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Die Rettung Westroms:
23.04.2013, 19:38
Beitrag: #21
RE: Die Rettung Westroms:
Gleich im Voraus (bevor ich mich mit dem Thema beschäftige) eine Feststellung: Man darf die Verhältnisse im römischen Reich nicht an dem Zustand während der Zeit der Adoptivkaiser, der Blütezeit des Reiches, messen. Denn diese Zeit des Wohlstands, des Friedens, der Ruhe etc. war nur durch eine Verkettung günstiger Umstände möglich, des Adoptivkaiserprinzips des Nerva und seiner Nachfolger, der Expansionspolitik des Trajan, der Sicherungspolitik des Hadrian (die Trajans Eroberungsdrang nachträglich auf ein nützliches Maß reduzierte) aber auch der glücklichen außenpolitischen Umstände. Deshalb darf man auch die Krisen des römischen Reiches nicht als fortlaufende Zeichen verfehlter Politik sehen, sondern als in der Geschichte völlig natürliche Vorgänge. Die Krise so schwarz zu malen, wie es geschehen ist, würde ich deshalb nicht.
Also: Der Grund für den Untergang Westroms war meiner Meinung nach vor allem politischer Natur, da Westrom ja auch ein politisches Gebilde war. Für den Niedergang des Kaisertums gibt es verschiedene Gründe, für die erfolglose Außenpolitik (Völkerwanderung) und das schlechter werdende Heer auch, etc. Aber gerade letzter Punkt hatte auch Ursachen in gesellschaftlichen Problemen und der finanziellen Verwaltung.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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24.04.2013, 21:05
Beitrag: #22
RE: Die Rettung Westroms:
Aber um zum eigentlichen Punkt zu kommen: Das römische Reich wirklich zu retten und eine neue Blütezeit herbeizuführen, wäre vielleicht möglich gewesen, aber unwahrscheinlich. Es ist ja nicht so, dass der Untergang des römischen Reichs der Niedergang eines bestimmten Volkes war, sondern der einer internationalen völkerübergreifenden Macht. Man hatte schon mehrmals versucht, sie zu reformieren, und sie dabei mehr oder weniger völlig umgestaltet, unter Augustus und Diocletian, evtl. auch unter Konstantin dem Großen. Das waren alles Versuche, die Macht, die von der Stadt Rom ausging, unter veränderten Bedingungen zu erhalten. Aber alle Systeme – Republik, Prinzipat und (um den veralteten Begriff zu benutzen) Dominat – scheiterten. Ein neues System hätte an die Stelle eines alten treten müssen, um das römische Weltreich zu erhalten. Tat es aber nicht, in Ermangelung innovativer Köpfe und durchsetzungsfähiger Menschen.
Hierbei muss man hinzufügen, dass die Erneuerung der Macht Roms – je nachdem, in welchem Stadium des Niedergangs sie stattgefunden hätte – doch deutlich schwieriger gewesen wäre als in früheren Zeiten. Außenpolitischer Druck lastete auf dem Reich, innenpolitischer Druck (Gefahr einer Usurpation) auch etc. Das heißt aber noch lange nicht, dass es unmöglich gewesen wäre: Der Mann, der das römische Reich hätte retten können, hätte erstens ein begnadeter Feldherr sein müssen und zweitens ein durchsetzungsfähiger und vernünftiger Reformer: Er hätte einerseits die feindlichen Völker nacheinander besiegen oder auch gegeneinander ausspielen müssen, aber auch als Grundlage dafür andererseits das Räuberunwesen beseitigen, das Heer mit Reichsbewohnern besetzen und für die finanzielle Erholung des Reiches den Beamtenapparat reduzieren müssen, der die große Schwäche des spätantiken Kaisertums war. Er hätte einerseits das Reich zentralisieren müssen, andererseits die Macht auch in entlegenen Gebieten wieder durchsetzen müssen. Und das ganze zeitlich aufeinander abgestimmt und möglichst schnell. Besagter Kaiser hätte meiner Meinung nach vor allem die meisten diokletianisch-konstantinischen Reformen rückgängig machen müssen und zum bewährten Prinzipatssystem zurückkehren müssen. Es hätte einen solchen Mann geben können – außergewöhnliche Herrscher gab es oft genug in der Geschichte. Das Problem war, dass es keinen gab.

Allerdings war eine Rettung Westroms aus meiner Sicht nur bis 410 oder spätestens 450/455 möglich, was einige von dir genannten Hoffnungsträger ausschließt. Die anderen „hätten“ das Reich vielleicht retten können, wenn sie anders gehandelt hätten. Haben sie aber nicht. Deswegen halte ich es für falsch, diese „Was wäre wenn“-Frage an Personen festzumachen.

