folgenden umfassenden Wandel der Lebensgewohnheiten. An dieser Schnittstelle beginnt die Jungsteinzeit, auch in diesem Forum.
Eine Revolution ist nicht ein plötzlicher Vorgang: Eine Revolution bereitet sich vor - über Jahre oder Jahrzehnte, in früheren Zeiten über Jahrhunderte und Jahrtausende - entläd sich dann eines Tages in irgend einer Weise und braucht, um ihre volle Wirkung zu entfalten, wiederum eine längere Zeit. Zum Beispiel die Revolution 1848/49: sie bereitete sich im - sogar nach diesem Fakt benannten - Vormärz vor, sie entlud sich in relativ (Betonung auf RELATIV) kurzer Zeit und wirkte dann noch ein paar Monate. Bei der neolithischen Revolution ist das ein bisschen vielschichtiger, aber ich denke, relativ ähnlich. Über lange Zeit sammelten sich die Erkenntnisse der Menschen, biss sie dann eines Tages "zum Ausbruch kamen". Das kann ja gar nicht anders sein, denn eines Tages muss ja das erste Mal Ackerbau betrieben worden sein. Es muss einen ersten Tag gegeben haben.
Nun kann man natürlich sagen - die neolithische Revolution umfasst ja, zumindest im nahen Osten, das erwähnte "neolithische Paket", also gleich vier bis fünf Neuerungen. Aber ich bin der Meinung, dass diese Dinge, geschliffenes Steinwerkzeug, Ackerbau + Viehzucht, sesshaftes Wohnen und Keramik ungefähr zur gleichen Zeit auftraten. Natürlich nicht am selben Tag, aber in vergleichsweise kurzem Zeitraum, gemessen an dieser Zeit, in der die geschichtlichen Entwicklungen noch viel langsamer verliefen als heute oder auch in der Antike oder im Mittelalter. Es handelt sich hier um Jahrhunderte Entwicklung, die aber in der noch viel länger andauernden Steinzeit schon eine relativ schnelle Entwicklung bedeuten.
Und genau zu einem Zeitpunkt bricht eine Revolution ja sowieso nicht aus: 1848/49 starteten die Revolutionen in Paris, in Wien, in Berlin auch nicht genau zum gleichen Zeitpunkt. So wird es auch bei der neolithischen Revolution gewesen sein, bloß wie eben gesagt in viel größerem Maßstab.
Wie lange es gedauert hat, bis dieser RELATIV schnell verlaufende Erkenntnisprozess umgesetzt wurde, und ob er überhaupt umgesetzt wurde, ist eine Frage, die alle Revolutionen gemein haben. Manche Revolutionen brauchten Jahre, bis sie wirksam wurden, andere wirkten schneller, andere überhaupt nicht, da sie sofort wieder rückgängig gemacht wurden.
Meine Güte, Maxdorfer, du bist ja schneller als die Polizei erlaubt.

Dann stelle ich meine beiden Punkte aus dem anderen Thread, die du wohl noch nicht gelesen hast, auch hier rein.
1. Warum hat Childe die neolithische mit der industriellen Revolution verglichen?
2. Wie verlaufen Revolutionen im Unterschied zu Entwicklungen?
(14.07.2012 16:57)Renegat schrieb: [ -> ]Meine Güte, Maxdorfer, du bist ja schneller als die Polizei erlaubt.
Würde ich Auto fahren, würde ich mich immer an Tempo Hundert halten...
(Zumindest in geschlossenen Ortschaften...

)
(14.07.2012 16:57)Renegat schrieb: [ -> ]Dann stelle ich meine beiden Punkte aus dem anderen Thread, die du wohl noch nicht gelesen hast, auch hier rein.
1. Warum hat Childe die neolithische mit der industriellen Revolution verglichen?
2. Wie verlaufen Revolutionen im Unterschied zu Entwicklungen?
Ich werde mir mal Gedanken zu den beiden Fragen machen.
Ich glaube es ist schwierig, wenn nicht zwischen kulturellen Revolutionen und gesellschaftlichen getrennt wird.
Worum soll es gehen?
(14.07.2012 17:40)Viriathus schrieb: [ -> ]Ich glaube es ist schwierig, wenn nicht zwischen kulturellen Revolutionen und gesellschaftlichen getrennt wird.
Worum soll es gehen?
Guter Einwurf, bei mir ging es um kulturelle, wir kamen ja von Childe und seinem Vergleich der industriellen mit der neolithischen R.. Arkona hat in dem anderen Thema eben noch auf die zur Zeit laufende, digitale R. hingewiesen.
(14.07.2012 16:30)Arkona schrieb: [ -> ]Was wir als Neolithische Revolution bezeichnen, dauerte doch letztendlich viele Generationen, aber durch unsere Brille gesehen, geschah das rasend schnell. Die Industrielle Revolution nahm auch einige Jahrzehnte in Anspruch und wurde von den Zeitgenossen bestimmt nicht als solche empfunden. Genauso leben wir gerade in der Digitalen Revolution. Was wir gar nicht richtig wahrnehmen, werden unsere Nachfahren einmal mit offenem Mund ob der Geschwindigkeit bestaunen. Die werden dann ihre eigene technologische Revolution, welche auch immer, haben und das als selbstverständlichen Alltag sehen.
Maxdorfer hat die beiden kulturellen allerdings mit den gesellschaftlichen R.s verglichen, der franz. und der gescheiterten 48. Ich denke auch, dass man zumindest getrennt definieren muß.
Nur als kurzer Einwurf.
Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn man bei diesem Thema auch den philosophischen Aspekt nicht aus den Augen verliert.
Es könnte bei diesem Thema von Vorteil sein, sich mit Teilen des dialektischen Materialismus zu beschäftigen.
Die Hegelsche Dialektik, aufbauend auf Heraklit und anderen Vordenkern, wurde wenig später von Marx und Engels aufgenommen, weiter- und fortentwickelt.
Ich führe hier vorerst nur kurz einige Sätze aus
Wiki an:
Zitat:Zu diesen Grundlagen kommen drei elementare Entwicklungsgesetze.
- Das Gesetz von der Einheit und vom Kampf der Gegensätze
(Die Triebkraft der Entwicklung ist der Widerspruch zwischen dualen Polen, der natürlichen und sozialen Prozessen grundsätzlich inhärent ist und aus deren Kampf
eine neue Lösung hervorgeht. Analog dazu: These + Antithese = Synthese)
- Das Gesetz von der Negation der Negation (Die Entwicklung auf eine höhere Ebene bewahrt die positiven Elemente der vorhergehenden. Sie negiert in ihrer Weiterentwicklung die vorhergehende Ebene also nicht als Ganzes.)
- Das Gesetz vom Umschlagen von einer Quantität in eine neue Qualität (Nach einer Kumulation quantitativer Veränderungen über längere Zeit kommt es zu einer sprunghaften qualitativen Veränderung.)
Wie schon angemerkt, nur einige kurze Gedanken in welcher Richtung auch diskutiert werden könnte.
Wobei man Marx und Engels - in einer fast schon zwanghaften Assoziation - nicht gleichzeitig als die Gründerväter einiger Diktaturen des 20. Jahrhunderts ansehen sollte. Damit tut man ihnen nämlich unrecht.
Die das verbockt haben, waren andere Menschen.
(14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]- Gibt es Gemeinsamkeiten bei allen Revolutionen?
Vor der Revolution herrscht großer Unmut/Wut in der Bevölkerung über den existierenden Zustand.
(14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]- Gibt es einen gewissen Ablauf, den alle Revolutionen durchmachen?
Nein. Jede Revolution hat einen anderen Ablauf.
(14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]- Gibt es eine Art "Geheimrezept" für das Gelingen einer Revolution?
Auch hier nein, denn es gibt zu viele Faktoren, die bestimmen ob eine Revolution gelingt oder nicht.
