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deutsch-französische "Erbfeindschaft"?
14.07.2012, 08:40
Beitrag: #38
RE: deutsch-französische "Erbfeindschaft"?
(09.07.2012 20:03)Suebe schrieb:  In Oberschwaben kann man mit dem Fahrrad an einem Tag diverse Schlachtfelder des 17. + 18. Jahrhunderts besuchen, alle mit franz. Beteiligung. Tuttlingen, Meßkirch, Ostrach, Stockach fallen mir so auf die Schnelle ein. Schlachten mit größerer Bedeutung, Scharmützel gab es zig bei praktisch jedem Ort.
Vandamme war mindestens 5mal als Heerführer in meiner Heimatstadt, er ließ sich jeweils ein größerer Geldgeschenk überreichen, dafür, dass er die Stadt erst mit der Nachhut verließ, damit seine Truppen nicht ganz so ungeniert plünderten. Man kannte sich dann ja recht gut, und irgendwann fragte ihn einer der Honoratioren, ob er eigentlich keine Gewissensbisse hätte, beim Einstreichen dieser Dotationen. Ja, meinte Vandamme, er wäre Soldat, er könne morgen schon tot sein, ihm müsse man so ein Verhalten zubilligen. (die Äußerung ist verbürgt und hat Eingang in diverse militärgeschichtliche Werke gefunden)
Man war vermutlich nicht unglücklich, als man hörte, dass der Zar Vandamme eine Zeit in Sibirien verschwinden ließ. Ich habe es oben schon einmal angesprochen, das "System Louvois" mit dem sich die französische Armee seit den Zeiten Ludwig XIV versorgte, hat für die Bevölkerung der eroberten Gebiete, und noch mehr, der Kriegsgebiete "verheerende" (sic) Auswirkungen gehabt.
In der Spätzeit des 30jährigen Krieges war der Südwesten Hauptkriegsschauplatz, ebenso in den diversen Erbfolgekriegen, in den Revolutionskriegen wieder bis 1805. Und immer kam der "Feind" aus dem Westen.
Bei Interesse bin ich gerne bereit das eine oder andere Stimmungsbild einzubringen. Auch Zahlen über die Verheerungen habe ich gegebenenfalls parat.
Nur eine weitere Diskussion über die Kollektivschuld und das deutsche Killer-Gen werde ich nicht mit meiner Anwesenheit beehren.

Deinen Ausführungen kann ich mich für die Pfalz und die Rhein-Neckar-Region anschließen. Nicht selten kamen die Franzosen über das Land, nicht selten brachen sie herein, nicht selten zerstörten sie alles.
Limburg und Hardenburg - zerstört von den Franzosen. Die älteren Orte in meiner Umgebung - zerstört von den Franzosen. Heidelberg und sein wunderschönes Schloss - zerstört von den Franzosen.

Teilweise sogar gleich drei oder vier Mal! Bei den grausamen und erbitterten Kriegen Ludwigs XIV., der um alles in der Welt einen Territorialzuwachs wollte, um sein Bild vom perfekten Herrscher zu komplettieren und in der Pfalz nicht weniger grausam und zerstörend vorging als in den Niederlanden. Ende des achtzehnten Jahrhunderts, als Frankreich 1792 nicht nur Mainz besetzte. Unter Napoleon, der auch nicht gerade zimperlich mit dem alten Kulturgut umging...
Zum Beispiel das Heidelberger Schloss wurde gleich zwei Mal durch die Soldaten des Sonnenkönigs zerstört - im Abstand von vier Jahren.

Den Bauern steckte die Angst nur so in den Gliedern: Wenn die Franzosen kamen, bedeutete das Schrecken, Vernichtung, Hungersnöte.
Ich will damit nicht sagen, dass Deutschland immer besser war - was man in Osteuropa in den vierziger Jahren plante, war unmenschlicher als so ziemlich alles andere, was Menschen auf die Beine gebracht haben,
aber für die Pfalz zumindest war Frankreich immer ein Zerstörer gewesen. Das ist Fakt.
Und dass man die Pfalz und das kulturell und wirtschaftlich völlig gleich aufgebaute (Weinanbau, Hügelkette, große Waldgebiete, gleicher Dialekt, Flammkuchen etc.) Elsass-Lothringen getrennt hat, konnten die Pfälzer erst recht nicht verstehen.

Hier war Frankreich - zumindest in den Augen des Volkes - tatsächlich ein Erbfeind, der immer wieder kam und Zerstörung und Armut brachte.
Da hatten nationalistische Gesinnungen natürlich leichtes Spiel.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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RE: deutsch-französische "Erbfeindschaft"? - Maxdorfer - 14.07.2012 08:40
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