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Der Untergang von Sprachen
15.06.2016, 16:16
Beitrag: #51
RE: Der Untergang von Sprachen
(15.06.2016 14:40)Dietrich schrieb:  Ich rede davon, dass das keltische Idiom der britischen Mehrheitsbevölkerung erstaunlicherweise in relativ kurzer Zeit verschwand und dem altenglischen Idiom der angelsächsischen Eroberer wich. Die keltische Bevölkerung wurde rasch assimiliert, abgesehen von einigen Rückzugsgebieten, wo sie überlebte. Die Ursachen sind bis heute umstritten, vor allem die Gewichtung einzelner Elemente.

Die Frage ist halt, ob sich tatsächlich eine britische Mehrheitsbevölkerung in den Gebieten erhielt, in denen sich die Angelsachsen verbreiteten.

(15.06.2016 14:40)Dietrich schrieb:  Du hast gesagt, dass das geistige Zentrum der Briten zerstört wurde, was eine wesentliche Ursache für den Untergang der nationalen Identität sei, was wiederum das rasche Verschwinden der keltischen Sprache erklären würde. Dass ein Sprachwechsel von einem solchen "geistigen Zentrum" nicht abhängig ist, erklärte ich am Beispiel der Galloromanen und Franken. Sprachwechsel erfolgen mit und auch ohne "geistige Zentren".
Es mag aber sein, dass ich dich missverstanden habe.

Vielleicht reden wir hier beide ein wenig aneinander vorbei. Natürlich gibt es auch Sprachwechsel, die überhaupt nichts mit einem geistigen Zentrum zu tun hatten, im Falle der Britannier halte ich dies aber für sehr wahrscheinlich, weil die kulturelle Identität damit massiv reduziert, wenn nicht gar vernichtet wurde. Und wenn alte Riten und Gebräuche durch neue ersetzt werden, dann werden diese neuen auch der neuen Sprache benannt- was zwangsläufig dazu führt, dass sich auch die Usprungssprache immer mehr hin zur "Besatzersprache" hin verändert.
Die Britannischen Dialekte dürften sich dem Latein also immer weiter angenähert haben.


(15.06.2016 14:40)Dietrich schrieb:  Die Romanisierung Britanniens erfolgte nur lückenhaft.
Das sieht Geoffrey Ashe ganz anders. Wink Demzufolge sehnten sich die Briten so sehr nach einem Restitutor, der in Britannien den römischen Glanz und die römische Gloria wiederherstellte, dass sie aus einem Kriegsführer, der in der Bretagne zu Gange waren, ihren Helden Artus machten... (Das Augenzwinkern deshalb, weil ich die Theorie für Quark halte...)

(15.06.2016 14:40)Dietrich schrieb:  
(14.06.2016 16:24)Bunbury schrieb:  Es gab im übrigen eine größere kulturelle Schnittmenge zwischen Germanen und Kelten als zwischen Römern und kelten, von daher halte ich es für nicht so verwunderlich, dass die verbliebenen Kelten sich den Angelsachsen leichter anpaßten und froh waren, das römsiche loszuwerden...

Das halte ich für ein Fantasiegebilde. Die sächsischen Barbaren werden auf die romanisierten zivilisierten Kelten erschreckend gewirkt haben.

Nichtsdestotrotz weisen die keltischen und germanischen Glaubensvorstellungen mehr Ähnlichkeit miteinander auf als es die keltischen und römischen (auch vorchristlichen) taten. Auch was die Stellung und die Rechte von Frauen anging, waren sich Kelten und Germanen sehr viel näher als Kelten und Römer.

(15.06.2016 14:40)Dietrich schrieb:  
(14.06.2016 16:24)Bunbury schrieb:  Und noch eines sollte nicht vergessen werden- es gab mindestens zwei keltisch- sprachige Wellen auf den britischen Inseln.

Es wird heute vielfach angezweifelt, dass eine nenneswerte Zahl keltischer Siedler in Britannien einwanderte. Es gibt sogar die Hypothese, dass allein die keltische Sprache in Britannien Verbreitung fand, aber keine - oder eine äußerst geringe - keltische Einwanderung erfolgte.

Bei der von dir zitierten Stelle habe ich mich richtig ausgedrückt, später war ich dann ein bißchen schlampiger- es gab zwei keltisch-sprachige Wellen. Von Einwanderung habe ich nichts gesagt...Wink

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15.06.2016, 16:40
Beitrag: #52
RE: Der Untergang von Sprachen
(15.06.2016 14:50)Dietrich schrieb:  Die alten religiösen Bräuche bestanden sicherlich in der Römerzeit fort und erlebten Mitte des 4. Jh. eine Erneuerung. Das Chrsitentum war, sowohl vor wie auch nach Kaiser Konstantin, nur die Religion der Stadtbewohner und einiger Besitzer von "villae".

Nein, das stimmt so nicht. Das Christentum fand recht schnell Eingang in die keltische Welt, aber es entwickelte sich eine gewisse Mischform aus keltisch und christlich, die von der römischen Kirche später mit den üblichen Mitteln bekämpft wurde...

(15.06.2016 14:50)Dietrich schrieb:  Es ergibt sich damit wohl ein Bild, das eher dem römischen Germanien und weniger der Situation in Gallien ähnelt. Die britische Bevölkerung blieb trotz oberflächlicher Romanisierung derart dominant, dass sich keine romanische Sprache wie z.B. in Spanien oder dem späteren Frankreich herausbildete.

Ein Unterschied war sicherlich auch, dass sich etliche römishe Legionäre in Gallien niederließen, aber eben nicht in Britannien, was letztendlich dazu führte, dass Latein für die Briten eine eher ungeliebte obersprache blieb...

(15.06.2016 14:50)Dietrich schrieb:  Zwischen etwa 450 und 580 wurden die oberflächlich romanisierten Briten gezwungen, den größten Teil des südlichen und östlichen Britannien zu Gunsten der einströmenden Angelsachen aufzugeben, obwohl ein Sieg um 500 (der vielleicht dem sagenhaften Artus oder aber einem anderen lokalen Führer zugeschrieben werden kann) für einige Jahrzehnte eine Ruhepause und vielleicht eine zeitweilige Rückgewinnung einiger Gebiete zur Folge hatte. Damals kam es zu einer starken Abwanderung in die "Armorica" (Bretagne).

"Einen" Artus gab es nicht. Das ganze ist ein Konstrukt aus mindestens vier Männern.... Aber nur einer davon hat die sagenhafte Schlacht am Berg Badon geschlagen...

(15.06.2016 14:50)Dietrich schrieb:  Die gesprochene Sprache änderte sich schnell und durchgreifend, was man auch daran erkennt, dass nur vereinzelt britische Ortsnamen fortbestanden und die britische Sprache aus den Gebieten, die bis zum 7. Jh. erobert wurden, völlig verschwand.

Was ein recht deutlicher Hinweis darauf ist, dass in diesen Gegenden tatsächlich der britannische Bevölkerungsanteil sehr stark abnahm. In anderen Gegenden Britanniens haben sich gerade verbreitet in Ortsnamen die alten Sprachen gehalten...

(15.06.2016 14:50)Dietrich schrieb:  Das eigentliche Erbe der Briten besteht in den nachfolgenden Königreichen und Fürstentümern von Cornwall, Wales und Strathclyde, die sich auch zu verschiedenen Sprachräumen und Rückzugsgebieten des Keltischen entwickelten. Sie bewahrten durch ihre mündlich und schriftlich tradierte keltische Literatur und durch Verbindungen zwischen Klöstern und Bistümern keltischer Gebiete das gemeinsame Erbe.

Verwechsele jetzt nicht das keltische Erbe Irlands (das ja über Dalriada wieder nach Britannien kam und zumindest Strathclyde überlagert hat) und das keltische Erbe Britanniens- das sind zwei Paar Schuhe. Wirklich. Das Problem ist nur, beides von einander zu trennen... Darüber kann man streiten....Jahrzentelang....

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16.06.2016, 14:07
Beitrag: #53
RE: Der Untergang von Sprachen
Möglicherweise sind schon vor den Angelsachsen stark germanisierte Belger in Ostengland eingewandert.

viele Grüße

Paul

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16.06.2016, 14:12
Beitrag: #54
RE: Der Untergang von Sprachen
Seit den 1960er Jahren tobt eine erbitterte Auseinandersetzung unter englischen Historikern und Archäologen, ob lediglich ein Elitetransfer oder eine Masseneinwanderung germanischer Gruppen erfolgte. Von einer "ethnischen Säuberung" spricht in diesem Zusammenhang niemand mehr.

Aber es bleibt die Frage, ob der Einwanderungsprozess nur von einer geringen Zahl von Einwanderern getragen wurde, deren kulturelle Normen große Teile der einheimischen Bevölkerung übernahmen und somit eine überwiegend gewaltlose Ausbreitung stattfand. Das würde dann für einen Elitetransfer sprechen, dem eine kulturelle Nachahmung folgte.

Die andere Fraktion glaubt an eine beträchtliche Zahl germanischer Zuwanderer aus dem norddeutschen Raum und dem Gebiet der heutigen Benelux-Staaten, die im 5. und 6. Jh. eine gewaltsame Übernahme ins Werk setzten und die angelsächsische Kultur im englischen Tiefland verbreiteten.

Zwischen diesen beiden kultur- und bevölkerungsgeschichtlichen Modellen gibt es eine große Spannbreite, die im wesentlichen hypothetisch bleibt, da die Quellenlage dürftig ist. Zuweilen wurde angeführt, dass die englischen Ortsnamen überwiegend angelsächsischen Ursprungs sind, was auf eine Masseneinwanderung hindeuten könne. Doch hat sich gezeigt, dass die meisten Namen erst einige Jahrhunderte nach der angelsächsischen Invasion entstanden, und somit kein hinreichender Beleg für diese These sein können. Im Verlauf von zwei Jahrhunderten hätte sich die germanische Sprache auch allein durch kulturelle Assimilation durchsetzen können, d.h. die unterschiedlich romanisierte keltische Bevölkerungsbasis hätte lediglich einen Sprachwechsel vollzogen.

Peter Heather schreibt [1], dass die Bevölkerunsgeschichte archäologisch etwas besser dokumentiert ist. Informationen liefern u.a. 30 000 Gräber aus der frühen angelsächsischen Epoche, die die Überreste von 10-15 Generationen aus der Zeit vom 5. bis zum späten 7. Jh. enthalten. Die Gesamtbevölkerung Britanniens soll nach konservativen Schätzungen etwa 1 Million betragen haben.

Die Frage, ob "Masseninvasion" oder "Elitetransfer mit kultureller Nachahmung", bleibt somit unbeantwortet. Die Wahrheit wird vermutlich in der Mitte liegen. Beispiele gibt es für jede dieser Hypothesen. So wurde z.B. die normannische Eroberung Englands von einem Elitetransfer getragen, während es bei der Eroberung des byzantinischen Kleinasiens im 11./12. Jh. zu einer turkstämmigen Masseninvasion kam.

[1] Peter Heather, Invasion der Barbaren, Stuttgart 2011 (englische Ausagbe von 2009)
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16.06.2016, 17:58
Beitrag: #55
RE: Der Untergang von Sprachen
ich bin mir nicht so sicher, dass es wirklich hypothetisch bleibt. Soweit ich weiß, sind in den entsprechenden Gegenden angelsächsische Gräber aus der richtigen Zeit gefunden wurden, in denen auch Frauen und Kinder (und zwar nicht zur Oberschicht gehörend) bestattet wurden, was für die Forscher der damaligen Zeit (ich habe mir vor ca. 10 Jahren aus diversen englischen Countys Berichte über Funde aus dem Netz geladen) ein Hinweis darauf war, dass eine breitere Einwanderung stattgefunden hat.
Allerdings war man damals mit DNA Analysen noch nicht so weit, falls es da etwas neuen gibt, wäre ich für einen Link sehr dankbar...

Falls es sich um einen Elite- Transfer gehandelt haben soll, muss die Schnittmenge zwischen Kelten und Germanen recht groß gewesen sein, ansonsten hätten die Kelten nicht so problemlos die Kultur unternommen.

Also enweder- Verdrängung der Britannier durch Einwanderer- Kultur der Britannier verschwindet. Oder Elite- transfer einer Kultur, die Parallelen zur ursprünglich keltischen aufweist- Britannier nehmen die ihnen nicht unvertraute Kultur bereitwillig auf.

Die dritte Möglichkeit- Elite- Tansfer einer völlig anderen Kultur scheint mir sehr unwahrscheinlich... Nicht aus historisch belegbaren Gründen, sondern aus psychologischen und soziologischen Erwägungen heraus...

