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Gaius Julius Caesar
02.10.2012, 20:55
Beitrag: #1
Gaius Julius Caesar
Noch einmal eine Frage zu Rom.

Julius Caesar ist eine Person, die sehr unterschiedlich bewertet wurde.

Was war er für euch?

Brutaler Machtmensch?
Kriegsverbrecher?
Visionär?
Verfechter einer verlorenen Sache?
Wegbereiter des Prinzipats?
Verzögerer des Prinzipats?

Und wie beurteilt ihr sein Handeln in verschiedenen Situationen: Einerseits griff er sehr brutal durch und setzte seinen Willen notfalls mit Gewalt durch, andererseits zeigte er oft eine erstaunliche Milde.

VG

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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03.10.2012, 08:45
Beitrag: #2
RE: Gaius Julius Caesar
(02.10.2012 20:55)Maxdorfer schrieb:  andererseits zeigte er oft eine erstaunliche Milde.

VG
Die meinst die "clementia caesaris"? Das war Mittel zum Zweck, um Pompeius-Gegner UND Pompeius-Anhänger auf die Seite Caesars zu bringen - überaus erfolgreich, und überaus genial, möchte ich meinen.
Caesar war in erster Linie überlegener Taktiker, der weit vorausplanen konnte, aber auch aus dem Augenblick heraus entschlossen handeln konnte, wie er in Gallien bewiesen hat.
Das bedeutet aber auch, dass er gegebenenfalls hart durchgreifen konnte, bis hin zur Brutalität. Extreme Situationen erfordern extreme Maßnahmen. Und da Caesar der Auffassung gewesen sein dürfte, er sei die Rettung des Staates, glaubte er auch, jede Berechtigung für jede Maßnahme zu haben, egal wie brutal er sein musste.
Die von Caesar gezeigte Brutalität wiesen allerdings auch andere römische Feldherren auf, auch wenn Caesar angesichts der Reichweite seiner Unternehmungen den anderen auch in Sachen Brutalität öfter mal den Rang abgelaufen haben dürfte - was während des Gallischen Krieges von Cato in Rom dann auch weidlich ausgenutzt wurde, um verschiedene Versuche zu starten, Caesar anzuklagen.

Bei der Beurteilung Caesars kann man schon schnell in Richtung "Kriegsverbrecher" driften, das wäre allerdings eine moderne Beurteilung (oder eine aus Sicht von Caesargegnern wie Cato, die naturgemäß alles, was Caesar tat, äußerst kritisch beurteilen wollten). Für die Verhältnisse der späten Republik Rom war Caesar ein Staatsmann (was bei den Römern meistens auch den Feldherrn beinhaltete), der lediglich skrupelloser und daher auch reicher bzw. erfolgreicher war als seine Konkurrenten (Pompeius dürfte im Großen und Ganzen reicher gewesen sein als Caesar, allerdings konnte ud wollte sich Pompeius nicht so erfolgreich gegen den Senat durchsetzen wie Caesar).

VG
Christian
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03.10.2012, 20:47
Beitrag: #3
RE: Gaius Julius Caesar
Als ich damals anfing, Betriebswirtschaftslehre zu studieren und mich auch mit Caesar beschäftigte, kam mir der Gedanke, daß Caesar sehr effizient war. Soweit ich das beurteilen konnte (wobei ich mich nie bis ins Detail mit Caesar beschäftigte, wie ich zugeben muss), tat Caesar immer genau so viel, wie er mußte, um das von ihm gesetzte Ziel zu erreichen. Naja, gut, am Ende hat er sich dann erstmalig verrechnet und dann mußte er den Preis dafür bezahlen.
Aber im großen und Ganzen... Schon seine Kalenderreform beweist das ein Stück weit- für Caesar war es ein Stück weit Zeitverschwendung, den Kalender immer wieder korrigieren zu müssen. Also fand er eine Möglichkeit, sich diese Arbeit zu ersparen.
Er war milde, wenn ihm Strenge keinen zusätzlichen Nutzen brachte, aber erbarmungslos, wenn jemand seinen Zielen im Weg stand.
Er war so konsequent in der Verfolgung seiner Ziele, daß ich mir nur schwer vorstellen kann, daß irgendeine Emotion Caesars Entscheidungen beeinflußt haben könnte.
Also irgendwie jemanden, den man nicht unbedingt im Bekanntenkreis haben will, vor dem man aber dann doch irgendwie den Hut ziehen muss... Ich kann es leider nicht besser beschreiben...

