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Geschichte der Farben
14.06.2012, 15:04
Beitrag: #1
Geschichte der Farben
Wie ein gewisser User eventuel demnächst bemerken wird, ist es logisch, dass es eine Geschichte der Farben gibt. Ich habe sie schon im G/Geschichte Forum beschrieben und will die Texte hier leicht abgeändert wieder posten.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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14.06.2012, 15:05
Beitrag: #2
RE: Geschichte der Farben
Farben als Statussymbol

Vor der Moderne war die Kleidung der einfachen Menschen ziemlich eintönig.
Es war den höhergestellten Personen und ihren Angestellten vorbehalten, farbige Kleidung zu tragen. Wer nicht gerade ein Herold, ein Priester, ein Offizier oder ein Adeliger war, konnte und durfte teilweise keine bunte Kleidung tragen.

Solche wurde in der Antike nämlich aus ziemlich teuren Farbstoffen hergestellt.
Ein Beispiel ist der weinrote Purpur, der bei den Römern der kostbarste Farbstoff überhaupt war und deshalb als Symbol der Macht galt: Zu Zeiten der römischen Republik durfte nur ein triumphierender Feldherr einen Purpurmantel tragen, später war dies meist dem Kaiser vorbehalten.

Noch in der Neuzeit war dem dritten Stand das tragen bunter Kleidung verboten. 1672 wurde ein solcher Fall in Osnabrück bestraft, leider konnte ich nicht herausfinden, womit.

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14.06.2012, 16:11
Beitrag: #3
RE: Geschichte der Farben
Färben in Prähistorischer Zeit

Doch die Geschichte der Farben geht noch viel länger zurück, so lange, dass man gar nicht genau weiß, wie lange.
Sie reicht bis in die prähistorische Zeit zurück.

Damals färbte der Mensch seine Pelze und auch andere Gegenstände – nicht zuletzt seine Wände, wie man an den grandiosen Felsmalereien von Lascaux sieht.

Hier eine Felsmalerei, nicht in Lascaux, sondern in Altamira:
[Bild: altam2b.JPG]

Einige Funde weisen auch darauf hin, dass Frauen der prähistorischen Zeit sich ihre Gesichter mit roter Farbe bemalten, wie es indianische Völker noch heute machen.

Die Farbstoffe waren noch alle natürlich und ziemlich einfach herzustellen:
Viele stammten aus Pflanzen, einige von Tieren, die meisten jedoch aus Erden.
Besonders altägyptische Inschriften geben uns einen Einblick in die Herstellung von bunten Kleidern und anderen Objekten.

Man kann sich vorstellen, mit welchen Dingen man damals färbte: Blättern, Beeren, weißer, roter und brauner Erde…

Später benutzte man schon verschieden gefärbte Eisenoxide (gelb oder rot), gefärbten Ton, und Calciumoxid, das aus Kalkstein gewonnen wird.
Immerhin konnte man so schon eine Palette von Farben erzeugen: Gelb, rot, hell- und dunkelgrün…

Aber blau?
Das war lange Zeit ein Problem.

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14.06.2012, 17:24
Beitrag: #4
RE: Geschichte der Farben
Eine Anregung: kannst Du dein Schriftbild anpassen? Die aktuell wieder eingestellten Artikel erscheinen fett gedruckt und sehr groß Wink

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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14.06.2012, 19:59
Beitrag: #5
RE: Geschichte der Farben
(14.06.2012 17:24)Viriathus schrieb:  Eine Anregung: kannst Du dein Schriftbild anpassen? Die aktuell wieder eingestellten Artikel erscheinen fett gedruckt und sehr groß Wink

Stimmt. Soeben habe ich noch eine Schriftgröße entdeckt, die besser passt.

Irrtümlicherweise dachte ich, es gäbe zwischen dieser hier und der großen keine Zwischenstufe. Aber es gibt sie doch...

Test


Test

Test

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14.06.2012, 20:16
Beitrag: #6
RE: Geschichte der Farben
Blau machen

Man sah zwar viel Blau in Himmel und Meer, aber färben konnte man damit nicht.
Deshalb suchte man nach anderen Färbemethoden – und man fand.

Zum Beispiel den Färberwaid, der lateinisch Isatis tinctoria heißt.
Er wird 120 Zentimeter hoch und enthält in seinen Blättern und Stängeln einen blauen Stoff, den nachweislich zumindest die Kelten benutzen.
Dazu ein
Zitat von Julius Cäsar aus de bello gallico
Zitat:Alle Briten malen sich mit Waid an, der wild wächst und einen blauen Farbton produziert. Das gibt ihnen in der Schlacht ein schreckliches Aussehen.

