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Manie des Modernismus
02.09.2014, 14:53
Beitrag: #1
Manie des Modernismus
Neue Zeiten,
bringen neue Moden
und die Menschen die damit aufwachsen, haben vielfach Probleme die Moden und Leistungen der Vergangenheit zu würdigen.
In Anfällen von Modernismus wird gerne per "Planierraupe saniert"

Beispiele kennen wir alle. Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist zZt. ein prominentes Beispiel.

Die vielen schönen Barock- und Rokoko-Kirchen Oberschwabens werden bekannt sein.
Ihr "Überleben" verdanken sie günstigen politischen und wirtschaftlichen Konstellationen. Das heißt, eigentlich ungünstigen...
in jenen Gegenden war im 19. Jahrhunderten sehr lange das Geld knapp, so dass sich Neubauten verboten.
Respektive es gab die Klöster nicht mehr, die solche in Auftrag geben konnten.
Denn im 19. Jahrhundert sprach man überaus abfällig von jenen Bauten, man sprach vom "Zopfstil" ähnlich abfällig wie heute von den "Nierentischen" der 50er Jahre.

Die meisten dieser tollen Kirchen, an denen wir uns heute erfreuen, hatten Vorgängerbauten im romanischen oder gotischen Stil.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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04.09.2014, 20:34
Beitrag: #2
RE: Manie des Modernismus
Ein Beispiel für eine Kirche die 1872 "modernisiert" wurde, ist die schöne barocke Klosterkirche in Beuron.
1872 im sg. Beuroner Stil modernisiert.
Diese Stilrichtung geht auf den (späteren) Beuroner Pater Desiderius Lenz zurück.
Er bekam in den 1860er Jahren von der damaligen Fürstin von Hzl.-Sigmaringen den Auftrag die bis heute bekannte Kapelle St. Maurus im Felde zu bauen.
http://www.erzabtei-beuron.de/kloster/ku...index.html
man sieht es, die Stilrichtung ist ägyptisch und byzantinisch/frühchristlich beeinflusst.

Von Kunst verstehe ich nichts, ich wage deshalb kein Urteil.
Lenz sah aber die Kunst, seine Kunst, als Rezept zur Wiedergenesung der damaligen Kirche. Und diese Einstellung, diesen universellen Anspruch sehe ich sehr kritisch, egal von wem er erhoben wird.

Sei es wie es will, diese Modernisierung war auch in Beuron selbst später sehr umstritten, und nach dem Krieg, 1947-51 wurde die Klosterkirche "rebarockisiert" sehr zu ihrem Vorteil.
Die sg. Gnadenkapelle links vom Seitenaltar ist noch in diesem Stil gehalten, mir gefällt sie gar nicht, eher zum fürchten.

http://www.erzabtei-beuron.de/kloster/ku...index.html

Auf dem Bild in diesem Link sieht man den Hochaltar mit einem seltsamen Altarbild für die Barockzeit.
Das Bild ist ebenfalls aus dieser "Modernisierungsphase"
den barocken Feuchtmayer-Altar hat Lenz persönlich 1873 zerstört!

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.09.2014, 17:06
Beitrag: #3
RE: Manie des Modernismus
Lieber Schwabe,

so ganz verstehe ich nicht, worauf du hier heraus willst. Meinst du den Wandel des Geschmacks im Wandel der Zeit oder geht es daraum, daß bestimmte Vorlieben das eine zerstören und das andere bewahren?
Irgendwie stehe ich hier auf dem Schlauch, insbesondere, wenn ich es mit dem Titel versuche in Einklang zu bringen...
Klär mich doch mal auf, wenn es das eine ist, was ich glaube, daß es vielleicht sein könnte, hätte ich vielleicht auch etwas beizutragen...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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05.09.2014, 22:20
Beitrag: #4
RE: Manie des Modernismus
Mein Schulweg ging durch eine weitgehend von Bomben verschonte Vorstadtstraße.
Die Häuser, Drei- Viergeschossig mit dem üblichen Zierrat der Bauten vor dem 1. WK.
Mein unverbildeter Geschmack fand das einfach schön. Palazzi wie in Venedig.
Und ich würde das heute noch schön finden, aber die Häuser in der Straße gibt es nicht mehr....
Das heißt so ziemlich alle gibt es noch.
ABER Erker, Türmchen, alles weg, die Fassaden meist hinter Eternitplatten verschwunden.... Alles was ich schön fand futsch dahin.

