Forum für Geschichte
Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Druckversion

+- Forum für Geschichte (http://www.forum-geschichte.at/Forum)
+-- Forum: Moderne (ab 1900) (/forumdisplay.php?fid=6)
+--- Forum: Drittes Reich, Zusammenbruch des Versailler Systems und Zweiter Weltkrieg (/forumdisplay.php?fid=28)
+--- Thema: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 (/showthread.php?tid=7338)

Seiten: 1 2 3 4 5 6


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Flora_Sommerfeld - 02.03.2021 21:43

(02.03.2021 21:04)Arkona schrieb:  Solche Tieffliegerangriffe, bei denen selbst kleine spielende Kinder mit ihrem Bollerwagen beschossen wurden, ... Ich weiß von solchen Fällen aus der eigenen Verwandtschaft.

Dabei ist aber zu beachten, wie Zeitzeugen in der historischen Bewertung angesetzt werden können. Natürlich werden es die Menschen, wenn es Live miterlebt wurde als einen barbarischen Akt erkannt haben. Da werden dann aber auch die Emotionen ggf. mehr interpretieren, wie sich letztlich wirklich abspielt hat.
Wiederum stellt sich aber in der historischen wissenschaftlichen Aufarbeitung auch die Frage, welche Befehle hatten die Piloten und wie haben sie diesen Handlungsspielraum der Befehle aus Eigenverantwortung ausgenutzt oder gar überzogen. War es im Kampfeinsatz wirklich immer erkenntlich, welches Ziel angegriffen wurde. Waren solche Angriffe z.B. auch dem Wissen bzw. der Propaganda der Nazis von Fanatismus aus der Bevölkerung geschuldet? Ist nicht zum Rechtfertigen angefragt aber zum objektiven Verständnis.

Zitat:Die Glaubwürdigkeit eines Zeitzeugen ist – wie bei Zeugen allgemein – abhängig von der zeitlichen und räumlichen Nähe vom Vorgang (unmittelbare Anwesenheit am Ort des Geschehens oder nur vermittelte Kenntnis), von seinem sachlichen Verständnis des Vorgangs (z. B. bei juristischen Verhandlungen oder aufgrund des Lebensalters) und vom Interesse an einer bestimmten Interpretation des Vorgangs.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitzeuge

Wobei das Thema Zeitzeuge ein sehr heikles Thema ist, weil es auch gern polarisierend eingesetzt werden kann und in jede Richtung umgedeutet werden kann. Es ist ein schmaler Grad, so würde es mich nicht wundern, wenn z.B. die Zeitzeugen hier zum Thema Tieffliegerangriffe für die Gesamtheit der Bewertung dieses historischen Ereignisses in Frage gestellt werden und dann einer der rechten Kreise/User kommt und im Umkehrschluss Zeitzeugen des Holocaust in Frage zu stellen.
Daher wäre das Thema Zeitzeugen etwas was wir mal an sich in einem Extrathema diskutieren könnten.


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Arkona - 02.03.2021 22:14

(02.03.2021 21:43)Flora_Sommerfeld schrieb:  Wiederum stellt sich aber in der historischen wissenschaftlichen Aufarbeitung auch die Frage, welche Befehle hatten die Piloten und wie haben sie diesen Handlungsspielraum der Befehle aus Eigenverantwortung ausgenutzt oder gar überzogen.

Sicher hatten die Piloten nicht den direkten Befehl, auf erkannte Zivilisten zu schießen.
Die Tiefflieger hatten in solchen Fällen "freie Jagd", d.h. sie konnten sich ihre Ziele nach eigenem Gusto in einem zugewiesenem Gebiet (m.W. 50 x 50 km Quadrant über Feindesland) aussuchen.
Es hing also von der Gemütslage des Fliegers ab, ob er mit vollem Magazin heimkommen wollte und dafür wahrscheinlich einen Anschiss riskierte. Oder es eben übermotiviert den Krauts mal so richtig zeigen und notfalls selbst weidendes Vieh erschiessen wollte...


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Flora_Sommerfeld - 02.03.2021 22:27

(02.03.2021 22:14)Arkona schrieb:  Es hing also von der Gemütslage des Fliegers ab, ob er mit vollem Magazin heimkommen wollte und dafür wahrscheinlich einen Anschiss riskierte. Oder es eben übermotiviert den Krauts mal so richtig zeigen und notfalls selbst weidendes Vieh erschiessen wollte...

Das suggeriert dass die US Piloten von ihren Vorgesetzten getrieben waren, Zivilsten anzugreifen. Das ist auch Spekulation, wenn wir schon mal dabei waren.
Wenn es darum geht, sein Magazin zu leeren, warum dann Menschen oder Tiere angreifen, die hätten auch einfach ihr Magazin ins Nichts Feuern können und keiner hätte etwas nachweisen können.

Die Infanterie verteil Schokolade und Zigaretten unter der befreiten Zivilbevölkerung und die Flieger Blei? Das passt nicht zusammen.


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Arkona - 03.03.2021 09:58

(02.03.2021 22:27)Flora_Sommerfeld schrieb:  Wenn es darum geht, sein Magazin zu leeren, warum dann Menschen oder Tiere angreifen, die hätten auch einfach ihr Magazin ins Nichts Feuern können und keiner hätte etwas nachweisen können.

Ganz so einfach war es nicht. Jagdflieger sind nie allein unterwegs, sondern haben immer einen Flügelmann ("Katschmarek") dabei. Übrigens bis heute.