Solche Farbstoffe wurden an den verschiedensten Orten auf fast allen Kontinenten entdeckt – von Madagaskar bis Nordamerika, von Gallien bis Japan.
Meistens waren das pflanzliche Farbstoffe, seltener Erden oder Mineralien.
Das Ultramarinblau wurde aus dem Halbedelstein Lapislazuli gewonnen.

Dies war aber schon in historischer Zeit.

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15.06.2012, 11:15
Beitrag: #7
RE: Geschichte der Farben
Jetzt ist es perfekt. Smile

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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15.06.2012, 11:29
Beitrag: #8
RE: Geschichte der Farben
Im alten Forum hatte ich einen Beitrag geschrieben, welche Bedeutung das Färben für das "Verlagssystem" in der frühen Neuzeit hatte.
Die Userin Uta hat dazu aber erheblich konkretere Kenntnisse als ich.
Mach sie doch auf den 3nd aufmerksam.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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15.06.2012, 17:01
Beitrag: #9
RE: Geschichte der Farben
(15.06.2012 11:29)Suebe schrieb:  Im alten Forum hatte ich einen Beitrag geschrieben, welche Bedeutung das Färben für das "Verlagssystem" in der frühen Neuzeit hatte.
Die Userin Uta hat dazu aber erheblich konkretere Kenntnisse als ich.
Mach sie doch auf den 3nd aufmerksam.

@ Suebe
Das ehrt mich zwar, aber ich weiß auch nicht unbedingt so viel mehr als du. Wink

@ Maxdorfer
Ich habe diesen Thread bereits mit Interesse gelesen und bin schon gespannt, was du zu diesem Thema noch schreibst (sofern du das vorhast). Bezüglich Suebes Hinweis auf die Bedeutung des Färbens im Verlagswesen, sollte ich schon wissen, auf was ich konkret hinaus soll, denn das ist ein recht weites Feld und hat nur bedingt mit der "Geschichte der Farben" zu tun. Ich bin gerne bereit, die ein oder andere Ergänzung zu liefern, bisher bin ich aber mit dem hier Geschriebenen durchaus einverstanden Wink
LG Uta

nicht ärgern, nur wundern...
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17.06.2012, 14:46
Beitrag: #10
RE: Geschichte der Farben
Im alten Ägypten

Im alten Ägypten wurden Farben häufig für kosmetische Zwecke benutzt:
Menschen beiden Geschlechts schminkten sich Lippen und Wangen rot und färbten ihre Haut mit Ägyptischer Erde, was einen Besuch im noch nicht existierenden Solarium ersparte.

Auch die Augen wurden geschminkt – meist grün – , nicht zuletzt, weil man sich davon eine heilende Wirkung versprach.

Ein Gefäß für Kosmetikartikel: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co..._Egypt.jpg

Einige Farbstoffe waren Zinnober und roter Ocker (für rote Schminke), Henna (für die verschiedensten Töne von Orange bis fast schwarz zum Bemalen der Haut und der Nägel und Haare) sowie Malachit (für die grüne Schminke).
Zinnober und Malachit sind Mineralien, Ocker und Henna Erdfarben.

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19.06.2012, 17:35
Beitrag: #11
RE: Geschichte der Farben
In der (römischen) Antike

Im antiken Griechenland und im antiken Rom entwickelte sich eine Hochkultur, deren Vertreter große Teile der Welt bereisten und dort Handel trieben.
So kamen große Mengen an Farbstoffen nach Griechenland, aber mehr noch nach Rom.
Eine große Auswahl an kunterbunter Kleidung bot sich…


… den Reichen.
Die Farben waren immer noch nicht unbegrenzt vorhandene Stoffe, die lange Reisen hinter sich hatten, wenn sie auf dem Markt ankamen.
Wer Geld hatte, konnte sich bunt kleiden und nur die astronomisch teuren, besonders extravaganten Farben (eben Purpur) waren hohen Würdenträgern vorbehalten.

Der oströmische Kaiser Justinian in einem Purpurmantel. Mosaik aus Ravenna:

[Bild: ra-17r.jpg]

Der kleine Mann kleidete sich meist blass, abgesehen, dass ihm eh vor lauter Arbeit keine Zeit für ein Vergnügungsleben, geschweige denn für irgendeine Art der Repräsentation blieb.
Während bei den Keltenstämmen noch ziemlich bunte Kleidung vorkam, für die sie weithin bekannt waren, gab es in Rom einen großen Unterschied zwischen der Ober- und der Unterschicht:
Im Reichtum, aber dadurch auch in der Kleidung.

So blieb das übrigens auch im Mittelalter in fast ganz Europa.