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17.06.2016, 12:33
Beitrag: #56
RE: Der Untergang von Sprachen
(16.06.2016 17:58)Bunbury schrieb:  Falls es sich um einen Elite- Transfer gehandelt haben soll, muss die Schnittmenge zwischen Kelten und Germanen recht groß gewesen sein, ansonsten hätten die Kelten nicht so problemlos die Kultur unternommen.

Also enweder- Verdrängung der Britannier durch Einwanderer- Kultur der Britannier verschwindet. Oder Elite- transfer einer Kultur, die Parallelen zur ursprünglich keltischen aufweist- Britannier nehmen die ihnen nicht unvertraute Kultur bereitwillig auf.

Man geht heute davon aus, dass einige britische Fürsten der keltischen Kleinkönigreiche die römische Politik fortsetzten, Germanen als Söldner zu rekrutieren. Diese stammten zumeist aus den Gebieten nördlich der Rheinmündung. Schon nach kurzer Zeit streiften einige dieser Germanenverbände die britische Oberhoheit ab und begründeten, unter starkem Zuzug neuer Einwanderer, eigene Herrschaftsgebiete, die sie auf Kosten der britischen Territorien rasch erweiterten.

Diese Germanen wurden von Römern wie Briten allgemein als Sachsen (Saxones) bezeichnet. Besonders in den späteren Königreichen der Ost-, West- und Südsachsen (Essex, Wessex, Sussex) spielten sächsische Bevölkerungsteile, zum Teil neben Friesen, eine dominierende Rolle. In Mittel- und Nordengland dagegen siedelten vornehmlich aus dem Raum Jütland eingewanderte Angeln.

Nach anfänglicher Besiedlung des Osten von Enland und der Südküste erweiterten die Angelsachsen allmählich ihre Siedlungsräume, zuerst entlang den Flusstälern und Römerstraßen, dann in das Hinterland. Bis um die Mitte des 6. Jh. war ein großer Teil des heutigen England im Besitz der Angelsachsen, etwa 100 Jahre später hatten sie die Kelten nach Wales und Cornwall zurückgedrängt.

Kelten, die im angelsächsischen Teil blieben, wurden rasch assimiliert und von der neuen Bevölkerung aufgesogen. Das ging schon deshalb sehr schnell, weil auch die Herrschaftsverhältnisse dem entsprachen. Wer etwas werden wollte, musste (alt)sächsisch sprechen und so ging - wie überall auf der Welt - der Prozess der Integration rasch vor sich.

So könnte ein denkbares Szenario ausgesehen haben.
Über die zahlenmäßige Stärke der angelsächsischen Einwanderer sagt es dennoch wenig aus.
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19.06.2016, 11:27
Beitrag: #57
RE: Der Untergang von Sprachen
Wenn man von der zweifelhaften Interpretation der keltischen Motive zur Anpassung absieht, entspricht das Szenario ganz klar den Regeln der Geschichtsscheibung. Du hast die für die klassische Geschichtsschreibung wesentlichen Punkte herausgestellt und in Zusammenhang gebracht, und herausgekommen ist ein Szenario, das sich in jedem Lehrbuch hervorragend machen würde.

Wie unschwer zu erkennen ist, bin ich damit dennoch nicht zufrieden. Aber das liegt eher daran, dass in den letzten Jahren meine Zweifel daran, wie Geschichtsschreibung zu sein hat, stetig gewachsen sind,
Wenn ich Zeit habe, stelle ich ein alternatives Szenario vor, allerdings in passendem Thread, das auch die Details berücksichtigt, die von den klassischen römischen und griechischen Schreibern gerne als irrelevant und unbedeutend angesehen wurden....Wink

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19.06.2016, 17:44
Beitrag: #58
RE: Der Untergang von Sprachen
(19.06.2016 11:27)Bunbury schrieb:  Wie unschwer zu erkennen ist, bin ich damit dennoch nicht zufrieden. ...
Wenn ich Zeit habe, stelle ich ein alternatives Szenario vor, allerdings in passendem Thread, das auch die Details berücksichtigt, die von den klassischen römischen und griechischen Schreibern gerne als irrelevant und unbedeutend angesehen wurden....Wink

Darauf bin ich sehr gespannt.

Was Assimilationsvorgänge betrifft, so gibt es weltweit reichlich Anschauungsmaterial. Sei es, dass Eroberer die Sprache der unterlegenen Bevölkerung annehmen, sei es, dass Eroberer einer Bevölkerung ihre Sprache aufzwingen - oder sie sich aufgrund von Prestige und Dominanz relativ zwanglos verbreitet.
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19.06.2016, 22:28
Beitrag: #59
RE: Der Untergang von Sprachen
Ein interessantes Thema.

In Frankreich gab es im Prinzip auch nach dem Fall des Imperiums zwei große Sparachgruppen- im Norden die Langue d" Oil und im Süden die Langue d"Oc, Daneben gab es noch das bretonische Gälisch, Korsisch und Baskisch
Zur Langue d" Oil gehörten u.a. das Wallonische und die anglonormannische Sprache des englischen Adels
Durchgesetzt hat sich die Langue d"Oil eigentlich erst mit den Katharerkriegen und der Zentralisierung Frankreichs ab dem 17,Jahrhundert -teilweise auch mit Sprachverboten oder noch nachhaltiger mit sozialer Ächtung der anderen Sprachen. In England erfolgte diese Zentralisierung bereits im Mittelalter mit der Fixierung auf London als Hauptstadt -insoweit ist es auch nicht verwunderlich dass es hier früher zu einer Angleichung kam-
Im HRR haben wir ebenfalls eine Mehrteilung-Im Hochdeutschen besteht die Grenze zwischen Fränkisch Allemannisch,Bayrisch und Ostmitteldeutsch,die bis heute im Dialekt noch ausgeprägt ist ,Im Norddeutschen gibt es die beiden friesischen Sprachinseln . Erst im Rahmen der Preussifizierung und teilweise Zentralisierung setzte sich auch im ehemaligen HRR die Sprache von Luthers Bibelübersetzung als als verbindliche Hochsprache durch, auch hier mit Hilfe der oben bereits skizzierten Mittel,
sinteressant ist übrigens,dass bis ins 11.Jahrhundert im Hunsrück- und Moselgebiet noch eine romanische Sprachinsel existierte,in der Moselromanisch gesprochen wurde,das sich aus dem Vulgärlatein entwickelt hatte.
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19.06.2016, 23:29
Beitrag: #60
RE: Der Untergang von Sprachen
Die Biebelvarianten in den verschiedenen regionalen frühdeutschen Varianten ähnelten sich und ähneln auch dem Text der gotischen Wulfila Biebel. Die Leseproben waren für mich zum großen Teil verständlich. Hoch-Gotisch war also eine frühdeutsche Variante?

viele Grüße

Paul

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19.06.2016, 23:31
Beitrag: #61
RE: Der Untergang von Sprachen
In Spanien werden auch mehrere Sprachen gesprochen. Die meisten Menschen sind zweisprachig. Neben Baskisch, das eine eigene Sprachgruppe bildet, werden in Spanien auch Katalanisch, Galizisch (Gallego) und Kastilisch, das eigentliche Spanisch gesprochen. Das Galizisch wird im Nordwesten Spaniens gesprochen, es ist der potugiesischen Sprache ähnlich. Das Katalanisch wird mit unterschiedlichen Dialekten im Nordosten Spaniens, aber auch in Frankreich gesprochen - etwa von Valencia (im Süden) bis Narbonne (im Norden).
Baskisch, Galizisch und Katalanisch waren während der Franco-Diktatur verboten. Nach dem Ende der Franco-Diktatur erlebte besonders das Katalanische eine Renaissance. Die ursprünglichen Forderungen nach kultureller Autonomie haben sich seit ein paar Jahren geändert, so dass inzwischen eine Unabhängigkeitsbewegung entstanden ist, die bürgerlich-konservative, liberale, sozialdemokratische Kräfte und zum Teil Linksradikale vereint.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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19.06.2016, 23:55
Beitrag: #62
RE: Der Untergang von Sprachen
(19.06.2016 23:29)Paul schrieb:  Die Biebelvarianten in den verschiedenen regionalen frühdeutschen Varianten ähnelten sich und ähneln auch dem Text der gotischen Wulfila Biebel. Die Leseproben waren für mich zum großen Teil verständlich. Hoch-Gotisch war also eine frühdeutsche Variante?

Nein, einfach eine (ausgestorbene) ostgermanische Sprache. Im 5. Jahrhundert waren die einzelnen Idiome alle noch ziemlich dicht beieinander. Der Franke Chlodwig und der Ostgote Theoderich der Große hätten vermutlich keinen Dolmetscher gebraucht. Seitdem sind 1500 Jahre vergangen und alles hat sich auseinander (und weiter)entwickelt. Wer Niederdeutsch kann, kommt mit Englisch oder den skandinavischen Sprachen besser klar.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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26.06.2016, 19:05
Beitrag: #63
RE: Der Untergang von Sprachen
Dietrich,
ich hab mich undeutlich ausgedrückt. In den Jahren nach der normannischen Invasion war das normannische Französisch die Verwaltungssprache in England. Dadurch verbreitete es sich auch in der Bevölkerung, die zumindest französische "Brocken" in ihre Alltagssprache eingliederte.
Dass das Englische heute noch so viele französische Lehnwörter hat, stammt aus dieser Zeit und ist deutlicher Ausdruck dafür, dass das Englische fast ausgestorben wäre (bzw. es zu einer "Ausbaustufe" des Anglonormannischen gekommen wäre, die vermutlich zu einem anglsiierten Französisch geführt hätte anstatt zum heutigen "frankonisierten Englisch" mit sienen vielen französischen Lehnwörtern) und dass England fast zum französischen Sprachraum gekommen wäre. Umgedreht hat sich dieser Trend erst, als um 1250 (Vertrag von 1259) große Teile des angevinischen Reichs in Frankreich verloren gingen. Der Adel hat sich "anglinisiert", Englisch wurde wieder zur Verkehrs- UND Verwaltungssprache, auch wenn sich das Anglonormannische noch etwa 100 Jahre als Hofsprache etc. hielt.
Welche Rolle der Adel dabei spielt, dass eine Invasorensprache von der Bevölkerung übernommen wird, zeigt sich noch an anderen Beispielen. In Irland z.B. war es umgekehrt, dort übernahmen die anglonormannischen Adligen, die Heinrich II. zur Beherrschung Irlands geschickt hatte, die gälische Kultur und Sprache der Einheimischen, weil sie in Opposition zum Herrscherhaus standen. Daher spricht man in Irland bis heute Gälisch, wenn auch nur teilweise. Dass das Gälische so unter Druck geraten ist, dass es dennoch beinahe ausgestorben wäre, hat mit späteren Entwicklungen zu tun.
Die Franken - wie auch die Goten - übernahmen mit der römischen Verwaltung (die Franken recht auch bald der römischen Rechtssprechung und dem römisch-katholischen Glauben) auch die (vulgär-)lateinische Verwaltungssprache. Ergebnis: Das Französische als lateinlastige Mischsprache aus Fränkisch und Vulgärlatein. Die Goten taten sich schwerer. Die gotische Oberschicht hatte ihren eigenen Glauben (die Katholisierungsversuche einiger Könige waren nicht sehr glückreich und führten zu Adelsaufständen und Umstürzen) und die Goten hielten auch viel länger als die Franken an einem eigenen Rechtssystem für die gotische Bevölkerung fest. Und siehe da, das Gotische hat auf das Vulgärlatein der Einheimischen bei weitem nicht so großen Einfluss genommen wie das Fränkische auf den Dialekt der Gallorömer oder auch wie das Anglonormannische auf das Mittelenglische.
Bei den Angelsachsen dürfte es ähnlich gewesen sein. Die Sprache, die als Amtssprache galt, und zwar für die ganze Bevölkerung, hat sich früher oder später durchgesetzt, so dass die keltormanische Sprache der Briten ausstarb und nur (relativ) wenige Spuren im Englischen hinterlassen hat (das gilt im Übrigen nicht für die britische Kultur, allerdings kenne ich mich da nicht so gut aus, Bunbury möge mich eines Besseren belehren...Wink
Hätten die Angelsachsen ein eigenes (Rechts-/Verwaltungs-) System für sich beibehalten und die Briten das ihre behalten dürfen, wer weiß, ob es nicht hier auch erst zur Zweisprachigkeit und dann eventuell sogar zur Durchsetzung des keltoromanischen Dialekts geführt hätte.
Ähnlich war es in den den süddeutschen Gebieten. Die Zuwanderer waren etwas zahlenstärker als die Keltoromanen, und doch hat sich der jeweilige germanische Dialekt durchgesetzt. Warum? Weil die Einheimischen unter dem gleichen, von den Eroberern/Zuwanderern dominierten, aber nicht geschaffenen Verwaltungssystem standen, das wiederum auf dem älteren, römischen System beruhte, aber mit Hilfe der germanischen Sprachen in Gang gehalten wurde. Bestes Beispiel, das mir grade einfällt: Die Baar. Entfernt verwandt mit dem Begriff "Bar" wie in "Bargeld", ist das einfach die germanische Übersetzung des Begriffs "Centene" wie "Hundertschaft" (auch als "Huntari" übersetzt). Das römische Verwaltungssystem wurde übernommen, aber mit germanischen Begriffen versehen. Das Keltoromanische ist sowohl im Alemannischen wie auch im Bairischen und (Rhein-/Mosel-/Main-)Fränkischen noch erkennbar in Form von Lehnwörtern, aber es hat als Sprache nicht überlebt. Und das, obwohl bspw. im Chiemgau, aber wohl auch anderswo, anhand der Ortsnamen nachvollziehbar ist, dass eine ganze Menge Keltoromanen im Land geblieben sind, als die Römer abzogen. Sie waren teilweise sogar nochin führender Position, erkennbar etwa an den Ortsnamen auf "-kammer" (= der Ort hatte mit Finanzen zu tun, also mit dem Eintreiben von Abgaben) und daran, dass die Vorsteher dieser Orte noch lange romanische Namen trugen, sogar in den (zumindest bairischen) Adel aufstiegen.