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Oscar Wilde
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29.10.2012, 11:02
Beitrag: #4
RE: Gaius Julius Caesar
(03.10.2012 20:47)Bunbury schrieb:  Als ich damals anfing, Betriebswirtschaftslehre zu studieren und mich auch mit Caesar beschäftigte, kam mir der Gedanke, daß Caesar sehr effizient war.
Wer "de Bello Gallico" gelesen hat, kommt um diesen Schluss nicht herum.
Diese "Commentarii" sind so knapp geschrieben, "Effizienz" trifft´s schon allein hier recht gut.
Aber auch, wie Caesar da seine Taten beschreibt, zeigt, wie effizient er handelte. Da wird - in echt römsicher Tradition - ein gallischer Fürst als Freund, ein anderer als Verbündeter, ein anderer als "politischer Freund" (den man per Besatzungstruppen bewachen muss) geschildert. Da wird mit einem Minimum an Truppen ganz Gallien gesetzt (was sich in Zeiten von Aufständen regelmäßig rächt), da werden in der Schlacht Truppen so eingesetzt, dass der Gegner überrascht wird und so, auch wenn er zahlenmäßig überlegen ist, geschlagen werden kann.

Der zweimalige Brückenschlag über den Rhein mag aufwändig gewesen sein, allein schon die Tatsache, dass Caesar es innerhalb kürzester Zeit schaffte, ein derartig aufwändiges und bahnbrechendes Bauwerk zu errichten (wofür ganz neue technische Lösungen nötig waren), beweist aber die Effizienz römischer Ingenieure. Zählt man dazu, dass allein mit dem Brückenschlag Dutzende germanische Stämme so beeindruckt werden konnten, dass sie den Rheinübergang scheuten, ist ein Meisterwerk an auch politischer Effizienz.

VG
Christian
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01.11.2012, 11:38
Beitrag: #5
RE: Gaius Julius Caesar
Ich denke auch, dass Caesar mit den Mitteln seiner Zeit arbeitete, diese jedoch verfeinerte und sehr, sehr konsequent angewendet hat. Dies war wohl auch ein Grundstein für seinen Erfolg, obwohl sie teilweise sehr grausam waren. Gefühle wurden immer hinen angestellt und mussten dem eisernen und unerbittlichen Ehrgeiz weichen. Dass man mit diesen Methoden der Feldherren des letzten Jahrhunderts vor Christus jedoch auf Dauer auch dann nicht weiterkam, wenn sie so perfektioniert werden wie bei ihm, zeigte sich dann spätestens bei seiner Ermordung.
Caesar überlegte sehr genau, welche Taten wann nötig waren und achtete dabei darauf, immer seine Grundsätze zu befolgen. Er versuchte, Gnade walten zu lassen, wo Gnade angebracht war, und hart durchzugreifen, wo dies notwendig geworden war. So konnte er sich einerseits beliebt machen, aber andererseits den subversiven und ihm feindlich gesinnten Elementen im Reich zumindest ein Stück weit die Aktionschancen nehmen. Die Verschwörung gegen ihn war dann wohl die Folge davon, dass er mit seiner Einschätzung, wo hartes Durchgreifen not tat, in diesem Fall falsch gelegen hatte. Besonders zeigte sich dies dann am 15. März 44 v. Chr. - dass er alle Warnungen in den Wind blies und sich hier für Gnade und gegen Vernichtung der Gegner entschied, kostete ihn sein Leben.
So war Caesar innerhalb der Zeitumstände letztlich vielleicht in der Praxis ein grausamerer Herrscher, aber besonders tyrannisch und außergewöhnlich waren seine Gedanken nicht - die Theorie war die gleiche wie bei Sulla, Pompejus etc.