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20.06.2012, 17:31
Beitrag: #12
RE: Geschichte der Farben
Frauenkleidung im römischen Reich

Die Frauen trugen meistens ähnliche Kleidung mit ähnlichen Farben wie die Männer (Tunika).
Als Grundregel galt, dass dunklere Farben zu hellhäutigen Frauen und hellere Farben zu dunkelhäutigen Frauen passen.

Doch besonders beliebt waren bei den vornehmen Römerinnen blaurote Töne, also violett oder weinrot (--> Purpur).
Wikipedia nennt speziell ein dunkles Rosa (nigrantis rosae) und ein helles Scharlachrot (nimiae eius nigritiae austeritas illa nitorque), die die favorisierten Farben gewesen sein sollen.
Doch auch unter anderen Farben konnte man genau unterscheiden: Es gab lauchgrüne, froschgrüne, olivgrüne und apfelgrüne Tuniken.
Manchmal blieb die Kleidung auch weiß - nicht aus finanziellen, sondern aus rein modischen Gründen.
Nur selten waren die Gewänder übrigens zweifarbig.

Die armen Frauen trugen Kleidung mit ähnlichen Farben wie die armen Männer - eben die billigen Farben, die ich bereits erläutert habe.

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20.06.2012, 20:08
Beitrag: #13
RE: Geschichte der Farben
Billige Farben

Die Farben, die das einfache Volk benutzte, waren sehr billig und eintönig.
Häufig färbte man Stoffe auch gar nicht!

Die Farbstoffe waren Dinge aus dem Alltag, mit denen man auch nur mehr schlecht als recht färben konnte, die Stoffe waren auch nach dem Färben ziemlich blass.
Zudem waren die Farben alles andere als haltbar: Meist wurden sie vom Regen oder beim Waschen ausgespült.
War das nicht der Fall, verbleichten sie in der Sonne.

Einige Beispiele:
Braun wurde aus Eichenlohe, Gelb aus Zwiebelschalen gewonnen.
Für ein gelbliches Grün presste man Blätter aus, mit roten Beeren, Kirschen etc. konnte man ein blässliches Rot zustande bringen.
Man benutzte das, was lokal eben gerade anbaubar war.

[Bild: dsc03096w3-225x300.jpg]

Quelle: Geschichte der Pflanzenfarben | Färberpflanzen
http://www.eberhardprinz.de/blog/wp-cont...25x300.jpg

Solche Farbstoffe werden zwar heute im Kindergarten hergestellt, für den Alltag taugten sie jedoch nicht wirklich.

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21.06.2012, 20:21
Beitrag: #14
RE: Geschichte der Farben
Teure Farben

Doch woher kamen nun die teuren Farben?

Oft kamen sie aus teuren Naturstoffen, zumindest die leuchtenderen.
Erwähnt wurde schon der König der Farben, der Purpur. Er wurde aus den Drüsen der Purpurschnecke gewonnen.
Kein allzu großes Problem. Aber um nur ein Gramm des Farbstoffes herzustellen brauchte man 12000 (ZWÖLFTAUSEND) Schnecken.

Im vorkolumbianischen Amerika war auch ein anderer teurer roter Farbstoff bekannt: Das Karmin.
Im 16. Jahrhundert stießen die europäischen (vornehmlich spanischen) Entdecker auf diese Farbe, die auch bei den Azteken schon verwendet wurde.
Sie wurde von Läusen produziert, für ein Gramm des Farbstoffes brauchte man 150 Läuse. Das war immer noch ziemlich viel, denn für ein Kilogramm Karmin brauchte man schon 150.000 Läuse.
Die Europäer züchteten deshalb Läuse auf riesigen Plantagen, wie sie heute noch auf den kanarischen Inseln zu sehen sind.

Ein weiterer roter Farbstoff, das Alizarin, wurde in Europa aus den Wurzeln des Krapps (einer Pflanze mit der botanischen Bezeichnung Rubia tinctorum) gewonnen.

Dies nur als kleine Auswahl an Farbstoffen.

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21.06.2012, 20:27
Beitrag: #15
RE: Geschichte der Farben
Der am wenigsten teure blaue Farbstoff: Färberwaid

Ich habe schon den Färberwaid genannt, der bei den Kelten zum Färben benutzt wurde.

Die Pflanze:
[Bild: isatis_tinctoria2.jpg]
http://www.pflanzen-vielfalt.de/images/l...toria2.jpg

Seine Verwendung wurde nicht mit der Romanisierung aufgegeben, sondern lebte fort und wurde sogar intensiviert.
Das Hochmittelalter war die Blütezeit des Waids, des wichtigsten Färbemittels dieser Zeit.

