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Handelsrouten in und um Rom:
22.10.2012, 10:05
Beitrag: #5
RE: Handelsrouten in und um Rom:
3. Die Wirtschaftsformen des römischen Reiches

Hier will ich kurz – Betonung auf „kurz“ – die wichtigsten Wirtschaftsformen des römischen Reiches anschneiden, um einen allgemeinen Überblick über die Grundvoraussetzungen für den Handel bieten zu können.
Zuerst einmal erlebte die Landwirtschaft einen gewaltigen Aufschwung, da die Römer unfruchtbare Böden kultivierten, Sümpfe trockenlegten, Oasen und viel Ackerland schufen, aber auch, da ein gewisses Level an Technologie relativ flächendeckend verbreitet werden konnte. Durch die Kenntnis anspruchsloser Pflanzen konnten auch die steinigen und schlechten Böden reichen Ertrag hervorbringen. Dass die Römer auch Steuern erhoben, die in Naturalien oder Geld erbracht wurden, führte dazu, dass Nomaden sesshaft wurden. Von dieser ganzen Entwicklung profitierten hauptsächlich die mittleren und großen Grundbesitzer, während die Kleinbauern ihr Landstück oft nicht vergrößern konnten.
Über gewerbliche Waren lässt sich nur schwer etwas sagen. Die antiken Schriftsteller interessierten sich nur für Außergewöhnliches, da das Normale eh jedem bekannt war, und die Fundkataloge liefern ebenfalls nur sehr vage Informationen. Für die meisten Bedürfnisse gab es Handwerker in der Region oder sogar am Hof. Doch Großgrundbesitzer, größere Siedlungen oder gar Städte, die einen nicht unerheblichen Teil an der Bevölkerung ausmachten, griffen meist auf Manufakturen und Großbetriebe zurück.
Eine Sonderstellung nimmt die Keramik ein, die viel gebraucht wurde. Terra Sigillata, feines rötliches mit Glanzton überzogenes Tafelgeschirr, wurde im ganzen Reich gefunden. Analysen haben zwar ergeben, dass die meisten Werkstätten nicht mehr als zehn oder zwanzig Beschäftigte hatten. Doch das soll nicht heißen, dass es nur lokale Kleinbetriebe waren: Die Werkstätten schlossen sich anscheinend – wie auch die anderen Berufsgruppen – in Gilden zusammen, sodass beispielsweise der Vertrieb gemeinsam besorgt wurde oder eine Werkstatt nur bestimmte Arbeitsgänge erledigte. In Gallien arbeiteten ganze Dörfer als Töpferei-Organisationen. Ab den ersten Jahrzehnten nach Christi Geburt kam es zum Konkurrenzkampf zwischen germanischer, gallischer und italienischer Ware. Dies hatte zur Folge dass immer mehr Großbetriebe entstanden und die Qualität abnahm.
Eng mit der Keramik zusammen hingen Amphoren und Ziegel, bei denen die Herstellungsverhältnisse ähnlich verworren sind. Vermutlich gab es verschiedene Unternehmensformen vom Kleinbetrieb bis zur Manufaktur. Bemerkenswert ist auch noch, dass in und um Rom extrem viel Ziegel gebrannt wurden, die in die ganze Welt verkauft wurden. Das war aber auch nötig, da Rom ja ansonsten ein riesiges schwarzes Loch war, das Waren aus der ganzen Welt verschlang, ohne viel zu produzieren.
Kommen wir zu den Bergwerken und Steinbrüchen. Die meisten dieser Stätten waren bereits unter den julisch-claudischen Kaisern zum Staatsbesitz gemacht worden. Sofort nach der Eroberung einer Provinz wurde alles nach Bodenschätzen abgesucht: Silber und Gold brauchte man für Münzen und Luxusartikel, Eisen für Waffen und Werkzeuge, Kupfer, Zink und Zinn für Bronze und Messing, und Blei zum Abdichten, Herstellen von Behältern und vielem anderem. Es gab zwei Formen der Nutzung der Vorkommen: Entweder halbfreie Kolonen arbeiteten gemeinschaftlich zusammen und mussten die Hälfte des abgebauten Materials an kaiserliche Prokuratoren abgeben, oder aber das Bergwerk wurde zur Stätte grausamster Sklavenausbeutung. Die Erträge gingen in jedem Fall teils in die Hand des Herrschers (der sie für öffentliche Bauten etc. brauchte) und teils in den freien Markt.
Zusammengefasst kann man sagen: Die meisten Kleinbauern und Dorfbewohner lebten in einem geschlossenen Kreislauf, in dem alles benötigte wenn nicht am Hof, so doch im Ort hergestellt und benutzt wurde. Daneben gab es jedoch noch den Welthandel – auf der einen Seite die großen Siedlungen, Städte oder luxuriös lebenden Großgrundbesitzer (die weniger produzierten als sie verbrauchten), auf der anderen Seite die Manufakturen, Handwerksbetriebe und Gutsbesitzer (die davon profitierten).

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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Handelsrouten in und um Rom: - WDPG - 30.08.2012, 19:41
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