VG

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24.04.2013, 22:52
Beitrag: #23
RE: Die Rettung Westroms:
(24.04.2013 21:05)Maxdorfer schrieb:  Die anderen „hätten“ das Reich vielleicht retten können, wenn sie anders gehandelt hätten. Haben sie aber nicht. Deswegen halte ich es für falsch, diese „Was wäre wenn“-Frage an Personen festzumachen.

Ich finde nicht das diese Fragen falsch sind. Bestenfalls wird intensiv über die Personen und ihre Pläne diskutiert oder auch warum sie haben scheitern müssen, schlimmstenfalls eben nicht. Also sicher keine falsche Frage.

Was du aber wohl eher meinst, denke ich ist das eine einzellne fähige Person nur sehr sehr schwer den Untergang von Westrom verhindern hätte können, oder?

Den Sätzen „die anderen „hätten“ das Reich vielleicht retten können, wenn sie anders gehandelt hätten. Haben sie aber nicht“, stimme ich nicht ganz zu. Die erwähnten waren ja oft nicht ganz grundlos „Hoffnungsträger“- oft machten sie viel richtig, waren auf dem Weg zu Erfolgen. Oft waren es nicht ihre Pläne die sie zum scheitern brachten, oder ihr Handeln alleine, sondern äußere Faktoren, die sie nur schwer beeinflussen haben können. Weshalb ich es schon interessant fände ob sich etwas geändert hätte, wenn z.B. Stilicho oder Aethius nicht ermordet worden wären. Oder andere nicht ständig mit einem mächtigen Heermeister Ricimer rechnen hätten müssen, sondern freie Hand gehabt hätten.

Insofern halte ich diese Frage absolut nicht für falsch.
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25.04.2013, 01:43
Beitrag: #24
RE: Die Rettung Westroms:
Die Ermordung von Stilicho oder Aethius sind doch Beweise, dass es nicht ausreichend war, einen fähigen Mann an der Spitze des Staates zu haben. Es wären viele fähige Männer (nicht nur im Zentrum, sondern auch in den Provinzen) nötig gewesen, die den Untergang Westroms hätten verhindern können. Es ist vielleicht nur ein historischer Zufall, aber kurz nach der Ermordung von Stilicho (408) und Aethius (453) fanden die Plünderungen von Rom (410, 455) statt. Ich denke, die Gegner Roms (Westgoten, Vandalen) haben die Situation so eingeschätzt, dass nach der Ermordung der beiden Heermeister kein gleichwertiger, fähiger Nachfolger im Amt war.

Eine interessante Frage ist, inwieweit man die Herrschaft Theoderichs des Großen in Italien für die römische Bevölkerung bewerten muss. Er hatte ja zwei Herrschaftsämter, König der Ostgoten und Patricius der Römer. In letzter Funktion herrschte er de jure als Statthalter des (oströmischen) Kaisers über die römische Bevölkerung Italiens. De facto herrschte er über sie wie ein unabhängiger Regent. Kann es nicht sein, das für die römische Bevölkerung die Absetzung des letzten Kaisers ohne Bedeutung war, da es einen Kaiser in Konstaninopel gab, der in Italien erst durch Odoaker und dann Theoderich vertreten wurde. Die Herrschaft Theoderichs gewährte schließlich auch den Römern Sicherheit und Recht und einen gewissen Wohlstand.

Sind nicht der Untergang des Ostgotenreiches im Jahr 534 und die darauf folgenden Gotenkriege verheerender für die Römer Italiens gewesen, als die Absetzung des letzten Kaisers im Jahr 476?

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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25.04.2013, 17:43
Beitrag: #25
RE: Die Rettung Westroms:
(25.04.2013 01:43)Sansavoir schrieb:  Sind nicht der Untergang des Ostgotenreiches im Jahr 534 und die darauf folgenden Gotenkriege verheerender für die Römer Italiens gewesen, als die Absetzung des letzten Kaisers im Jahr 476?

Mit Sicherheit. Erst danach erlebte Italien Rechtsunsicherheit und Zerstörungen.