Ich bin die Woche zu Fuss zum Friseur marschiert, genau durch die Straße
Igitt igitt

Um was es mir ging, Zeitgeschmack sit recht und gut, aber auch vergänglich....

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.09.2014, 23:10
Beitrag: #5
RE: Manie des Modernismus
Ich verstehe es einfach so, dass bei/an/in bestimmten historischen Bauwerken, Anlagen, Denkmälern im Laufe der Zeit Veränderungen, Hinzufügungen oder auch Abrisse, Ersetzungen usw. vorgenommen wurden, die z.T. sehr unterschiedlich bewertet werden. Passt die Veränderung/Anpassung/"kreative Restaurierung" in das mehr oder weniger gewachsene Gesamtensemble, zerstört es möglicherweise den Gesamteindruck, mindert en historischen Gesamtwert ... usw. Daraus resultieren unterschiedliche Meinungen - unterschiedlicher Geschmack - ja, ok, aber es sind, gerade in den letzten 100 Jahren, sicher auch echte Freveltaten begangen worden.

Ich habe da auch ein Beispiel, bei dem das Objekt der Klage die Gemüter sehr bewegte und es immer noch tut. Keine Ahnung, ob ihr die Leuchtenburg kennt. Eine der schönsten und besterhaltenen Burgen Mitteldeutschlands mit Ursprung im frühen 13. Jahrhundert.

Nachfolgend werde ich einfach einige Sachen verlinken und zitieren, aus denen vielleicht die Problematik hervorgeht.

[Bild: 800px-Leuchtenburg_060409.jpg]

Wen es interessiert --->:

Zitat:Landeskonservator Holger Reinhardt lobt den Neubau des Besucherzentrums als „moderne Interpretation eines zu Burgen gehörenden Funktionsbaues im Bereich der ehemaligen Vorburg und an Stelle früherer Mauern.“ Das zackenförmige und nach Westen über die Burgmauer auskragende Gebäude wird allerdings nicht wie in früheren Zeiten Angreifer abwehren, sondern heißt die Burgbesucher willkommen. Informationen, Tickets, Leckeres für den ersten Hunger, einen Burgshop sowie Toiletten sind hier untergebracht. Wenn die Gäste im Inneren durch die 15 m2 großen Panoramafenster über das Saaletal blicken, erahnt man kaum, welche ingenieur- und bautechnischen Raffinessen notwendig waren, um das Besucherzentrum hier auf festem Fels zu gründen, denn viele Schräg- und Senkrechtbohrpfähle mussten dutzende Meter tief verankert werden. Die Fassade aus anthrazitfarbenen Faserzementplatten wurde mit raffinierten, maßgeschneiderten Strukturen versehen. Um die uralte Linde auf dem Vorplatz zu bewahren, plante das Team der Bau-Consult Hermsdorf GmbH in Zuzsammenarbeit mit der Architektin Silke Loose das Besucherzentrum extra „drum herum“. Nun spendet sie denjenigen wohligen Schatten, die nach dem Burgrundgang unter ihren Ästen verweilen. Der Neubau setzt einen modernen Akzent an historischer Stelle:


Der Youtube-Clip verdeutlicht das optische Äußere und ist eigentlich sehr aussagekräftig.