(14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]- Welche der gescheiterten Revolutionen (Franz. Rev., 1848/40 etc.) hatte die besten Erfolgsaussichten?
Die Französische Revolution.
Dumme Frage: Kann man die frz. Revolution denn als wirklich gescheitert betrachten?
(14.07.2012 20:09)Arkona schrieb: [ -> ]Dumme Frage: Kann man die frz. Revolution denn als wirklich gescheitert betrachten?
Hatte ich mich auch gefragt, als sie aufgeführt wurde.
(14.07.2012 17:40)Viriathus schrieb: [ -> ]Ich glaube es ist schwierig, wenn nicht zwischen kulturellen Revolutionen und gesellschaftlichen getrennt wird.
Worum soll es gehen?
Stimmt, das fiel mir auch heute morgen ein.
Es soll um beide gehen, um Vergleiche zwischen denen und um ihre Charakteristiken.
(14.07.2012 20:00)Annatar schrieb: [ -> ] (14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]- Gibt es einen gewissen Ablauf, den alle Revolutionen durchmachen?
Nein. Jede Revolution hat enen anderen Ablauf.
Ich schrieb dazu ja schon:
"Eine Revolution bereitet sich vor - über Jahre oder Jahrzehnte, in früheren Zeiten über Jahrhunderte und Jahrtausende - entläd sich dann eines Tages in irgend einer Weise und braucht, um ihre volle Wirkung zu entfalten, wiederum eine längere Zeit. Zum Beispiel die Revolution 1848/49: sie bereitete sich im - sogar nach diesem Fakt benannten - Vormärz vor, sie entlud sich in relativ (Betonung auf RELATIV) kurzer Zeit und wirkte dann noch ein paar Monate."
(Post 2 dieses Threads)
(14.07.2012 20:09)Arkona schrieb: [ -> ]Dumme Frage: Kann man die frz. Revolution denn als wirklich gescheitert betrachten?
Was die Ideale der französischen Revolution angeht, kann man das tatsächlich in Frage stellen.
Aber die französische Revolution als Umkremplung des Machtgefüges in Frankreich ist trotzdem definitiv gescheitert. Erst kam da so ein Korse, der das ganze Land zur Aushebungsstätte für Armeen und dann zum Verlierer eines europaweiten Krieges gemacht hat, und im Anschluss wurden die Bourbonen wieder eingesetzt. Nicht wirklich ein Erfolg.
Wie ich schon sehe, haltet ihr beide (Annatar und Maxdorfer) nichts von den dialektischen Grundgesetzen und strickt euren eigenen Stiefel weiter.
Bei Arkona könnte es schon anders aussehen, vielleicht auch bei Viriathus.
Diese dialektischen Grundgedanken sind nicht nur in der naturwissenschaftlichen Welt essentiell, sondern gelten auch auf gesellschaftlicher Ebene.
Sollten wir nicht erstmal definieren?
Entwicklung ist ein sehr allgemeiner Oberbegriff
Zitat aus Wiki:
der allgemeine Begriff: Entwicklung als Vorgang, als Wandel; dieser kann Entstehung, Veränderung und Vergehen umfassen. Er wird meist neutral verwendet und bezeichnet in einigen Bereichen (z. B. Produktentwicklung) einen kreativen Vorgang; http://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklung
Revolution dagegen ist etwas klarer definiert aus
http://www.bpb.de/wissen/2BO1DD
lat.] R. bezeichnet eine schnelle, radikale (i. d. R. gewaltsame) Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. Politische R. zielen i. d. R. auf die Beseitigung der bisherigen politischen Führer und die Schaffung grundsätzlich neuer Institutionen, verbunden mit einem Führungs- und Machtwechsel. Ziel der bewusst herbeigeführten, tief greifenden Veränderungen ist es, mit einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
(15.07.2012 14:55)Wallenstein schrieb: [ -> ]Wie ich schon sehe, haltet ihr beide (Annatar und Maxdorfer) nichts von den dialektischen Grundgesetzen und strickt euren eigenen Stiefel weiter.
Que ??

Ich hab doch bis jetzt hier nur einen Post verfasst.
Stimmt. Da habe ich dir, Annatar, wohl etwas Unrecht getan und nicht ganz richtig hingesehen. Sorry.
Aber auch in dem einen Beitrag hattest du es nicht mit den von mir angesprochenen dialektischen Grundgesetzen, welche universell gültig sind.
Nebenbei:
Sind solche Dinge, solche (Selbst)Verständlichkeiten "heutzutage" eigentlich noch bekannt, wird so etwas noch gelehrt?
(15.07.2012 17:47)Wallenstein schrieb: [ -> ]Stimmt. Da habe ich dir, Annatar, wohl etwas Unrecht getan und nicht ganz richtig hingesehen. Sorry.
Aber auch in dem einen Beitrag hattest du es nicht mit den von mir angesprochenen dialektischen Grundgesetzen, die universell gültig sind.
Nebenbei:
Sind solche Dinge, solche Verständlichkeiten "heutzutage" eigentlich noch bekannt, wird so etwas noch gelehrt?
Könntest du präzisieren, was du meinst?? Ich hab nämlich keine Ahnung.
(15.07.2012 17:50)Annatar schrieb: [ -> ] (15.07.2012 17:47)Wallenstein schrieb: [ -> ]Stimmt. Da habe ich dir, Annatar, wohl etwas Unrecht getan und nicht ganz richtig hingesehen. Sorry.
Aber auch in dem einen Beitrag hattest du es nicht mit den von mir angesprochenen dialektischen Grundgesetzen, die universell gültig sind.
Nebenbei:
Sind solche Dinge, solche Verständlichkeiten "heutzutage" eigentlich noch bekannt, wird so etwas noch gelehrt?
Könntest du präzisieren, was du meinst?? Ich hab nämlich keine Ahnung.
Same here.
(15.07.2012 14:55)Wallenstein schrieb: [ -> ]Wie ich schon sehe, haltet ihr beide (Annatar und Maxdorfer) nichts von den dialektischen Grundgesetzen und strickt euren eigenen Stiefel weiter. Bei Arkona könnte es schon anders aussehen, vielleicht auch bei Viriathus.
Diese dialektischen Grundgedanken sind nicht nur in der naturwissenschaftlichen Welt essentiell, sondern gelten auch auf gesellschaftlicher Ebene.
Ich habe als Threadersteller bislang nur auf die Posts geantwortet, zu denen mir auf die Schnelle etwas einfiel. Mit der Dialektik können wir gerne weitermachen, da habe ich nichts dagegen.
(15.07.2012 17:47)Wallenstein schrieb: [ -> ]Sind solche Dinge, solche (Selbst)Verständlichkeiten "heutzutage" eigentlich noch bekannt, wird so etwas noch gelehrt?
Also in der soeben von mir abgeschlossenen Mittelstufe kam das nicht dran. Ich glaube die Katholiken haben das mal im Religionsunterricht angeschnitten. Die in Ethik nicht und wir Protestanten haben das nicht durchgenommen. Dafür zum zehnten Mal den Lebenslauf Luthers (nicht klischeehaft gemeint).
In anderen Fächern kommt das sowieso nicht. Mal sehen, wie es ab der 11. Klasse aussieht.
(15.07.2012 14:57)Renegat schrieb: [ -> ]Sollten wir nicht erstmal definieren?
Entwicklung ist ein sehr allgemeiner Oberbegriff
Zitat aus Wiki:
der allgemeine Begriff: Entwicklung als Vorgang, als Wandel; dieser kann Entstehung, Veränderung und Vergehen umfassen. Er wird meist neutral verwendet und bezeichnet in einigen Bereichen (z. B. Produktentwicklung) einen kreativen Vorgang; http://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklung
Revolution dagegen ist etwas klarer definiert aus http://www.bpb.de/wissen/2BO1DD
lat.] R. bezeichnet eine schnelle, radikale (i. d. R. gewaltsame) Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. Politische R. zielen i. d. R. auf die Beseitigung der bisherigen politischen Führer und die Schaffung grundsätzlich neuer Institutionen, verbunden mit einem Führungs- und Machtwechsel. Ziel der bewusst herbeigeführten, tief greifenden Veränderungen ist es, mit einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
Gut, danke für die Klarstellung.