VG
Christian
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25.04.2013, 21:26
Beitrag: #26
RE: Die Rettung Westroms:
(25.04.2013 01:43)Sansavoir schrieb:  Die Ermordung von Stilicho oder Aethius sind doch Beweise, dass es nicht ausreichend war, einen fähigen Mann an der Spitze des Staates zu haben. Es wären viele fähige Männer (nicht nur im Zentrum, sondern auch in den Provinzen) nötig gewesen, die den Untergang Westroms hätten verhindern können. Es ist vielleicht nur ein historischer Zufall, aber kurz nach der Ermordung von Stilicho (408) und Aethius (453) fanden die Plünderungen von Rom (410, 455) statt. Ich denke, die Gegner Roms (Westgoten, Vandalen) haben die Situation so eingeschätzt, dass nach der Ermordung der beiden Heermeister kein gleichwertiger, fähiger Nachfolger im Amt war.

Bin mir sogar sicher das es kein historischer Zufall war. Alarichs Westgoten konnten von Stilicho gestoppt werden, mit großen Mühen würde ich sagen. Als Stilicho weg war, war der Weg für die Westgoten frei. Aber nicht nur das, die germanenfeindliche Politik von Stilichos Nachfolgern trieb meineswissens etliche Heeresteile ins Lager Alarichs. Also gute Bedingungen für eine Eroberung Roms.

455 ist es nicht sooo viel anders, vielleicht sogar noch schlimmer. Ich persönlich hätte Aethius schon zugetraut es zumindest zu schaffen, das die Wandalen Rom direkt nicht bedroht hätten. Doch dann wurde er ermordet und kurz danach auch Valentinian III. Dieser war zwar nicht der fähigste, hatte aber zumindest den Bonus des legitimiert seins, was seine Nachfolger nicht hatten. Ein gewaltige innere Schwäche ohne echt starken Mann. Diese Schwäche nutzen die Wandalen für die Eroberung Roms.
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25.04.2013, 21:31
Beitrag: #27
RE: Die Rettung Westroms:
(25.04.2013 01:43)Sansavoir schrieb:  Sind nicht der Untergang des Ostgotenreiches im Jahr 534 und die darauf folgenden Gotenkriege verheerender für die Römer Italiens gewesen, als die Absetzung des letzten Kaisers im Jahr 476?

Dem würde ich absolut zustimmen, auch aus langfristiger Sicht. Die Gotenkriege überforderten die Ressourcen von Byzanz, etwas was schon sehr bald zum Niedergang dieses Reichs führte. In diesem Zug ging auch der Respekt vor Byzanz verloren. Und noch etwas, das durch die Gotenkriege verwüstete Italien wurde nun (in Folge der Schwäche Ostroms) auch noch gespallten, in langobardische und in byzantinische Teile. Spätestens jetzt war man ganz weit weg davon das Zentrum der Welt zu sein.
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25.04.2013, 23:34
Beitrag: #28
RE: Die Rettung Westroms:
(25.04.2013 21:31)WDPG schrieb:  
(25.04.2013 01:43)Sansavoir schrieb:  Sind nicht der Untergang des Ostgotenreiches im Jahr 534 und die darauf folgenden Gotenkriege verheerender für die Römer Italiens gewesen, als die Absetzung des letzten Kaisers im Jahr 476?

Dem würde ich absolut zustimmen, auch aus langfristiger Sicht. Die Gotenkriege überforderten die Ressourcen von Byzanz, etwas was schon sehr bald zum Niedergang dieses Reichs führte. In diesem Zug ging auch der Respekt vor Byzanz verloren. Und noch etwas, das durch die Gotenkriege verwüstete Italien wurde nun (in Folge der Schwäche Ostroms) auch noch gespallten, in langobardische und in byzantinische Teile. Spätestens jetzt war man ganz weit weg davon das Zentrum der Welt zu sein.

(25.04.2013 17:43)913Chris schrieb:  Mit Sicherheit. Erst danach erlebte Italien Rechtsunsicherheit und Zerstörungen.

VG
Christian

Sehe ich genauso. Die Zerstörungen während des Gotenkrieges führten zum endgültigen Untergang Westroms, nicht nur des Staates, sondern der gesamten antiken Gesellschaft, und im Nachhinein bekamen die Ereignisse von 476 die Bedeutung zugesprochen, wie sie heute vermittelt werden.

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26.04.2013, 20:30
Beitrag: #29
RE: Die Rettung Westroms:
(24.04.2013 22:52)WDPG schrieb:  Ich finde nicht das diese Fragen falsch sind. Bestenfalls wird intensiv über die Personen und ihre Pläne diskutiert oder auch warum sie haben scheitern müssen, schlimmstenfalls eben nicht. Also sicher keine falsche Frage.

Was du aber wohl eher meinst, denke ich ist das eine einzellne fähige Person nur sehr sehr schwer den Untergang von Westrom verhindern hätte können, oder?