VG

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03.11.2012, 14:13
Beitrag: #6
RE: Gaius Julius Caesar
(01.11.2012 11:38)Maxdorfer schrieb:  die Theorie war die gleiche wie bei Sulla, Pompejus etc.

VG

An Sulla kritiserte der Ex-Sullaner Caesar zeitlebens, dass er der Macht entsagt hatte. An Pompeius - den er für einen Schwächling hielt - kritisierte Caesar dessen "Senatshörigkeit", die wohl eher einem traditionellen Verständnis der Republik entsprang. Bei allem Eigennutz - Pompeius war einer der reichsten Männer seiner Zeit, sonst hätte er auch zur Zeit des Bürgerkriegs keine Privatarmee aufstellen können - war Pompeius ein Republikaner alter Schule.

VG
Christian
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03.11.2012, 16:26
Beitrag: #7
RE: Gaius Julius Caesar
(03.11.2012 14:13)913Chris schrieb:  
(01.11.2012 11:38)Maxdorfer schrieb:  die Theorie war die gleiche wie bei Sulla, Pompejus etc.

VG

An Sulla kritiserte der Ex-Sullaner Caesar zeitlebens, dass er der Macht entsagt hatte. An Pompeius - den er für einen Schwächling hielt - kritisierte Caesar dessen "Senatshörigkeit", die wohl eher einem traditionellen Verständnis der Republik entsprang. Bei allem Eigennutz - Pompeius war einer der reichsten Männer seiner Zeit, sonst hätte er auch zur Zeit des Bürgerkriegs keine Privatarmee aufstellen können - war Pompeius ein Republikaner alter Schule.

VG
Christian

Ich schrieb ja, Caesar setzte die Theorie im Gegensatz zu den anderen sehr radikal um.

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30.05.2013, 15:05
Beitrag: #8
RE: Gaius Julius Caesar
Man muss auf jeden Fall sagen, dass Caesar innenpolitische Gegner oft begnadigte. Unter den Verschwörern, die ihn 44 v. Chr. schließlich umbrachten, waren viele, die er zuvor begnadigt hatte. Gegen außenpolitische Feinde ging er aber wirklich gnadenlos vor und zeigte keinerlei Respekt für gut funktionierende politische Organisationen und Strukturen in Gallien und Belgien.

Wenn man sich genauer mit ihm beschäftigt, stellt sich allerdings mal wieder das Problem der Quellenlage. Auf der einen Seite stehen die Schriften von Caesar selbst, deren Quellenwert zwar durchaus relativ hoch ist, die aber trotz der Erzählperspektive in 3. Person Singular ("Dann tat Caesar dies und dies") letztlich in die Kategorie Autobiographie gehören und damit nicht allzu kritisch sind. Auf der anderen Seite Schriften der Caesargegner, die nicht unbedingt wissenschaftlich arbeiteten, sondern eher Propagandaschriften schaffen und bspw. das Attentat auf Caesar legitimieren wollten. Und auch später hing die Tendenz der Quellen in erster Linie davon ab, wer gerade Kaiser war und wieviel derjenige von Caesar hielt.

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02.06.2013, 19:02
Beitrag: #9
RE: Gaius Julius Caesar
Interessant wären in dem Fall außerrömische Quellen zu Caesar, aber ich nehme mal an, die gibt es nicht...

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03.06.2013, 17:44
Beitrag: #10
RE: Gaius Julius Caesar
(02.06.2013 19:02)Bunbury schrieb:  Interessant wären in dem Fall außerrömische Quellen zu Caesar, aber ich nehme mal an, die gibt es nicht...

Die Gallier werden nicht genügend Zeit gehabt haben bzw. waren anderweitig beschäftigt, um groß Quellen anzufertigen.

Im Ernst: Schriftliches darfst du da sowieso nicht erwarten. Allenfalls irgendwelche Weiheinschriften. Aber die Römer haben die keltischen Tempel gründlich ausgeräubert. Wenn da was auf Gold geschrieben stand, isses eingeschmolzen...

Aber die anderen Völker, mit denen Caesar bzw. das zeitgenössische Römische Reich zu tun gehabt hat, die könnten, nein, müssten eigentlich Caesar irgendwo irgendwann irgendwie mal erwähnt haben. Die Ägypter, z.B.