Genauso wie DDR-Grenzposten immer zu zweit an der Mauer patroullierten. Einer konnte "wegsehen oder selbst abhauen", zwei nicht.


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - solon - 03.03.2021 11:18

(02.03.2021 17:16)Arkona schrieb:  @Solon, es mag aus Sicht der Militärtaktik sinnvoll gewesen sein Wielun anzugreifen, kriegsrechtlich legitim war es deshalb noch lange nicht, genausowenig wie die späteren alliierten Flächenbombardements. Da sind wirklich nur erklärte Festungen ausgenommen.

Auf englischer Seite erklärte man den Besatzungen immer, man würde Bahnhöfe oder Rüstungsbetriebe als "militärisch wichtige und legitime" Ziele haben, das war selbst in Dresden, wo es nichts dergleichen gab, so. Wo die eigenen Bomben in der Dunkelheit genau hinfallen, sah man ja von oben nicht. Wenn man eine Gegend wie das Ruhrgebiet angreift, trifft man dabei zwangsläufig auch mal ein Gleis oder eine Straßenkreuzung - Mission erfüllt, Gewissen rein.

Also ich weiß nicht aber das halte ich für ein Gerücht. Warum ?
Die brit. Bomberverbände flugen meist nur Nachts. Sie wurden die ganzen Jahre von s.g. vorausfliegenden (Jagd-)Bombern die die "Christbäume " abwarfen begleitet, die auch andere Leuchtmittel zur Makierung absetzten. Diese Flieger und zumindest die Offiziere wußten haargenau wo sie abwarfen. So was spricht sich in 4 jahren doch rum, das kann mir nun keiner erzählen. Air Marshall Harris hat auch nicht umsonst die "Moral Bombing" Strategie in der RAF selber publik gemacht. Letztendlich wird zumindest von Flugzeugführern , Navigatoren und teilweise mitfliegenden Funkern eine gewisse Intelligenz erwartet, was dachten die findet da unten im Feuersturm mitten in einer Stadt statt ? Stabbrandbomben auf Bahngleise und Straßenkreuzungen ?


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - solon - 03.03.2021 11:31

(02.03.2021 22:14)Arkona schrieb:  
(02.03.2021 21:43)Flora_Sommerfeld schrieb:  Wiederum stellt sich aber in der historischen wissenschaftlichen Aufarbeitung auch die Frage, welche Befehle hatten die Piloten und wie haben sie diesen Handlungsspielraum der Befehle aus Eigenverantwortung ausgenutzt oder gar überzogen.

Sicher hatten die Piloten nicht den direkten Befehl, auf erkannte Zivilisten zu schießen.
Die Tiefflieger hatten in solchen Fällen "freie Jagd", d.h. sie konnten sich ihre Ziele nach eigenem Gusto in einem zugewiesenem Gebiet (m.W. 50 x 50 km Quadrant über Feindesland) aussuchen.
Es hing also von der Gemütslage des Fliegers ab, ob er mit vollem Magazin heimkommen wollte und dafür wahrscheinlich einen Anschiss riskierte. Oder es eben übermotiviert den Krauts mal so richtig zeigen und notfalls selbst weidendes Vieh erschiessen wollte...

Dies mit der "freien Jagd " ist richtig und ja es waren in der Mehrzahl US Jagdmaschinen , da die Briten meistens Nachts angriffen. Hier ist ein Gruppenzwang nicht auszuschließen, "volles Magazin".
Die britischen jäger haben dann ab 1945 meist die Bodentruppen unterstützt mit klaren Kampfaufgaben oder bildeten über Kanal , Nordsee einen dauernden Abwehrschirm zur U-Boot Abwehr.
Aber sie haben leider die Passagierschiffe in der Ostsee angegriffen und versenkt die voll mit KZ Insassen waren, das war schlecht aufgeklärt, Zeit hatte man ja.
Über Youtube kann man diese USAF Tieffliegerangriffe reihenweise anschauen. Zeugenberichte gibt es auch reihenweise.


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Suebe - 03.03.2021 16:19

In Südwestdeutschland waren es meist Doppelrumpf-Jäger, Lightnings mit zum Teil französischen Besatzungen, die die Tiefangriffe flogen.
Die Fahrpläne der Eisenbahn waren bekannt, und ohne Fahrplan ist ein Schienenverkehr nicht möglich. So ist im Prinzip jeder Zug angegriffen worden.
Zeitzeugen haben immer behauptet, dass ein Zug der eine Flak auf einem der Wagen hatte, ausnahmslos nicht angegriffen worden wäre.

Die "Fliegerspäher" die auf beiden Vorderkotflügeln von LKWs saßen sind auch eine Fussnote aus dem Frühjahr 1945


RE: Luftangriff auf Dresden 13.14. Feb. 1945 - Arkona - 03.03.2021 18:20

(03.03.2021 11:18)solon schrieb:  Die brit. Bomberverbände flugen meist nur Nachts. Sie wurden die ganzen Jahre von s.g. vorausfliegenden (Jagd-)Bombern die die "Christbäume " abwarfen begleitet, die auch andere Leuchtmittel zur Makierung absetzten.

Die nächtliche Trefferquote war trotz dieser Pfadfinder miserabel. 1-2 km Radius um das Ziel galt schon als gut.
Makaberes Beispiel: 1943 beim Großangriff auf Köln wurde der Dom markiert, die ganze Innenstadt wurde verwüstet, aber ausgerechnet er blieb stehen.