Den Sätzen „die anderen „hätten“ das Reich vielleicht retten können, wenn sie anders gehandelt hätten. Haben sie aber nicht“, stimme ich nicht ganz zu. Die erwähnten waren ja oft nicht ganz grundlos „Hoffnungsträger“- oft machten sie viel richtig, waren auf dem Weg zu Erfolgen. Oft waren es nicht ihre Pläne die sie zum scheitern brachten, oder ihr Handeln alleine, sondern äußere Faktoren, die sie nur schwer beeinflussen haben können. Weshalb ich es schon interessant fände ob sich etwas geändert hätte, wenn z.B. Stilicho oder Aethius nicht ermordet worden wären. Oder andere nicht ständig mit einem mächtigen Heermeister Ricimer rechnen hätten müssen, sondern freie Hand gehabt hätten.

Insofern halte ich diese Frage absolut nicht für falsch.

Was man auf jeden Fall diskutieren kann, ist die Frage, woran diese Personen denn gescheitert sind.
Aber die Rettung Westroms würde ich nicht an einzelnen Personen festmachen.

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26.04.2013, 20:34
Beitrag: #30
RE: Die Rettung Westroms:
(21.02.2013 00:03)WDPG schrieb:  -(Mit-) Kaiser Constantius III

Nehmen wir mal als Beispiel Constantius III.:
Er spielte die Usurpatoren um Konstantin III., dessen Unter-, Mit- und Gegenkaiser jeweils gegeneinander aus, er organisierte durch Intrigen und Diplomatie einen Putsch gegen den Gotenkönig Athaulf und schloss mit dessen Nachfolgern ein Abkommen, mit dem die Westgoten in Aquitanien angesiedelt und zu Verbündeten Roms wurden (später kämpften sie für Rom gegen die Vandalen), konnte den Goten die erbeutete Kaiserschwester Galla Placidia wieder abkaufen (die er dann heiratete). Bei seinem frühen Tod 421 hatte er das Reich mehr oder weniger wieder "in Ordnung gebracht", auch wenn einige Gebiete wie Britannien fehlten.
Trotzdem - für eine wirkliche Rettung reichte es bei ihm nicht. Obwohl er auf dem besten Wege war. Möglich, dass, wie von Sansavoir geschrieben, mehrere sehr fähige Persönlichkeiten notwendig gewesen wären, wie auch in der Krisenzeit der Römischen Republik. Obwohl Octavian am bekanntesten ist, wären seine Erfolge ohne seine Mitstreiter (Beispiel Agrippa) und vorherige Machthaber wie Sulla und Caesar nicht möglich gewesen.

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26.04.2013, 20:50
Beitrag: #31
RE: Die Rettung Westroms:
(25.04.2013 01:43)Sansavoir schrieb:  Eine interessante Frage ist, inwieweit man die Herrschaft Theoderichs des Großen in Italien für die römische Bevölkerung bewerten muss. Er hatte ja zwei Herrschaftsämter, König der Ostgoten und Patricius der Römer. In letzter Funktion herrschte er de jure als Statthalter des (oströmischen) Kaisers über die römische Bevölkerung Italiens. De facto herrschte er über sie wie ein unabhängiger Regent. Kann es nicht sein, das für die römische Bevölkerung die Absetzung des letzten Kaisers ohne Bedeutung war, da es einen Kaiser in Konstaninopel gab, der in Italien erst durch Odoaker und dann Theoderich vertreten wurde. Die Herrschaft Theoderichs gewährte schließlich auch den Römern Sicherheit und Recht und einen gewissen Wohlstand.

Der erste, der das Datum 4. September 476 n. Chr. als Wendepunkt beurteilte, war vermutlich der Abt Eugippius aus Sizilien in seiner Vita des heiligen Severin. Dementsprechend schrieb etwas später Marcellinus Comes in seinem Werk „Chronicon“: „Das Westreich des römischen Volkes, das im Jahr 709 nach Gründung Roms Augustus Octavian als erster beherrschte, ging mit diesem Augustulus unter – nach 522 Jahren aufeinanderfolgender Herrscher. Von da an machten sich die Könige der Goten Rom zu Eigen.“
(zitiert nach: Hans-Peter von Peschke: Das Ende des römischen Reiches! Wendepunkte der Geschichte, Theiss Verlag Stuttgart 2012.)
Allgemein würde ich sagen, dass man vorher schon zu viel Niedergang und zu viel Verfall erlebte und dass man dies auch danach weiterhin immer wieder erlebte, sodass das Jahr 476 nur noch die gegebene Situation sozusagen offiziell machte. Die Macht von Romulus Augustulus wie auch die seines Vaters Orestes war sowieso sehr beschränkt gewesen, sodass man in den meisten Siedlungen vermutlich eher die große Plünderung der nächsten Stadt oder die Besetzung einer großen Domäne durch landhungrige „Barbaren“ als Zäsur betrachtete.
In den späten 70er Jahren sah man es wohl einfach so, dass man vom Kaiser eh nichts mehr mitbekommen hatte und mit Symbolik wie Augustus- und Patricius-Titeln nicht wirklich viel am Hut hatte.

