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Normale Version: Titel "erheiratet"
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Woanders hat man sich darüber ausgelassen, ob Maria Theresia jetzt Kaiserin war, oder nicht.
mM: Geschwafel, wie wenn der Lothringer Kaiser geworden wäre, ohne seine Frau. Völlig undenkbar.

Aber per Saldo kein uninteressantes Thema.

Der Viktoria Luise, Frau von Wilhelm zwo, hat wohl keiner den Kaiserinnen-Titel nicht zugestanden.
Aber wie ist das bei Sylvia, ist die Königin von Schweden oder nicht? Hat die den Titel?

In meiner Jugend war das klar. Die Frau vom Doktor (Mediziner) war die Frau Doktor, meist hatte sie nicht promoviert, aber so nannte man sie.
Die Frau vom Pfarrer war die Frau Pfarrer, heute gibt es ja die in Amt und Würden, ordiniert, die nennen sich, zumindest bei mir ums Eck Frau Pfarrerin, eben um sich von den "Erheirateten" zu unterscheiden.

Ganz früher, vermutlich so vor 100 Jahren, war die Frau vom Bahnhofsvorstand die Frau Bahnhofsvorstand, unbestritten. Das kenne ich aber nur noch aus der Literatur.

Hat sich da schon mal wer Gedanken gemacht, oder besitzt hintergründiges?
(16.08.2017 12:44)Suebe schrieb: [ -> ]Woanders hat man sich darüber ausgelassen, ob Maria Theresia jetzt Kaiserin war, oder nicht.

Als Ehefrau von Kaiser Franz I. Stephan war Maria Theresia automatisch Kaiserin - wie auch alle anderen Kaiserinnen des Heiligen Römischen Reichs vor ihr.

Dass ihr Amt als regierende Erzherzogin von Österreich und Königin u. a. von Ungarn und Böhmen machtpolitisch ungleich wichtiger war, steht auf einem anderen Blatt.

(16.08.2017 12:44)Suebe schrieb: [ -> ]Aber wie ist das bei Sylvia, ist die Königin von Schweden oder nicht? Hat die den Titel?

Selbstverständlich ist die einstige Silvia Sommerlath durch die Heirat mit König Carl XVI. Gustaf automatisch Königin von Schweden. In der Regel wird die Frau eines Königs automatisch Königin. https://de.wikipedia.org/wiki/Silvia_von_Schweden

Umgekehrt ist das allerdings anders, Der Ehemann einer regierenden Königin wird lediglich "Prinzgemahl", wie z.B. in Großbritannien oder Dänemark.
(16.08.2017 17:01)Dietrich schrieb: [ -> ]
(16.08.2017 12:44)Suebe schrieb: [ -> ]Woanders hat man sich darüber ausgelassen, ob Maria Theresia jetzt Kaiserin war, oder nicht.

Als Ehefrau von Kaiser Franz I. Stephan war Maria Theresia automatisch Kaiserin - wie auch alle anderen Kaiserinnen des Heiligen Römischen Reichs vor ihr.

Dass ihr Amt als regierende Erzherzogin von Österreich und Königin u. a. von Ungarn und Böhmen machtpolitisch ungleich wichtiger war, steht auf einem anderen Blatt.

./.


Jedoch ist die "Kaiserin" mMn im HRR in der Verfassung nicht vorgesehen.
Mindestens konnte ich nix dazu finden.
maW der Titel "Kaiserin" im HRR ist Gewohnheitsrecht wie die "Frau Pfarrer"
In der Verfassung des Bismarkreiches gibt es auch keine Kaiserin.
Der erste Träger des Kaiser-Titels nannte ihn, den Titel, eh "Charakter-Major"
naja, eine Krone allen Abbildungen zum Trotz gab es ja auch nicht.

In der Württembergischen von 1818 kein Wort von einer Königin.
Zu der Vormundschaft, wenn ein Thronfolger noch minderjährig ist, heißt es,
"wenn kein geeigneter Agnat des königlichen Hauses vorhanden ist, die Mutter ...."
also die Mutter des neuen Köngis, explicit nicht die "Königin" oder "Ex-Königin" oder sostwas, schlicht die Mutter.


Von Napoleon ist bekannt, dass er die Josefine "krönte", um ihr die Krone mangels Nachwuchs wieder abzunehmen. Hat er die Habsburgerin auch "gekrönt"?
gab es im HRR plus Nachfolgestaaten etwas ähnliches?
Von ÖU ist mir ein Krönungsbild Karl mit Zita bekannt. Wie war es da ansonsten?
Wurde Elisabeth gekrönt?

Der letzte Hohenzoller der gekrönt wurde, war ja Wilhelm mit dem Rauschbart in Königsberg, die Königin ????

Es scheint mir da aber doch sehr in Richtung "Frau Bahnhofsvorstand" zu gehen.
Fällt mir gerade noch ein:
Der schwäbische Salomo Oberamtsrichter Dodel aus Blaubeuren, pflegte seine Sommerfrische im schweizerischen Baden zu verbringen.
Dort stellte er sich neuen Bekannten wie folgt vor:
"Ich bin der Dodel, sollte ihnen jedoch meine Frau begegnen, sie ist selbstverständlich die Frau Oberamtsrichter"

So geschehen zwischen 1900 und 1914
Die Frau des Kaisers war selbstverständlich die Kaiserin, egal ob sie gekrönt wurde oder nicht. Sie hatte ja nicht selbst den Anspruch auf den Titel, sondern nur als Ehefrau. Sie wurde mit "Kaiserliche Hoheit" angeredet. Eine formale Krönung fand im 19. Jh. oft nicht statt oder hatte keine Öffentlichkeit. Elisabeth von Österreich wurde zumindest 1867 an der Seite ihres Mannes als Königin von Ungarn in Budapest gekrönt. Das war ein Zugeständnis von Andrassy wegen dem k.u.k Ausgleich.

Die drei Kaiserinnen des Deutschen Reiches waren als Gattin des Kaisers Kaiserin. Wilhelms II. zweite Ehefrau Hermine von Reuß wurde ebenfalls als "Kaiserliche Hoheit" angesprochen, obwohl sie den ehemaligen Kaiser erst 1922 geheiratet hat.

Maria Theresia ist eine Ausnahme. Franz I. wäre nie ohne die Machtfülle seiner Frau zum Kaiser des HRR gewählt worden. Als er 1765 starb, wurde Joseph II. zum Kaiser gekrönt. Seine zweite Frau Maria von Bayern wurde ebenfalls Kaiserin, dies blieb aber ohne Bedeutung, da sie bereits 1767 verstarb. Danach heiratete Joseph II. nicht mehr, somit führte Maria Theresia den Titel als Kaiserin sowohl als Ehefrau von Franz I. als auch als Mutter von Joseph II.