Dann passt aber weder der Begriff der industriellen noch der der digitalen Revolution.
(15.07.2012 20:04)Maxdorfer schrieb: [ -> ] (15.07.2012 14:57)Renegat schrieb: [ -> ]Sollten wir nicht erstmal definieren?
Entwicklung ist ein sehr allgemeiner Oberbegriff
Zitat aus Wiki:
der allgemeine Begriff: Entwicklung als Vorgang, als Wandel; dieser kann Entstehung, Veränderung und Vergehen umfassen. Er wird meist neutral verwendet und bezeichnet in einigen Bereichen (z. B. Produktentwicklung) einen kreativen Vorgang; http://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklung
Revolution dagegen ist etwas klarer definiert aus http://www.bpb.de/wissen/2BO1DD
lat.] R. bezeichnet eine schnelle, radikale (i. d. R. gewaltsame) Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. Politische R. zielen i. d. R. auf die Beseitigung der bisherigen politischen Führer und die Schaffung grundsätzlich neuer Institutionen, verbunden mit einem Führungs- und Machtwechsel. Ziel der bewusst herbeigeführten, tief greifenden Veränderungen ist es, mit einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
Gut, danke für die Klarstellung.
Dann passt aber weder der Begriff der industriellen noch der der digitalen Revolution.
Diskutieren kann man alles, wenn die Begriffe klar sind. Viriathus wies bereits auf die Unterschiede hin:
(14.07.2012 17:40)Viriathus schrieb: [ -> ]Ich glaube es ist schwierig, wenn nicht zwischen kulturellen Revolutionen und gesellschaftlichen getrennt wird.
Worum soll es gehen?
Also machen wir es hübsch der Reihe nach, ich würde vorschlagen, wir fangen mit dem Klassiker in F an.
Zuvor könnten wir betrachten, was uns diese Sätze heute sagen:
(14.07.2012 18:35)Wallenstein schrieb: [ -> ]Zu diesen Grundlagen kommen drei elementare Entwicklungsgesetze.
- Das Gesetz von der Einheit und vom Kampf der Gegensätze
(Die Triebkraft der Entwicklung ist der Widerspruch zwischen dualen Polen, der natürlichen und sozialen Prozessen grundsätzlich inhärent ist und aus deren Kampf
eine neue Lösung hervorgeht. Analog dazu: These + Antithese = Synthese)
- Das Gesetz von der Negation der Negation (Die Entwicklung auf eine höhere Ebene bewahrt die positiven Elemente der vorhergehenden. Sie negiert in ihrer Weiterentwicklung die vorhergehende Ebene also nicht als Ganzes.)
- Das Gesetz vom Umschlagen von einer Quantität in eine neue Qualität (Nach einer Kumulation quantitativer Veränderungen über längere Zeit kommt es zu einer sprunghaften qualitativen Veränderung.)
Kann man machen. User Wallenstein scheint den Fremdworten zugetan.
Ich habe zwar verstanden, was die drei Thesen sagen, aber keine Lust derart geschwollen zu debattieren.
Also mal etwas runtergezogen:
1. Gegensätzliche und widerstreitende Thesen bedingen einander um in ihrem Kompromiss eine neue Richtung vorzugeben
2. Es werden bereits erreigte Errungenschaften beibehalten, jedoch in bestimmten Bereichen eine Verbesserung herbeigeführt
3. Veränderungen in eine Richtung verändern bis zu einem bestimmten Punkt erstmal äußerlich nichts. Bei einem gewissen Punkt aber dann ruckartig alles. Quasi der Tropfen, der ein Fass zum überlaufen bringt.
(15.07.2012 21:39)Viriathus schrieb: [ -> ]Kann man machen. User Wallenstein scheint den Fremdworten zugetan.
Ich habe zwar verstanden, was die drei Thesen sagen, aber keine Lust derart geschwollen zu debattieren.
Also mal etwas runtergezogen:
1. Gegensätzliche und widerstreitende Thesen bedingen einander um in ihrem Kompromiss eine neue Richtung vorzugeben
2. Es werden bereits erreigte Errungenschaften beibehalten, jedoch in bestimmten Bereichen eine Verbesserung herbeigeführt
3. Veränderungen in eine Richtung verändern bis zu einem bestimmten Punkt erstmal äußerlich nichts. Bei einem gewissen Punkt aber dann ruckartig alles. Quasi der Tropfen, der ein Fass zum überlaufen bringt.
Was heißt denn hier geschwollen? Welche Fremdworte?
Da kannst du "runterziehen" (was auch immer du damit meinst) wie du möchtest, viel klarer und besser kannst du es nicht beschreiben.
Die drei Punkte hast du aber mit eigenen Worten einigermaßen richtig umschrieben. Besonders Letzteren. Genau dieser bringt uns zu den Revolutionen.
(14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]Hier ist Platz, um über Revolutionen zu diskutieren und ein bisschen theoretisches auszutauschen. Natürlich darf auch die Praxis nicht zu kurz kommen. Ein paar Fragen als Leitfaden:
- Gibt es Gemeinsamkeiten bei allen Revolutionen?
- Gibt es einen gewissen Ablauf, den alle Revolutionen durchmachen?
- Gibt es eine Art "Geheimrezept" für das Gelingen einer Revolution?
- Welche der gescheiterten Revolutionen (Franz. Rev., 1848/40 etc.) hatte die besten Erfolgsaussichten?
Wer irgend eine Meinung zu dem ganzen (oder anderen Fragen) hat - nur raus damit!
Jetzt sind wir doch schon ein großes Stück weiter, die ersten beiden Punkte sind mE bereits beantwortet durch
(15.07.2012 21:39)Viriathus schrieb: [ -> ]3. Veränderungen in eine Richtung verändern bis zu einem bestimmten Punkt erstmal äußerlich nichts. Bei einem gewissen Punkt aber dann ruckartig alles. Quasi der Tropfen, der ein Fass zum überlaufen bringt.
Der Tropfen ist der Unterschied zwischen einer Entwicklung und der Revolution. Jedenfalls so wie ich es verstehe.
Die französische R, der Klassiker, war im 18. Jhd. natürlich bekannt, daher muß sie in die Defintion passen und ist danach nicht gescheitert. Für diese Form der Revolution wäre die russische Oktoberrevolution ein weiteres Beispiel.
http://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberrevolution
Welche gibt es noch?
Interessant sind die jüngeren Revolutionen, an 1. Stelle und sicher diskussionswürdig ist die friedliche R. in der DDR 1989. Die arabischen R. in den letzten beiden Jahren passen hoffentlich auch in diese Kategorie. Fallen euch weitere ein?
Achja, damit bleiben wir erstmal bei den gesellschaftlichen R. und das ist gut, weil man erst diese richtig durchdrungen haben muß, um das Konzept auf die kulturellen zu übertragen.
(16.07.2012 09:19)Renegat schrieb: [ -> ]Die französische R, der Klassiker, war im 18. Jhd. natürlich bekannt, daher muß sie in die Defintion passen und ist danach nicht gescheitert.
(16.07.2012 09:19)Renegat schrieb: [ -> ]Für diese Form der Revolution wäre die russische Oktoberrevolution ein weiteres Beispiel. http://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberrevolution
Welche gibt es noch?