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26.04.2013, 21:05
Beitrag: #32
RE: Die Rettung Westroms:
WDPG schrieb:Ein weiterer dieser komplexen Faktoren, den man auch nicht ganz unterschätzen sollte ist der Ausfall von Steuergeld und vielleicht auch der Getreideversorgung. Jeder der beiden Reichsteile hatte seine Getreide und Steuerprovinzen, im Westen war hier vor allem Nordafrika sehr wichtig. Als Nordafrika an die Wandalen fiel verschärfte das die Krise extrem. Hier waren schon zu Cäsars Zeiten die Getreideprovinzen und auch die Provinzen von denen das Geld kam. Geld das extrem wichtig war, denn dieses brauchte man um neue Söldner anwerben zu können, die man brauchte um noch irgendwie die Reichsgrenzen zu verteidigen.

Da hast du Recht, hinzu kommt aber auch als sehr bedeutender Faktor, dass die finanziellen Bedürfnisse des spätantiken Reiches rapide gestiegen waren, da viel mehr Verwaltungsaufwand betrieben und eine fast orientalisch prunkvolle Hofhaltung eingeführt wurde. Wie ich schon geschrieben habe hätte man vor allem auch den Verwaltungsapparat verkleinern müssen, was als Nebeneffekt auch für eine positivere Einstellung in der Bevölkerung gesorgt und das Ausmaß des Räuberunwesens möglicherweise vermindert hätte.

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27.04.2013, 18:04
Beitrag: #33
RE: Die Rettung Westroms:
Arkona schrieb:Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Rom "Unmengen Soldaten" brauchte. Gemessen an der Gesamtzahl von 50 Millionen Einwohnern im Reich waren es mal gerade 1% unter Waffen, also auch nicht viel mehr als die Friedensstärke heutiger Armeen und das in einem Riesenreich.

Das Problem war halt, dass man gute Soldaten brauchte, die loyal, einsatzfähig, effektiv waren und gute Taktiken beherrschten. Deshalb hätte man wohl auch nicht nur bessere Soldaten gebraucht, sondern auch bessere Generäle, Offiziere und Feldherren.

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27.04.2013, 18:16
Beitrag: #34
RE: Die Rettung Westroms:
Bunbury schrieb:hier drängt sich mir dann doch die Frage auf, woher die neuen Söldner hätten kommen sollen. Der ganze europäische Kontinent war in Bewegung- wie soll und wo soll man da dann neue Söldner ausheben, selbst wenn das Geld vorhanden wäre? Wie bekommt man sie dorthin, wo man sie braucht? Wer hatte noch genug Übersicht, um jeden dort hin zu bringen, wo er benötigt wurde?


Söldner zu bekommen wäre vielleicht gar nicht so schwer gewesen, schließlich hatten sich ja Unmengen an Volksstämmen im römischen Reich angesiedelt. Einfach anwerben, Belohnung in Aussicht stellen, fertig. Das Problem war eben die finanzielle Lage des Reiches, die es nicht erlaubte, viele Söldner anzuwerben. Sie dorthin, wo man sie braucht, zu transportieren, wäre sicherlich auch nicht solch ein Problem gewesen, wenn man fähige Offiziere hatte – und eben die Übersicht über das Reich.
Ich denke, so eine Anarchie herrschte auch wieder nicht. Es gab nun eben viele Barbarenstaaten im Reich, die sich in den Provinzen festsetzten. Es kann natürlich auch sein, dass ich mich täusche, aber die Übersicht über die römischen Provinzen zu behalten war sicherlich nicht viel schwerer als heute die Außenpolitik eines unabhängigen Staates. Beides nicht wirklich einfach, es finden ja immer Entwicklungen statt, aber nicht unmöglich.
Es galt eben, die akuten Probleme schnell in Angriff zu nehmen, um sie effektiv lösen zu können. Wofür es fähige Leute gebraucht hätte, aber wohl keine Übermenschen.