So, bevor ich mich jetzt endgültig verzettle, hole ich erst mal Luft und warte auf weitere Einwände und Kommentare...Wink
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28.06.2016, 13:55
Beitrag: #64
RE: Der Untergang von Sprachen
(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  Dass das Englische heute noch so viele französische Lehnwörter hat, stammt aus dieser Zeit und ist deutlicher Ausdruck dafür, dass das Englische fast ausgestorben wäre (bzw. es zu einer "Ausbaustufe" des Anglonormannischen gekommen wäre, ...

Das ist eine falsche Folgerung.
Englisch starb nicht aus, weil es als Umgangssprache in der breiten Mehrheitsbevölkerung trotz der Normannen verankert blieb. Ein ähnliches Schicksal erlebte das Westgotische in Spanien, das Langobardische in Italien und das Fränkische in Gallien. Überall gab es eine fremdsprachige kleine Elite, die ihre ihre Sprache trotz des Erobererstatus nicht durchsetzen konnte.

Dass es auch Gegenbeispiele gibt, haben wir bereits besprochen.

(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  Die Goten taten sich schwerer. Die gotische Oberschicht hatte ihren eigenen Glauben (die Katholisierungsversuche einiger Könige waren nicht sehr glückreich und führten zu Adelsaufständen und Umstürzen) und die Goten hielten auch viel länger als die Franken an einem eigenen Rechtssystem für die gotische Bevölkerung fest. Und siehe da, das Gotische hat auf das Vulgärlatein der Einheimischen bei weitem nicht so großen Einfluss genommen wie das Fränkische auf den Dialekt der Gallorömer

Der geringe Einfluss des Gotischen im Spanischen hat zwei Gründe: Zum einen dauerte die westgotische Herrschaft nur rund 200 Jahre, zum anderen gaben die Westgoten schon sehr früh ihre eigene Sprache auf. Hingegen hat das Arabische starke Spuren in der spanischen Sprache hinterlassen, was sowohl auf die Dauer ihrer iberischen Herrscht - mehr als 600 Jahre - als auch ihre kulturelle Dominanz zurückzuführen ist.

(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  ... so dass die keltormanische Sprache der Briten ausstarb und nur (relativ) wenige Spuren im Englischen hinterlassen hat

Das winzige keltische Substrat im Englischen hat mich seit jeher erstaunt. Es muss damit zusammenhängen, dass die keltische Bevölkerung in sehr kurzer Zeit von den Angelsachsen assimiliert wurde, d.h. keltische Idiome rasch verschwanden - einmal abgesehen von Rückzugsgebieten wie Wales. Die Widerstandskraft der britischen Bevölkerung gegenüber den Germanen muss außerordentlich gering gewesen sein.

(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  Ähnlich war es in den den süddeutschen Gebieten. Die Zuwanderer waren etwas zahlenstärker als die Keltoromanen, und doch hat sich der jeweilige germanische Dialekt durchgesetzt. Warum? Weil die Einheimischen unter dem gleichen, von den Eroberern/Zuwanderern dominierten,

Von Keltoromanen kann man nicht sprechen. Zusammen mit der Sprache verschwand eine keltische Identität in Süddeutschland schon bald nach Eroberung durch die Römer. Die Archäologen sagen, dass alle Überreste, die auf Kelten hindeuten, schon bald abrissen und durch römische Einflüsse ersetzt wurden. Als die Germanen Süddeutschland in Besitz nahmen, gab es dort nur noch eine römische Provinzialbevölkerung. Die hielt sich in abgelegenen Siedlungskammern am Fuß der Alpen noch bis ins 7. Jh. n. Chr. - was eine erstaunliche Kontinuität bedeutet.
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28.06.2016, 16:03
Beitrag: #65
RE: Der Untergang von Sprachen
(28.06.2016 13:55)Dietrich schrieb:  Das winzige keltische Substrat im Englischen hat mich seit jeher erstaunt. Es muss damit zusammenhängen, dass die keltische Bevölkerung in sehr kurzer Zeit von den Angelsachsen assimiliert wurde, d.h. keltische Idiome rasch verschwanden - einmal abgesehen von Rückzugsgebieten wie Wales. Die Widerstandskraft der britischen Bevölkerung gegenüber den Germanen muss außerordentlich gering gewesen sein.

In Anbetracht der Tatsache, dass sich andernorts keltische Idiome durchaus gehalten haben- ist das in der Tat eine spannende Frage- und läßt sich wohl nicht einfach mit einem Elitetransfer erklären. Nach wie vor nicht. Letztendlich bleiben drei Möglichkeiten:
1. Es war nicht nur der Elitentransfer, sondern die Bevölkerung wurde tatsächlich zu einem größeren Teil ersetzt. (Britannische Quellen sprechen von einer Seuche, die um 450 in Britannien wütete und die zu einer gewissen Entvölkerung beigetragen haben könnte)
2. Die von den Angelsachsen vorgefundene Bevölkerung besaß kein ausgeprägtes Gefühl für ihre Wurzeln und schon länger keine Elite mehr (Auch hierfür gibt es Hinweise in den britannischen Quellen, nämlich dass es zum Bürgerkrieg kam- und da sind die Opfer in der einfachen Bevölkerung immer die einfacheren) bzw. der Teil der Eliten, die sich im Bürgerkrieg auf Seiten der Angelsachsen geschlagen hatte, wurde Angelsachse, der andere Teil zog sich nach Wales und Südschottland zurück...
3. Es gab gewisse Schnittmengen in der Angelsächsichen und keltischen Lebensweise. (Religiöse Bäruche, ein Rechtssystem, dass im Gegensatz zum römischen nicht auf Vergeltung, sondern auf Wiedergutmachung basierte, gesellschaftliche Hierarchien etc.)

Vermutlich spielten alle drei Faktoren eine Rolle, und die größtenteils einfache Landbevölkerung, die im Bereich Englands verblieben war, wollte wohl nur noch ihr Land bestellen und ihre Ruhe haben...

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29.06.2016, 12:35
Beitrag: #66
RE: Der Untergang von Sprachen
(28.06.2016 13:55)Dietrich schrieb:  Von Keltoromanen kann man nicht sprechen. Zusammen mit der Sprache verschwand eine keltische Identität in Süddeutschland schon bald nach Eroberung durch die Römer. Die Archäologen sagen, dass alle Überreste, die auf Kelten hindeuten, schon bald abrissen und durch römische Einflüsse ersetzt wurden. Als die Germanen Süddeutschland in Besitz nahmen, gab es dort nur noch eine römische Provinzialbevölkerung. Die hielt sich in abgelegenen Siedlungskammern am Fuß der Alpen noch bis ins 7. Jh. n. Chr. - was eine erstaunliche Kontinuität bedeutet.

In römischer Zeit lebten in Süddeutschland romanisierte Kelten, was denn sonst. Erkennbar noch lange an den Namen, und zwar nicht nur bis ins 7.Jh., sondern noch bis ins 11.Jh., erkennbar an den in den Urkunden hinterlegten Namen in den Zeugenlisten. Und von abgelegen keine Spur, die Gegend um den Chiemsee - von wichtigen Handelsstraßen durchzogen - war großenteils von Romanen besiedelt, schau dir nur die Ortsnamen da an...Wink
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29.06.2016, 12:52
Beitrag: #67
RE: Der Untergang von Sprachen
(28.06.2016 13:55)Dietrich schrieb:  Von Keltoromanen kann man nicht sprechen. Zusammen mit der Sprache verschwand eine keltische Identität in Süddeutschland schon bald nach Eroberung durch die Römer. Die Archäologen sagen, dass alle Überreste, die auf Kelten hindeuten, schon bald abrissen und durch römische Einflüsse ersetzt wurden. Als die Germanen Süddeutschland in Besitz nahmen, gab es dort nur noch eine römische Provinzialbevölkerung. Die hielt sich in abgelegenen Siedlungskammern am Fuß der Alpen noch bis ins 7. Jh. n. Chr. - was eine erstaunliche Kontinuität bedeutet.

In Südwestdeutschland kann man nicht nur, sondern muss man sogar von Keltoromanen sprechen. Die "keltische Identität" verschwand mit der römischen Eroberung keineswegs - nicht zuletzt deshalb, weil Südwestdeutschland vor der römischen Eroberung sogar ein Zentrum keltischer Kultur war.

Noch heute spricht man vom keltischen Dreieckland, welches sich über Südbaden, das Elsass und die Nordwestschweiz erstreckt. Mit dem Dreieckland ist das Land zwischen dem Schwarzwälder Belchen, dem Elsässer Belchen (Ballon d' Alsace) und dem Jura-Bölchen gemeint. Der Flurname Belchen (welcher im Elsass gleich dreimal vorkommt) ist eindeutig keltischen Ursprungs.
Dass die Kelten das Dreieckland auch als Kalender benutzt haben, ist dabei allerdings nicht nachgewiesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Belchen-System
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29.06.2016, 14:18
Beitrag: #68
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 12:35)913Chris schrieb:  In römischer Zeit lebten in Süddeutschland romanisierte Kelten,

Das erweckt einen falschen Eindruck. Was da in Süddeutschland nach 400 Jahren römischer Herrschaft siedelte, war eine römische Provinzbevölkerung, die aus allen Gegenden des Römerreichs zugewandert war. Ethnisch bildete sie einen romanisierten.Schmelztiegel. Da Süddeutschalnd zur Zeitenwende siedlungsarm bis siedlungsleer war, baute sich in diesen Räumen eine neue Bevölkerung auf, d.h. es gab einen Bevölkerungswechsel. Die keltische Restbevölkerung verschwand in kurzer Zeit und wurde assimiliert.

""Sicher ist, dass Bayern zum Zeitpunkt der römischen Okkupation schwach besiedelt war und den Römern kein großer Widerstand entgegengesetzt wurde ... Die noch ansässige keltische Bevölkerung wurde sehr schnell assimiliert. Ein Überdauern keltischer Elemente lässt sich archäologisch nicht feststellen, abgesehen vom Fortleben vereinzelter keltischer Ortsbezeichnungen."
(Brigitte Haas-Gebhard, Die Baiuvaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2013, S. 54 f.)

"In Baden-Württemberg hat keine keltische Stammesgruppe - anders als im linksrheinischen Gallien - ihr Fortlebenin in einer späteren Selbstverwaltuzng gefunden. Literarische Nachrichten römischer Schriftsteller überliefern zur Zeitenwende eine weitgehende Siedlungsleere für das heutige Baden-Württemberg."
(Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005)
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29.06.2016, 17:47
Beitrag: #69
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 14:18)Dietrich schrieb:  
(29.06.2016 12:35)913Chris schrieb:  In römischer Zeit lebten in Süddeutschland romanisierte Kelten,

Das erweckt einen falschen Eindruck. Was da in Süddeutschland nach 400 Jahren römischer Herrschaft siedelte, war eine römische Provinzbevölkerung, die aus allen Gegenden des Römerreichs zugewandert war. Ethnisch bildete sie einen romanisierten.Schmelztiegel. Da Süddeutschalnd zur Zeitenwende siedlungsarm bis siedlungsleer war, baute sich in diesen Räumen eine neue Bevölkerung auf, d.h. es gab einen Bevölkerungswechsel. Die keltische Restbevölkerung verschwand in kurzer Zeit und wurde assimiliert.

""Sicher ist, dass Bayern zum Zeitpunkt der römischen Okkupation schwach besiedelt war und den Römern kein großer Widerstand entgegengesetzt wurde ... Die noch ansässige keltische Bevölkerung wurde sehr schnell assimiliert. Ein Überdauern keltischer Elemente lässt sich archäologisch nicht feststellen, abgesehen vom Fortleben vereinzelter keltischer Ortsbezeichnungen."
(Brigitte Haas-Gebhard, Die Baiuvaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2013, S. 54 f.)