Hier noch ein Zitat aus dem Facebook-Auftritt der Leuchtenburg, welches stellvertretend für andere steht und nach meiner Einschätzung die weitläufige vorherrschende Meinung "der Menschen" wiedergibt:
Zitat:Auch mein Sohn und ich waren im August auf der Leuchtenburg.
Ich habe mir auch die Gästebucheinträge durchgelesen...auch die negativen die hier nicht erwähnt wurden.
Als aus Seitenroda Stammende kenn ich die Burg auch von früher und muss sagen das nicht alles toll ist was da gemacht wird. Allein der "Betonbunker" passt da nunmal gar nicht hin
Desweitern finde ich es sehr schade, dass man ohne 9.90 € Eintritt zu zahlen, nicht mehr in den Burghof geschweige denn in die Burgschänke kommen kann. Das Drehkreuz am Burgtor hätte man auch woanders anbringen können...
Als Kinder waren wir sooft nur im Burghof und Wallgraben und haben da Ritter o.ä. gespielt. Das Museum ist für Kinder sehr interessant aber der Taucheranzug und das gefundene Porzellan (nicht aus Thüringen) ist nicht wirklich typisch für die Region rund um die Leuchtenburg. Da war die alte Porzellanstube und das große erste Fahrrad doch irgendwie passender. Das fand ich als Kind super interessant...
Ich weiß, Geschmäcker sind verschieden....aber ich kenne viele Leute die vieles auf der Burg nicht mehr so gut gefällt und manche Sachen von früher besser bzw. Irgendwie passender für eine 800 Jahre alte Burg fanden.

...das Drehkreuz, das ist ja fast noch harmlos zu nennen - die haben da oben sogar 'ne Elektrotankstelle installiert.CrySadThumbs_down


Frühling läßt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte.
Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon, wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen!

Eduard F. Mörike (1804-1875)
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07.09.2014, 13:18
Beitrag: #6
RE: Manie des Modernismus
(05.09.2014 22:20)Suebe schrieb:  Mein Schulweg ging durch eine weitgehend von Bomben verschonte Vorstadtstraße.
Die Häuser, Drei- Viergeschossig mit dem üblichen Zierrat der Bauten vor dem 1. WK.
Mein unverbildeter Geschmack fand das einfach schön. Palazzi wie in Venedig.
Und ich würde das heute noch schön finden, aber die Häuser in der Straße gibt es nicht mehr....
Das heißt so ziemlich alle gibt es noch.
ABER Erker, Türmchen, alles weg, die Fassaden meist hinter Eternitplatten verschwunden.... Alles was ich schön fand futsch dahin.

Ich bin die Woche zu Fuss zum Friseur marschiert, genau durch die Straße
Igitt igitt

Um was es mir ging, Zeitgeschmack sit recht und gut, aber auch vergänglich....

Also, doch so, wie es mir im ersten Augenblick erschien...

Komischerweise deckt sich das mit einem Leserbrief in der Zeitung meiner Heimatgemeinde zur Entwicklung in der Innenstadt.

Dort wurde vor kurzem die Fassade eines Kaufhauses enthüllt, das als letzter Schrei der Architektur gilt. Ehrlicherweise muss ich sagen, daß ich, als ich aus dem Urlaub gekommen bin, gar nicht gemerkt habe, daß die Fassadenarbeiten bereits beendet sind. Ich habe dieses Teil gesehen und mich gefragt, wann die denn mit der Fassadengestaltung endlich fertig sind...
Und las dann die empörten Leserbriefe in der Zeitung über die neue Fassade. Erst da ging mir auf, daß das, was ich für ein Sicherheitsnetz gehalten habe, die Endfassade war...
Wir haben hier eigentlich eine entzückende Altstadt hier, nur ein paar hundert Meter von dieser Scheußlichkeit entfernt und in Resten erhalten. besonders hier aber sind die alten Wassermühlen, die hier eine frühe Industriestadt geschaffen haben.