Interessant sind die jüngeren Revolutionen, an 1. Stelle und sicher diskussionswürdig ist die friedliche R. in der DDR 1989. Die arabischen R. in den letzten beiden Jahren passen hoffentlich auch in diese Kategorie. Fallen euch weitere ein?
Mir fällt spontan noch die Revolution von 1918/19 ein. Und die in Frankreich 1830 habe ich ja schon erwähnt?
(16.07.2012 01:40)Wallenstein schrieb: [ -> ] (15.07.2012 21:39)Viriathus schrieb: [ -> ]Kann man machen. User Wallenstein scheint den Fremdworten zugetan.
Ich habe zwar verstanden, was die drei Thesen sagen, aber keine Lust derart geschwollen zu debattieren.
Also mal etwas runtergezogen:
1. Gegensätzliche und widerstreitende Thesen bedingen einander um in ihrem Kompromiss eine neue Richtung vorzugeben
2. Es werden bereits erreigte Errungenschaften beibehalten, jedoch in bestimmten Bereichen eine Verbesserung herbeigeführt
3. Veränderungen in eine Richtung verändern bis zu einem bestimmten Punkt erstmal äußerlich nichts. Bei einem gewissen Punkt aber dann ruckartig alles. Quasi der Tropfen, der ein Fass zum überlaufen bringt.
Was heißt denn hier geschwollen? Welche Fremdworte?
Da kannst du "runterziehen" (was auch immer du damit meinst) wie du möchtest, viel klarer und besser kannst du es nicht beschreiben.
Die drei Punkte hast du aber mit eigenen Worten einigermaßen richtig umschrieben. Besonders Letzteren. Genau dieser bringt uns zu den Revolutionen.
Wow.
Hat man solch tolle Sachen im real existierenden Sozialismus gelernt?
Auf einem bürgerlichen Realgymnasium der BRD hat man solche Sachen leider nicht gelernt.
Da aber Hegel und sein Antipode und Zimmergenosse Schelling meine Landsleute sind (abgesehen davon, dass die Revolution damals a Vogue war)
habe ich mich damit allerdings auch beschäftigt.
Eine These wird mit ihrer Negation – der Antithese – konfrontiert.
Aus der dynamischen Wechselwirkung der beiden Gegensätze ergibt sich eine neue Position => die Synthese.
Aus der These Blüte wird durch die Antithese Verwelken die Synthese Pflanzensamen.
OK, zurück zum Thema.
Die Revolution 1848/49 ist keineswegs gescheitert!
Sie hat sicherlich nicht im vollen Umfang Erfolg gehabt.
Aber mindestens die Hälfte ihrer Teilnehmer, die Landbevölkerung hat ihre Ziele erreicht.
Wie passt das dann in die Revolutions-Dialektik?
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]Hat man solch tolle Sachen im real existierenden Sozialismus gelernt?
Yes, hat man (vielleicht nicht gelernt, aber man wurde ständig damit konfrontiert) - und zwar jeden Tag.
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]Da aber Hegel und sein Antipode und Zimmergenosse Schelling meine Landsleute sind (abgesehen davon, dass die Revolution damals a Vogue war)
habe ich mich damit allerdings auch beschäftigt.
Finde ich gut.
Und wo haben sich Hegel und Schelling ein Zimmer geteilt und Entwicklungshilfe der etwas anderen Art erhalten?

Nicht in Tübingen.
Fehlt eigentlich nur noch Hölderlin im gemeinschaftlichem Zimmer.
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]Eine These wird mit ihrer Negation – der Antithese – konfrontiert.
Aus der dynamischen Wechselwirkung der beiden Gegensätze ergibt sich eine neue Position => die Synthese.
Aus der These Blüte wird durch die Antithese Verwelken die Synthese Pflanzensamen.
Irgendwie hast du es auf den Punkt gebracht.
Jetzt brauchen wir nur noch einen Biologen, der etwas zu den Pflanzensamen beitragen könnte.
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]OK, zurück zum Thema.
Die Revolution 1848/49 ist keineswegs gescheitert!
Sie hat sicherlich nicht im vollen Umfang Erfolg gehabt.
Aber mindestens die Hälfte ihrer Teilnehmer, die Landbevölkerung hat ihre Ziele erreicht.
Ich bin auch der Meinung, dass beide Revolutionen nicht gescheitert sind.
Die '48iger nicht, genauso wenig wie die von 1789.
Man schaue sich nur
dieses an.
Der Laizismus als ein einzelnes, späteres Ergebnis dieser Revolution ist doch schon bemerkenswert.
Wir sind uns sicher darüber einig, dass es nicht nur Revolutionen politisch/gesellschaftlicher Art sondern auch sozialer oder technischer Art gibt, z.B. die Emanzipation der Frauen zweifelsfrei revolutionär war und ist oder die Revolution auf dem Kommunikationssektor = revolutionäre Änderungen, die das Frühere ad absurdum stellten.
Wenn ich also nun nur Revolutionen politisch/gesellschaftlicher Art betrachte, dann meine ich, daß (mit Ausnahme einer) keine Revolution gescheitert ist. Jede Revolution hinterlässt Spuren im neuen Denken der Revoltierenden
Die Französische Revolution scheiterte nicht, obwohl Napoleon danach wieder eine Monarchie installierte. Revolution kann, muss ja nicht zwingend eine Veränderung der Regierungsform bedeuten. Der Anspruch dieser Revolution wirkt bis heute im Grundgedanken von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit nach.
Auch die Deutsche Revolution von 1848 scheiterte darum nicht, weil als Ergebnis ein Parlament entstand und eine Parteienlandschaft, sie damit ihrem Anspruch gerecht wurde.,
Es gibt auch Revolutionen, bei denen es noch nicht einmal zu Gewalt kommt, dass sich Dinge entwickeln, die absolut revolutionär prägen: z.B. als der Tenno 1945 plötzlich ein Mensch wurde.
Die einzige Revolution, die wirklich gescheitert ist, das ist die Oktober-Revolution .
Nichts, was diese Revolution wollte, wurde schlussendlich erreicht.
Stimmt das aber ?
Entscheidet darüber nicht doch die Geschichte ? weil auch die Oktober-Revolution Grundgedanken hat , die die Wünsche und Träume der Menschen erfüllen könnten ?
Zur Zeit der Schreckensherrschaft Robbespiers wäre mit gleicher Berechtigung auch gesagt worden: die Revolution vom 14.07.1789 ist gescheitert.
(16.07.2012 18:52)krasnaja schrieb: [ -> ]Wir sind uns sicher darüber einig, dass es nicht nur Revolutionen politisch/gesellschaftlicher Art sondern auch sozialer oder technischer Art gibt, z.B. die Emanzipation der Frauen zweifelsfrei revolutionär war und ist oder die Revolution auf dem Kommunikationssektor = revolutionäre Änderungen, die das Frühere ad absurdum stellten.
Da sind wir uns einig, es wäre trotzdem schön, wenn wir diesen Teil solange zurückstellen könnten, bis wir zu den kulturellen Revolutionen kommen. Vielleicht hast du die Vorbeiträge nicht gelesen, es wurde vorgeschlagen, in diesem Thema etwas strukturierter vorzugehen.
(16.07.2012 18:52)krasnaja schrieb: [ -> ]Wenn ich also nun nur Revolutionen politisch/gesellschaftlicher Art betrachte, dann meine ich, daß (mit Ausnahme einer) keine Revolution gescheitert ist. ....Die einzige Revolution, die wirklich gescheitert ist, das ist die Oktober-Revolution .
Nichts, was diese Revolution wollte, eine neue Gesellschaftsordnung , wurde schlussendlich erreicht.
Das ist eine reine sachliche Feststellung ohne Wertung, ob diese angestrebte neue Gesellschaftsordnung nun gut oder schlecht ist.
Stimmt das aber ?