Die russischen Zarinnen Katherina I. (1725-1727), Anna (1730-1740), Elisabeth (1741-1762) und Katharina II. (1762-1796) trugen aus eigenem Recht den Titel "Zarin". Spätere Zarinnen waren nur als Ehefrauen des Zaren. Hierzu hat es m.E. eine von Paul I. eingeführte Regelung gegeben.
Auf einem Lageplan aus den 50ern ist als Besitzerin eine Frau Sowieso "Gutspächterswitwe" eingetragen. Nachbarin meiner Eltern. (Ich wusste zuvor wirklich nicht, was der ihr längst Verstorbener von Beruf war)

Ich glaube mal, wir können hier festhalten, die Ehefrau wurde bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts mit dem Titel des Ehemannes oft auch mit dessen Berufsbezeichnung angesprochen.
Die Namensbestandteil "Wassermeisters Wittwe" las ich mal auf einem bayrischen Grabstein.

Das hat aber mMn weniger mit Titelerheiratung und mehr mit Unterscheidungsmerkmal zu tun.
Ein Namensbestandteil wie ein Übername
Ganz so einfach ist das nicht. Friedrich der Große gestand Maria Theresia nie den Kaisertitel zu, für ihn war das einfach nur die "Königin von Ungarn".
Awa..Angel

das ist/war reine Bosheit
maW "Rache der Putzfrau"
anders konnte er ihr nichts anhaben, hat er den Mülleimer umgeschmissen.
Bat

meine eine Nachbarin spricht die andere permanent mit"Fräulein" an, dabei lebt die seit mindestens 20 Jahren mit demselben zusammen.
Bosheit, pure Bosheit
Die Zeiten ändern sich.
Mir hat ein alter Juraprofessor noch erzählt, man wollte ihm seine standesamtliche Ehe annulieren, weil seine Frau mit ihrem eigenen Nachnamen unterschrieben hatte. Wurde nichts draus, im Gesetz stand, das die Ehe durch das Ja-Wort vor dem Standesbeamten geschlossen wird.
Seit die Ehefrau ihren Namen behalten kann oder Doppelnamen möglich sind oder was auch immer, hat sich das "Frau Hauptmann" erledigt.
Bei Königen ist das was anderes, aber die gibt es in D ja nicht mehr. Adlige sind eben durch Heirat oder Adoption mit längerem Namen ausgestattet, wer's braucht....
Mal eine Frage an die Experten.
Lieschen heiratet den Herrn Dr.Müller und bezeichnet sich als in Rechtsgeschäften als Frau Dr. Lieschen Müller.
Das ist doch nicht erlaubt bzw. unberechtigtes Führen eines akademischen Titels. Oder liege ich da falsch?
(18.08.2017 02:20)Triton schrieb: [ -> ]Mal eine Frage an die Experten.
Lieschen heiratet den Herrn Dr.Müller und bezeichnet sich als in Rechtsgeschäften als Frau Dr. Lieschen Müller.
Das ist doch nicht erlaubt bzw. unberechtigtes Führen eines akademischen Titels. Oder liege ich da falsch?


da liegst du absolut richtig.
die kriegt eine auf die Nuss dass es knallt.

der frühere Landrat von S............ hat sich irgendwoher einen "Dr." gekauft,
hatte der Staatsanwalt die größte Freude dran, und der Ex-Landrat nochmals eine abgekriegt.
(18.08.2017 02:20)Triton schrieb: [ -> ]Mal eine Frage an die Experten.
Lieschen heiratet den Herrn Dr.Müller und bezeichnet sich als in Rechtsgeschäften als Frau Dr. Lieschen Müller.
Das ist doch nicht erlaubt bzw. unberechtigtes Führen eines akademischen Titels. Oder liege ich da falsch?

Meiner Meinung nach darf sie nicht mit dem Titel Rechtsgeschäfte duchführen. Aber sie wird sich zumindest als frau Doktor Müller ansprechen lassen. Zumindest habe ich erlebt, dass in den 1990-er Jahren die Ehefrauen vom promovierten Dr. sich als Frau Doktor anreden ließen. Den Doc musste man mit Herr Doktor oder Doktor X. anreden, aber die Anrede Herr Doktor X. verriet allem die nicht-akademische Herkunft. Ist heute nicht mehr so antiquiert, nicht einmal Ärzte promovieren in jedem Fall ...
Man darf zu Franz Beckenbauer natürlich auch "Kaiser" Franz sagen, darum geht es ja gar nicht. Es geht eben um die Ehefrauen, die aus Liebe heiraten. Aus Liebe zum Namenszusatz. Die wollen sich dann eben auch in Rechtsgeschäften aufplustern und das geht natürlich nicht.
Echte Doktoren erkennt man sowieso daran, dass sie den Titel nur verwenden, wenn im Zusammenhang.
(21.08.2017 00:23)Triton schrieb: [ -> ]Man darf zu Franz Beckenbauer natürlich auch "Kaiser" Franz sagen, darum geht es ja gar nicht. Es geht eben um die Ehefrauen, die aus Liebe heiraten. Aus Liebe zum Namenszusatz. Die wollen sich dann eben auch in Rechtsgeschäften aufplustern und das geht natürlich nicht.
./.


das wäre eine Straftat!
(16.08.2017 17:39)Suebe schrieb: [ -> ]Jedoch ist die "Kaiserin" mMn im HRR in der Verfassung nicht vorgesehen.
Mindestens konnte ich nix dazu finden.
maW der Titel "Kaiserin" im HRR ist Gewohnheitsrecht wie die "Frau Pfarrer"

Die Ehefrauen der deutschen Kaiser wurden automatisch zu "Kaiserinnen" und tauchen so auch in Urkunden als "Imperatrix" auf.

"Obwohl diese Frauen nur in Ausnahmefällen Herrschaftsrechte ausübten, werden sie als Königinnen oder Kaiserinnen bezeichnet und wurden oft als solche gekrönt."

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_..._Herrscher

Eine Kaiserin im Heiligen Römischen Reich hatte bestimmte Rechte und Privilegien. Welche das im Einzelnen waren, wird in diesem Werk beschrieben: https://books.google.de/books?id=MpdVDAA...ch&f=false
(21.08.2017 13:40)Dietrich schrieb: [ -> ]
(16.08.2017 17:39)Suebe schrieb: [ -> ]Jedoch ist die "Kaiserin" mMn im HRR in der Verfassung nicht vorgesehen.
Mindestens konnte ich nix dazu finden.
maW der Titel "Kaiserin" im HRR ist Gewohnheitsrecht wie die "Frau Pfarrer"

Die Ehefrauen der deutschen Kaiser wurden automatisch zu "Kaiserinnen" und tauchen so auch in Urkunden als "Imperatrix" auf.