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28.04.2013, 22:23
Beitrag: #35
RE: Die Rettung Westroms:
(26.04.2013 20:34)Maxdorfer schrieb:  
(21.02.2013 00:03)WDPG schrieb:  -(Mit-) Kaiser Constantius III

Nehmen wir mal als Beispiel Constantius III.:
Er spielte die Usurpatoren um Konstantin III., dessen Unter-, Mit- und Gegenkaiser jeweils gegeneinander aus, er organisierte durch Intrigen und Diplomatie einen Putsch gegen den Gotenkönig Athaulf und schloss mit dessen Nachfolgern ein Abkommen, mit dem die Westgoten in Aquitanien angesiedelt und zu Verbündeten Roms wurden (später kämpften sie für Rom gegen die Vandalen), konnte den Goten die erbeutete Kaiserschwester Galla Placidia wieder abkaufen (die er dann heiratete). Bei seinem frühen Tod 421 hatte er das Reich mehr oder weniger wieder "in Ordnung gebracht", auch wenn einige Gebiete wie Britannien fehlten.
Trotzdem - für eine wirkliche Rettung reichte es bei ihm nicht. Obwohl er auf dem besten Wege war. Möglich, dass, wie von Sansavoir geschrieben, mehrere sehr fähige Persönlichkeiten notwendig gewesen wären, wie auch in der Krisenzeit der Römischen Republik. Obwohl Octavian am bekanntesten ist, wären seine Erfolge ohne seine Mitstreiter (Beispiel Agrippa) und vorherige Machthaber wie Sulla und Caesar nicht möglich gewesen.

Eigentlich ist dann nicht, wie du ursprünglich geschrieben hast, meine Frage falsch, sondern nur mit Nein zu beantworten - genauer genommen "Nein, ein einzellner dieser Hoffnungsträger hätte nicht viel ändern können", eine Reihe von fähigen Personen (vielleicht) schon.

Constantius III machte etwas was fast alle dieser Hoffnungsträger, am Ende Westroms machten. Sie holten sich Unterstützung von Außen, man könnte auch sagen man spielte mehrere Mächte aus. Ob man damit alle Probleme des Weströmischen Reichs hätte lösen können ist fraglich.
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29.04.2013, 10:33
Beitrag: #36
RE: Die Rettung Westroms:
(26.04.2013 20:50)Maxdorfer schrieb:  Der erste, der das Datum 4. September 476 n. Chr. als Wendepunkt beurteilte, war vermutlich der Abt Eugippius aus Sizilien in seiner Vita des heiligen Severin.....

Man kann es so sagen, vor allem im Nachhinein gesehen war 476 schon ein wichtiges Datum (wenn man so will ist es ein Meilenstein im Niedergang von vielen), aber es wird gewaltig Überbewertet. Der Niedergang hatte längst vorher eingesetzt, der Kaiser selbst hatte teilweise kaum noch Macht und auch die "mächtigen" Heermeister hatte oft nur noch eine Macht die sich auf Italien und ein paar Teile im südlichen Gallien beschränkte. Die letzten Kaiser hatten über weite Teile ihres "Gesamtreichs" nur noch eine theoretische Herrschaft. Man könnte es so sagen der jeweilige Kaiser herrschte nur noch im Zentrum und selbst dort tobte ein heftiges Durcheinander. Ricimer hatte es schon öfter zwischenzeitlich so gemacht das er für kurze Zeit die Macht ohne Kaiser hatte oder setzte unbedeutende Marionetten wie Livius Severus an die Staatsspitze. Nach 472 gab es auch kaum noch sowas wie eine Zentralarmee im "Zentrum des Reichs", was man auch an den letzten Kaisern sehen kann.

Kurz gesagt: Die Macht des Kasiers im Westen war 476 bereits dermaßen ausgelaugt das es vielen wohl egal war ob es nun einen eigenen Kaiser gab oder ob man den in Konstantinopel als Oberherrn anerkannte. Dieser hatte genauso wie die letzten Westkaiser nur noch sehr wenig Macht über den Westen, hatte mit eigenen Problemen zu kämpfen. Irgendwie stimmt es auch das, dass alte Rom (also die Stadt) viel an Status eingebüßt hat - zum Großteil nicht an die neuen Regierungssitze im Westen, sondern an Konstantinopel.