Nein, ich halte die Oktoberrevolution nicht für gescheitert, sie wird allgemein als die neben der französischen R. als zweite große und erfolgreiche R. betrachtet. Das stimmt auch mit der Definition überein.
(15.07.2012 14:57)Renegat schrieb: [ -> ]Sollten wir nicht erstmal definieren?
Entwicklung ist ein sehr allgemeiner Oberbegriff
Zitat aus Wiki:
der allgemeine Begriff: Entwicklung als Vorgang, als Wandel; dieser kann Entstehung, Veränderung und Vergehen umfassen. Er wird meist neutral verwendet und bezeichnet in einigen Bereichen (z. B. Produktentwicklung) einen kreativen Vorgang; http://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklung
Revolution dagegen ist etwas klarer definiert aus http://www.bpb.de/wissen/2BO1DD
lat.] R. bezeichnet eine schnelle, radikale (i. d. R. gewaltsame) Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. Politische R. zielen i. d. R. auf die Beseitigung der bisherigen politischen Führer und die Schaffung grundsätzlich neuer Institutionen, verbunden mit einem Führungs- und Machtwechsel. Ziel der bewusst herbeigeführten, tief greifenden Veränderungen ist es, mit einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
Wir sollten dieses allgemeine Thema aber bitte nicht mit einer weiteren Spezialbetrachtung zum russischen Schicksal überfrachten. Dazu könnte bei Bedarf ein eigenes Thema eröffnet werden.
Nachdem ich mir Maxdorfers Revolutionenliste angesehen habe, danke übrigens dafür, ergibt sich für mich eine weitere Frage.
Was ist mit der Reformation?
Dass sie so und nicht als Revolution bezeichnet wird, muß ja nicht heißen, dass sie nicht nach der Definition eine war. Für mich passen einige Kriterien gut.
Wie seht ihr das?
(14.07.2012 16:17)Maxdorfer schrieb: [ -> ]- Gibt es eine Art "Geheimrezept" für das Gelingen einer Revolution?
Über die dritte Eingangsfrage habe ich länger nachgedacht. Das Geheimrezept für das Gelingen einer Revolution möchte ich lieber umformulieren zum Rezept, eine Revolution zu verhindern.
Das Rezept wäre für mich, dass Veränderungen im Sinne von
(15.07.2012 21:39)Viriathus schrieb: [ -> ]1. Gegensätzliche und widerstreitende Thesen bedingen einander um in ihrem Kompromiss eine neue Richtung vorzugeben
2. Es werden bereits erreigte Errungenschaften beibehalten, jedoch in bestimmten Bereichen eine Verbesserung herbeigeführt
so kontinuierlich erfolgen, dass es zu keinem Reformstau kommt, der eine Revolution nötig macht. Denn Revolutionen können auch heute noch Gewalt, Aggression auslösen.
(16.07.2012 16:55)Wallenstein schrieb: [ -> ] (16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]Hat man solch tolle Sachen im real existierenden Sozialismus gelernt?
Yes, hat man (vielleicht nicht gelernt, aber man wurde ständig damit konfrontiert) - und zwar jeden Tag.
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]Da aber Hegel und sein Antipode und Zimmergenosse Schelling meine Landsleute sind (abgesehen davon, dass die Revolution damals a Vogue war)
habe ich mich damit allerdings auch beschäftigt.
Finde ich gut.
Und wo haben sich Hegel und Schelling ein Zimmer geteilt und Entwicklungshilfe der etwas anderen Art erhalten?
Nicht in Tübingen.
Fehlt eigentlich nur noch Hölderlin im gemeinschaftlichem Zimmer.
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]Eine These wird mit ihrer Negation – der Antithese – konfrontiert.
Aus der dynamischen Wechselwirkung der beiden Gegensätze ergibt sich eine neue Position => die Synthese.
Aus der These Blüte wird durch die Antithese Verwelken die Synthese Pflanzensamen.
Irgendwie hast du es auf den Punkt gebracht.
Jetzt brauchen wir nur noch einen Biologen, der etwas zu den Pflanzensamen beitragen könnte.
(16.07.2012 15:01)Suebe schrieb: [ -> ]OK, zurück zum Thema.
Die Revolution 1848/49 ist keineswegs gescheitert!
Sie hat sicherlich nicht im vollen Umfang Erfolg gehabt.
Aber mindestens die Hälfte ihrer Teilnehmer, die Landbevölkerung hat ihre Ziele erreicht.
Ich bin auch der Meinung, dass beide Revolutionen nicht gescheitert sind.
Die '48iger nicht, genauso wenig wie die von 1789.
Man schaue sich nur dieses an.
Der Laizismus als ein einzelnes, späteres Ergebnis dieser Revolution ist doch schon bemerkenswert.
Es ist heute noch in Württemberg Allgemeinwissen, dass der Schelling und der Hegel im Tübinger Stift zeitweilig das Zimmer geteilt haben.
Wieso einen Biologen? Bleiben wir doch bei der "Revolutionslehre"
These Frieden, Antithese Krieg, Synthese Vorteile für den Gewinner

(16.07.2012 19:55)Suebe schrieb: [ -> ] (16.07.2012 16:55)Wallenstein schrieb: [ -> ]Yes, hat man (vielleicht nicht gelernt, aber man wurde ständig damit konfrontiert) - und zwar jeden Tag.
Und wo haben sich Hegel und Schelling ein Zimmer geteilt und Entwicklungshilfe der etwas anderen Art erhalten?
Nicht in Tübingen.
Fehlt eigentlich nur noch Hölderlin im gemeinschaftlichem Zimmer.
Irgendwie hast du es auf den Punkt gebracht.
Jetzt brauchen wir nur noch einen Biologen, der etwas zu den Pflanzensamen beitragen könnte.
Ich bin auch der Meinung, dass beide Revolutionen nicht gescheitert sind.
Die '48iger nicht, genauso wenig wie die von 1789.
Man schaue sich nur dieses an.
Der Laizismus als ein einzelnes, späteres Ergebnis dieser Revolution ist doch schon bemerkenswert.
Es ist heute noch in Württemberg Allgemeinwissen, dass der Schelling und der Hegel im Tübinger Stift zeitweilig das Zimmer geteilt haben.
Wieso einen Biologen? Bleiben wir doch bei der "Revolutionslehre"
These Frieden, Antithese Krieg, Synthese Vorteile für den Gewinner 
Zwischen (bzw. davor) Revolution und Evolution steht nur ein unbedeutender Buchstabe.
(16.07.2012 19:38)Renegat schrieb: [ -> ]Nachdem ich mir Maxdorfers Revolutionenliste angesehen habe, danke übrigens dafür, ergibt sich für mich eine weitere Frage.
Was ist mit der Reformation?
Dass sie so und nicht als Revolution bezeichnet wird, muß ja nicht heißen, dass sie nicht nach der Definition eine war. Für mich passen einige Kriterien gut.
Wie seht ihr das?
Ich gebe Dir recht, dass man die Reformation als Revolution bezeichnen kann. Dies gilt vor allem in den nordeuropäischen Ländern, wie Schweden und später dann auch in Dänemark. Die Ereignisse in England unter Heinrich VIII. und Elisabeth I. werden auch als Tudor-Revolution bezeichnet. Die Enteignung der katholischen Kirche im Jahr 1536 ist die nachhaltigste Umverteilung von Eigentum seit 1066 gewesen. Aber auch die Umgestaltung des Ordenslandes zum Herzogtum Preußen, die Entwicklung protestantischer Länder im HRR kann man als revolutionär bezeichnen. Es ist durchaus richtig zu sagen, die Reformation war eine Revolution und die Gegenreformation setzte die Reformierung der katholischen Kirche um.
Ich habe noch mal drüber nachgedacht:
Ich denke, man sollte die Revolutionen von 1789 und 1848 t e i l w e i s e als gescheitert betrachten.