In diesem Leserbrief fragte sich die Leserin, warum sich niemand dafür eingesetzt hat, diesen vorindustriellen Charme zu erhalten. Im Zuge der Modernisierung wurde alles abgetragen, der Bach, der durch die Stadt führt, in einen viereckigen Betonkanal verpackt. Die Innenstadt ist totmodernsisiert, keiner geht dort gerne durch zum Bummeln, weil es einfach nicht mehr schön ist.
Geschichtlich gesehen hätte es sich mehr gelohnt, den alten Charme zu erhalten- man hätte gute Chancen gehabt, in die Liste der Unseco Weltkulturerbe- stätten aufgenommen zu werden...

Aber in jeder Ecke dieser Stadt toben sich Architekten mit Prestigeträchtigen Bauten aus, die keinem Anwohner gefallen, aber immer irgendwelche architektonischen Preise abstauben. Schulen, deren Pausenhöfe nicht zum Spielen einladen. Schwimmbäder, die aussehen wie Bunker. Wohnanlagen, die äußerlich dem Pentagon mehr ähneln als einem Mehrfamilienhaus...
Modern- ja. Zum bewundern moderner Architektur- auch ja. Aber zum leben?
Eindeutig nein...

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09.09.2014, 08:54
Beitrag: #7
RE: Manie des Modernismus
Der zentrale Friedhof hat drei Kapellen aufzuweisen, die ganz alte aus den 1830er Jahren steht unter Denkmalschutz.
Die ganz neue aus den endenden 80ern mut Krematorium usw. usf.
War die aus den 1890ern, Zentralbau im damaligen Zeitgeschmack, "überflüssig".
Statement des damaligen Baubürgermeisters "Wilhelminisch" nicht erhaltenswert. Den Baustil nennt man allerdings inzwischen "Elekktizismus"
und die Fachleute reden nicht mehr gar zu schlecht darüber.

Langer Rede kurzer Sinn, es bildete sich eine Bürgerinitiative, der nicht nur ich, sondern auch meine damals schon sehr betagte Mutter beitraten. (des Mändle hat doch auch überhaupt keinen Verstand, zum o.g. Gutachten)

Es kamen während der Renovierung einige zusätzliche Punkte dazu, wie immer bei alten Gebäuden, aber die Kapelle ist wieder ein Schmuckstück.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.09.2014, 16:50
Beitrag: #8
RE: Manie des Modernismus
(10.09.2014 12:13)Renegat schrieb:  ./.

Trotzdem hat dieses Forum Potential und ab und an gibt es sogar Themen, die mich ansprechen, z.B. http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...2#pid38412
Vielleicht könntest du das mal konkreter fassen, denn so richtig, weiß ich nicht, um was es dir ging, Suebe.
Auf den 1. Blick, ohne nochmal alles zu lesen, forderst du, Denkmalschutz für alles?

Mir geht es um etwas mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit "historischer" Bausubstanz.
Die "Modernisierungswut" die sich in den Eternitplatten ausgedrückt hat, (beim Abbau bekommen die Besitzer jetzt gehörig Probleme, Eternit war sehr lange Asbest-haltig) und jetzt zZ werden Isolierplatten 20 cm dick auf die Fassaden gepeppt. Ich würde wetten, dass da die Besitzer Probleme mit Schimmel bekommen werden.

Und dann halt die Ästhetik, hier mal etwas außerhalb des Mainstreams.

Es ist etwas still geworden, um den Berliner Schlossbau.
Als ich ein kleiner Junge war, war das Stuttgarter Neue Schloss eine ausgebrannte Bombenruine. Der Neuaufbau hat mit Sicherheit mehr gekostet als ein kpl. Neubau.
Aber das ganze Bauensemble ohne das Schloss wäre ein schlechter Torso.

