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King Arthur - das ungelöste Rätsel...
21.05.2018, 13:35
Beitrag: #16
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
(17.05.2018 10:56)Bunbury schrieb:  Die Sprach- und Literaturwissenschaftlerin Norma Lorre Goodrich hat in ihrer Interpretation zu den Artus- Romanen die Auffassung vertreten, dass Lancelot in Geoffreys Historia als wichtigste Person an Artus´Krönung als König Angus von Schottland (Anguselus sic Albania) auftritt.
Angus wurde von Kritkern Geoffreys als "Angus von moray" idntifiziert, einem Aufrührer, der zu der Zeit ums Leben kam, als Geoffrey die Historia schrieb.
Lorre Goodrich wies allerdings darauf hin, dass der zweite von Geoffrey genannte König bei Artus´ Krönungszeremonie aus Moray kommt.
Lorre Goodrich schreibt, bei Geoffrey sei der Name auf Latein geschrieben- Anguselus sic Albania, Chretien de Troyes habe aber auf Französisch geschrieben. Sie äußert also die Vermutung, der Name sei aus dem lateinischen ins Altfranzösische übernommen worden. dabei wäre nach den übliche lautgesetzen die Mittelsilbe weggefallen- also das unbetonte "gu" - übrige bleibe dann "an + sel+ o" wobei im Fränzösischen "o" oder "ot" für das lateinische "Us" stehe.
Das "L" vor dem Namen - und zumindest hierin kann ich sie bestätigen- wäre dem Umstand zu verdanken, dass das Oberhaupt eines schottischen Clans bis heute als "DER MacDonald,MacLeod,MacKinnon etc" bezeichnet wird- Lancelot wäre demnach von "Le Ancelot" abgeleitet und würde so etwas wie "Der Angus" bedeuten.

Eine Argumentation, die ich durchaus schlüssig finde. Lancelot wäre demnach ein piktischer König gewesen- eine Überlegung, der ich einiges abgewinnen kann, weil die Schilderung des Lancelot ein paar Züge aufweist, für die sich in den wenigen piktischen Hinterlassenschaften Parallelen finden lassen.
Das gleiche gilt übrigens für Königin Guinevere. Zumindest eine der drei, die erwähnt sind. (es heißt ja, Artus habe drei Frauen mit dem Namen Guinevere gehabt-) Für eine Guinevere stand auf jedenfall eine fremdländische Königin Patin, die wahrscheinlich Piktin war, während eine zweite ebenso unzweifelhaft eine vornehme Dame römischer Abstammung war...

Dass Goodrich das Vorbild von Lancelot mit "Angus von Schottland" interepretiert ist eine interessante These - insbesondere auch dann noch, wenn es sich um einen Moray handeln sollte (die Anfänge des Hauses Moray mit Ruaidhri und Mormaer von Moray reichen allerdings «nur» ins späte 10. Jahrhundert zurück). Was aber Goodrichs Namensherleitung betrifft, bin ich anderer Ansicht – auch wenn ich natürlich diesbezüglich nicht mit einer Sprachwissenschaftlerin konkurrieren kann -Smile. Lancelot tritt in der höfischen Literatur allerdings gelegentlich mit zwei Namen in Erscheinung !

Was mich an der ganzen Arthur-Forschung stört, ist die Nichtberücksichtigung resp. Ignoranz gegenüber der Eigenleistung der höfischen Troubadoure und Minnesänger. Für jede auftauchende Thematik der Artus-Erzählungen wird ein keltisch-walisischer Ursprung gesucht: Man traut den mittelalterlichen Minnesängern – als Vertreter resp. Künstler des «dunklen Zeitalters» – offenbar einfach nicht zu, dass sie genügend kreative Fantasie aufbringen könnten, eine eigene Dramaturgie zu entwickeln.