Er wurde im ersten nachchristlichen Jahrtausend in Klöstern, aber auch auf vielen Bauernhöfen angebaut.
Im 13. Jahrhundert wurde dies immer mehr kommerzialisiert, bis es spezialisierte Waidbauern und –händler gab.
Die Zentren des Waidanbaus lagen in Thüringen und im Elsass.
Denn nur in passendem Klima hatte die Pflanze ausreichend Farbstoff.

Nun zur Technik des Waidfärbens:
Die Blätter wurden zusammen mit den Stängeln zu einem Brei zerstampf und zermahlen.
Dieser wurde anschließend ungefähr 15 Tage gegärt und zwischendurch immer wieder umgerührt.
Anschließend formte man aus der Masse die sogenannten Waidkugeln, die man dann trocknen ließ.

Ein Stein, mit dem Waid zerkleinert und zerstampft wurde:

Datei:Waidstein Sömmerda.JPG ? Wikipedia
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co...mmerda.JPG

Doch dann mussten die Bauern den Rohstoff abgeben, denn die Weiterverarbeitung war ihnen gesetzlich verboten und den Waidhändlern vorbehalten.
Diese zerkleinerten die Waidkugeln und vermischten die Masse mit Wasser und Urin, um sie flüssiger zu machen.
Man kann sich den Gestank vorstellen, den dies bedeutete, und wegen dessen man die Gärung nicht an Feiertagen durchführen durfte, von denen es im Mittelalter unheimlich viele gab.
Anschließend wurde der Brei erneut gegärt, dann in Fässer geladen und verkauft.
Zentren des Waidhandels waren Speyer, Frankfurt, Köln und Nürnberg, wo man die Kleider färbte und denn verkaufte.

Doch weiterhin muss man sich ins Gedächtnis rufen:
Bauern und einfache Handwerker konnten – und durften – solche Farbstoffe nicht für ihre Kleidung benutzen!

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21.06.2012, 20:34
Beitrag: #16
RE: Geschichte der Farben
Natürliches Indigo I

In den Tropen und Subtropen kannte man einen Farbstoff, der viel besseres Blau ergab und auch größere Mengen pro Pflanze lieferte.
Der Name: Indigofera tinctoria, frei übersetzt Färbeindigo.

Die Pflanze:
[Bild: mz002941-indigo.jpg]
http://www.natur-server.de/Bilder/MZ/003...indigo.jpg

In China, Indien und Ägypten lässt sich vor unglaublichen fünf Jahrtausenden Indigofärberei nachweisen, zum Beispiel durch blaue Mumienbänder in altägyptischen Grabkammern.
Doch in Mitteleuropa war im Mittelalter Indigo sozusagen unbekannt.
Nur sehr gut situierte Maler verwendeten die Farbe, die aus unbekannten fernen Ländern stammte, für ihre Kunstwerke.

Über die Herkunft des Indigos erfuhr man in Europa erst durch den weitgereisten Venezianer Marco Polo:
Er beschreibt in seinem Bericht die Indigogewinnung in Indien, vor allem im Königreich Kulam an der Westküste der Halbinsel sowie in Cambrai und Gujarat im Nordwesten. Auch nennt er die Sundainseln, allen voran Java, als Anbaugebiete. Indigo wurde dort in rauen Mengen angebaut.

Als die Europäer Lateinamerika entdeckten, übernahmen sie die Pflanze aus Südasien und ließen sie dort wachsen.

Mehr zum Indigo im Teil II.

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21.06.2012, 20:46
Beitrag: #17
RE: Geschichte der Farben
(21.06.2012 20:27)Maxdorfer schrieb:  Man kann sich den Gestank vorstellen, den dies bedeutete, und wegen dessen man die Gärung nicht an Feiertagen durchführen durfte, von denen es im Mittelalter unheimlich viele gab.

Außerdem durften die Färber nur ganz am Rand der Städte ihre Viertel haben, und auch immer an der windabgewandten Seite. Die Färber waren auch immer die letzten, die ihre Abfälle in den Stadtbach leiten durften. War dann aber eh schon wurscht, nachdem die Fleischer, Gerber, Walker, Lederer... ihre Abwässer auch schon da rein geleitet hatten.
Nur - als Färber zu leben, da ließ man sich am besten erst mal die Nase betäuben...