Einerseits blieben ihre Ideale an der Tagesordnung, man konnte verschiedene Forderungen umsetzen.
Aber als Umkremplung der politischen Verhältnisse - was eine politische Revolution ja auch ist - sind die beiden gescheitert. Die französische Revolution - der ja außer Napoleon auch noch eine weitere Bourbonenherrschaft folgte - dabei besonders.
Wie gesagt, aber was soziale und gesellschaftliche Forderungen, die in den politischen Forderungen verpackt waren, angeht, waren die beiden Revolutionen schon eher erfolgreich.
Bei einem halb/halb (Halb erfolgreich, halb nicht erfolgreich) Kompromiss würde ich also zustimmen.
(16.07.2012 21:00)Sansavoir schrieb: [ -> ] (16.07.2012 19:38)Renegat schrieb: [ -> ]Nachdem ich mir Maxdorfers Revolutionenliste angesehen habe, danke übrigens dafür, ergibt sich für mich eine weitere Frage. Was ist mit der Reformation?
Dass sie so und nicht als Revolution bezeichnet wird, muß ja nicht heißen, dass sie nicht nach der Definition eine war. Für mich passen einige Kriterien gut. Wie seht ihr das?
Ich gebe Dir recht, dass man die Reformation als Revolution bezeichnen kann. Dies gilt vor allem in den nordeuropäischen Ländern, wie Schweden und später dann auch in Dänemark. Die Ereignisse in England unter Heinrich VIII. und Elisabeth I. werden auch als Tudor-Revolution bezeichnet. Die Enteignung der katholischen Kirche im Jahr 1536 ist die nachhaltigste Umverteilung von Eigentum seit 1066 gewesen. Aber auch die Umgestaltung des Ordenslandes zum Herzogtum Preußen, die Entwicklung protestantischer Länder im HRR kann man als revolutionär bezeichnen. Es ist durchaus richtig zu sagen, die Reformation war eine Revolution und die Gegenreformation setzte die Reformierung der katholischen Kirche um.
Allgemein die Wende zur Neuzeit war eine Revolution, aber eine gesellschaftliche und soziokulturelle vor allem, weniger eine politische. Und die wollten wir doch zurückstellen...


.
Und dann ist mir noch die römische Revolution eingefallen. Selbst für die damalige Zeit würde ich das als ziemlich lang für eine Revolution bezeichnen. Daher schlage ich folgendes vor:
Die römische Revolution war wohl eher eine Entwicklung, die Entwicklung von der Republik zur Einzelherrschaft.
Verschiedene Einzelrevolutionen scheiterten beim Versuch, letztere zu errichten: Sullas erster Marsch auf Rom, Sullas zweiter Marsch auf Rom (Gut, er scheiterte erst nach ein paar Jahren), die Catilina-Verschwörung, Caesars Bürgerkieg, die Ermordung Caesars durch Cassius, Brutus & co. Das waren ALLES Revolutionen.
Doch alle Revolutionen scheiterten zugunsten einer friedlichen Entwicklung, dem Weg Ocatavians ins Prinzipat (friedlich, wenn man von den Machtkämpfen gegen Antonius absieht).
(17.07.2012 08:00)Maxdorfer schrieb: [ -> ]Ich habe noch mal drüber nachgedacht:
Ich denke, man sollte die Revolutionen von 1789 und 1848 t e i l w e i s e als gescheitert betrachten.
Einerseits blieben ihre Ideale an der Tagesordnung, man konnte verschiedene Forderungen umsetzen.
Aber als Umkremplung der politischen Verhältnisse - was eine politische Revolution ja auch ist - sind die beiden gescheitert. Die französische Revolution - der ja außer Napoleon auch noch eine weitere Bourbonenherrschaft folgte - dabei besonders.
Wie gesagt, aber was soziale und gesellschaftliche Forderungen, die in den politischen Forderungen verpackt waren, angeht, waren die beiden Revolutionen schon eher erfolgreich.
Bei einem halb/halb (Halb erfolgreich, halb nicht erfolgreich) Kompromiss würde ich also zustimmen.
Mmh, ich denke, dass Napoleon sich als Kaiser krönte, kann man nicht als Scheitern der Revolution auslegen.
...radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
Bei der franz. R. sind doch alle Kriterien der Definition erfüllt,
Machtstrukturen ja,
Eliten ja, Napoleon und seine Familie zähle ich damit zur Nachwirkung der R.
neue Ordnung
http://de.wikipedia.org/wiki/Code_civil
neue Eigentumsverhältnisse würde ich auch bejaen, da der Adel entmachtet wurde. Wie sich das besonders auf dem Land gestaltete, müßte ich nachlesen, vielleicht hat das jemand im Kopf.
Zu 1848 in D hat Suebe schon was gesagt, das Lehnswesen wurde im Laufe des 18.Jhd. abgeschafft, rechtlich wurden die unteren Schichten besser gestellt, die Eigentumsverhältnisse änderten sich aber nicht. Kleinbauern mußten dem Landadel Ackerland abkaufen oder pachten. Jedenfalls habe ich das so im Kopf, Suebe wird mich korrigieren und ergänzen, hoffe ich.
Die anderen Punkte müßte man einzeln durchgehen, was in D wegen der vielen Kleinstaaten etwas aufwändiger ist.
(17.07.2012 08:50)Renegat schrieb: [ -> ]Mmh, ich denke, dass Napoleon sich als Kaiser krönte, kann man nicht als Scheitern der Revolution auslegen.
...radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
Bei der franz. R. sind doch alle Kriterien der Definition erfüllt,
Machtstrukturen ja,
Eliten ja, Napoleon und seine Familie zähle ich damit zur Nachwirkung der R.
neue Ordnung http://de.wikipedia.org/wiki/Code_civil
neue Eigentumsverhältnisse würde ich auch bejaen, da der Adel entmachtet wurde. Wie sich das besonders auf dem Land gestaltete, müßte ich nachlesen, vielleicht hat das jemand im Kopf.
Nach den Wiener Kongressen wurde die Bourbonenherrschaft wiederhergestellt und es wurde eine Restauration der vorrevolutionären Zustände durchgeführt. Weshalb ja im übrigen 1830 schon wieder eine Revolution ausbrach.
(17.07.2012 08:50)Renegat schrieb: [ -> ]Zu 1848 in D hat Suebe schon was gesagt, das Lehnswesen wurde im Laufe des 18.Jhd. abgeschafft, rechtlich wurden die unteren Schichten besser gestellt, die Eigentumsverhältnisse änderten sich aber nicht. Kleinbauern mußten dem Landadel Ackerland abkaufen oder pachten. Jedenfalls habe ich das so im Kopf, Suebe wird mich korrigieren und ergänzen, hoffe ich.
Die anderen Punkte müßte man einzeln durchgehen, was in D wegen der vielen Kleinstaaten etwas aufwändiger ist.
Ich sag doch: gesellschaftlich, soziokulturell war die Revolution erfolgreich. Nur eben nicht, was die dauerhafte Umkrempelung der politischen Ordnung angeht (Kaisertum durch Friedrich Wilhelm den ichweißnichtwievielten, Pauluskirchenparlament... ...).
(17.07.2012 08:13)Maxdorfer schrieb: [ -> ] (16.07.2012 21:00)Sansavoir schrieb: [ -> ]Ich gebe Dir recht, dass man die Reformation als Revolution bezeichnen kann. Dies gilt vor allem in den nordeuropäischen Ländern, wie Schweden und später dann auch in Dänemark. Die Ereignisse in England unter Heinrich VIII. und Elisabeth I. werden auch als Tudor-Revolution bezeichnet. Die Enteignung der katholischen Kirche im Jahr 1536 ist die nachhaltigste Umverteilung von Eigentum seit 1066 gewesen. Aber auch die Umgestaltung des Ordenslandes zum Herzogtum Preußen, die Entwicklung protestantischer Länder im HRR kann man als revolutionär bezeichnen. Es ist durchaus richtig zu sagen, die Reformation war eine Revolution und die Gegenreformation setzte die Reformierung der katholischen Kirche um.