"Obwohl diese Frauen nur in Ausnahmefällen Herrschaftsrechte ausübten, werden sie als Königinnen oder Kaiserinnen bezeichnet und wurden oft als solche gekrönt."

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_..._Herrscher

Eine Kaiserin im Heiligen Römischen Reich hatte bestimmte Rechte und Privilegien. Welche das im Einzelnen waren, wird in diesem Werk beschrieben: https://books.google.de/books?id=MpdVDAA...ch&f=false


Diese Zeilen aus deinem Link:
Zitat:Peter Leopold erbte nach dem Tod seines kinderlos gebliebenen Bruders Joseph II. (1741–1790) die habsburgischen Länder in Mitteleuropa. Er wurde kurz danach zum römisch-deutschen Kaiser Leopold II. gewählt und verlegte seinen Wohnsitz nach Wien, wo Maria Ludovica die Pflichten einer kaiserlichen Gemahlin wahrnahm.

....die Pflichten einer kaiserlichen Gemahlin....

stellen doch die tatsächlichen Gegenbenheiten klar.

Und in deinem anderen Link:

"in keinem Werk wid außer Maria Theresia überhaupt eine neuzeitliche Kaiserin erwähnt..."
(21.08.2017 14:46)Suebe schrieb: [ -> ]"in keinem Werk wid außer Maria Theresia überhaupt eine neuzeitliche Kaiserin erwähnt..."


Das ändert doch nichts daran, dass die Gemahlinnen der römisch-deutschen Kaiser als "Kaiserinnen" tituliert wurden und den Rang einer Kaiserun bekleideten.

Anders als die mittelalterlichen Kaiserinnen Theophanu oder Adelheid spielten Kaiserinnen der Neuzeit allerdings kaum eine Rolle.
(23.08.2017 14:19)Dietrich schrieb: [ -> ]
(21.08.2017 14:46)Suebe schrieb: [ -> ]"in keinem Werk wid außer Maria Theresia überhaupt eine neuzeitliche Kaiserin erwähnt..."


Das ändert doch nichts daran, dass die Gemahlinnen der römisch-deutschen Kaiser als "Kaiserinnen" tituliert wurden und den Rang einer Kaiserun bekleideten.

Anders als die mittelalterlichen Kaiserinnen Theophanu oder Adelheid spielten Kaiserinnen der Neuzeit allerdings kaum eine Rolle.

Die Bedeutung der "Königin" in der frühen Neuzeit lag halt in der Rolle der Mutter des Thronfolgers und den gab es im HRR halt nicht.
Ergo: Die Kaiserin war nichts anderes als die "Frau Stationsvorsteher"
ein Titel ohne Mittel Devil
von zB der Maria Theresia und den Pragmatischen Sanktionen abgesehen.
Nur ein Buchtipp, der sich mit diesem Thema befasst und brandaktuell ist:

Bettina Braun / Katrin Keller / Matthias Schnettger (Hrsg.): Nur die Frau des Kaisers? Kaiserinnen in der Frühen Neuzeit (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung; Bd. 64), Wien: Böhlau 2016, ISBN 978-3-205-20085-7

Eine wissenschaftliche fundierte und umfassende Arbeit, die sich mit den Kaiserinnen bzw. den Ehefrauen der Kaiser des HRRs in der Neuzeit befasst. Nach einem Einführungskapitel, die sich vor allem mit Fragen der Ehefrauen der Kaiser bzw. Kaiserinnen des Spätmittelalters befasst, u. a. auch der Wahrnehmung der Zeitgenossen bzw. inwieweit die Ehefrau des Kaisers zur Kaiserin gekrönt werden musste, finden sich in den Folgekapiteln Abhandlungen zu sämtlichen Kaiserinnen / Ehefrauen der Kaiser der Neuzeit von ca. 1510 bis 1506: von Bianca von Mailand (Bianca Maria Sforza) bis Maria Theresia von Neapel(-Bourbon).

Eine Rezension dazu findet sich bei Sehepunkte unter http://www.sehepunkte.de/2016/12/27603.html.
(23.08.2017 15:31)Suebe schrieb: [ -> ]Die Bedeutung der "Königin" in der frühen Neuzeit lag halt in der Rolle der Mutter des Thronfolgers und den gab es im HRR halt nicht.
Ergo: Die Kaiserin war nichts anderes als die "Frau Stationsvorsteher"
ein Titel ohne Mittel Devil

Es besteht keine Veranlassung, die Rolle der römisch-deutschen Kaiserinnen unnötig zu verkleinern. Auch darunter gab es tatkräftige Frauen, die ihre kaiserlichen Ehemänner nachhaltig unterstützten.

Ich erinnere bei dieser Gelegenheit z.B. an Elisabeth Christine von Braunschweig (1691-1750), Gemahlin von Kaiser Karl VI. von Habsburg. Sie blieb als Symbol des habsburgischen Behauptungswillens in Katalonien zurück, wurde Statthalterin und harrte in widriger Situation aus.

Maria von Spanien (1528–1603) übte zusammen mit ihrem Ehemann Maximilian II. seit 1548 die Regentschaft in Spanien aus. Dabei kam es wegen ihrer entschieden katholischen Haltung oft zum Widerspruch mit ihrem religiös weniger eindeutigen Ehemann, der zeitweise gar beabsichtigte, in das protestantische Lager zu wechseln. Seit Oktober 1550 war Maria alleinige Statthalterin in Spanien.

Isabella von Portugal (1503–1539) war seit 1526 die einzige Ehefrau Karls V. aus dem Hause Habsburg, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. In den Zeiten der monate- und jahrelangen Abwesenheit des Kaisers leitete Isabella alleine die Regierungsgeschäfte in Spanien für ihn, erstmals von 1529 bis 1533. Im Laufe der Zeit handelte sie nicht mehr nur nach dem Rat ihrer Minister, sondern traf zunehmend eigenständigere politische Entscheidungen. Als spanische Regentin diente sie ihrem Gemahl auch als wichtige Kontaktperson für vertrauliche Nachrichten.

Es gab also auch in der Neuzeit durchaus resolute römisch-deutsche Kaiserinnen, die ihren kaiserlichen Ehemännern eine wichtige Stütze waren. Dass nur wenige die engen politischen Spielräume nutzen konnten, wurde bereits gesagt.
Ich denke, man muss unterscheiden zwischen dem Titel, den sie durch Heirat erhielten und den tatsächlichen Leistungen von Frauen in der Politik.