"In Baden-Württemberg hat keine keltische Stammesgruppe - anders als im linksrheinischen Gallien - ihr Fortlebenin in einer späteren Selbstverwaltuzng gefunden. Literarische Nachrichten römischer Schriftsteller überliefern zur Zeitenwende eine weitgehende Siedlungsleere für das heutige Baden-Württemberg."
(Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005)


Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.
Die Römer haben Südwestdeutschland, Teile Raetiens und das Decumatland, über ca. 100 Jahre in 20km Sprüngen erobert und besetzt, jeweils gut gesichert mit formidablen Kastellen.
Warum dieser Aufwand? Wenn die Bevölkerung tatsächlich nur sehr gering war?
Warum sollen Bevölkerungsteile "aus allen römischen Reichsteilen" irgendwo einwandern, wo die "Eingeborenen" zuvor abgewandert sind?
Warum sollen die autochthonen abgewandert sein? Muss doch einen Grund geben! Wohin sollen die abgewandert sein?

Um 250 herum haben die Römer die Gebiete rechts des Rheins, links der Iller, nördlich des Bodensees wieder aufgegeben. Warum? Insbesondere wenn die Bevölkerung so römisch war wie Rom? Wegen der paar Alemannen? Nie und nimmer. Die Bevlkerung soll abgezogen sein??? Aber wohin denn? Bisher fand man sie nirgens. Also, was wird gewesen sein? Wie zuvor, die Oberschicht (ein paar Hansele) verschwand, wurde massakriert, was auch immer. Der Töpfer jedoch hat weiter getöpfert, der Schmied weiter geschmiedet und der Bauer weiter gebauert.

Also, mMn Forschungslücke, nix anderes
und ich will einen Besen fresen, mitsamt der daranhängenden Raumpflegerin, wenn sich da nicht die nächsten Jahre ganz anderes auftut.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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30.06.2016, 01:25
Beitrag: #70
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 17:47)Suebe schrieb:  Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.
Die Römer haben Südwestdeutschland, Teile Raetiens und das Decumatland, über ca. 100 Jahre in 20km Sprüngen erobert und besetzt, jeweils gut gesichert mit formidablen Kastellen.
Warum dieser Aufwand? Wenn die Bevölkerung tatsächlich nur sehr gering war?
Warum sollen Bevölkerungsteile "aus allen römischen Reichsteilen" irgendwo einwandern, wo die "Eingeborenen" zuvor abgewandert sind?
Warum sollen die autochthonen abgewandert sein? Muss doch einen Grund geben! Wohin sollen die abgewandert sein?

Um 250 herum haben die Römer die Gebiete rechts des Rheins, links der Iller, nördlich des Bodensees wieder aufgegeben. Warum? Insbesondere wenn die Bevölkerung so römisch war wie Rom? Wegen der paar Alemannen? Nie und nimmer. Die Bevlkerung soll abgezogen sein??? Aber wohin denn? Bisher fand man sie nirgens. Also, was wird gewesen sein? Wie zuvor, die Oberschicht (ein paar Hansele) verschwand, wurde massakriert, was auch immer. Der Töpfer jedoch hat weiter getöpfert, der Schmied weiter geschmiedet und der Bauer weiter gebauert.

Also, mMn Forschungslücke, nix anderes
und ich will einen Besen fresen, mitsamt der daranhängenden Raumpflegerin, wenn sich da nicht die nächsten Jahre ganz anderes auftut.

Eine gewisse Abwanderung von Kelten hat wohl stattgefunden. Helvetier und Bojer sind nach Süden gewandert. Andere Stämme wurden germanisiert und haben sich als Germanen auf der linken Rheinseite angesiedelt o. blieben als Germanen in ihrer Heimat.
Eine interessante Frage wäre, inwieweit auch die Helvetier schon germanisiert wurden, ehe sie sich in der Schweiz niederließen.

viele Grüße

Paul

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30.06.2016, 10:37
Beitrag: #71
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 01:25)Paul schrieb:  Eine gewisse Abwanderung von Kelten hat wohl stattgefunden. Helvetier und Bojer sind nach Süden gewandert. Andere Stämme wurden germanisiert und haben sich als Germanen auf der linken Rheinseite angesiedelt o. blieben als Germanen in ihrer Heimat.
Eine interessante Frage wäre, inwieweit auch die Helvetier schon germanisiert wurden, ehe sie sich in der Schweiz niederließen.

Die Helvetier sind mitnichten nach Süden gewandert. Daran hat sie Cäsar massiv (Schlacht von Bibracte) gehindert, so dass sie in ihre alten Siedlungsgebiete zurückkehren mussten. Überhaupt hat es dort von Kelten gewimmelt (Helvetier, Rauracher, Allobroger etc.). Die oberrheinische Tiefebene war geradezu ein keltisches Kulturzentrum (und eine der wenigen Orte, wo sich keltische Flurnamen erhalten haben, wie oben beschrieben) und entsprechend dicht besiedelt. Diese Region hat sich nicht entvölkert, als sich dort Römer niederliessen, sondern die Einwohner haben sich entsprechend vermischt. Bei der Einwanderung der Alemannen assimilierte sich die romanisierte, ursrünglich keltische Bevölkerung mit den Einwanderer und nahm deren Sprache an. Die Assimilierung geschah offenbar zwangslos. Die heutige Sprachgrenze in der Schweiz markiert die Grenze zwischen den Siedlungsräumen der Alemannen und der Burgunder (welche als germanischer Stamm kurz vor der Einwanderung der Alemannen durch die Römer dort angesiedelt wurden).

Sogar im abgelegenen Wallis haben keltische Kleinstämme gelebt, bevor die Alemannen im Oberwallis einwanderten.

Die Helvetier wurden nie germanisiert (das war eine völkische Wunschvorstellung) sondern höchstens romanisiert.

Was die Räter betrifft so gehen die neueren Forschungsergebnisse davon aus, dass am Bodensee und auch im grössten Teil des heutigen Graubündens ebenfalls Kelten und nicht Räter gesiedelt haben. Der rätische Siedlungsraum resp. Kernraum erstreckte sich nach neueren Erkenntnissen (archäologisch und Sprachanalysen) über das Südtirol, Trentino, Nordtirol, Unterengadin, Friaul und West-Venetien.
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30.06.2016, 13:23
Beitrag: #72
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 10:37)Aguyar schrieb:  
(30.06.2016 01:25)Paul schrieb:  Eine gewisse Abwanderung von Kelten hat wohl stattgefunden. Helvetier und Bojer sind nach Süden gewandert. Andere Stämme wurden germanisiert und haben sich als Germanen auf der linken Rheinseite angesiedelt o. blieben als Germanen in ihrer Heimat.
Eine interessante Frage wäre, inwieweit auch die Helvetier schon germanisiert wurden, ehe sie sich in der Schweiz niederließen.

Die Helvetier sind mitnichten nach Süden gewandert. Daran hat sie Cäsar massiv (Schlacht von Bibracte) gehindert, so dass sie in ihre alten Siedlungsgebiete zurückkehren mussten. Überhaupt hat es dort von Kelten gewimmelt (Helvetier, Rauracher, Allobroger etc.). Die oberrheinische Tiefebene war geradezu ein keltisches Kulturzentrum (und eine der wenigen Orte, wo sich keltische Flurnamen erhalten haben, wie oben beschrieben) und entsprechend dicht besiedelt. Diese Region hat sich nicht entvölkert, als sich dort Römer niederliessen, sondern die Einwohner haben sich entsprechend vermischt. Bei der Einwanderung der Alemannen assimilierte sich die romanisierte, ursrünglich keltische Bevölkerung mit den Einwanderer und nahm deren Sprache an. Die Assimilierung geschah offenbar zwangslos. Die heutige Sprachgrenze in der Schweiz markiert die Grenze zwischen den Siedlungsräumen der Alemannen und der Burgunder (welche als germanischer Stamm kurz vor der Einwanderung der Alemannen durch die Römer dort angesiedelt wurden).

Sogar im abgelegenen Wallis haben keltische Kleinstämme gelebt, bevor die Alemannen im Oberwallis einwanderten.

Die Helvetier wurden nie germanisiert (das war eine völkische Wunschvorstellung) sondern höchstens romanisiert.

Was die Räter betrifft so gehen die neueren Forschungsergebnisse davon aus, dass am Bodensee und auch im grössten Teil des heutigen Graubündens ebenfalls Kelten und nicht Räter gesiedelt haben. Der rätische Siedlungsraum resp. Kernraum erstreckte sich nach neueren Erkenntnissen (archäologisch und Sprachanalysen) über das Südtirol, Trentino, Nordtirol, Unterengadin, Friaul und West-Venetien.

Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Helvetier lag im heutigen Bayern und Hessen südlich des Mainz. Die Helvetier sind also nach Süden gewandert, vor allem in die heutige Schweiz. Wenn die Hekvetier nicht germanisiert wurden, gehst du davon aus, das sie sich nur in der heute französisch sprechenden Westschweiz angesiedelt haben? Die Kelten in der heutigen Deutschschweiz wurden ja offensichtlich germanisiert.

Lt. Wikipedia sind die Helvetier ins schweizerische Mittelland, in der heutigen Deutschschweiz eingewandert und wurden spätestens von den Allemannen germanisch assimiliert.

https://de.wikipedia.org/wiki/Helvetier

Beim Siedlungsgebiet der Räter hängt es vom Zeitraum ab, denn die Kelten haben die Räter immer mehr zurückgedrängt und assimiliert, aber wer kann dies für den Zeitraum der Einwanderung der Allemannen genau feststellen?

viele Grüße

Paul

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30.06.2016, 13:53
Beitrag: #73
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 17:47)Suebe schrieb:  Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.

Die Forschung ist da anscheinend anderer Meinung, wie du den oben und hier angeführten Zitaten entnehmen kannst:

"Große Teile der keltischen Vorbevölkerung - die Helveter - hatten das Land bereits vor dem römischen Einmarsch verlassen, sodass die Felder bereits verwildert waren. In den Pollendiagrammen findet man für diesen Zeitabschnitt oft überdurchschnittlich viel Blütenstaub von ausdauernden Unkräutern, und immer wieder eine starke Zunahme von Pioniergehölzern wie Hasel und Birke. In den Auen waren dagegen Erlen und Weidengebüsche wieder aufgekommen."
(Hans Smettan, Südwestdeutschland in der Antike. Die Rekonstruktion der Umwelt, in: Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005, S. 39)

"Die stark geschrumpfte Bevölkerungszahl und die fehlende überregionale Organisation waren dann der Grund, dass die keltische Restbevölkerung politisch keie Rolle bei der römischen Okkupation gespielt hat ... Das Zusammenwirken äußerer Einflüsse, wie z.B. Caesars Feldzüge oder das Vordringen germanischer Bevölkerungsgruppen, dürfte in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass die spätkeltische Oppidakultur zugrunde ging und die Bevölkerung zerstreut wurde ... Dass die Bevölkerungsreste im Zuge der römischen Okkupation schnell akkulturiert wurden, kann man vermuten."
(Günther Wieland, Die späten Kelten, in: Imperium Romanum a.a.O, S. 68, 70)

"In Baden-Württemberg hat keine keltische Stammesgruppe - anders als im linksrheinischen Gallien - ihr Fortlebenin in einer späteren Selbstverwaltuzng gefunden. Literarische Nachrichten römischer Schriftsteller überliefern zur Zeitenwende eine weitgehende Siedlungsleere für das heutige Baden-Württemberg."
(Hans Ulrich Nuber, Kelten im römischen Baden-Württemberg, in: Imperium Romanum. a.a.O., S. 75)

"Der Begriff Helvetier-Einöde (auch Helvetiereinöde) ist ein Erklärungsansatz für das weitgehende Fehlen von Funden der Spätlatènezeit im rechtsrheinischen Südwestdeutschland bei der Ankunft der Römer um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Grundlage ist neben einer allgemeinen Fundleere die Erwähnung von Gebieten, die von Helvetiern verlassen wurden, durch den antiken Geographen Claudius Ptolemäus." https://de.wikipedia.org/wiki/Helvetier-Ein%C3%B6de

Nach Ansicht dieser Archäologen und Historiker scheint der Raum des heutigen Baden-Württember bei Ankunft der Römer siedlungsleer bis siedlungsarm gewesen zu sein. Selbst römische Schriftsteller haben das überliefert. Als Gründe werden genannt der Abzug der Helveter, germanische Einfälle und Feldzüge Caesars.
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30.06.2016, 14:50
Beitrag: #74
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 13:53)Dietrich schrieb:  "...Das Zusammenwirken äußerer Einflüsse, wie z.B. Caesars Feldzüge oder das Vordringen germanischer Bevölkerungsgruppen, dürfte in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass die spätkeltische Oppidakultur zugrunde ging und die Bevölkerung zerstreut wurde ...