Ich les grad mal wieder den Ogilvie, vielleicht entdecke ich da was (muss ich allerdings vorblättern, ich stecke grad mal wieder in meiner Lieblingszeit Roms, dem frühen Rom... Wink )

VG
Christian
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03.06.2013, 19:01
Beitrag: #11
RE: Gaius Julius Caesar
Mit neuen gallischen Quellen habe ich nicht gerechnet, wir wissen ja schließlich alle, daß daraus Asterix wurde...Big Grin

Aber was die Ägypter zu Caesar zu sagen hätten, wäre sicherlich interessant... (Wobei das vielleicht ja auch schon zensiert wurde....)

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26.09.2016, 02:16
Beitrag: #12
RE: Gaius Julius Caesar
Wie hielt es Cäsar mit der Wahrheit? Ihm wurde ja vorgeworfen, Bella Gallicum wäre eine Propagandaschrift gewesen. Ich kritisiere, das er darin so wenig über den Feldzug mit den Ubiern gegen die Sueben schrieb. So teilte er die Namen der Städte nicht mit. So können wir über die Namen der beiden größeren Städte in der Heidetränke und auf dem Dünsberg nur spekulieren.
Die Vernichtung der Tenkterer war wohl eine Übertreibung, die der Eburonen nicht.
Die Eburonen bestrafte er vernichtend, mit den sie unterstützenden Ubiern schloß er ein Bündnis. Letzteres war sicher eine kluge Entscheidung.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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26.09.2016, 10:57
Beitrag: #13
RE: Gaius Julius Caesar
Ich selbst habe zwar noch nicht "Bella Gallicum" gelesen, aber mich darüber mal informiert und etwas darüber gelesen. Werde es aber in Kürze noch lesen.
M. E. nach sehe ich diese Niederschriften Caesars nicht als eine Propagandaschrift, denn er war auch kein Historiker, sondern ein Berichterstatter. So wie man von Caesar den Eindruck gewonnen hat, hatte er sich kurz, klar und gradlinig ausgedrückt. Er verfügte über eine strenge Handhabung der Sprache und war ein Mensch mit eisernen Willen wenn es die Situation verlangte; aber auch milde sein konnte.
Er hatte rd. 8 Jahre in Gallien verbracht und reichliche Erfahrungen gesammelt.
Natürlich sind alle Texte (mehr Tagebuchnotizen) nicht ganz erforscht, aber was schon unter Historikern erforscht wurde, entspricht sicher der Wahrheit - eben wie Caesar den Feldzug in Gallien erlebt hatte.

Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.

Marcus Tullius Cicero
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26.09.2016, 11:44
Beitrag: #14
RE: Gaius Julius Caesar
(26.09.2016 10:57)Aurora schrieb:  Ich selbst habe zwar noch nicht "Bella Gallicum" gelesen, aber mich darüber mal informiert und etwas darüber gelesen. Werde es aber in Kürze noch lesen.
M. E. nach sehe ich diese Niederschriften Caesars nicht als eine Propagandaschrift, denn er war auch kein Historiker, sondern ein Berichterstatter. So wie man von Caesar den Eindruck gewonnen hat, hatte er sich kurz, klar und gradlinig ausgedrückt. Er verfügte über eine strenge Handhabung der Sprache und war ein Mensch mit eisernen Willen wenn es die Situation verlangte; aber auch milde sein konnte.
Er hatte rd. 8 Jahre in Gallien verbracht und reichliche Erfahrungen gesammelt.
Natürlich sind alle Texte (mehr Tagebuchnotizen) nicht ganz erforscht, aber was schon unter Historikern erforscht wurde, entspricht sicher der Wahrheit - eben wie Caesar den Feldzug in Gallien erlebt hatte.