Du führst z.B. Isabella von Portugal (1503-1539) und Maria von Spanien (1528-1603) auf. Erstere war die Ehefrau Karls V., letztere war die Tochter des Kaisers. Maria und Maximilian wurden 1548 mit der Regentschaft in Spanien betraut, weil sie Tochter bzw. Schwiegersohn Karls V. waren. Bemerkenswert daran ist wirklich, dass Karl in diesem für ihn schwierigen Jahr seine Tochter und nicht seinen Sohn Philipp mit dieser Aufgabe betraute. Offensichtlich schätzte er den politischen Sachverstand von Frauen aus seiner Familie. Das zeigt sich beispielsweise auch daran, dass die Statthalterschaft in den Niederlande zuerst seiner Tante Margarete von Österreich (1480-1531) und danach seiner Schwester Maria (1505-1558) übertragen wurde. Karls uneheliche Tochter wurde ebenfalls mit der Statthalterschaft der Niederlande betraut, zwar erst 1559 - also nach dem Tod Karls, aber auch dies spricht dafür, dass zumindest im 16. Jahrhundert frauen Regierungsverantwortung zugestanden wurde.

Es ist auch falsch, frühere Kaiserinnen des HRR (bzw. röm.-dt. Königinnen) als profillose Gattinnen des Kaisers oder Königs zu sehen. Ich denke da nur an Adelheid (Otto I.), Theophanu (Otto II.), Kunigunde von Luxemburg (Heinrich II.), Gisela von Schwaben (Konrad II.), Beatrix von Burgund (Friedrich I. Barbarossa), Konstanze von Hauteville (Heinrich VI.) oder Irene Angeloi (Philipp von Schwaben), um nur einige Beispiele zu nennen. Das waren alles Frauen, die aufgrund ihrer Bildung und/oder ihrer familiären Herkunft positiven Einfluss auf die Politik ihres Ehemanns nahmen.
Im Zusammenhang mit Adela von Blois habe ich vor einiger Zeit eine interessante Feststellung gelesen. Sie wurde immer für eine "starke" Frau / Herrscherin gehalten. Die neuere Forschung hat dies bestätigt und dabei die "überraschende" Entdeckung verbucht, dass Adela von Blois nicht die" Ausnahmefrau" war, wie bisher vermutet wurde, sondern der damaligen Norm entsprach.

Das Hauptproblem ist hier, dass bis Vorstellungen dominieren, die eigentlich nur die (erst durch den Code Civil) wesentlich verschlechterte Stellung der Frau im 19. Jahrhundert betrafen. Diese wird allerdings nach wie vor auf die Zeit vor 1800 übertragen.

Wie weit diese Vorstellungen bis in die Gegenwart verbreitet sind, hat zum Beispiel die Maximilian-Fernsehserie, die im letzten März gesendet wurde, wieder einmal gezeigt, wo Maria von Burgund als Frau nicht erben oder selbst herrschen kann, was vollkommen falsch ist. In Wirklichkeit handelte es sich um eine sehr komplexe Ausgangslage, da die Herzöge von Burgund nicht ein Land unter dem Namen Burgund beherrschten, sondern eine ganze Reihe von Herzogtümer, Grafschaften und Herrschaften, die alle ihre eigenen Rechte, Präsenzfälle etc. hatten. Hinzu kamen noch spezielle Verträge, die einmal geschlossen wurden, wie der Vertrag von Arras und Ähnliches.

Weiter kommt hinzu, dass es im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts damit begonnen wird, auch den alltäglichen Bedingungen einer Herrschaft Beachtung zu schenken. Zwar ist die Vorstellung davon, dass der Herrscher XY das und das selbst tat noch immer (und auch bei Tante Wiki) verbreitet, aber zumindest in der seriösen Forschung hat sich inzwischen durchgesetzt, dass jede Herrschaft und sämtliche Aktivitäten gewöhnlich nicht das Werk einer Einzelperson sind.

Dass damit auch die Rolle der Frauen in einem Herrschaftsverband neue Blickwinkel erhält, ist klar. Hatten Frauen bisher nur dann ein wenig (wenn oft auch nur negative) Beachtung erhalten, wenn sie als (Allein-)Herrscherinnen (wenn gleich oft mit schlechtem Leumund) oder in Ausübung einer Regentschaft hervorgetreten waren, so wurde nun endlich auch beachtet, dass die Rolle der Frauen im politischen und sozialem Umfeld wesentlich komplexer und bedeutender gewesen waren.
(Ein Sonderfall sind die Chronisten und Historienschreiber, deren Wahrheitsgehalt kritisch zu hinterfragen ist, was sich auch auf ihre Frauendarstellung auswirkt.)

Dass Herrschaft zumindest Ende des 20. Jahrhunderts auch als "Familienunternehmung" erkannt wurde, hatte weitere Auswirkungen auf die Beurteilung der Akteurinnen dieser Unternehmung. (Inwieweit das 21. Jahrhundert diese historischen Entdeckungen weiterverfolgt, wird sich noch zeigen.)

Was den Fall Maximilian (II.) / Maria betrifft:
Ich kenne den Rahmenbedingungen nicht, aber vielleicht konnte er auf Philipp (II.) auch deswegen nicht zurückgreifen, der er diesen bereits für eine andere Aufgabe eingesetzt hatte.
Um ein Reich zu regieren, in dem die Sonne nicht unterging, war eine gute Verwaltung nötig, denn Karl V. konnte nicht gleichzeitig überall anwesend sein. Für ihn war es wohl sicher kein Nachteil, dass er eine große Familie hatte, auf deren Loyalität ihm gegenüber Verlass war, sodass er auf sie für seine Herrschaftsverteilung zurückgreifen konnte.
Vorstellbar, dass Karl V. mit dieser Entscheidung auch nur versuchte, seinen Schwiegersohn (und Neffen) enger an sich bzw. in seinen Familienzweig einzubinden.
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Um zum Thema zurückzukommen, wäre vielleicht noch die Bedeutung von Titeln zu berücksichtigen. Immerhin finden wir die Annahme von Titeln nicht nur bei Frauen, und zu dieser gibt es unterschiedliche Gründe.

Karl V. war der letzte Kaiser, der eine Krönung durch den Papst jedenfalls noch vornehmen ließ. Erst Napoleon I. ließ den Papst zumindest bei seiner Kaiserkrönung anwesend sein. Was die Ehefrauen der Kaiser im Mittelalter betrifft, so war nicht jede ausdrücklich als Kaiserin gekrönt worden.

Dabei ist immerhin auffallend, dass sich Ludwig IV. (Ludwig der Baier) ein zweites Mal, dieses Mal durch den Papst krönen ließ, während bei seiner Ehefrau eine weitere Krönung nicht belegt ist. (Ein Hinweis dafür, dass das nicht für notwendig gehalten wurde?)