Ich persönlich würde die Gotenkriege auch nur als ein weiteres bedeutendes Ereignis im Niedergang Roms und auch der "Idee Roms als Oberherrscher" sehen. Das Ostkaisertum unter Justinian I hatte versucht die theoretische Oberherrschaft noch einmal zu einer praktischen Herrschaft umzuwandeln, war auch wegen der Gotenkriege gescheitert - trotz hoher territorialer Erfolge und erlebte bald einen gewaltigen Niedergang. In dessen Zug auch diese "Idee Roms als Oberherrscher" sowie letzte Teile der Strukturen Roms immer mehr ihre Bedeutung verloren.

Anders als das Westreich, das die Krise im 5. Jahrhundert nicht mehr wirklich überwinden konnte, gelang es dem Osten die Krise des 7. Jahrhunderts zu überstehen. Ein nicht zu unterschätzender Grund war eine Person, wenn man so möchte ein Hoffnungsträger namens Heraklaios. Zum Teil weil es ihm und seinen Nachfolgern gelang neue Strukturen aufzubauen, zum Teil weil er ein extrem fähiger Feldherr war, aber natürlich spielten auch hier andere Faktoren eine Rolle z.B. die Uneinnehmbarkeit von Konstantinopel). Zum Teil auch deshalb der Gedanke mit den Hoffnungsträgern. Natürlich kann man die 2 Situationen Westrom im 5. Jahrhundert und Ostrom Anfang des 7. Jahrhunderts aber nur sehr schwer vergleichen.
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29.04.2013, 10:44
Beitrag: #37
RE: Die Rettung Westroms:
(27.04.2013 18:16)Maxdorfer schrieb:  Söldner zu bekommen wäre vielleicht gar nicht so schwer gewesen, schließlich hatten sich ja Unmengen an Volksstämmen im römischen Reich angesiedelt. Einfach anwerben, Belohnung in Aussicht stellen, fertig.

Wie du selbst schreibst war es eben nicht so einfach. Eine Belohnung konnte für den einzelnen nur Geld oder Land sein. Von ersterem hatte man nicht genug und die Vergabe von Land schadete langfristig dem Reich.

Der Ansatz des Soldatenmangels stimmt schon. Rom hatte im Rhein-Donaugebiet immer eine sehr lang gezogene Grenze und es war so oft mein Eindruck selbst in Blütezeiten alles andere als einfach genügend Soldaten zur Verfügung zu stellen das alles effizient zu verteidigen. Spätestens mit dem Sieg der Westgoten in Adrianopel hatte man neben den bisher schon schwer zu haltenden Grenzen noch eine zusätzliche Front für die man Soldaten brauchte. Etwas was Roms Kräfte in der Spätzeit wohl überforderte. Eigene Soldaten wurden immer weniger und Söldner konnte man natürlich anwerben, aber man musste sie auch bezahlen, etwas was man nicht mehr schaffte. Blieb nur noch eines, das Verschieben von Truppen (zu einen großen Teil Söldner) von der Rheingrenze ins Zentrum um wenigstens Italien zu schützen, wie es Stilicho machte.
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29.04.2013, 10:53
Beitrag: #38
RE: Die Rettung Westroms:
(27.04.2013 18:16)Maxdorfer schrieb:  Sie dorthin, wo man sie braucht, zu transportieren, wäre sicherlich auch nicht solch ein Problem gewesen, wenn man fähige Offiziere hatte – und eben die Übersicht über das Reich.
Ich denke, so eine Anarchie herrschte auch wieder nicht. Es gab nun eben viele Barbarenstaaten im Reich, die sich in den Provinzen festsetzten. Es kann natürlich auch sein, dass ich mich täusche, aber die Übersicht über die römischen Provinzen zu behalten war sicherlich nicht viel schwerer als heute die Außenpolitik eines unabhängigen Staates. Beides nicht wirklich einfach, es finden ja immer Entwicklungen statt, aber nicht unmöglich.

Der Transport von Truppen dorthin wo man sie braucht, war sicherlich eine logistische Herausforderung, aber nicht wirkich das Problem, so mein Eindruck.

Das Problem sehe ich wo anders: Wenn ich zuwenige Truppen zur Verfügung habe, muss ich überlegen wo ich sie am ehesten brauche, vor allem wenn ich mehrere Fronten zu verteidigen habe. Logisch das man das "Kerngebiet" Italien zuerst schützte. Etwas was für einen Soldatenmangel an anderen Fronten sorgte - etwa an der Rheingrenze. Das nutzten Völker um diese zu überschreiten. Oft versuchte man diese dann als Bündnispartner zu nutzen und gegen andere Völker auszuspielen. Doch egal ob nun Bündnispartner oder feindlich eingefallene (ein Status der ja auch wechselte), es ist kein Wunder das man mit der Zeit zum eigentlichen Machtfaktor in der Region in der man Siedelte und Kämpfte wurde.

