Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess?
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06.02.2013, 18:36
Beitrag: #51
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RE: Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess?
(30.01.2013 16:47)913Chris schrieb:(30.01.2013 15:44)Marco schrieb: Aber was heißt im religiösen Sinn ideologisch?Dass Opus Dei nicht bereit ist, über eine gewisse Öffnung der Kirche zur "Welt" (= in diesem Fall die Laien) auch nur nachzudenken, sondern viel eher danach strebt, die Uhr wieder zurück zu drehen, auf den Stand vor dem Vaticanum II. Ich brauch mir doch nur ansehen, was aus den umliegenden Priesterseminaren hervorgeht: Lauter junge Leute, die sich in die althergebrachte Priestertracht hüllen, Pfarrer, die im Anzug unterwegs sind, als "Krawattenpriester" verunglimpfen, am liebsten lateinische Messen singen (auch wenn da nur zwei Leutchen drinsitzen; beileibe nicht die berühmten alten Muttchen, die flüchten da nämlich sogar bei uns aufm Dorf davor) Hier vermischst Du einige Punkte, die ja für sich genommen durchaus berechtigt sind. Gründe für weniger Sonntagsmessen sind einerseits immer weniger katholische Priester (in Mitteleuropa). Das hängt sicherlich mit den kirchlichen Rahmenbedingungen zusammen (Zölibat, Ausschluss von Frauen), anderenorts (Polen, Spanien, Amerika, Indien) gibt es das Problem allerdings nicht, weshalb die Kirche, die ja immer auch den weltweiten Maßstab im Blick hat, hier so schnell keine Änderungen vornehmen wird. Andererseits darf man auch nicht vergessen, dass es auch immer weniger Leute gibt die Sonntags regelmäßig zur Kirche gehen. Dass es deshalb zu einer Zusammenlegung von Messen kommt ist ja nicht schlimm. Hier reagiert man ja nur auf ein gesellschaftliches Phänomen. Man sollte aber durchaus darüber nachdenken, warum weniger Leute einen Gottesdienst besuchen. Die abnehmende Tendenz ist ja bereits seit den 60er Jahren zu beobachten. Viele Modernisierungsversuche der Vergangenheit haben grade nicht die gewünschten Erfolge gehabt. Man darf also durchaus die Frage stellen, ob jede Reform im Anschluss an das II. Vaticanum auch sinnvoll war. Das ist sich auch der Grund, weshalb so mancher Konzilteilnehmer kritisch mit den Veränderungen umging. Ein Beispiel: Kadinal Döpfner hatte sich damals persönlich bei Papst Paul VI. für die Handkommunion eigesetzt. Nach mehrjähriger Erfahrung soll er noch auf dem Totenbett gesagt haben, schafft mir bloß die Handkommunion wieder ab. Das bei euch viele Seminaristen von den genannten Bischöfen geprägt seien mag teilweise stimmen, aber das ist doch nur die halbe Wahrheit. In der Regel kommen die jungen Männer bereits aus einem konservativen Milieu und brauchten nicht vom Bischof entsprechend "geformt" zu werden. Woher auch sonst? Es steht zwar jedem Mann zu, der katholisch getauft und gefirmt ist (und bereit ist ehelos zu leben) Priester zu werden, aber aus dem progressiven Umfeld - dass ja grade durch moderne Formate angesprochen werden sollte (und ja auch angesprochen wurde!) - findet sich kein Nachwuchs. Liberale Bistümer die dort ihre Schwerpunkte gesetzt haben, sehen sich mit größeren Nachwuchssorgen konfrontiert als konservativ geführte Bistümer. Lateinische Ämter werden nicht gezielt vom Opus Dei gefördert, dass ist eher eine Sache der Petrus-Bruderschaft, also dem papsttreuen Arm der Pius-Bruderschaft. Alledings zeigt sich, dass je nachdem wo solche Messen stattfinden sie mehr als nur zwei Leute anziehen. In Köln sind solche Ämter oft bis zum letzten Platz besetzt. |
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06.02.2013, 20:54
Beitrag: #52
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RE: Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess?
