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Women’s History Month
06.04.2021, 21:45
Beitrag: #15
RE: Women’s History Month
Elisabeth erinnert mich in euren Darstellungen an die Ausnahmefrauen - Frauen, die sozusagen durch ihre Einzigartigkeit etwas Besonderes sein dürfen und damit indirekt die Diskriminierung der Frau als dem Mann unterlegen, unbedeutend etc. bestätigen.

Nach den belegten Fakten bin ich keineswegs sicher, ob Elisabeth wirklich klug, scharfsinnig, visionär und mutig war. Sie könnte es vielleicht gewesen sein, aber letztlich wissen wir, wie auch in anderen historischen Fällen doch eigentlich zu wenig, um mit letzter Sicherheit entscheiden zu können, ob die Fähigkeiten, die Aguyar hier für Elisabeth auflistet, ihre eigenen Fähigkeiten waren oder sich durch das Umfeld ergaben. Vielleicht war Elizabeths Leistung lediglich, dass sie ihren scharfsinnigen Beratern vertraute und diesen daher freie Hand ließ beziehungsweise Rückendeckung gab. Welche Visionen hatte sie selbst, welche Visionen hatten Männer in ihrem Umfeld und sie tat zumindest nichts, sie an der Verwirklichung zu verhindern.
(Nebenbei bin ich durchaus der Ansicht, dass für eine erfolgreiche Herrschaft nicht nur entscheidend ist, dass der Herrscher oder die Herrscherin die besten Räten hatte, sondern dass beide Seite auch miteinander können und sich in Bezug auf die Ziele einig sind.)

Gut, Elisabeth sprach Griechisch, sie war sehr gebildet und offensichtlich konnte sie über diese Bildung auch aktiv verfügen. Mary ebenfalls gebildet, allerdings offensichtlich keine Intellektuelle. Eine Lady Jane Grey soll ebenfalls Griechisch gekonnt haben -- das zeigt aber wiederum, dass Elisabeths Bildung keineswegs singulär war. Es zeigt, dass Elisabeth als Frau das Glück hatte, in einer Umgebung aufzuwachsen, wo auf eine exzellente Bildung von Frauen Wert gelegt wurde oder zumindest die Möglichkeit dazu gegeben war, wenn eine Frau diese erwerben sollte.

Es wäre übrigens auch zu überlegen, was aus Elisabeth geworden wäre, wenn sie nicht das Glück gehabt hätte, den Thron besteigen zu können und damit die Möglichkeit hatte, ihr Leben einigermaßen selbst bestimmen zu können. ...

War sie tatsächlich die erste Herrscherin und der der erste Herrscher in Europa, welche "Mitarbeiter" ausschließlich und nicht nur ausnahmsweise nach ihrem Können und ihrer Kompetenz auswählte und nicht nach ihrem Stand? Oder folgte sie damit nicht nur einer Entwicklung, die sich seit dem 15. Jahrhundert auch in anderen Ländern beobachten lässt. Schon ihr Vater hatte immerhin Mitarbeiter wie einen Kardinal Wolsey oder einen Thomas Cromwell, die ihren Aufstieg eindeutig nicht ihrer Herkunft verdankten. Bei Wolsey spielte vielleicht noch eine Rolle, dass er Kleriker war und die Kirche im Mittelalter noch die besten Voraussetzungen bot, um als Angehöriger einer unteren Schicht aufzusteigen. (Oder eben erfolgreiche Fähigkeiten als Feldherr.) Thomas Cromwell war eindeutig kein Kleriker.

Allerdings hielt sich Elisabeth nur Ratgeber - dass sie auch Ratgeberinnen hatte, ist nicht überliefert, Indizien dafür findet sich keine. Eine Solidarität mit anderen Frauen lässt sich auch nicht feststellen. Abgesehen davon fällt auf, dass Elisabeth, wie übrigens die meisten Ausnahmefrauen, weibliche Aktivität keineswegs förderte - ganz im Gegenteil wie die meisten Schicksale jener weiblichen Verwandten zeigen, die ihre Untertaninnen waren oder auf die sie Zugriff hatte.

Vergessen wir nicht, die "Erhebung" zur Ausnahmefrau erspart einer Frau, sich in der Konkurrenz mit anderen Frauen behaupten zu müssen und sorgt gleichzeitig dafür, dass andere Frauen gar nicht erst eine Chance haben.

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