Das es vor allem den fähigeren Feldherren des Reichs gelang die angeworbenen Soldaten rechtzeitig zu ihrem Einsatzort zu bringen, zeigt sich auch darin das man sich ja oft über eine Zeit lang wehren konnte. Oft war das Problem das innere (Macht-)Kämpfe diese Bemühungen dann zunichte machten und die Situation noch verschlimmerten.
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26.05.2013, 12:11
Beitrag: #39
RE: Die Rettung Westroms:
(29.04.2013 10:53)WDPG schrieb:  Das Problem sehe ich wo anders: Wenn ich zuwenige Truppen zur Verfügung habe, muss ich überlegen wo ich sie am ehesten brauche, vor allem wenn ich mehrere Fronten zu verteidigen habe. Logisch das man das "Kerngebiet" Italien zuerst schützte. Etwas was für einen Soldatenmangel an anderen Fronten sorgte - etwa an der Rheingrenze. Das nutzten Völker um diese zu überschreiten.

Und das führte dann immer wieder zu Usurpationen und Machtkämpfen, die mehr als nur die betroffene Region schädigten. Beispiel Konstantin III.*, der 406 in Britannien zum Kaiser erhoben wurde, als germanische Stämme, den Rhein überquerten und sich die römische Herrschaft auf der britischen Insel in einer schweren Krise befand. Als er niedergeschlagen war, war Britannien faktisch unabhängig und wurde von keltisch-germanischen Stämmen beherrscht. Aber gleichzeitig zog seine Usurpation auch Gallien und Spanien in den Krieg hinein und lähmte die Politik des Kaisers Honorius noch mehr, als es schon der Goteneinfall in Italien (Plünderung Roms 410) tat.

* Konstantin III. wurde von Ostrom nie offiziell anerkannt und wird deswegen in den byzantinischen Kaiserlisten nicht geführt. Als Konstantin III. erscheint dort ein anderer Kaiser.

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26.05.2013, 12:14
Beitrag: #40
RE: Die Rettung Westroms:
(29.04.2013 10:33)WDPG schrieb:  
(26.04.2013 20:50)Maxdorfer schrieb:  Der erste, der das Datum 4. September 476 n. Chr. als Wendepunkt beurteilte, war vermutlich der Abt Eugippius aus Sizilien in seiner Vita des heiligen Severin.....

Man kann es so sagen, vor allem im Nachhinein gesehen war 476 schon ein wichtiges Datum (wenn man so will ist es ein Meilenstein im Niedergang von vielen), aber es wird gewaltig Überbewertet. Der Niedergang hatte längst vorher eingesetzt, der Kaiser selbst hatte teilweise kaum noch Macht und auch die "mächtigen" Heermeister hatte oft nur noch eine Macht die sich auf Italien und ein paar Teile im südlichen Gallien beschränkte. Die letzten Kaiser hatten über weite Teile ihres "Gesamtreichs" nur noch eine theoretische Herrschaft. Man könnte es so sagen der jeweilige Kaiser herrschte nur noch im Zentrum und selbst dort tobte ein heftiges Durcheinander. Ricimer hatte es schon öfter zwischenzeitlich so gemacht das er für kurze Zeit die Macht ohne Kaiser hatte oder setzte unbedeutende Marionetten wie Livius Severus an die Staatsspitze. Nach 472 gab es auch kaum noch sowas wie eine Zentralarmee im "Zentrum des Reichs", was man auch an den letzten Kaisern sehen kann.

Kurz gesagt: Die Macht des Kasiers im Westen war 476 bereits dermaßen ausgelaugt das es vielen wohl egal war ob es nun einen eigenen Kaiser gab oder ob man den in Konstantinopel als Oberherrn anerkannte. Dieser hatte genauso wie die letzten Westkaiser nur noch sehr wenig Macht über den Westen, hatte mit eigenen Problemen zu kämpfen. Irgendwie stimmt es auch das, dass alte Rom (also die Stadt) viel an Status eingebüßt hat - zum Großteil nicht an die neuen Regierungssitze im Westen, sondern an Konstantinopel.

Im Nachhinein waren die Jahre von 450 bis 500 eine bedeutende Zäsur in der Geschichte Italiens, aber auch ganz Westeuropas, und ganz besonders 476 als symbolträchtiges Ende der bisherigen Ordnungsmacht, des (römischen) Kaisertums. Als bedeutender Einschnitt angesehen wurde es aber damals noch nicht.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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