Maximilian I. nahm mit Zustimmung des Papstes den Titel "erwählter römischer Kaiser" an und wurde nicht in Rom (oder an einem anderen Ort) vom Papst bzw. einer vom Papst dazu legalisierten Vertretung gekrönt. Das wird bis in die Gegenwart positiv bewertet (Maximilian war seiner Zeit weit voraus), als Beleg dafür gesehen, dass eine Kaiserkrönung durch den Papst schon längst überholt war und Ähnliches. Fakt ist aber, dass Maximilian, als er gegen Ende seines Lebens mit den Kurfürsten um die Krönung seines Enkels, des späteren Karl V., zum deutsch-römischen König verhandelte, gerade deswegen erfolglos war. Die Kurfürsten machten ihre Zustimmung davon abhängig, dass Maximilian zuerst vom Papst zum Kaiser gekrönt werden müsste, ehe die Wahl eines deutsch-römischen Königs zulässig wäre.

Ein anderes Beispiel sind zwei Ehefrauen, deren Männer im 15. Jahrhundert zum Kaiser gekrönt wurden.
Eleonore von Portugal (Mutter von Maximilian I.) war die letzte Frau, die von einem Papst zur Kaiserin gekrönt wurde. Diese Krönung fand zusammen mit der von Friedrich III. statt, nachdem die beide wenige Tage zuvor vom Papst selbst getraut worden waren. (Zum Zeitpunkt der Trauung waren beide bereits über ein halbes Jahr verheiratet, die Ehe war bereits 1451 "per procurationem" geschlossen worden.)
Eleonore führte in der Folge den Kaiserinnen-Titel ganz offiziell, wie ihre Urkunden und Korrespondenzen belegen.

Die Krone, die bei Eleonores Krönung verwendet wurde, war eine Krone, die für die Krönung von Barbara von Cilli vorgesehen gewesen war. Was immerhin zeigt, dass ursprünglich auch für Sigismund (Friedrichs Vorgänger als Kaiser) und Barbara eine gemeinsame Krönung geplant gewesen war. Warum sie dann doch nicht stattgefunden hat, ist historisch bisher nicht geklärt (und dürfte mit Blick auf die seriöse Quellenlage nicht mehr zu klären sein). Belegt ist nur, dass Sigismund von Italien aus, ehe er nach Rom zog, Barbara geschrieben hat, dass sie zu ihm reisen sollte. Fakt ist, dass Barbara nicht zu ihm nach Italien gereist ist. Es hat aber den Anschein, dass er auch nicht auf sie gewartet hat.
(Heute wird vermutet, dass Sigismund es sich aus sich pekuniären Gründen letztlich nicht leisten konnte, Barbaras Ankunft abzuwarten oder dass es nicht möglich war, das Geld für Barbaras Reise aufzutreiben.)

Fakt ist jedenfalls, dass Barbara zwar die Ehefrau eines Kaisers war, aber nicht selbst zur Kaiserin gekrönt wurde, auch wenn das immer wieder in der populärwissenschaftlichen Literatur behauptet wird. Nichtsdestoweniger wird Barbara trotzdem als Kaiserin bezeichnet. Hier stellt sich nun die Frage, die ich selbst nicht beantworten kann, die aber doch entscheidend wäre, für die Einstufung Titel erheiratet: Hat Barbara nach der Kaiserkrönung von Sigismund den Titel Kaiserin selbst verwendet oder wurde sie nur von anderen so bezeichnet?
Ein ganz toller Beitrag Teresa. Thumbs_up

Die Tendenz Verhältnisse des 19. Jahrhundert ungeprüft, das heißt moww als noch gravierender auf weiter zurückliegende Jahrhunderte zu unterstellen ist mir auch schon mehrfch aufgefallen.

Wobei du hier ein paar Punkte ansprichst, die mir in dem Zusammenhang lange schon unklar sind.
Du schreibst, Friedrich III. und Eleonore wurden vom Papst getraut, waren aber schon ein Jahr verheiratet. War die kirchliche Trauung überhaupt notwendig? Im 15. Jahrhundert? Die Zivilehe die im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, war ja keine Neuerung, eher eine Wiedereinführung.

Interessant ist auch die "Kaiserinnen-Krone"
die Krone des Heiligen Römischen Reiches hat ja durchaus sakralen Charakter wie zB auch die Stephanskrone,
eine "Einrichtung" die aber ansonsten in Mittelalter und Neuzeit und woanders unbekannt ist.
Die überaus sakrale/heilige Handlung der Krönung eines Römischen Kaisers ansonsten beispiellos ist. Wobei "heilig" in dem Fall wohl "altdeutsch" früh-hochmittelalterlich verstanden werden muss, Übertragung des "Königs-Heils".

Ich lese aus deinem Beitrag heraus, dass die "Kaiserinnen-Krönung" im HRR soweit es welche gab, eher profanen Charakter hatten.
Sehe ich das so richtig?


OT: Jeh mehr ich damit befasse um so deutlicher wird, Moser hatte reccht, Deutschland wird auf Deutsch regiert
(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb: [ -> ]Ein ganz toller Beitrag Teresa. Thumbs_up

Danke, danke für das KomplimentShy
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(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb: [ -> ]Du schreibst, Friedrich III. und Eleonore wurden vom Papst getraut, waren aber schon ein Jahr verheiratet. War die kirchliche Trauung überhaupt notwendig? Im 15. Jahrhundert? Die Zivilehe die im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, war ja keine Neuerung, eher eine Wiedereinführung.

In einem seriösen Fachbuch über Agnes Bernauer (die wahrscheinlich die Ehefrau von Herzog Albrecht IV. von Baiern war), habe ich eine Abhandlung dazu gelesen. Offensichtlich war ursprünglich ein Priester bei einer Heirat nicht zwingend notwendig, das dürfte sich erst im Spätmittelalter durchgesetzt haben. Jedenfalls scheint es, dass Eheabsprachen und Eheversprechungen vor Zeugen bereits als eine Art gültige Ehe gesehen werden konnte.

Eine Rolle bei dieser Entwicklung gespielt haben, dass Eheschließungen gewöhnlich Geschäfte waren und desto wichtiger die Erträge aus der Eheschließung war, desto wichtiger, dürfte es für die Betroffenen gewesen sein, deren Gültigkeit abzusichern. Wenn zwei Personen einander die Ehe versprechen und dann miteinander schlafen (sie also vollziehen), ist es sicher einfacher, die Gültigkeit dieser Ehe anzufechten, als wenn die ganze Familie beim Zustandekommen einbezogen wurde, ein Vertrag und Zeugen vorhanden sind. Und der priesterliche Segen bzw. eine besonders feierliche Inszenierung der Eheschließung dürfte die Absicherung auch sehr genützt haben. (Mein persönlicher Eindruck, nachdem ich einiges dazu gelesen haben.)

Was die mehrmaligen Stadien von Eheprojekten mit Eheschließungen im Adel (und vielleicht nicht nur dort) handelte, so dürfte das auch damit zusammenhängen, dass diese Eheschließungen eigentlich Handelsprojekte waren, bei denen geachtet wurde, dass die eigene Partei nicht draufzahlte. Daneben mag auch das Ansehen der Familien wichtig gewesen sein.