Zitat:Man sollte aber durchaus darüber nachdenken, warum weniger Leute einen Gottesdienst besuchen. Die abnehmende Tendenz ist ja bereits seit den 60er Jahren zu beobachten. Exkulturation? Also die Entfremdung zwischen Welt und Christentum. Dass das gerade in Deutschland einsetzt ist wenig verwunderlich, da vor allem die Katholiken seit dem Ende des 19. Jarhunderts in die Enge geführt worden sind, und darüber hinaus die preußische Vorherrschaft entweder lutherisch oder sogar atheistisch geprägt war und das Kulturmoment der Kirchen relativ kurz kam. Auch der südbadische Liberalismus aus dem frühen 19. Jahrhundert ist da nicht ganz unschuldig daran. Durch den Nationalsozialismus erlitt das katholische Milleu nochmals einen Kulturschock, als die Nazis versucht haben ganz gewaltig weg vom Kirchenkult zu kommen und eher antike Germanische Kulte in den Vordergrund rückte. Da aber die Kirche nicht in der Lage war einen Wiederstand zu konstituieren und/oder zu organisieren verlor man halt auch da den Glauben. Wirtschaftswunderzeit hat die Kirche noch weiter aus der Kultur entrückt und wurde mit der 68-Revolte noch entfernter da alles aus den 40ern regelrecht nachexplodierte und auch die Kirche moralisch schuldig gemacht worden ist - ganz massiv für ein schändliches Spätmittelalter, Rennaisance und auch in der Moderne. Der geschichtliche Ballast und die Liberlalisierung der Welt in der ethische Werte eher durch materielle abgelöst worden sind gibt der Kirche nach und nach den Rest. Die Vergawaltigungen und Missbräuche zeigen einer liberalisierten und moralisch (noch) sensiblen Gesellschaft ganz klar, dass viele Vertreter der Kirche selbst ein massives Problem haben mit ihrem eigenen Anspruch. Und haben das Urvertrauen (ich erlaube mir den Terminus) endgültig verspielt. Irgendwann ist Schluss! Und ganz ehrlich verstehe ich das Phänomen auch so, dass man sich nicht unbedingt bei einer philosophisch - moralischen Instanz entlasten will, die selbst eher belastet ist und sich selbst nicht mehr entlasten kann. Die Schuld bzw. Bußtheologie hat Hochkonjuntur in der Kirche, für die deutsche Gesellschaft ist das untragbar. Wie soll man sich dem denn noch annähern, wenn seine Schuld gelehrt bekommt aber der Lehrer mit seiner Schuld kaum noch leben kann? Dazu sehe ich noch ein Problem, dass allerdings wieder in die Richtung des Ausgangsposts geht: Stefan Kuzmany betitelt die Geschichte der Kirche als "Geschichte voller Missverständnisse". Da das stark in den Köpfen drin ist, bei der negativen Konnotation die derzeit Religion hat, kann man sich ausmalen, warum die Menschen nicht mehr etwas mit Kirche zu haben wollen. Ich denke auch Hassprediger des Islams und das unvernünftige Bild, dass Radikale von allen Religion - auch Christen!!! - hin und wieder zeigen, schreckt ab. Mit gutem Grund. Zitat: In der Regel kommen die jungen Männer bereits aus einem konservativen Milieu und brauchten nicht vom Bischof entsprechend "geformt" zu werden. Das ist genau das Nächste, dass sich einfügt und ins Bild passt. Wenn gemäßigte kein Kulturgut mehr darin sehen, von Missverständnissen überhäuft, kein Vertrauen mehr in das Abstraktum Kirche haben, dann bleiben die abgeschreckt auch weg von Gottesdiensten. Und wer will dann auch Priester werden. Und wer kann das noch tun ohne sich verdächtig zu machen? Es bleiben also nur noch die Konservativen und die Radikalinskies. Und als Laie wie ich wird man da eh nicht ernst genommen, vor allem wenn man aus dem bürgerlich - liberalen Lager stammt. Das sind so die Feindbilder. Wobei unsere Professoren alle noch vom Konzil begeistert sind und vorwärts denken. Da ich davon aus gehe, dass das dann so die letzten sind, kann ich mich glücklich schätzen bei denen zu studieren. Wobei ich mal fragen darf vielleich: Wie wird denn außerhalb des Bistums Freiburg der Habitus eingeschätzt (also Zolitsch)? Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten "Im übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielem Bücherschreiben und viel studieren ermüdet den Leib!" Kohelet 12,12 |
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