Wobei man aber nie aus den Augen verlieren sollte, dass die Wahrheit immer auch ein Stück weit im Auge des Betrachters liegt. Und bei jedem Schriftstück muss man sich schon fragen, was die Motivation des Autors ist.
Caesar hat ganz sicher keinen objektiven Bericht geschrieben.
Sein Ziel war, soweit ich weiß, seinen Gallienfeldzug dem Senat in Rom "richtig zu verkaufen", von daher war es wohl doch eine Propagandaschrift.
Was nicht bedeutet, dass er das eine oder andere durchaus wahrheitsgemäß beschrieben hat. Immer dann, wenn es seinen Zwecken diente.
Vieles, was ihm nicht ins Konzept paßte, dürfte er schlicht und einfach unterschlagen haben. Irgendwer hat Caesar mal als den ersten reinen Politiker beschrieben. Wenn diese Einschätzung stimmt, dann dürfte "De Bello Gallico" nur mit Vorsicht zu genießen sein....

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26.09.2016, 14:46
Beitrag: #15
RE: Gaius Julius Caesar
Ich werde das Buch lesen.
Ich war immer der Meinung, wie ich schon schrieb. Aber ich kann mich ja auch irren.

Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.

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27.09.2016, 13:25
Beitrag: #16
RE: Gaius Julius Caesar
(26.09.2016 11:44)Bunbury schrieb:  
(26.09.2016 10:57)Aurora schrieb:  Ich selbst habe zwar noch nicht "Bella Gallicum" gelesen, aber mich darüber mal informiert und etwas darüber gelesen. Werde es aber in Kürze noch lesen.
M. E. nach sehe ich diese Niederschriften Caesars nicht als eine Propagandaschrift, denn er war auch kein Historiker, sondern ein Berichterstatter. So wie man von Caesar den Eindruck gewonnen hat, hatte er sich kurz, klar und gradlinig ausgedrückt. Er verfügte über eine strenge Handhabung der Sprache und war ein Mensch mit eisernen Willen wenn es die Situation verlangte; aber auch milde sein konnte.
Er hatte rd. 8 Jahre in Gallien verbracht und reichliche Erfahrungen gesammelt.
Natürlich sind alle Texte (mehr Tagebuchnotizen) nicht ganz erforscht, aber was schon unter Historikern erforscht wurde, entspricht sicher der Wahrheit - eben wie Caesar den Feldzug in Gallien erlebt hatte.

Wobei man aber nie aus den Augen verlieren sollte, dass die Wahrheit immer auch ein Stück weit im Auge des Betrachters liegt. Und bei jedem Schriftstück muss man sich schon fragen, was die Motivation des Autors ist.
Caesar hat ganz sicher keinen objektiven Bericht geschrieben.
Sein Ziel war, soweit ich weiß, seinen Gallienfeldzug dem Senat in Rom "richtig zu verkaufen", von daher war es wohl doch eine Propagandaschrift.
Was nicht bedeutet, dass er das eine oder andere durchaus wahrheitsgemäß beschrieben hat. Immer dann, wenn es seinen Zwecken diente.
Vieles, was ihm nicht ins Konzept paßte, dürfte er schlicht und einfach unterschlagen haben. Irgendwer hat Caesar mal als den ersten reinen Politiker beschrieben. Wenn diese Einschätzung stimmt, dann dürfte "De Bello Gallico" nur mit Vorsicht zu genießen sein....

Selbstverständlich ist Cäsars "Gallischer Krieg" Propaganda - und sogar Propaganda in eigener Sache. Als Quelle für die damalige Geschehnisse ist er dennoch unverzichtbar - viele Geschehnisse (und auch einige Stämme) würde man ohne "De Bello Gallico" gar nicht kennen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass in allen hist. Epochen eigentlich die meisten Überlieferungen wie Chroniken, Autobiographien, Berichte von Zeitzeugen etc. propagandistisch gefärbt sind. Objektivität wurde von den Chronisten in den wenigsten Fällen verlangt ("wes Brot ich ess, dess Lied ich sing" --> Walter von der Vogelweide zugeschrieben). Mit den Methoden der Quellenkritik können Historiker dieses Manko aber meist beheben. Im vorliegenden Fall ist zum Teil sogar für uns Laien erkennbar, welche Aussagen des "Gallischen Kriegs" ohne Weiteres zu Schlucken und welche problematisch sind. Denn über Cäsars Absichten ist man mehr oder weniger informiert.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass Cäsar nicht allzu viel manipulieren konnte (er konnte höchstens unter- oder übertreiben), denn seine Gegner, d.h. die Spitze des Senats und Pompejus, waren im Wesentlichen zum Mindesten über die Verhältnisse in Gallien durchaus informiert und liessen sich nicht so ohne Weiteres bescheissen.
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27.09.2016, 15:33
Beitrag: #17
RE: Gaius Julius Caesar
(27.09.2016 13:25)Aguyar schrieb:  Weiter ist zu berücksichtigen, dass Cäsar nicht allzu viel manipulieren konnte (er konnte höchstens unter- oder übertreiben), denn seine Gegner, d.h. die Spitze des Senats und Pompejus, waren im Wesentlichen zum Mindesten über die Verhältnisse in Gallien durchaus informiert und liessen sich nicht so ohne Weiteres bescheissen.