Zumindest ist auffallend, dass bei den meisten gescheiterten Eheprojekten, die bereits als Ehen gesehen wurden, zumindest in den meisten Fällen, der zuletzt "verschmähte" Bräutigam wenigstens finanziell entschädigt wurde.

Beispiele:
Bei der gescheiterten Eheschließung zwischen Herzog Albrecht IV. von Baiern-München und Gräfin Elisabeth von Württemberg, die ich einmal im Jux-Rätsel als Frage formuliert habe, dürfte es ein Glücksfall für die Beteiligten gewesen sein, dass die Braut wenigstens mit einem standesgemäßen Grafen durchgebrannt war (auch wenn dieser im Vergleich zu Albrecht am Heiratsmarkt wohl die schlechtere Partie war) und die Beziehung somit nachträglich legalisiert werden konnte, ohne dass dies auch einen gesellschaftlichen Abstieg und Ansehensverlust für Elisabeth zur Folge hatte. Ein weiterer Glücksfall aber war sicher, dass Albrechts Familie sich mit einer finanziellen Entschädigung zufrieden gab.

Bei der Auflösung der Verlobung oder auch bereits geschlossenen Ehe (die Quellenlage ist da nicht so ganz eindeutig) zwischen der polnischen Königin Jadwiga (der Hl. Hedwig) und einem Habsburger durch die polnischen Stände, um sie mit dem Großherzog Jagiello von Litauen verheiraten zu können, erhielt dieser zumindest eine hohe finanzielle Entschädigung.

Als Kaiser Karl IV. das Eheprojekt zwischen dem Habsburger Albrecht III. mit einer ungarischen Prinzessin (die damals als eine mögliche Erbin der ungarischen und auch der polnischen Krone galt) zur Auflösung brachte, verlobte er diese mit seinem Sohn Wenzel (der zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind war) und den Habsburger mit einer seiner Töchter, die zu dem Zeitpunkt auch noch ein Kind war. Es ist zwar in diesem Fall anzunehmen, dass Karl mit dieser Verlobung (die einen weiteren gegenseitigen Erbvertrag der Luxemburger und Habsburger zur Folge hatte) auch verhindern wollte, dass der Habsburger ein weiteres für den Kaiser gefährliches Eheprojekt eingehen würde, aber immerhin war die Ersatzbraut zumindest eine seiner eigenen Töchter.
Wichtig scheint mir, dass Karl IV. auch hätte versuchen können, den Habsburger mit einer weniger prestigereichen Braut aus seiner Familie abzufinden. Die Ehe, die allerdings ohne Nachkommen blieb, wurde einige Jahre später tatsächlich geschlossen, und das Verhältnis zwischen Schwiegersohn und Schwiegervater dürfte recht gut gewesen sein. (Offensichtlich profitierten beide Seiten von dieser Allianz.)
Auf jeden Fall findet sich auch hier der Fall, dass es sozusagen eine "Ersatzbraut" gibt.
(Die Ehe zwischen Wenzel IV. und der ungarischen Prinzessin kam letztlich nicht zustande, was wohl auch damit zusammenhing, dass die weitere Entwicklung in den Königreichen Ungarn und Polen ihren "Marktwert" wesentlich geschmälert haben dürfte.)
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Bei Friedrich III. und Eleonore ist zwar bis heute nicht eindeutig geklärt, welche Ambitionen mit diesem Eheprojekt verbunden waren, aber das Zustandekommen der Ehe ist von den Quellen her recht gut belegt.
- Vorsichtige erste Kontaktaufnahme zwischen dem Hof des Kaisers und dem Hof des Königs von Neapel (er war der Bruder der Mutter von Eleonore und die Verhandlungen mit dem portugiesischen Königshaus wurden über seinen Hof geführt, weswegen heute in der Forschung vermutet wird, dass die politischen Hintergründe der Eheschließung in der damaligen Italienpolitik des Kaisers lagen.)
- Einigung und daraufhin offizielle Werbung und Vereinbarungen der Modalitäten für Eheschließung und Ehe
- Sendung einer Gesandtschaft nach Lissabon (auf dem Landweg), um die Braut dort abzuholen
- Stellvertreterhochzeit in Lissabon (mit entsprechenden Festivitäten, die mehrere Wochen andauerten)
- Reise per Schiff von Lissabon nach Italien (wobei die Reise durch Wetterbedingungen beeinträchtigt wurde, ein Piratenüberfall abgewehrt werden musste und die Schiffe schließlich abgetrieben wurden und Eleonore so in einem anderen Hafen, als geplant, strandete. (Was einige Umplanungen der ursprünglichen Route bedeutete.)
(Geplant war, dass die erste Begegnung in Siena stattfinden sollte, was den Wünschen von Enea Silvio Piccolomini (später Papst Pius II.) entsprochen haben dürfte, der damals Bischof von Siena war. Ihm wird jedenfalls unterstellt, dass er wahnsinnige Angst hatte, nachdem Eleonore in einem anderen Hafen gelandet war, als ursprünglich geplant gewesen war. Der Hafen befand sich auf dem Hoheitsgebiet der Stadt Florenz und er soll befürchtet und daher alles unternommen haben, um zu verhindern, dass sich die Stadt Florenz die zukünftige Kaiserin schnappt und die erste Begegnung mit Friedrich bei ihnen stattfindet.)
- Einholung der Braut in dem Hafen, wo sie gestrandet war, durch Gesandte des Kaisers (darunter auch Bischof Enea), die ihr und ihrem Gefolge das Geleit nach Siena gaben, dort erste offizielle Begegnung des Paares, die entsprechend gefeiert wurde und angemessen inszeniert werden musste.
- Weiterreise nach Rom (nach den Quartieren zu schließen, waren beide immer in unterschiedlichen Häusern untergebracht)
- Einzig in Rom (mit entsprechender Inszenierung und Feiern)
...

Heute hätte es Friedrich sehr einfach: Er müsste nur das Flugzeug von Wien-Schwechat nach Lissabon nehmen, wäre zwei oder drei Stunde später dort, könnte seine Verlobte gleich selbst auf dem Standesamt heiraten und wahrscheinlich noch am selben Tag per Flugzeug nach Rom zur kirchlichen Trauung und Krönung durch den Papst weiterreisen.
Aber auch wenn er selber erst mit ihr in Rom zusammentreffen will, ist es möglich, dass die Abholung der Braut in Lissabon und der Flug nach Rom von seinen Bevollmächtigten innerhalb weniger Stunden durchgeführt werden kann.

