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Vertreibung in der Geschichte
28.09.2014, 03:47
Beitrag: #26
RE: Vertreibung in der Geschichte
(27.09.2014 11:44)913Chris schrieb:  
(26.09.2014 16:56)Harald schrieb:  Am schlimmsten waren die Tschechen. Die Russen haben uns oft vor den Polen beschützt.

Irgendwie nachvollziehbar, dass Tschechen und Polen am aggressivsten reagierten, als die Deutschen verloren hatten.
Das mit den Polen und Russen musst du mir allerdings noch mal gründlicher erläutern. Besonders zu Beginn der "russischen" Zeit in Polen, also kurz nach Eroberung Polens durch die Rote Armee, sollen es doch eher die Russen gewesen sein, die die Deutschen malträtierten.
Ebenso nachvollziehbar (nicht gemeint ist: verteidigbar!): die Russen waren das dritte Volk, das im deutschen Machtbereich unte rmassiven Verlusten zu leiden hatte.

VG
Christian

Ich bin zwar nicht Harald, möchte aber mit einer Erzählung meiner Oma antworten. Sie und ihre Schwester mit insgesamt acht Kindern mussten am 21. Januar 1945 ihren damaligen Wohnsitz in der Nähe von Bromberg schlagartig verlassen, nur das Notwendigste durfte mitgenommen werden. Die auf dem Hof meines Urgroßvaters arbeitenden Polen halfen meiner Oma und ihrer Schwester, sie begleiteten sie noch die ersten Tage, ehe sie sich nach unbekannt zurückzogen.

Mein damals 88-jähriger Urgroßvater blieb auf dem Hof mit einer Nichte meiner Oma, beide fielen den Russen in den Händen. Mein Urgroßvater starb dann am 21. Juni 1945 und wurde von der Nichte meiner Oma irgendwo in Polen vergraben, sie selbst kam nach Workuta, wo sie bis 1948 blieb und nur dank der Solidarität russischer Frauen überlebte.

Meine Oma und meine Großtante schlossen sich einem Treck an, sie waren dann sowohl polnischen als auch russischen Übergriffen ausgesetzt, aber es gab auch Polen oder russische Soldaten, die den Kindern Nahrung und Süßigkeiten besorgten. Von März bis Mai/Juni 1945 internierten die Sowjets die Flüchtlinge des Trecks in einem Lager, danach zwangen sowjetische Soldaten die Flüchtlinge die Oder zu überqueren. Den Frauen mit Kindern wurden morsche Boote zur Verfügung gestellt, der Rest musste schwimmen. Rechts der Oder standen Russen, die mit Peitschen die Menschen ins Wasser trieben, links der Oder holten die Russen die Menschen wieder aus dem Wasser...

Ich denke jede Familie ehemaliger Flüchtlinge bekam unterschiedliche Überlieferungen vermittelt. Das liegt sicher daran, dass sich einzelne Russen oder Polen unterschiedlich verhalten haben. Das Verhalten der sowjetischen Soldaten war oft abhängig von ihren Generälen und Offizieren, es gab welche, die die Gewalt gegen Deutsche förderten bzw. duldeten, es gab aber auch welche, die die Gewalt ihrer Soldaten unterbanden.

Als 1992 mein Bruder aus der Ukraine seine damalige russische Freundin und heutige Frau nach Hause brachte, hatte er große Sorge, wie meine Oma reagieren würde. Aber sie umarmte nur meine Schwägerin und sagte, dass sie ja nichts für die Vertreibungen konnte. Beide kamen gut miteinander aus, meine Schwägerin durfte meine Oma auch "Oma" nennen, was normalerweise nur wir Enkel durften, aber das ist eine andere Geschichte. Die Großmutter meiner Schwägerin hatte da mehr Schwierigkeiten, es zu akzeptieren, dass sie einen deutschen Mann hat und in Deutschland nun lebte. Sie hat meine Schwägerin erst wenige Monate vor ihrem Tod verziehen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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Vertreibung in der Geschichte - Suebe - 16.10.2012, 20:14
RE: Vertreibung in der Geschichte - Sansavoir - 28.09.2014 03:47

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