Das hier vor den Toren liegende Heidetränkoppidum, das wahrscheinlich mit dem keltischen "Artaunon" identisch ist, wurde jedenfalls um Christi Geburt aufgegeben. Als Grund hierfür wird vermutet, dass es Bestandteil des keltischen Oppida- Handelsnetz war, das durch Caesars Eroberung Galliens zusammenbrach. Ohne dieses Handelsnetz ließ sich das Oppidum nicht mehr halten.
Wohin die Kelten gingen, ist umstritten. Ein Teil von ihnen, zumindest die einfache Bevölkerung, vermischte sich vermutlich mit germanischen Stämmen.
Ein anderer Teil ist vermutlich ausgewandert, wohin ist ungeklärt.

(In diesem Zusammenhang bin ich vor einigen Jahren auf eine interessante Aussage im Groam House Museum von Rosemarkie gestoßen. Dort heißt es, dass größere Bevölkerungsgruppen teils keltischer Herkunft um das Jahr 0 herum über Norddeutschland nach Britannien kamen und einen Teil der späteren piktischen Bevölkerung bildeten.
Ich habe allerdings nie so genau herausgefunden, worauf sich diese Annahme stützt. ich habe zwar etliche Bücher dort gekauft, bin aber nie weit gekommen... vielleicht irgendwann mal...)

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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30.06.2016, 20:31
Beitrag: #75
RE: Der Untergang von Sprachen
Ein paar aufstrebende Orte kennen wir, in die Bewohner des Heidetränkeopidiums(Artaunon?) gegangen sein können z.B. Wiesbaden, Nida, Trier, Bonn, Köln, Dünsberg.

viele Grüße

Paul

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01.07.2016, 10:04
Beitrag: #76
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 13:23)Paul schrieb:  Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Helvetier lag im heutigen Bayern und Hessen südlich des Mainz.

Ich kenne diese These - und sie ist tatsächlich nur eine These, die nicht einmal durch existierende Indizien gestützt wird. Historisch gesichert ist das mitnichten.

(30.06.2016 13:23)Paul schrieb:  Die Helvetier sind also nach Süden gewandert, vor allem in die heutige Schweiz. Wenn die Hekvetier nicht germanisiert wurden, gehst du davon aus, das sie sich nur in der heute französisch sprechenden Westschweiz angesiedelt haben? Die Kelten in der heutigen Deutschschweiz wurden ja offensichtlich germanisiert.

Die Helvetier siedelten im gesamten Mittelland - und zwar im deutsch- und französischsprachigen Teil. Und das gesamte Gebiet war Teil des Römischen Imperiums und die Vermischung der Helevetier mit Römern fand im gesamten Gebiet statt.
Die Sprachgrenze ist, wie ich bereits geschrieben habe, nicht keltischen sondern germanischen Ursprungs ! Zur Völkerwanderungszeit hatten die Römer die germanischen Burgunder in der Westschweiz und den angrenzenden Gebieten angesiedelt. Die Burgunder behielten ihre germanische Sprache nicht sondern assimilierten sich sprachlich mit der kelto-römischen Bevölkerung (französisch). Etwas später wanderten die Alemannen ein, besiedelten aber nur jenen Teil des Mittellandes, welcher nicht bereits von den Burgundern besetzt war. In dem alemannisch besiedelten Teil assimilierte sich die kelto-römische Bevölkerung sprachlich und übernahmen das alemannische Idiom (deutsch).

(30.06.2016 13:23)Paul schrieb:  Beim Siedlungsgebiet der Räter hängt es vom Zeitraum ab, denn die Kelten haben die Räter immer mehr zurückgedrängt und assimiliert, aber wer kann dies für den Zeitraum der Einwanderung der Allemannen genau feststellen?

Dass die Kelten die Räter zurückgedrängt haben ist fraglich. Aufgrund der archologischen Befunde geht man heute davon aus, dass die Räter tatsächlich auch ursprünglich lediglich im Unterengadin, Tirol, Trentino und im westlichen Venetien verbreitet waren.

Im Übrigen: Wieso geht man eigentlich, wenn man über die keltische Besiedlung Baden-Württembergs debattiert, davon aus, dass dies Helvetier gewesen sein müssen ? Die Helvetier besiedelten das heutige schweiz. Mitteland. In dem von mir erwähnten keltischen "Dreieckland", in der oberrheinischen Tiefebene (inkl. Baden - nicht Württemberg) siedelten jedenfalls die keltischen Rauracher und nicht die Helvetier.
Es mag ja sein, dass Württemberg bei der alemannischen Landnahme nur noch eine geringe keltische oder kelto-römische Bevölkerung aufwies, für Baden und die Schweiz gilt das aber bestimmt nicht.
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01.07.2016, 12:08
Beitrag: #77
RE: Der Untergang von Sprachen
Vergesst mir die Vindeliker nicht! Wink
Die siedelten zumindest zur Zeit der römishcen Okkupation des Voralpenlandes zwischen Donau und Alpen. Vermutlich waren sie auch diejenigen, die z.B. Manching bauten und unterhielten, das im übrigen auch in vorrömischer Zeit und vemrutlich auch im zusammenhang mit Caesars "Kahlschlag" in Gallien aufgegeben wurde. die Bevölkerung war jedoch noch da, nur eben nicht mehr in Oppida siedelnd, sondern in Dörfern. Indiz ist die Tatsache, dass sich der Vindeliker-Name noch lange gehalten hat (nicht nur im römischen Namen Augsburgs, sondern tatsächlich auch als "Ersatzname" für Raetien), nachdem schon die Provinz Raetien errichtet worden war, die ja auch den vindelizischen Siedlungsraum beinhaltete...Wink
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01.07.2016, 12:17
Beitrag: #78
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 10:04)Aguyar schrieb:  Die Helvetier siedelten im gesamten Mittelland - und zwar im deutsch- und französischsprachigen Teil. ... Im Übrigen: Wieso geht man eigentlich, wenn man über die keltische Besiedlung Baden-Württembergs debattiert, davon aus, dass dies Helvetier gewesen sein müssen ?

Allerdings lese ich dazu bei der alten Tante Wiki:

"Dem griechischen Geographen Ptolemäus und dem römischen Historiker Tacitus zufolge lebten die Helvetier um 100 v. Chr. noch im Gebiet zwischen Donau, Rhein und Main. Aus diesem Gebiet seien sie aufgrund des Vordringens germanischer Stämme langsam in die Nordwestschweiz ausgewichen."

Danach scheint es, als hätten die keltischen Helvetier ursprünglich weiter zum Main hin gesessen, ihre Sitze aber aufgrund des germanischen Vordringens nach Süden verlagert.

Obwohl sich handfeste archäologische Beweise dafür nicht beibringen lassen, scheint mir ein solches Szenario, wie es auch Tacitus und Ptolemäus schildern, nicht ganz von der Hand zu weisen sein. Dass germanische und keltische Stämme ihre Sitze häufig und weiträumig verlagerten, dafür gibt es vielfache Beispiele.
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01.07.2016, 13:08
Beitrag: #79
RE: Der Untergang von Sprachen
Es war mir schon bekannt, dass die These der Herkunft der Helvetier auf Ptolemäus und Tacitus beruht. Beide lebten allerdings rund 150 bis 200 Jahre nach der Konfrontation zwischen Helvetiern und Cäsar.

Erstmals erwähnt werden die Helvetier bei Poseidonios (130 - 50 v. Chr.), welcher leider verschweigt, wo sie herkamen. Die Mehrheit der Schweizer-Forschung geht dabei allerdings davon aus, dass die Helvetier bereits damals im Schweizer Mittelland gesiedelt haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Teilstamm der Tiguriner im fraglichen Zetiraum möglicherweise auch in Tirol auftaucht (Noricum).

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8017.php

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8024.php

Was im Wikipedia-Eintrag störend ist, ist der Satz "Nach dem Abzug der Römer im 5. Jahrhundert wurden die Helvetier ein wichtiger Bestandteil der Alemannen und nahmen deren Dialekte an". Das ist zwar richtig, aber nur ein Teil der Wahrheit. Die alemannische Landnahme (so um 460 - 470) beschränkte sich auf den östlichen Teil des ehem. helvetischen Siedlungsgebietes. Im westlichen Teil des Gebietes hatte Aetius um 443 die Burgunder angesiedelt, welche sich sprachlich der ansässigen helvetischen Bevölkerung anpassten. Die romanisierte helvetische Bevölkerung "verschmolz" eben nicht nur mit den Alemannen sondern auch mit den Burgundern. Interessant ist, dass die damalige Grenze zwischen alemannischem und burgundischem Siedlungsraum nahezu der heutigen Sprachgrenze zwischen deutsch und französisch in der Schweiz entspricht.
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01.07.2016, 13:26
Beitrag: #80
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 13:08)Aguyar schrieb:  Die Mehrheit der Schweizer-Forschung geht dabei davon aus, dass die Helvetier bereits damals im Schweizer Mittelland gesiedelt haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Teilstamm der Tiguriner im fraglichen Zetiraum möglicherweise auch Tirol auftaucht (Noricum).

In deinem ersten Link findet sich allerdings diese Passage:

Unterschiedlich beurteilt wird auch die Frage, ab wann sich die H. im schweiz. Mittelland ansiedelten. Folgt man dem röm. Historiker Tacitus ("Germania" 28, 2), der seine Werke Ende des 1. Jh. n.Chr. verfasste, so bewohnten die H. im 2. Jh. v.Chr. das heute süddt. Gebiet zwischen Rhein, Main und wahrscheinlich dem Schwarzwald. Nach Ansicht der meisten Forscher war es der Kimbern- und Teutonenzug (113-101 v.Chr.), der die H. zur Auswanderung aus Süddeutschland bewog. So weiss man, dass die Tiguriner den Germanen folgten, und der Geograf Ptolemäus erwähnt im 2. Jh. n.Chr. ein von den H.n "verlassenes" Gebiet in Süddeutschland."

Danach siedelten die Helvetier in Süddeutschland und verlegten ihre Sitze aufgrund des Kimbern- und Teutonenzuges etwa um 100 v. Chr. Richtung Süden ins Schweizer Mittelland.

Ich halte das für ein wahrscheinliches Szenario, denn das Schweizer Mittelland ist sicher ein Rückzigsgebiet gewesen.
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01.07.2016, 14:56
Beitrag: #81
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 13:26)Dietrich schrieb:  
(01.07.2016 13:08)Aguyar schrieb:  Die Mehrheit der Schweizer-Forschung geht dabei davon aus, dass die Helvetier bereits damals im Schweizer Mittelland gesiedelt haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Teilstamm der Tiguriner im fraglichen Zetiraum möglicherweise auch Tirol auftaucht (Noricum).

In deinem ersten Link findet sich allerdings diese Passage:

Unterschiedlich beurteilt wird auch die Frage, ab wann sich die H. im schweiz. Mittelland ansiedelten. Folgt man dem röm. Historiker Tacitus ("Germania" 28, 2), der seine Werke Ende des 1. Jh. n.Chr. verfasste, so bewohnten die H. im 2. Jh. v.Chr. das heute süddt. Gebiet zwischen Rhein, Main und wahrscheinlich dem Schwarzwald. Nach Ansicht der meisten Forscher war es der Kimbern- und Teutonenzug (113-101 v.Chr.), der die H. zur Auswanderung aus Süddeutschland bewog. So weiss man, dass die Tiguriner den Germanen folgten, und der Geograf Ptolemäus erwähnt im 2. Jh. n.Chr. ein von den H.n "verlassenes" Gebiet in Süddeutschland."

Danach siedelten die Helvetier in Süddeutschland und verlegten ihre Sitze aufgrund des Kimbern- und Teutonenzuges etwa um 100 v. Chr. Richtung Süden ins Schweizer Mittelland.

Ich halte das für ein wahrscheinliches Szenario, denn das Schweizer Mittelland ist sicher ein Rückzigsgebiet gewesen.

Dass die Tiguriner sich dem Zug der Kimbern und Teutonen angeschlossen haben, halte ich - bei aller Propaganda Cäsars - tatsächlich für gesichert und auch das sie als Teilstamm der Helvetier anzusehen sind. Natürlich geht mein angegebener Link (es ist ein offizielles Geschichtslexikon des Bundes) auf jede ernstzunehmende These ein.
Ich gehe - und mit mir zahlreiche Forscher hier in der CH - aber davon aus, dass sich die Tiguriner (110 v. Chr.) erst in "Helvetien" (Süddeutschland mit Baden gehört dazu) dem Zug anschlossen und nicht in dem vermuteten und nicht nur von mir angezweifelten Stammgebiet zwischen Rhein und Main. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Kimbern und Teutonen dort gar nicht vorbeigekommen sind. Sie zogen (so wenigstens die vorherrschende Meinung - auch in Wikipedia Big Grin) von Jütland nach Schlesien, Böhmen und Mähren, von dort in die Donauregion und von da in die Steiermark, von dort schliesslich (endlich) nach "Helvetien" und von dort nach Gallien.