Zu seiner Zeit allerdings war das zeitlich wesentlich aufwändiger. Bei Friedrich und Eleonore kam vermutlich dazu, dass der zeitliche Rahmen wegen des Romzuges besonders groß war, aber auch bei anderen Eheschließungen waren längere meistens längere Entfernungen zu bewältigen, wenn die Braut (oder manchmal auch der Bräutigam) die Reise an den Hof des zukünftigen Ehepartners antrat.

Diese Stellvertreterhochzeit dürfte vor allem eine Sicherheitsmaßnahme gewesen sein, um zu verhindern, dass weder die Braut noch der Bräutigam bzw. deren Familien zwischen der Abreise und Ankunft der Braut etwas erlauben können, sodass die Hochzeit nicht zustande kommt und die Braut vielleicht nach Hause geschickt werden muss. Es wäre z. B. für Eleonore und ihre Familie peinlich und auch problematisch gewesen, wenn Friedrich zwischen August 1451 und Februar bzw. März 1452 plötzlich auf die Idee gekommen wäre, doch eine andere zu heiraten, weil sich ihm inzwischen eine bessere Partie geboten hätte oder die Ehe mit ihr aufgrund politischer Entwicklungen an "Marktwert" verloren hätte ...

Andererseits wäre es auch für ihn ein Affront gewesen, wenn er in Siena ihre Ankunft erwartet und sie inzwischen nach Frankreich reist, weil eine Ehe mit Ludwig XI. oder einem anderen Mann plötzlich interessanter ist.

(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb: [ -> ]Interessant ist auch die "Kaiserinnen-Krone"
die Krone des Heiligen Römischen Reiches hat ja durchaus sakralen Charakter wie zB auch die Stephanskrone,
eine "Einrichtung" die aber ansonsten in Mittelalter und Neuzeit und woanders unbekannt ist.
Die überaus sakrale/heilige Handlung der Krönung eines Römischen Kaisers ansonsten beispiellos ist. Wobei "heilig" in dem Fall wohl "altdeutsch" früh-hochmittelalterlich verstanden werden muss, Übertragung des "Königs-Heils".

Vielleicht wurde auch nur deswegen auf die Krone, die für Barbara bestimmt gewesen wäre, zurückgegriffen, weil sie eben vorhanden war oder damit sie endlich doch noch verwendet wird.
(Ich frage mich, ob Barbaras spätere Krönung zu böhmischen Königin nicht auch eine Entschädigung dafür war, dass sie ihre Krönung zur Kaiserin nicht stattgefunden hatte.)

Was die Reichskleinodien betrifft, hat die Stadt Nürnberg sie nach längeren Verhandlungen (und wohl eher widerwillig, verständlich, immerhin musste sie die Transportkosten, inklusive Sicherheitseskorte selbst auslegen) nach Rom geschickt. Ob die tatsächlich verwendet wurden ist nicht klar.

Unsicher ist jedenfalls, dass Friedrich (und auch Sigismund) tatsächlich mit der Krone, die heute als die Kaiserkrone gilt, gekrönt wurden. Angaben von Zeitzeugen zu den Kronen, die sie getragen haben, stehen im Widerspruch zum Aussehen der Kaiserkrone.

Es gibt auch die Vermutung, dass zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Kronen gab, die den Anspruch hatte, die Kaiserkrone sein. Angeblich soll es einige Skizzen von Dürer zu seinen Türbildern von Karl dem Großen und Sigismund geben, wo beide noch andere Kronen tragen. Wenn das tatsächlich der Fall ist, wäre es schon ein Hinweis dafür, dass sich die Kaiserkrone etwa zu dieser Zeit gegen "Konkurrenzkronen" durchgesetzt hat.
Hier noch ein Bild von Pinturicchio von der Hochzeit Friedrich III. und Eleonore von Portugal.

http://vmek.oszk.hu/01900/01966/html/cd4...v95071.jpg

Es gibt auch folgende Meinung zu den politischen Gründen der Heirat zwischen Friedrich III. und Eleonore.

Eleonore von Portugal (1436-1467) war die Tochter von Eduard/Duarte I. († 1438) und Eleonore von Aragonien († 1445). Ihr älterer Bruder war Alfons V. von Portugal (1428-1481), der zum Zeitpunkt des Ablebens seines Vaters noch minderjährig war. Deshalb wurde eine Regentschaft erforderlich, die von seiner Mutter ausgeführt werden sollte. Dies wurde von Teilen des Adels nicht anerkannt, sie übertrugen die Regentschaft auf Peter von Coimbra, einem jüngeren Bruder von Eduard. Eleonore von Aragonien war aber nicht bereit, auf die Regentschaft für ihren Sohn zu verzichten, sodass sich die stetige Gefahr eines Bürgerkriegs herausbildete. Verschärft wurde der politische Konflikt durch die Parteinahme Kastiliens für Peter bzw. die Parteinahme Aragoniens für Eleonore. Wichtigster innenpolitischer Verbündeter Peters war sein jüngere Bruder Heinrich der Seefahrer, Eleonore konnte sich dagegen auf ein Bündnis mit dem Herzog von Bragança stützen. Nach dem Tod Eleonores (1445) konnte sich die Partei Peters durchsetzen. Alfons V. konnte erst am 20. Mai 1449 mit Hilfe der Aragonesen und des Herzogs von Bragança seinen Gegner besiegen (Schlacht von Alfarrobeira) und seitdem tatsächlich als König von Portugal herrschen.

Eleonore von Aragoniens Bruder war Alfons V. von Aragonien (1396-1458). Er konnte sich im französisch-aragonischen Krieg von 1435 bis 1442 als Nachfolger von Johanna II., der verstorbenen Königin von Neapel gegen René von Anjou behaupten. Der Papst Eugen IV. († 1447) übertrug 1442 Alfons V. das Königreich Neapel als päpstliches Lehen. Papst Eugen IV. hatte jedoch selbst einige politische Probleme, u.a. wurde er aus Rom vertrieben. Ebenso wurde er angefeindet, weil er 1437/38 das Konzil von Basel nach Ferrara und 1439 nach Florenz verlegte. Ein Grund dafür war, dass er sich nach dem Tod Kaisers Sigismund († 1437) sich dem Einfluss von dessen Nachfolger Albrecht II. († 1439) entziehen wollte. Die Folge davon war, dass das Basler Konzil 1439 einen Gegenpapst (Felix V., der früherer Herzog Amadeus VIII. von Savoyen) wählte. Friedrich III., der ab 1440 der wichtigste politisch agierende Habsburger war, unterstützte jedoch spätestens ab 1445 Eugen IV. Diese Annäherung des Papstes und des röm.-dt. Königs führte zum Wiener Konkordat von 1448, in dem das Verhältnis Papst/HRR bzw. Kaiser/König (bis 1806) geregelt wurde. Die 1452 erfolgte Krönung Friedrichs zum Kaiser ist auch als Gegenleistung des Papsttums für die neu gegebene Machtposition anzusehen. Eugens Nachfolger Papst Nikolaus V. († 1455) kann man als letzten Konzil-Papst, aber auch ersten Renaissancepapst ansehen.