Allgemein die Wende zur Neuzeit war eine Revolution, aber eine gesellschaftliche und soziokulturelle vor allem, weniger eine politische. Und die wollten wir doch zurückstellen... 
.
Im wesentlichen hast du recht, wobei die Auflösung der Klöster und Bistümer samt dazugehörigem Grundbesitz schon eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse darstellen könnte. Und als R.-versuch kann man die Bauernkriege schon bezeichnen, der aber iW gescheitert ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_M%C3%BCntzer
Die Reformation ist vielleicht beides, gesellschaftlich und kulturell, da kommen wir noch drauf zurück.
(17.07.2012 08:56)Maxdorfer schrieb: [ -> ] (17.07.2012 08:50)Renegat schrieb: [ -> ]Mmh, ich denke, dass Napoleon sich als Kaiser krönte, kann man nicht als Scheitern der Revolution auslegen.
...radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
Bei der franz. R. sind doch alle Kriterien der Definition erfüllt,
Machtstrukturen ja,
Eliten ja, Napoleon und seine Familie zähle ich damit zur Nachwirkung der R.
neue Ordnung http://de.wikipedia.org/wiki/Code_civil
neue Eigentumsverhältnisse würde ich auch bejaen, da der Adel entmachtet wurde. Wie sich das besonders auf dem Land gestaltete, müßte ich nachlesen, vielleicht hat das jemand im Kopf.
Nach den Wiener Kongressen wurde die Bourbonenherrschaft wiederhergestellt und es wurde eine Restauration der vorrevolutionären Zustände durchgeführt. Weshalb ja im übrigen 1830 schon wieder eine Revolution ausbrach.
Bisher habe ich das Scheitern von Revolutionen nicht aus der Langzeitperspektive betrachtet. Kann man eine Revolution nach 20-30 Jahren oder wie im Falle der Oktoberrevolution nach fast 100 Jahren noch für gescheitert erklären, weil es zu einer Restauration oder Gegenrevolution kommt?
Wie sehen das die anderen?
(17.07.2012 09:42)Renegat schrieb: [ -> ]Bisher habe ich das Scheitern von Revolutionen nicht aus der Langzeitperspektive betrachtet. Kann man eine Revolution nach 20-30 Jahren oder wie im Falle der Oktoberrevolution nach fast 100 Jahren noch für gescheitert erklären, weil es zu einer Restauration oder Gegenrevolution kommt?
Wie sehen das die anderen?
Natürlich nicht.
Selbstverständlich hatte die Oktoberrevolution Erfolg.
Dass 2 Menschenalter später eine neuerliche Revolution zu wieder anderen Ergebnissen kam, steht ja aucf einem ganz anderen Blatt.
Es gibt von der BW-Landeszentrale für politische Bildung "Revolutionen im Südwesten" da wird auch den Ereignissen 1945-49, allerdings mir Vorbehalten gedacht.
Dialektisch stimmts doch. These Oligarchie, Antithese Demokratie, Synthese Bundesrepublik Deutschland.

Habe ich mir diesen Sammelband mal angesehen.
"Die großen Revolutionen im Südwesten" herausgegeben von Hans-Georg Wehling und Angelika Hauser-Hauswirth
Schriften zur politischen Landeskunde Band 27
Landeszentrale für politische Bildung BW 1998
Im Vorwort zeichnen die Herausgeber ein etwas anderes Bild von einer Revolution wie es hier zur Sprache kam, und wie ich es von den Debatten im Republikanischen Club kannte, als wir in jedem 2. Satz das Wort "Dialektik" anbrachten.
Sinngemäß:
Das Wort "Revolution" verbinde sich im alltagssprachgebrauch mit Begriffen wie Massen, Straße, Gewalt und Blut. Das wäre die spektakuläre "Außenseite" einer Revolution geprägt insbesondere von der Großen Franz. Revolution.
Zu wenig beachtet werde die "Innenseite", der Inhalt dessen was eine Revolution ausmache: die radikale Veränderung aller Lebensumstände, der Institutionen, der Denkweisen und Wertvorstellungen, die davon miterfasst und umgestaltet werden. Revolutionen lassen nichts unberührt - nach einer Revolution ist nichts mehr so, wie es zuvor war.
So geht es noch ein paar Seiten weiter, es wird abgegrenzt zur Revolte, zum Putsch zusätzlich kommt der Begriff der "partizipatorischen Revolution" von 1848/49 ins Spiel, wie sie sich damals in Württemberg aufbauend auf 400 Jahren der Mitbestimmung abgespielt hat. Im Gegensatz zu Baden, wo die Revolution sehr blutige Züge bekam.
Und ausgehend von diesem obigen Revolutionsbegriff wird dann die Nachkriegszeit auch als Revolution begriffen.
Dies wird in den Gegensatz zu der Revolution 1918/19 gesetzt, wo 15 Jahre später ein Herr Hitler die "revolutionären Errungenschaften" der Demokratie gleichsam au Passant kassierte.
Während heute (1998) 87% der deutschen Bevölkerung die Demokratie und 80% die bundesdeutsche Spielart als die beste Staatsform von allen bezeichnen.
Ein revolutionärer Prozess wie er nicht hätte durchgreifender sein können.
Edit: sorry, wenn ich in den Beiträgen zuvor etwas den nötigen Ernst bei seite ließ, es waren die Erinnerungen an durchdiskutierte Nächte vor vielen Jahrzehnten.

Ich kann dich voll und ganz verstehen.
Ein Neffe (er war drei Jahre älter als ich) sagte einmal: "Wer mit 20 kein Sozialist ist hat kein Herz. Wer mit 50 noch Sozialist ist hat keinen Verstand."
(15.07.2012 14:57)Renegat schrieb: [ -> ]Revolution dagegen ist etwas klarer definiert aus http://www.bpb.de/wissen/2BO1DD
lat.] R. bezeichnet eine schnelle, radikale (i. d. R. gewaltsame) Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. Politische R. zielen i. d. R. auf die Beseitigung der bisherigen politischen Führer und die Schaffung grundsätzlich neuer Institutionen, verbunden mit einem Führungs- und Machtwechsel. Ziel der bewusst herbeigeführten, tief greifenden Veränderungen ist es, mit einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).
(17.07.2012 15:13)Suebe schrieb: [ -> ]Habe ich mir diesen Sammelband mal angesehen.
"Die großen Revolutionen im Südwesten" herausgegeben von Hans-Georg Wehling und Angelika Hauser-Hauswirth
Schriften zur politischen Landeskunde Band 27
Landeszentrale für politische Bildung BW 1998
Im Vorwort zeichnen die Herausgeber ein etwas anderes Bild von einer Revolution wie es hier zur Sprache kam, und wie ich es von den Debatten im Republikanischen Club kannte, als wir in jedem 2. Satz das Wort "Dialektik" anbrachten.
Sinngemäß:
Das Wort "Revolution" verbinde sich im alltagssprachgebrauch mit Begriffen wie Massen, Straße, Gewalt und Blut. Das wäre die spektakuläre "Außenseite" einer Revolution geprägt insbesondere von der Großen Franz. Revolution.
Zu wenig beachtet werde die "Innenseite", der Inhalt dessen was eine Revolution ausmache: die radikale Veränderung aller Lebensumstände, der Institutionen, der Denkweisen und Wertvorstellungen, die davon miterfasst und umgestaltet werden. Revolutionen lassen nichts unberührt - nach einer Revolution ist nichts mehr so, wie es zuvor war.