Sollte aber die These, dass die Tiguriner (Helvetier) "zwischen Rhein und Main" gesiedelt haben, den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, stellt sich die Frage, ob es bei den germanischen "Teutonen" tatsächlich um solche gehandelt hat, oder nicht doch eher um die keltischen "Toutones", welche als Nachbarn der angeblich im Rhein/Main sidelnden Tiguriner ebenfalls von den aus Jütland stammenden germanischen Kimbern bedroht worden wären und sich diesen angeschlossen hätten. Ein solches Szenario - Tiguriner und Toutones (anstatt der Teutonen) geben den Druck der Kimbern nach und vereinigen sich mit ihnen und kommen erst auf diese Weise nach "Helvetien" - halte ich denn doch für unwahrscheinlicher und für etwas sehr konstruiert.

Die folgende Karte geht allerdings von solchem Szenario aus. Die Tiguriner siedeln im Rhein/Main, ihnen benachbart sind die Toutones, welcher allerdings auch in Friesland vorkommen (die "echten", germanischen Teutonen ?) und die in Jütland siedelnden Kimbern. Bemerkenswert ist, dass auch auf dieser Karte die in Südbaden resp. im "keltischen Dreickeland" siedelnden keltischen Rauracher ebenfalls eingezeichnet sind.

http://interfaze.ch/Kelten.html
http://interfaze.ch/europakeltisch-gross.jpg
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01.07.2016, 18:45
Beitrag: #82
RE: Der Untergang von Sprachen
Toutounes und Volkae sind auf der Karte zu weit nördlich eingezeichnet. Da lebten z.B. 100 vor Chr. von Westen nach Osten Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren. Die Ubier lebten zwischen Rhein im Westen und der Wetterau im Osten, der Sieg und Adrana im Norden und den Main im Süden. Die Usipeter lebten in Ostmittelhessen/Wetterau und die Tenkterer in Osthessen, die Hermunduren von Sachsen Anhalt bis Thüringen.
Die Frage ist doch auch, ob z.B. die südlichen Toutounes Germanen waren, so das es sich bei den Helvetiern schon früh um einen keltisch-germanischen Stamm gehandelt hätte.

viele Grüße

Paul

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01.07.2016, 20:26
Beitrag: #83
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 13:53)Dietrich schrieb:  
(29.06.2016 17:47)Suebe schrieb:  Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.

Die Forschung ist da anscheinend anderer Meinung, wie du den oben und hier angeführten Zitaten entnehmen kannst:

"Große Teile der keltischen Vorbevölkerung - die Helveter - hatten das Land bereits vor dem römischen Einmarsch verlassen, sodass die Felder bereits verwildert waren. In den Pollendiagrammen findet man für diesen Zeitabschnitt oft überdurchschnittlich viel Blütenstaub von ausdauernden Unkräutern, und immer wieder eine starke Zunahme von Pioniergehölzern wie Hasel und Birke. In den Auen waren dagegen Erlen und Weidengebüsche wieder aufgekommen."
(Hans Smettan, Südwestdeutschland in der Antike. Die Rekonstruktion der Umwelt, in: Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005, S. 39)

"Die stark geschrumpfte Bevölkerungszahl und die fehlende überregionale Organisation waren dann der Grund, dass die keltische Restbevölkerung politisch keie Rolle bei der römischen Okkupation gespielt hat ... Das Zusammenwirken äußerer Einflüsse, wie z.B. Caesars Feldzüge oder das Vordringen germanischer Bevölkerungsgruppen, dürfte in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass die spätkeltische Oppidakultur zugrunde ging und die Bevölkerung zerstreut wurde ... Dass die Bevölkerungsreste im Zuge der römischen Okkupation schnell akkulturiert wurden, kann man vermuten."
(Günther Wieland, Die späten Kelten, in: Imperium Romanum a.a.O, S. 68, 70)


"Der Begriff Helvetier-Einöde (auch Helvetiereinöde) ist ein Erklärungsansatz für das weitgehende Fehlen von Funden der Spätlatènezeit im rechtsrheinischen Südwestdeutschland bei der Ankunft der Römer um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Grundlage ist neben einer allgemeinen Fundleere die Erwähnung von Gebieten, die von Helvetiern verlassen wurden, durch den antiken Geographen Claudius Ptolemäus." https://de.wikipedia.org/wiki/Helvetier-Ein%C3%B6de

Nach Ansicht dieser Archäologen und Historiker scheint der Raum des heutigen Baden-Württember bei Ankunft der Römer siedlungsleer bis siedlungsarm gewesen zu sein. Selbst römische Schriftsteller haben das überliefert. Als Gründe werden genannt der Abzug der Helveter, germanische Einfälle und Feldzüge Caesars.


Dietrich,
das ist mir doch alles bekannt.
Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein "verschwinden" der Keltischen Oberschicht, der Kulturträger handelt. Wie dies mehrfach bei den Kelten passiert ist. Die Zeitspanne bis zur Einrichtung der Römerherrschaft nicht zur Herausbildung einer neuen Kulturträgerschicht ausgereicht hat.
Ob die jetzt die Oberschicht massakriert haben (gut möglich) oder "lediglich" verjagt ist eine ganz andere Frage.
Aber die im Südwesten (angeblich) fehlenden Kelten sind jedenfalls in der erforderlichen Zahl nirgens anders aufgetreten, sowenig wie die 170 Jahre später "abziehenden" Römer.

Wenn irgendwo jamand abzieht, kommt er woanders an. Aber wo?????
Eine doch berechtigte Frage.

Mich erinnert das ganze an Illig und die fehlenden Jahrhunderte. Der hat doch darauf abgehoben, dass keinerlei Funde aus den bewussten Jahrhunderten da wären. Was aber lediglich am Christentum und den dann fehlenden Grabbeigaben lag.
Reine Forschungslücken, die 20-30 Forschungs-Jahre später längst geschlossen sind.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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01.07.2016, 21:00
Beitrag: #84
RE: Der Untergang von Sprachen
Die Siedlingsgebiete der Helvetier südlich des Mains verwilderten nicht. Ein Teil der Helvetier blieb. Es wanderten verschiedene Germanen ein. Ein großer Teil gehörte weiter zur Latene Kultur. Neben Nachfahren der Helvetier werden das z.B. Hermunduren gewesen sein. Andere Latenegermanen, wie Ubier und Tenkterer sind möglich. Neben den Latenegermanen wanderten auch nördlichere Elbgermanen wie Semnonen ein. Südlich des Mains wurden sie als Markomannen bezeichnet. Die Elbgermanen, die das Land der Tenkterer einnahmen wurden Quaden genannt. Diese verschiedenen Elbgermanen ließen sich auch in Böhmen und Mähren nieder.

Mit Ariovist kamen viele germanische Siedler über den Rhein, um sich z.B. im Elsaß anzusiedeln. Wo waren denn die Kimbern, Teutonen und Ambronen geblieben? Es wird doch angenommen, das sich die Überlebenden überwiegend im heutigen Baden-Würtemberg ansiedelten o. mit den Helvetiern in die Schweiz gingen, also frühe Allemannen. Früher keltische Stämme waren zur Zeit des Ariovist schon Germanen.

viele Grüße

Paul

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02.07.2016, 12:13
Beitrag: #85
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Dietrich,
das ist mir doch alles bekannt.
Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein "verschwinden" der Keltischen Oberschicht, der Kulturträger handelt.

Wie stellst du dir das vor? Dass die Kelten ihre Oberschicht umbrachten? Das halte ich für eine zienlich absurde Vorstellung.

Fakt ist doch, dass BW zur Zeitenwende nahezu fundleer war. Also hat es keine Bevölkerung in nennenswertem Umfang mehr gegeben. Selbst wenn wir annehmen, dass nur die keltische Oberschicht verschwunden war, ist die übrige Bevölkerung nicht nackt herumgelaufen, hat aus der Hand gegessen, keine Häuser gebaut und ihre Toten unbestattet liegen lassen. Ergo musss auch eine Bevölkerung ohne Oberschicht massenhaft Keramik, Geräte, Kleidung und Haus- und Begräbnisreste hinterlassen haben. Wenn all das nicht zu finden ist, muss man von einem siedlungsleeren oder zumindest siedlungsarmen Gebiet ausgehen.

(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Wenn irgendwo jamand abzieht, kommt er woanders an. Aber wo?????
Eine doch berechtigte Frage.

Die Abwanderung der Bevölkerung hat sich über ein Jahrhundert hingezogen. Nach der weiter oben angeführten Aussage antiker Schriftsteller saßen die Helvetier in SW-Deutschland und haben sich aufgrund der Kimbern- und Teutonenzüge sowie der Feldzüge Caesars ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Andere Gruppen sind vielleicht ins benachbarte Gallien abgezogen oder haben sich in alle Winde zersreut. Das wird man heute nicht mehr exakt belegen können.

Sicher aber ist: Fundleere heißt wenig Menschen.
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02.07.2016, 14:33
Beitrag: #86
RE: Der Untergang von Sprachen
Frau Heun hat über die Ausgrabungen in der Region Offenbach geschrieben. Sie stellt auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten durch die Ablösung der Helvetier durch Germanen dar, nördliche Elbgermanen und Latenegermanen.
Die Ausgrabungen werden dadurch erschwert, das die alten Siedlungsplätze meist weiterhin besiedelt sind.

http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2004/0519/

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02.07.2016, 15:51
Beitrag: #87
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 21:00)Paul schrieb:  Neben den Latenegermanen wanderten auch nördlichere Elbgermanen wie Semnonen ein.

Die La Tené-Kultur ist eine keltische Kultur, sogenannt nach den Funden von La Tené am Neuenburgersee.
Was sind Latenegermanen ?
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02.07.2016, 16:03
Beitrag: #88
RE: Der Untergang von Sprachen
(02.07.2016 12:13)Dietrich schrieb:  
(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Dietrich,
das ist mir doch alles bekannt.
Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein "verschwinden" der Keltischen Oberschicht, der Kulturträger handelt.

Wie stellst du dir das vor? Dass die Kelten ihre Oberschicht umbrachten? Das halte ich für eine zienlich absurde Vorstellung.

Fakt ist doch, dass BW zur Zeitenwende nahezu fundleer war. Also hat es keine Bevölkerung in nennenswertem Umfang mehr gegeben. Selbst wenn wir annehmen, dass nur die keltische Oberschicht verschwunden war, ist die übrige Bevölkerung nicht nackt herumgelaufen, hat aus der Hand gegessen, keine Häuser gebaut und ihre Toten unbestattet liegen lassen. Ergo musss auch eine Bevölkerung ohne Oberschicht massenhaft Keramik, Geräte, Kleidung und Haus- und Begräbnisreste hinterlassen haben. Wenn all das nicht zu finden ist, muss man von einem siedlungsleeren oder zumindest siedlungsarmen Gebiet ausgehen.

(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Wenn irgendwo jamand abzieht, kommt er woanders an. Aber wo?????
Eine doch berechtigte Frage.

Die Abwanderung der Bevölkerung hat sich über ein Jahrhundert hingezogen. Nach der weiter oben angeführten Aussage antiker Schriftsteller saßen die Helvetier in SW-Deutschland und haben sich aufgrund der Kimbern- und Teutonenzüge sowie der Feldzüge Caesars ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Andere Gruppen sind vielleicht ins benachbarte Gallien abgezogen oder haben sich in alle Winde zersreut. Das wird man heute nicht mehr exakt belegen können.

Sicher aber ist: Fundleere heißt wenig Menschen.


Dietrich, was hat man bisher von den Kelten gefunden?
Ein paar Herrscher-Grabhügel.
Basta. Aus, Schluss Fertig.
Denn, Feuerbestattungen sind nach 2 Jahrtausenden "eigentlich" nicht mehr nachzuweisen.

Man hat, sehr vereinzelt, Siedlungsreste gefunden, deren Datierung häufig sehr umstritten ist.
Seit vielleicht zehn Jahren spricht man die "keltischen Viereckschanzen" als umfriedete Bauernhöfe an, zuvor "Kultanlagen", "Militärische Anlagen" (insbesondere Paret) usw. usf.
Ich könnte Dir, morgen nachmittag, zwischen Mittagessen und Kaffee, roundabout 20 Anlagen zeigen, die ich für "keltisch" halte, die aber von der Forschung als Bronzezeitlich bis 10. Jahrhundert angesprochen werden.
Alles aber ohne dass bis heute ein Berufener an einer der Stellen Spaten oder Pinsel angesetzt hätte.
Ich lebe aber auf keiner Insel und behaupte mal, dass es an anderen Orten auch nicht anders ist.