Bei der Suche nach der Vorlage – besser den Vorlagen – für die Artus-Epik müsste man sich nach meinem Dafürhalten als Basis auf Geoffrey von Monmouth (und die davorliegenden Zeitpunkte) als Basis resp. als Ausgangslage beschränken. Erzählungen die nach Monmouth auftauchen, sind m. M. tatsächlich Erfindungen der Minnesänger/Troubadoure, denen möglicherweise – gelegentlich – ebenfalls ältere Mythologien zugrunde liegen könnten. Diese müssten dann aber nicht zwingend keltischen Ursprungs sein – z.B. im Falle der Troubadoure wäre eine okzidanische Herkunft wahrscheinlicher.

Zur Not könnte man nebst Monmouth noch den «Roman de Brut» von Robert Wace (ein Troubadour und etwas jüngerer Zeitgenosse von Monmouth) – in dessen Werk erstmals die Tafelrunde und die Avalon-Thematik auftaucht – für die Suche nach einem historischen keltischen Vorbild mit einbeziehen (die Toteninsel ist offenbar ein Thema der kelt. Mythologie), aber keinesfalls die späteren Werke der Minnedichtung.

Ich halte die Lancelot-Thematik für eine ureigene Schöpfung der höfischen Literatur und insofern tatsächlich als eine reine Erfindung von Chrétien von Troyes. Nicht nur der Name «Lancelot» spricht dafür, sondern auch die ganze Thematik der Affäre mit Gunivere, welche eine Krise auslöst, die das Reich in den Abgrund zu reissen droht. Die ganze Dramaturgie entspricht derart offensichtlich den Idealen des Minnekults (z.B. die Vorstellung, dass der Liebe auf jeden Fall den Vorzug vor den Eheverpflichtungen zu geben ist, aber auch der Konflikt zwischen Liebe und ritterlicher Ehre) und kaum den wohl eher patriarchalen Vorstellungen der Keltenmythologie. Im Weiteren muss darauf hingewiesen werden, dass in Chrétiens Lancelot-Roman erstmals auch der Gral auftaucht, eine Thematik, die sich nach meinem Dafürhalten überhaupt nicht in die keltisch-walisische Tradition einreihen lässt (@Bunburry: Wir hatten diese Thematik in anderem Zusammenhang schon mal kurz angeschnitten).

Was mit dem Gral gemeint ist, war ja schon den Zeitgenossen und sogar ihren möglichen Erfindern nicht klar. Bei Chrétien von Troyes ist er ein Kelch (später machte Robert von Boron aus dem Kelch den Kelch mit Jesus’ Blut, den Joseph von Arimathäa nach England … etc), bei Wolfram von Eschenbach aber ein Stein. Wolfram von Eschenbach stützt sich dabei in seinem «Parzival» (wie «Lancelot» ein höfisch-literarischer Name) auf einen gewissen «Kyôt» und wirft Chrétien vor, die Erzählung dieses «Kyôts» verfälscht zu haben.

Manche Historiker meinen nun offenbar, dass «Kyôt» eine literarische Figur sei – derjenige der mir davon erzählt hat, stellt allerdings die These auf, dass es sich bei «Kyôt» um den zeitgenössischen Minnesänger Guiot von Provins gehandelt haben könnte. Die These scheint mir passend – Guiot von Provins war in Byzanz, Jerusalempilger (nahm vielleicht am 3. Kreuzzug teil) und war am Schluss Mönch in Cluny. Er war nicht nur ein Zeitgenosse von Chrétien sondern stammte wie dieser aus der Champagne.
Wie dem auch sei, bestärkt mich dieser zeitgenössische Streit um den Gral, dass es sich dabei – und damit auch bei Lancelot – die Ansicht, um eine eigenständige, originäre Erfindung der Minnekultur handeln muss.

Es gibt hier einen Buchauszug aus «Höfische Kompromisse: Acht Kapitel zur höfischen Epik» von Jan-Dirk Müller, welcher ebenfalls von einer rein höfischen Erfindung der Lancelot-Thematik ausgeht:
https://books.google.ch/books?id=j9psULe...ot&f=false
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RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel... - Aguyar - 21.05.2018 13:35

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