Und warum Färber in erster Linie untereinander heirateten, mehr noch als andere Handwerker, lässt sich von daher auch leicht erklären...Rolleyes

VG
Christian
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22.06.2012, 18:47
Beitrag: #18
RE: Geschichte der Farben
Natürliches Indigo II

Nun ein bisschen zur Technik des Indigofärbens:

Die abgeschnittenen Pflanzen wurden mit Wasser und einigen anderen Zutaten bei einer Temperatur von 35° C 18 Stunden lang vergoren.
Dann wurde die Flüssigkeit in ein anderes Becken eingelassen, wo sie einige Stunden mit Holzlatten geschlagen wurde:

Dabei entstanden blaue Flocken, die herausgefischt und in Stücke gepresst wurden:

[Bild: pig_indi.jpg]

http://www.emrath.de/rest/pig_indi.jpg

Löste man diese auf, konnte man sie zum Färben verwenden.

Anfangs war Indigofärben mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden.
Doch man experimentierte ein bisschen herum, und bald entwickelte sich Indigo zum vorherrschenden Blau – Farbstoff für die Reichen.

Die Gesundheitsschäden wurden mit der Zeit eingegrenzt.
Trotzdem hatte der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches den Anbau und Handel der Pflanze 1577 per Reichspolizeiverordnung verboten.

Dies umgingen die Händler geschickt:
Erst fügte man ein bisschen, dann immer mehr Indigo dem Waid – Farbstoff hinzu.
Ähnliche Techniken werden übrigens heute noch von mancher Lebensmittelfabrik verwendet.

Merke: Früher war nicht alles besser! WinkBig Grin

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22.06.2012, 18:58
Beitrag: #19
RE: Geschichte der Farben
Demokratisierung auch der bunten Kleidung

im 19. Jahrhundert

Erst seit der Industriellen Revolution kann man Farbstoffe in rauhen Mengen und günstig herstellen.
Ungefähr ab 1850 war die bunte Kleidung auf dem Vormarsch in die Kleiderschränke der Arbeiter und Bauern.
Dies war auch ein Akt der Demokratisierung:
Aus der Farbe der Kleidung konnte man nicht mehr so einfach auf die Lebensumstände und die soziale Herkunft des Trägers schließen.

Das Tragen bunter Kleidung konnte von den Landesherren nicht mehr so einfach verboten und bestraft werden.

Erst in heutigen Tagen kommt schwarze Kleidung wieder in Mode.
Vorher hatte man lieber bunte Kleidung getragen, die man mit Freiheit und Gleichheit aller Stände – kurz: mit modernem Lebensstil – identifizierte.

Hier zeigte und zeigt sich wieder der Wahrheitsgehalt des Satzes „Kleider machen Leute“: Wer farbige Kleider trägt, hat die Macht.
Im Alten Rom waren dies die Cäsaren gewesen, im Alten Reich der Kaiser und die Adeligen, später auch die Reichen (also die Kaufleute) – und nun ging die Macht immer mehr auf das Volk über.

Viele staatliche Einrichtungen haben übrigens ihre farbige Kleidung von früher übernommen – man denke nur an die dunkelroten Roben der Richter.

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24.06.2012, 20:35
Beitrag: #20
RE: Geschichte der Farben
Die Farbenindustrie

Die Grundlage der Entwicklung der synthetischen Färbemittel war das Anilin, das im Steinkohleteer vorkommt und 1835 entdeckt wurde.
Eigentlich heißt es Aminobenzol, der Name Anilin kommt vom portugiesischen Wort für Indigo, „anil“.

Dieser Stoff sorgte dafür, dass man nun zahlreiche Farbstoffe in den verschiedensten Varianten herstellen konnte, die sogenannten Anilinfarben.
Beispiele sind Malachitgrün, Anilinblau (wo kommt bloß dieser Name her…), Fuchsin, Kristallviolett…
Später im neunzehnten Jahrhundert wurden noch viele weitere Farbstoffe entwickelt, wie Methylenblau, Sudanrot und Kongorot.

Im Laufe der Industriellen Revolution wurden viele chemische Fabriken gegründet, die Farbstoffe herstellten.
Einige wurden zu weltweit aktiven Konzernen wie Bayer in Leverkusen, Höchst in Höchst (wie sinnig, der Name) – und der Namensgeber meines Heimatortes, die BASF, in Ludwigshafen.
BASF steht für Badische Anilin- und Sodafabrik.

(Kleiner Exkurs: Die BASF wurde in Mannheim gegründet, also in Baden, musste dann aber nach Ludwigshafen, also aus Baden weg ziehen. Der Grund: In Mannheim wollte man keine große stinkige Fabrik und bewilligte keinen Boden, so zog die BASF nach Ludwigshafen und machte aus diesem winzigen Örtchen eine Großstadt. Der Name wurde jedoch beibehalten. Das musste ich als Lokalpatriot noch schnell erklären)

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