Also, kommste, machen wir eine Geländebegehung.
Sag halt bei Zeiten Bescheid, damit meine frühere Verlobte einen Teller mehr deckt.


Ach so, sorry, um was es mir ging.
Man kann, wenn vielleicht ein Promill eines Promilles der "verdächtigen" Orte oberflächlich untersucht sind mMn nicht von "Fundleere" sprechen.

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02.07.2016, 16:12
Beitrag: #89
RE: Der Untergang von Sprachen
Was Paul ansprach, ist natürlich ebenso wichtig.
Wenn der Ort einer vermuteten Keltensiedlung heute bewohnt, bebaut ist, hat sich dies doch.

Beispiel:
Allem nach hat der Keltenfürst von Hochdorf doch auf dem Asperg residiert. Müsste man dort doch endlich mal ein großes Archäologisches Meeting veranstalten. Wichtigste Funde wären sicher.
Pfeifendeckel. Knast

[Bild: 180px-HochdorfAusblick.jpg]

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02.07.2016, 21:00
Beitrag: #90
RE: Der Untergang von Sprachen
(02.07.2016 12:13)Dietrich schrieb:  Die Abwanderung der Bevölkerung hat sich über ein Jahrhundert hingezogen. Nach der weiter oben angeführten Aussage antiker Schriftsteller saßen die Helvetier in SW-Deutschland und haben sich aufgrund der Kimbern- und Teutonenzüge sowie der Feldzüge Caesars ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Andere Gruppen sind vielleicht ins benachbarte Gallien abgezogen oder haben sich in alle Winde zersreut. Das wird man heute nicht mehr exakt belegen können.

Sicher aber ist: Fundleere heißt wenig Menschen.

Das Problem dabei ist, dass das Schweizer Mittelland um 100 v. Chr. kein menschenleeres Gebiet war, welches die Helvetier aufgrund dieser Tatsache als Rückzugsort hätten gebrauchen können. Das Mittelland war damals und auch schon früher ein dicht besiedeltes keltisches Siedlungsland, jedenfalls lässt die Funddichte darauf schliessen. Nicht von ungefähr stammt der Begriff der "Latène-Kultur" von einer Fundstelle am Neuenburger-See.

Wenn jetzt die Helvetier erst im Zusammenhang mit dem Zug der Kimbern und Teutonen im Mittelland ansässig geworden sein sollen, käme man zum Mindesten in die Verlegenheit, die hier bereits wohnhaften Kelten nicht mit einem Stammesnamen oder einer Ethniebezeichnung ansprechen zu können. Gut, das wäre jetzt nicht so schlimm. Offen bleibt hingegen die Frage, wieso sie sich hier hätten zurückziehen müssen - in ein bereits keltisch besetztes Siedlungsgebiet wohlverstanden ! Schliesslich haben sie - jedenfalls der Teilstamm der Tiguriner - die Kimbern und Teutonen begleitet und mit ihnen bei Agen 107 die Römer besiegt. Sie hatten die Kimbern und Teutonen begleitet, waren also nicht vor ihnen geflohen. Und auch vor den Römern hätten sie sich nicht in neues Land zurückzuziehen brauchen, sie gehörten ja zu den Siegern.

Die aus der hist. Überlieferung der römischen Geschichtsschreibung (nam. Tacitus) entnommenen Lehrmeinung, die Helvetier hätten sich im 2. Jahrhundert aus dem Mittelrheingebiet kommend, im Mittelland niedergelsassen, lässt sich auch im ärchalogischen Befund nicht nachvollziehen. Das muss zugegenbermassen nichts heissen und könnte auch lediglich darauf hinweisen, dass die helvetischen Einwanderer der im Mittelland ansässigen Keltenstämme ohnehin kulturell nahe verwandt gewesen seien.

Was sich mit Sicherheit widerlegen lässt, ist aber die These, die Helvetier hätten sich aufgrund der Feldzüge von Cäsar ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Denn von dort waren sie aufgebrochen, als sie 58 bei Bibracte von Cäsar geschlagen worden. Nach der Niederlage "zogen sie sich nicht dorthin zurück", sondern wurden von Cäsar "zurückgeschickt", der kurz darauf Helvetien dem Imperium einverleibte. Das kann beim ihm selbst nachgelesen werden.

Überhaupt weiss man von den Helvetieren und ihren Protagonisten hautpsächlich aus Cäsars "Gallischem Krieg" selbst. Gemäss ihm hatte der helvetische Teilstamm der Tiguriner die Kimbern und Teutonen auf ihrem Zug begleitet. 107 schlugen die Kimbern, Teutonen, Tougener und Tiguriner die Armee von Cassius bei Agen. Der Anführer des gemischten keltisch-germanischen Heeres war der Tiguriner Divico.

Um 61 v. Chr. - so im "bello Gallico" - schwang sich der Helvetier Orgetorix zu einem Anführer der helvetischen Stämme und überredete diese, nach Galllien (und zwar von Helvetien und nicht vom Rhein/Main Gebiet aus !) auszuwandern. Dazu nahm er Kontakt zu den Eliten der Nachbarvölkern, den Sequanern und Haedurer, entsprechende Kontakte auf. In der Folge kam es jedoch zu Machtkämpfen - auf die ich jetzt nicht im Detail eingehe - und Orgetorix verlor aus nicht ganz geklärten Umständen sein Leben (Mord, Selbstmord ?). Am "Auszug nach Gallien" wurde jedoch festgehalten, und als Anführer wählte man den alten Tiguriner Divico (!), der mit den Helvetiern auch promt auszog und 58 bei Bibracte von Cäsar gestoppt und geschlagen wurde.

Cäsar beschreibt die Tiguriner als einen von vier Stämme der Helvetier, welche nach Gallien aufgebrochen seien. Er erwähnt auch die Episode, wonach der mit ihm verhandelnde Divico für sich in Anspruch nahm, die Römer bereits einmal geschlagen zu haben (107 bei Agen). Er erwähnt aber nichts davon, dass die Helvetier oder die Tiguriner erst im Zusammenhang mit dem Zug der Kimbern/Teutonen in Helvetien eingewandert seien.
Allerdings erscheint es etwas fragwürdig, wenn Divico ein halbes Jahrhundert nach seinem Sieg über die Römer seinen Auftritt bei Bibracte im "Gallischen Krieg" hat. Ob dieser, wenn überhaupt noch am Leben, noch köperlich in entspr. Verfassung war, erscheint nicht gerade als wahrscheinlich. Das riecht schon etwas nach Revanche-Propaganda.

Nach wie vor würde sich die Frage aufdrängen, wer die Kelten im Mittelland vor dem Teutonenzug waren, wenn nicht Helvetier ?
Und auch was Süddeutschland, insbesondere Baden anbelangt, teile ich die Skepsis des Sueben. Baden war jedenfalls bis kurz vor der Zeitenwende keltisch besiedelt und hatte mit dem "Dreieckland" zwischen den Belchen sogar ein kulturelles Zentrum. Die Annahme, das Südwestdeutschland bis zur Eroberung und Erschliessung durch die Römer weitgehend unbesiedelt war und die keltische Bevölkerung ab 50 v. Chr. verdrängt wurde, kann ich nicht glauben.

Die oberrheinische Tiefebene als ein ehemals keltisches Kulturzentrum, ein klimatisch begünstigter Landstrich, in welchem man bis um 70 v. Chr jede Menge Funde machte. Und so eine Region soll plötzlich zu einer Wüstenei geworden sein ? Die Gegend wurde doch mit erheblichem Aufwand erobert - und das bei einer Einöde ?

Jendenfalls hat man breits in den 90er Jahren bei Ausgrabungen der Viereckschanze von Mengen-Ennetach Funde gemacht, die man in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. datieren zu dürfen glaubt. So ganz ohne keltische Funde in Baden-Württemberg für die Spät-Latène-Zeit ist man offenbar doch nicht.

https://journals.ub.uni-heidelberg.de/in...12771/6604

PS:
Ich weiss jetzt allerdings nicht, ob und inwieweit der obige Bericht überholt ist. Ist eben doch eine Weile her - und mein historisches Interesse beschränkt sich eigentlich im Wesentlichen auf Mittelalter und Renaissance Rolleyes
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03.07.2016, 01:04
Beitrag: #91
RE: Der Untergang von Sprachen
(02.07.2016 15:51)Aguyar schrieb:  
(01.07.2016 21:00)Paul schrieb:  Neben den Latenegermanen wanderten auch nördlichere Elbgermanen wie Semnonen ein.

Die La Tené-Kultur ist eine keltische Kultur, sogenannt nach den Funden von La Tené am Neuenburgersee.
Was sind Latenegermanen ?

Wenn so viele germanische Stämme eine solche Kultur hatten, dann war die Latenekultur also nicht rein keltisch. Es waren z.B. Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen. Daneben gab es germanisch keltische Mischstämme wie die Manapier und möglicherweise die Treverer und Stämme, von denen man annimmt, das sie früher keltisch waren, aber zur Zeit des Ariovist schon zu den Germanen gezählt wurden wie die Nemeter.

viele Grüße

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03.07.2016, 11:50
Beitrag: #92
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 01:04)Paul schrieb:  
(02.07.2016 15:51)Aguyar schrieb:  Die La Tené-Kultur ist eine keltische Kultur, sogenannt nach den Funden von La Tené am Neuenburgersee.
Was sind Latenegermanen ?

Wenn so viele germanische Stämme eine solche Kultur hatten, dann war die Latenekultur also nicht rein keltisch. Es waren z.B. Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen. Daneben gab es germanisch keltische Mischstämme wie die Manapier und möglicherweise die Treverer und Stämme, von denen man annimmt, das sie früher keltisch waren, aber zur Zeit des Ariovist schon zu den Germanen gezählt wurden wie die Nemeter.

Nach deiner Definition sind "Germanen" alle diejenigen, die eine germanische Sprache sprechen.
Die La- Tené Kultur umfaßt einen Zeitraum von 500 v.Chr. bis 100 v. Chr, und ob es dir nun gefällt oder nicht, die keltische Kultur war ein rein keltische Kultur. Denn- und das ist dir offensichtlich entgangen- "keltisch" hat nichts, aber auch gar nichts mit Abstammung zu tun, sondern "keltisch" ist- ein Kulturbegriff.
So wie du Germanen als Träger der germanischen Sprache definierst, gilt als Kelte, wer Träger der keltischen Kultur ist.
Diese Kultur wurde von Gaius Julius Caesar auf dem europäischen Kontinent zerstört. Auch das ist sicher, denn auch außerhalb Galliens liegende keltische Oppidae gingen unter, und irgendwo hin mußten ihre Bewohner ja gehen- vermutlich vermischten sie sich mit nicht-keltischen (also nicht-keltischen-Kulturträgern) Stämmen, die möglicherweise eine germanische Sprache sprachen.
Wenn man Parallelen zu Britannien 500 Jahre später ziehen will, ist es nicht ausgeschlossen, dass (kulturelle) Kelten nach dem Zusammenbruch ihres "Reiches" oder "Wirtschaftsraumes"- wenn euch die Bezeichnung lieber ist- ihre eigene, nun unpassende (weil auf Handel und Leben in der Stadt ausgerichtete) Sprache aufgegeben und sich der verwandten germanischen Dialekte bedient, die vielleicht zur aktuellen Lebenssituation besser paßten. Als Handelssprache gab es jetzt ja Latein...