Dass sich der umgangssprachliche Inhalt unterscheiden kann, will ich nicht bestreiten, hier im Forum liegen wir mit der Definition hier im Thema auf Linie, wir hatten aber die gesellschaftlichen R. von den kulturellen unterschieden. Die von dir zitierte innere Sicht, paßt mE besser zu den kulturellen R.
PS die Assoziationen zum Begriff Revolution können wir ja woanders besprechen
http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...hp?tid=241
(17.07.2012 15:13)Suebe schrieb: [ -> ]Und ausgehend von diesem obigen Revolutionsbegriff wird dann die Nachkriegszeit auch als Revolution begriffen.
Dies wird in den Gegensatz zu der Revolution 1918/19 gesetzt, wo 15 Jahre später ein Herr Hitler die "revolutionären Errungenschaften" der Demokratie gleichsam au Passant kassierte.
Während heute (1998) 87% der deutschen Bevölkerung die Demokratie und 80% die bundesdeutsche Spielart als die beste Staatsform von allen bezeichnen.
Ein revolutionärer Prozess wie er nicht hätte durchgreifender sein können.
Naja, zur Definition paßt es zwar, mir fehlt die Plötzlichkeit und vor allem stört mich, dass die tiefgreifende, plötzliche Veränderung nun mal von außen erwirkt wurde. Für mich sollten sich die revolutionären Massen innerhalb des zu verändernden System befinden. 1918/19 noch eher als 48/49.
(17.07.2012 19:26)Renegat schrieb: [ -> ]Naja, zur Definition paßt es zwar, mir fehlt die Plötzlichkeit und vor allem stört mich, dass die tiefgreifende, plötzliche Veränderung nun mal von außen erwirkt wurde. Für mich sollten sich die revolutionären Massen innerhalb des zu verändernden System befinden. 1918/19 noch eher als 48/49.
Die revolutionären Massen des Novembers 1918 wurden aber ebenfalls "von außen" angestossen.
Der "Demokratisierungsprozess" war am laufen. Auf Wunsch Wilsons

Auf diesen Zug sind sie alle aufgesprungen, in der Hoffnung mit "einem blauen Auge" davonzukommen.
Als die Hoffnung trog, sind sie zügig wieder abgesprungen und haben der letzten demokratisch legitimierten Regierung 1929 keine Träne nachgeweint.
Das Umdenken nach Hitler dagegen hat recht schnell an der Basis eingesetzt.
Deine Revolutionsdefinition hatte ich überlesen ....

(17.07.2012 19:55)Suebe schrieb: [ -> ] (17.07.2012 19:26)Renegat schrieb: [ -> ]Naja, zur Definition paßt es zwar, mir fehlt die Plötzlichkeit und vor allem stört mich, dass die tiefgreifende, plötzliche Veränderung nun mal von außen erwirkt wurde. Für mich sollten sich die revolutionären Massen innerhalb des zu verändernden System befinden. 1918/19 noch eher als 48/49.
Die revolutionären Massen des Novembers 1918 wurden aber ebenfalls "von außen" angestossen.
Der "Demokratisierungsprozess" war am laufen. Auf Wunsch Wilsons
Auf diesen Zug sind sie alle aufgesprungen, in der Hoffnung mit "einem blauen Auge" davonzukommen.
Als die Hoffnung trog, sind sie zügig wieder abgesprungen und haben der letzten demokratisch legitimierten Regierung 1929 keine Träne nachgeweint.
Das Umdenken nach Hitler dagegen hat recht schnell an der Basis eingesetzt.
Deine Revolutionsdefinition hatte ich überlesen ....
Wo, Ihr Beiden, war denn der Anstoß von außen ? und wo die Verbindung zu 1848 ? Niemand "sprang auf einen Zug auf"
Die Revolution kam spontan, innerhalb von Stunden, ohne Führung.
Als die Matrosen in Kiel und Wilhelmshaven die Feuer aus den Kresseln rissen, sind die zwar durchaus von außen angestoßen worden, keinesfalls aber durch Wilson, dessen 14 Punkte in einem ganz anderen Orchester gespielt wurde. Wilson ging es im wesentlichen um das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Die Matrosen wollten einfach nicht in einem sinnlosen, prestigeheischenden Angriff im Sinne der OHL und der Seekriegsleitung gegen die englische Flotte verheizt werden.
Zwar kein Anstoß aber eine Anleihe aus der Revolution in Russland gab es schon. Die Bildung von Räten/Sowjets in Kiel, Berlin (auch München ) von Sozialdemokraten, die sich sponan bildeten.
.
Anfangs eine Revolution noch wärend der letzten Kriegstage, wurde diese dann durch die eigenen Genossen niederkartätscht.
Eine sozialdemokratische Revolution wird durch die eigene Führung unter Ebert und Noske zerschlagen, mit Hilfe rechtsnationaler Verbände, ein, wie ich meine, in der Geschichte einmaliger Vorgang.
Ebert in der kleinkarierten Sicht eines gediegenen Handwerksmeister, reagierte so, wie er meinte, wie die Großen Männer, zu denen er bis dahin zeitlebens aufgeschaut hatte, ragieren würden.
Und als er nun mit warmer Dankbarkeit die Verantwortung über Deutschland entgegen genommen hatte, da verriet er seine Genossen..
Und es liegt eine gewisse Gerechtigkeit in der Geschichte, dass es diese rechtsnationalen Kräfte waren, die Ebert dann später buchstäblich zu Tode hetzten.
(17.07.2012 08:00)Maxdorfer schrieb: [ -> ]Ich habe noch mal drüber nachgedacht:
Ich denke, man sollte die Revolutionen von 1789 und 1848 t e i l w e i s e als gescheitert betrachten.
Einerseits blieben ihre Ideale an der Tagesordnung, man konnte verschiedene Forderungen umsetzen.
Aber als Umkremplung der politischen Verhältnisse - was eine politische Revolution ja auch ist - sind die beiden gescheitert. Die französische Revolution - der ja außer Napoleon auch noch eine weitere Bourbonenherrschaft folgte - dabei besonders.
Wie gesagt, aber was soziale und gesellschaftliche Forderungen, die in den politischen Forderungen verpackt waren, angeht, waren die beiden Revolutionen schon eher erfolgreich.
Bei einem halb/halb (Halb erfolgreich, halb nicht erfolgreich) Kompromiss würde ich also zustimmen.
Die Restauration von 1814/15 brachte ja nicht die Verhältnisse von vor 1789 zurück. Viele napoleonische Beamte und Generäle konnten unter Ludwig XVIII. ihre Stellung erhalten. Es existierte eine Nationalversammlung. Die Wirtschaft wurde von Bankiers und Großbürgern, teilweise Aufsteigern aus der Revolutionszeit beherrscht. Der alte Adel erlangte nicht mehr seine alte Stellung zurück. Ebenso wurden die Eigentumsverhältnisse, die sich während der Revolution oder unter Napoleon herausgebildet haben, nicht angetastet. Der Code Civil blieb Gesetz und die neue Verwaltungsstruktur (Departements) blieb erhalten. Als dann Karl X. tatsächlich versuchte, Errungenschaften der Revolution oder Napoleons zu beseitigen, wurde er durch die Julirevolution 1830 gestürzt.
Die Französische Revolution ist nicht gescheitern, nicht einmal teilweise. Sie war vielleicht unvollendet, aber nach den Ereignissen von 1830, 1848 und 1870 setzte sich ihre Ideale schließlich durch. Frankreichs III. Republik war ein moderner bürgerlicher säkularer Staat und unterschied sich in allen wesentlichen Dingen vom Frankreich des Ancien Regimes.
Sansavoir, ich stimme dir zu. Da du Detailkenntnisse zu haben scheinst, kannst du meine Frage zur Änderung der Eigentumsverhältnisse besonders auf dem Land in F nach der Revolution beantworten? Wie lief das ab, wurde der Adelsbesitz unter die Bauern aufgeteilt?