Während des Pontifikats von Nikolaus V. ereignete sich 1450 die Übernahme des Herzogtums Mailand durch die Sforza, 1453 die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen und 1454 bildete sich infolge des Friedens von Lodi eine Pentarchie in Italien, bestehend aus Rom, Neapel, Florenz, Venedig und Mailand. Bereits 1452 (also zur Hochzeit von Friedrich und Eleonore) musste damit gerechnet werden, dass Konstantinopel dem Ansturm der Osmanen nicht ewig trotzen kann. D.h. es war zu befürchten, dass bekannte Handelswege, die durch das Osmanische Reich in den Osten nach China führten, nicht mehr nutzbar waren. Ebenso müsste sich die Auswirkungen der seit den 1430-/1440-Jahren praktizierten Isolation der Ming-Dynastie bemerkbar gemacht haben. D.h. Heinrichs des Seefahrers Projekte wurden nun anders betrachtet.

Abschließend: Die Hochzeit Friedrichs III. und der Eleonore von Portugal diente sicher der Anbahnung eines politischen Bündnisses zwischen Kaiser, Rom, Aragonien und Neapel, evtl. auch Portugal.
(28.08.2017 16:00)Sansavoir schrieb: [ -> ]...

Abschließend: Die Hochzeit Friedrichs III. und der Eleonore von Portugal diente sicher der Anbahnung eines politischen Bündnisses zwischen Kaiser, Rom, Aragonien und Neapel, evtl. auch Portugal.

Könnte so gewesen sein, aber ich würde andere Überlegungen dazu nicht sofort ausschließen.
(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb: [ -> ]./.
Du schreibst, Friedrich III. und Eleonore wurden vom Papst getraut, waren aber schon ein Jahr verheiratet. War die kirchliche Trauung überhaupt notwendig? Im 15. Jahrhundert? Die Zivilehe die im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, war ja keine Neuerung, eher eine Wiedereinführung.

./.

Irgendwas war doch da.... Confused

und jetzt ist es mir wieder eingefallen.

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...ght=%2Aehe

da haben wir uns unter dem Thema "Friedelehe" schon mal über den Ehekomplex unterhalten.

Um das festzustellen:
Zitat:Jedoch die Kirche sah dies, bis in die Neuzeit hinein, als "weltliches Geschäft"
und hielt sich raus.
Wenn ein Paar unbedingt wollte, konnten sie auf dem Kirchhof einen Segen für die Ehe kriegen, mehr nicht
. (Bei mir im Blättchen kommen im Frühjahr immer mal Meldungen, wie man da oder dort vor dieser oder jener kath. Kirche zu dem und dem Zeitpunkt sein Motorrad segnen lassen kann. Scheint mir ähnlich zu sein...)
Vielleicht hier am Rand noch eine "halboffizielle" Seite der ev. Kirche zur Ehe im Laufe der Zeiten.
https://www.evangelisch.de/inhalte/85859...te-der-ehe

maW:
Nix ist so beständig wie der Wandel.
Und natürlich hat sich in 1.000 Jahren HRR der Blick auf die Kaiserinnen nicht nur einmal gewandelt.
(29.08.2017 14:48)Suebe schrieb: [ -> ]
(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb: [ -> ]./.
Du schreibst, Friedrich III. und Eleonore wurden vom Papst getraut, waren aber schon ein Jahr verheiratet. War die kirchliche Trauung überhaupt notwendig? Im 15. Jahrhundert? Die Zivilehe die im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, war ja keine Neuerung, eher eine Wiedereinführung.

./.

Irgendwas war doch da.... Confused

und jetzt ist es mir wieder eingefallen.

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...ght=%2Aehe

da haben wir uns unter dem Thema "Friedelehe" schon mal über den Ehekomplex unterhalten.

...

Eine Friedelehe war so eine Stellvertreter-Hochzeit (Eheschließung per procurationem) sicher nicht.

Offensichtlich wurde die Ehe mit dem Stellvertreter geschlossen und dann "deflorierte" er noch symbolisch die Braut, in dem er sein Bein unter die Bettdecke steckte, unter der sie vollständig bekleidet lag. Dann galt die Ehe als vollzogen.

In den "historischen" Romanen, die zurzeit den Markt überfluten, wird das ständig als der besondere Trick verkauft, was zur Folge hat, dass die daran Beteiligten auf mich gewöhnlich wie Idioten wirken. Denn da solche Eheschließungen eher die Norm als die Ausnahme waren, wirkt es für mich einfach nur komisch, und ich kann den Beteiligten nicht so recht abnehmen, dass sie von so einer Heiratszeremonie keine Ahnung haben und ihr Verhalten, Beispiele:
- der kluge und erfahrene Staatsmann ist verzweifelt, weil er glaubt, es wäre eine wirkliche Hochzeit und nicht weiß, wie er das seiner Ehefrau zu Hause erklären soll, dass er jetzt eine zweite Frau heiraten muss.
- der Sohn des Herrschers ist entsetzt, dass er den Stellvertreter für seinen Vater bei dessen neuer Ehefrau machen soll und haut, nachdem sich die Dame noch als sexgeiles Dummchen entpuppt, ab.
...
(06.09.2017 14:39)Teresa C. schrieb: [ -> ]on so einer Heiratszeremonie keine Ahnung haben und ihr Verhalten, Beispiele:
- der kluge und erfahrene Staatsmann ist verzweifelt, weil er glaubt, es wäre eine wirkliche Hochzeit und nicht weiß, wie er das seiner Ehefrau zu Hause erklären soll, dass er jetzt eine zweite Frau heiraten muss.
- der Sohn des Herrschers ist entsetzt, dass er den Stellvertreter für seinen Vater bei dessen neuer Ehefrau machen soll und haut, nachdem sich die Dame noch als sexgeiles Dummchen entpuppt, ab.
...

mir ging es "eigentlich" darum:

Zitat:Die kirchliche Trauung setzte sich erst zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert langsam durch, und durch die Sakramentalisierung bekam die Ehe dann eine bisher ungekannte Qualität, nämlich ihre grundsätzliche Unauflösbarkeit: im sakramentalen Verständnis der Ehe in Analogie gesehen zum Verhältnis der Kirche zu Christus.
von da https://www.evangelisch.de/inhalte/85859...te-der-ehe

maW die kirchliche Trauung ist bis in die Neuzeit hinein maximal Beiwerk.

Bei den von dir beschriebenen Romanen ist der Lacheffekt dann groß.
Es ist immer überaus bemerkenswert, wenn Vorstellungen von heute auf vergangene Zeiten übertragen werden.
Und die tollsten Lacheffekte sind die ungewollten.Thumbs_up
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