Egal, wie du es auch drehst und wendest- du machst aus den Trägern der Latené- Kultur keine Germanen.
Die Kultur ist und bleibt keltisch. Selbst, wenn nur die Führungsschicht keltisch gewesen und sich unter der einfachen Bevölkerung mundartliche Dialekte gehalten haben, aus denen sich dann später germanische Sprachen entwickelten.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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03.07.2016, 13:47
Beitrag: #93
RE: Der Untergang von Sprachen
Zustimmung

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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03.07.2016, 15:41
Beitrag: #94
RE: Der Untergang von Sprachen
Auch wenn es in ein Gebiet mit Germanen der Latenekultur Einwanderung von nördlichen Germanen gab, hat sich die Latenekultur weitgehend gehalten, auch wenn auf typische Opida verzichtet wurde. Obwohl die Chatten nach Mittel- u. Osthessen einwanderten, behauptete sich die Latenekultur, wie schon unter den Quaden.
Germanen der Latenekultur wanderten massenhaft in die linksrgeinischen Gebiete, wo sie später Teil der Franken wurden. Sie wanderten aber auch nach Bayern, Böhmen und Mähren. Ihre Latenekultur entwickelte sich mit römischen Einflüssen zu unserer mittelalterlichen Kultur. Sie verbreiteten den intensiven Ackerbau, mit Fruchtwechselwirtschaft, eisernen Pflügen und Düngung...in andere Regionen Germaniens. Es hat wenig Sinn sie als Kelten zu bezeichnen. Ab wann wären wir dann z:B in Hessen keine Kelten mehr gewesen, da es keinen Abbruch der Latenekultur, sondern ihre Weiterentwicklung gab?
Das die Ubier das Lahngebiet verlassen hätten, war ein Märchen Agrippas gewesen, welches archäologisch...nicht erhärtbar ist. Die Ubier hatten genügend Geburtenüberschuß um zu bleiben und neue Gebiete zu besiedeln.

viele Grüße

Paul

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03.07.2016, 18:30
Beitrag: #95
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 15:41)Paul schrieb:  Auch wenn es in ein Gebiet mit Germanen der Latenekultur Einwanderung von nördlichen Germanen gab, hat sich die Latenekultur weitgehend gehalten, auch wenn auf typische Opida verzichtet wurde. Obwohl die Chatten nach Mittel- u. Osthessen einwanderten, behauptete sich die Latenekultur, wie schon unter den Quaden

Im 6. Jh. v. Chr. bzw. am Ende der Hallstattzeit standen sich in Mitteleuropa zwei große, kulturell unterschiedliche Bereiche gegenüber: der der wirtschaftlich und sozial hochentwickelten Hallstattkultur im süddeutsch-österreichischen Alpenraum bis hin an den Rand des Thüringer Waldes, der später von den Trägern der Latène-Kultur, den Kelten, eingenommen wurde; und der nördlich daran anschließendend bis zur Nord- und Ostsee verbreitete und stark von den Kelten beeinflusste aber wirtschaftlich nicht so weit fortgeschrittene Bereich, in dem sich die Jastorfkultur herausgebildet hatte, deren Träger sicher die Germanen waren und die bis in das letzte Jahrhundert v. Chr. hinein unmittelbare Nachbarn der Kelten blieben.

Die Siedlungsgebiete im Norden standen unter dem Einfluss der Hallstatt- und später der Latènekultur. Vermittelt wurde nachweislich Kulturgut des persönlichen Bedarfs wie Nadeln und Fibeln. Das ästhetische Empfinden der Bevölkerung im Jastorfkulturbereich und darüber hinaus wurde dadurch maßgeblich mitbestimmt. Auch am Niederrhein findet man in der so genannten Grabhügelkultur Hallstattelemente. Über diesen Raum hinaus wurde das Gebiet westlich der Ems und das bis zur Weser und Aller beeinflusst.
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03.07.2016, 19:06
Beitrag: #96
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 18:30)Dietrich schrieb:  
(03.07.2016 15:41)Paul schrieb:  Auch wenn es in ein Gebiet mit Germanen der Latenekultur Einwanderung von nördlichen Germanen gab, hat sich die Latenekultur weitgehend gehalten, auch wenn auf typische Opida verzichtet wurde. Obwohl die Chatten nach Mittel- u. Osthessen einwanderten, behauptete sich die Latenekultur, wie schon unter den Quaden

Im 6. Jh. v. Chr. bzw. am Ende der Hallstattzeit standen sich in Mitteleuropa zwei große, kulturell unterschiedliche Bereiche gegenüber: der der wirtschaftlich und sozial hochentwickelten Hallstattkultur im süddeutsch-österreichischen Alpenraum bis hin an den Rand des Thüringer Waldes, der später von den Trägern der Latène-Kultur, den Kelten, eingenommen wurde; und der nördlich daran anschließendend bis zur Nord- und Ostsee verbreitete und stark von den Kelten beeinflusste aber wirtschaftlich nicht so weit fortgeschrittene Bereich, in dem sich die Jastorfkultur herausgebildet hatte, deren Träger sicher die Germanen waren und die bis in das letzte Jahrhundert v. Chr. hinein unmittelbare Nachbarn der Kelten blieben.

Die Siedlungsgebiete im Norden standen unter dem Einfluss der Hallstatt- und später der Latènekultur. Vermittelt wurde nachweislich Kulturgut des persönlichen Bedarfs wie Nadeln und Fibeln. Das ästhetische Empfinden der Bevölkerung im Jastorfkulturbereich und darüber hinaus wurde dadurch maßgeblich mitbestimmt. Auch am Niederrhein findet man in der so genannten Grabhügelkultur Hallstattelemente. Über diesen Raum hinaus wurde das Gebiet westlich der Ems und das bis zur Weser und Aller beeinflusst.

Nördliche Germanen waren Träger der Jasdorf Kultur und mehrerer benachbarter Kulturen, südliche Germanen waren Träger der Latenekultur. Dietrich, du gehst nicht auf das Problem ein, das einige hier diese Germanen als Kelten bezeichnen wollen, was ich wiederum nicht verstehe. Germanisch und Keltisch sind Sprachen, Jasdorf Kultur und Latene Kultur sind Kulturen.

viele Grüße

Paul

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03.07.2016, 21:02
Beitrag: #97
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 19:06)Paul schrieb:  Nördliche Germanen waren Träger der Jasdorf Kultur und mehrerer benachbarter Kulturen, südliche Germanen waren Träger der Latenekultur. Dietrich, du gehst nicht auf das Problem ein, das einige hier diese Germanen als Kelten bezeichnen wollen, was ich wiederum nicht verstehe. Germanisch und Keltisch sind Sprachen, Jasdorf Kultur und Latene Kultur sind Kulturen.

Natürlich sind "germanisch" und "keltisch" Sprachgruppen. Die Bodenfunde, welche als "Latène-Kultur" bezeichnet wurden, sind hauptsächlich im keltischen Siedlungsgebiet und nicht im germanischen gemacht worden. Deshalb wurde die Latène-Kultur eben als keltische und nicht als germanische Kultur definiert.
Das ist so etwa seit 1950 / 1960 allgemein aktzeptiert und anerkannt. Das was Du hier machst ist in etwa so sinnvoll, wie wenn ich behaupten würde, die Träger der Jasdort Kultur wären keine Germanen sondern "Nordkelten" gewesen. Solche Diskussionen sind mir jetzt aber zu blöd. Die letzten, welche Kelten zu Germanen machen wollten, waren die "Postgermanen" der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
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03.07.2016, 22:00
Beitrag: #98
RE: Der Untergang von Sprachen
Zitat:Nördliche Germanen waren Träger der Jasdorf Kultur und mehrerer benachbarter Kulturen, südliche Germanen waren Träger der Latenekultur. Dietrich, du gehst nicht auf das Problem ein, das einige hier diese Germanen als Kelten bezeichnen wollen, was ich wiederum nicht verstehe. Germanisch und Keltisch sind Sprachen, Jasdorf Kultur und Latene Kultur sind Kulturen.
Das Problem ist,dass über damalige Sprachen und Sprachgrenzen nichts genaues bekannt ist- der Übergang dürfte aber eher fließend gewesen sein- wir können uns also letzlich nur an die Sachkultur halten und danach ging der keltische und keltisch beeinflusste Bereich weit über die rheingrenze hinaus,
Die klassische Unterteilung, wie Du sie hier anführst beruft sich im wesentlichen auf römische Quellen,namentlich Caesar und Tacitus- und die waren weder Ethnologen noch Sprachwissenschaftler.
Es scheint wohl eher so,dass die römische Unterteilung Kelten/Germanen politischer Natur war.
Julius Caesar rückte ja bis zum Rhein vor und erklärte dann die Eroberung Galliens für abgeschlossen und das römische Keltentrauma für beendet- also hatte alles jenseits des Rheins germanisch zu sein- ob es passte oder nicht,
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03.07.2016, 22:42
Beitrag: #99
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 21:02)Aguyar schrieb:  Natürlich sind "germanisch" und "keltisch" Sprachgruppen. Die Bodenfunde, welche als "Latène-Kultur" bezeichnet wurden, sind hauptsächlich im keltischen Siedlungsgebiet und nicht im germanischen gemacht worden. Deshalb wurde die Latène-Kultur eben als keltische und nicht als germanische Kultur definiert.
Das ist so etwa seit 1950 / 1960 allgemein aktzeptiert und anerkannt. Das was Du hier machst ist in etwa so sinnvoll, wie wenn ich behaupten würde, die Träger der Jasdort Kultur wären keine Germanen sondern "Nordkelten" gewesen. Solche Diskussionen sind mir jetzt aber zu blöd. Die letzten, welche Kelten zu Germanen machen wollten, waren die "Postgermanen" der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

In ganz Hessen bis zur Adrana/Eder wurden Funde der Latenekultur gemacht und wir kennen weitgehend die Stämme, die dort gelebt haben. Wenn es konkret wird habe ich noch nirgends gelesen, das jemand die Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen für Kelten gehalten hat, bzw. später die Chatten. Bei den Ubiern kommt es vor, wenn sie rechtsrheinisch betrachtet werden. Kaum in Köln angekommen sehen sie alle als Germanen.
Die Archäologen schauen sich die Bodenfunde in Bad Nauheim an und sagen, hier haben Kelten gelebt. Wir wissen aber, das es die Usipeter waren und die hält keiner für Kelten. Die Chronisten berichten darüber, das 800 Tenkterer-Reiterkrieger die 5000 Mann starke keltische Reiterei Cäsars in die Flucht getrieben haben. Danach hat Cäsar germanische Reiter angeworben.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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04.07.2016, 09:27
Beitrag: #100
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 22:42)Paul schrieb:  In ganz Hessen bis zur Adrana/Eder wurden Funde der Latenekultur gemacht und wir kennen weitgehend die Stämme, die dort gelebt haben. Wenn es konkret wird habe ich noch nirgends gelesen, das jemand die Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen für Kelten gehalten hat, bzw. später die Chatten. Bei den Ubiern kommt es vor, wenn sie rechtsrheinisch betrachtet werden. Kaum in Köln angekommen sehen sie alle als Germanen.
Die Archäologen schauen sich die Bodenfunde in Bad Nauheim an und sagen, hier haben Kelten gelebt. Wir wissen aber, das es die Usipeter waren und die hält keiner für Kelten. Die Chronisten berichten darüber, das 800 Tenkterer-Reiterkrieger die 5000 Mann starke keltische Reiterei Cäsars in die Flucht getrieben haben. Danach hat Cäsar germanische Reiter angeworben.

Zuerst einmal die Definition aus Wikipedia:
Die Latènekultur entwickelte sich unter mediterranem Einfluss zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. aus der nordwestalpinen Hallstattkultur zu einer eigenständigen Kunst- und Kulturform. Diese war zwischen 450 v. Chr. und 40 v. Chr. in Frankreich, der nordalpinen Schweiz, Süddeutschland bis zu den Mittelgebirgen, Österreich, der Tschechischen Republik und Teilen Ungarns verbreitet. Die Genese der Latènezivilisation vollzog sich im sogenannten „Westhallstattkreis“.
Träger der Latènekultur sind die seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in griechischen, später auch in römischen Quellen genannten Kelten.


Donnersberg und Glauberg - nur um zwei berühmte zu nennen - sind keltische Relikte (am Glauberg haben später auch die Alemannen ihre Spuren hinterlassen) welche der Latène-Kultur zugewiesen wurden. Der berühmte Keltenfürst mit den "Mickymaus-Ohren" vom Glauberg wird um 500 v. Chr. in die Latènezeit datiert und wurde meines Wissens noch von niemandem als "Germanenfürst" bezeichnet. Und zwar deshalb nicht, weil dort eben zum Mindesten bis zur Hoch-Latène Kelten und nicht Germanen gesiedelt haben.

Usipeter und Tenkterer siedelten am Niederrhein, als sie zu Zeiten Cäsars/Ariovists erstamls in Erscheinung traten. Zum Zeitpunkt, als sie in die keltisch besiedelten Regionen Süddeutschlands eindrangen, war die Latène-Kultur verschwunden oder lag zum Mindesten in den letzten Zügen.
Die Vandalen siedelten, so wird vermutet, im ersten Jahrhunderten nach. Chr. (Tacitus, Plinius) noch östlich der Oder - zu einem Zeitpunkt, als die Latène-Kultur längst verschwunden war.
Die Hermunduren siedelten am Oberlauf der Elbe, bevor Teile von ihnen um die Zeitwende von Ahenobarbus an den Main umgesiedelt wurden. Auch dies zu einem Zeitpunkt, als die Latène-Kultur nicht mehr existenz war.

Die von Dir genannten Germanenstämme tauchten im Latène-Kulturgebiet Süddeutschlands erst auf, als die Kultur selbst bereits verschwunden war. Also können sie wohl nicht die "Kulturträger" gewesen sein. Dies waren die Kelten, welche später gebietsweise zu "gallorömisch" wurden Big Grin oder, in anderen Fällen (wie vermutlich eben in Hessen) die Region bereits verlassen hatten. Das ganze ist eine Frage der Datierung - und auch die verschiedenen "Keltenwälle" kannst Du nicht zu "Germanenwällen" machen.
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