Dass Caesar sich nicht einfach irgendetwa aus den Fingern saugen konnte, ist sicherlich richtig. Dennoch ist bekanntermaßen die beste Lüge die, die dicht an der Wahrheit ist. Laß eine Information aus, und zwei andere Dinge erscheinen in einem ganz anderen Licht.

Und der zweite Punkt ist, dass es natürlich auch Dinge gab, die Caesar erst gar nicht wahrgenommen hat, weil er gar nicht darauf geachtet hat. Er ist mit dem Ziel nach Gallien gekommen, Gallien zu unterwerfen und im Triumph nach Rom zurückzukehren.
Alles, es vielleicht gegeben hat, was in diesen Plan nicht paßte, findet sich nicht in "De Bello gallico". Und somit wissen wir nichts davon...

Ja, als Informationsquelle ist er unverzichtbar. Aber man sollte nicht glauben, dass er einem ein vollständiges, objektives Bild geliefert hat.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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27.09.2016, 15:51
Beitrag: #18
RE: Gaius Julius Caesar
Ich gebe meinen Vorrednern recht. Caesar wollte sein Mandat als Prokuonsul so lange erhalten, bis er wieder konsul werden konnte, 10 Jahre lang also. Solantge er sich im Krieg mit den Galliern befand - noch immer das Schreckgespenst der Römer, seit der Geschichte mit Brennus und den Gänsen Wink - war er erstens unverzichtbar, weil man ohne seine anerkanntermaßen großen Feldherrnkünste einen erneuten Galliersturm auf Italien und Rom befürchtete, er war zweitens unabrufbar, weil er eine riesige Zahl an Soldaten relativ nah an Italien stehen hatte - m.W. bis zu 10(!) Legionen - und aufgrund seiner regelmäßigen -schön gefräbten - Berichte an den Senat (die auch dem Volk bekannt wurden, und wenn Caesar dabei über Mittelsmänner nachhelfen musste) war er im Volk so beliebt, dass ihm keiner an den Karren fahren konnte, während er sich außerhalb Italiens aufhielt (als Prokonsul durfte er m.W. Italien nicht betreten, als Feldherr sowieso nicht). Durch die immense Beute, die Caesar in Gallien machte, konnte er sich außerdem den römischen Pöbel kaufen und gleichzeitig machte er sich dadurch auch a) schuldenfrei (als Konsul war er noch bis über die Hutschnur verschuldet gewesen) und b) zu einem immens wichtigen Partner im Triumvirat. Noch mal ein Punkt, der ihn gegen eine Verschwörung seiner "Kompagnons" absicherte.
Alles in allem war der Gallienfeldzugs Ceasars ein Vabanquespiel. Ohne Triumph in Gallien wäre er von den Senatoren um Cato in der Luft zerrissen worden - er hatte ja immerhin einige Verträge gebrochen, da konnte er seinen Feldzugs als "gerrechten Krieg" hisntellen wie er wolle - und ohne Triumph hätte er auch beim Volk nicht so einen Rückhalt gehabt. Die beliebtesten Feldherrn sind erfolgreiche Feldherrn.
Und ohne Gallien hätte er auch seinen "Egotrip" als "neuer Alexander" nicht fortsetzen können Wink
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