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12.09.2014, 19:02
Beitrag: #9
RE: Manie des Modernismus
(12.09.2014 16:50)Suebe schrieb:  Mir geht es um etwas mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit "historischer" Bausubstanz.
Die "Modernisierungswut" die sich in den Eternitplatten ausgedrückt hat, (beim Abbau bekommen die Besitzer jetzt gehörig Probleme, Eternit war sehr lange Asbest-haltig) und jetzt zZ werden Isolierplatten 20 cm dick auf die Fassaden gepeppt. Ich würde wetten, dass da die Besitzer Probleme mit Schimmel bekommen werden.

Haben wir auch an der Fassade, dämmt fantastisch und hat eine automatische Durchlüftung. Uns wurde versprochenCool : Kein Schimmel.

Aber im Umgang mit alter Bausubstanz ist man auch bei uns arg "modern" - und zwar nicht nur bei Schlössern, die finden öfter mal einen Liebhaber, sondern auch im Kleinen, bei denwohnhäusern:
Es gibt z.B. kaum noch alte Jurahäuser im Großraum Eichstätt - die "fielen einfach so ein" oder wurden über den Haufen geschoben, die Strafe achselzuckend gezahlt und dann ein Neubau hingestellt. Oder eine Garage.

Das gleiche mit den alten Bauernhäuser der Holledau.

Gut, in so einem alten Kasten zu leben ist nicht jedermanns Fall. (schon gar nicht jederfraus Fall...). Aber dadurch unterscheiden sich viele Dörfer nur noch nach dem Ortsnamen. Und es hat auch Vorteile: So eine Dämmung wie von dir angesprochen erübrigt sich speziell im Fall der Jurahäuser mit ihren dicken Mauern. Da müsste nur das Dach gedämmt werden - sofern da kein Juraschiefer drauf liegt. Der ist natürlich sauschwer = stabiler Dachstuhl nötig und sauteuer, aber die Kosten einer Renovierung eines Jurahauses und eines neugebauten Einfamilienhauses dürften sich gleich bleiben.
Und nach Auskunft von Leuten, die sich so ein Jurahaus oder sonst ein altes Bauernhaus renoviert und vorsichtig modernisiert haben, ist die Lebensqualität über jeden Zweifel erhaben. Man muss halt nur die Mühe eines "Neuaufbaus" der alten Substanz auf sich nehmen und das Risiko, ob das alte Gemäuer auch tatsächlich modernen Ansprüchen genügt. Aber das liegt dann sowieso in der Hand des Bauherrn. Meistens schreckt halt einfach auch der verkommene Ist-Zustand ab, wenn man so ein Ding in Angriff nimmt.

VG
Christian
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12.09.2014, 20:25
Beitrag: #10
RE: Manie des Modernismus
Der Auslöser meines Startbeitrags hier, war dass ich meinen alten Schulweg durch eine Vorstadtstraße zu Fuss marschiert bin. Die Häuser stammen allesamt vom Anfang des 20. Jahrhunderts. hatten herrliche Fassaden, gußeiserne Balkone, schöne Erker mit eisernen Fähnchen oben drauf, usw. usf.
und jetzt.....
wegrationalisierte Erker, auf den schönen Sichtbacksteinfassaden prangt Eternit, die Balkone einfach weggehauen .....
Scheußlich

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.09.2014, 20:42
Beitrag: #11
RE: Manie des Modernismus
Fingerspitzengefühl im Umgang mit historischer Bausubstanz kann vieles bedeuten.
Für echte historische Gebäude haben wir die Denkmalschutzbehörden - übermorgen = Sonntag ist übrigens Tag des offenen Denkmals und was da so alles unter Denkmalschutz steht, ist vielfältig und geht z.T. bis in die 60er Jahre. Habe ich früher drüber gelächelt, inzwischen sehe ich das meist ganz positiv.

Bürobauten der 50er/60er können durchaus Charme haben. Jedenfalls sind sie nicht so einfallslos wie die z.Zt. modernen Glaskästen. Die verflucht man heute schon, wenn man drin arbeiten muß. Bin gespannt, welche nächste Mode die ablösen wird.
Vielleicht farbige Sichtbetonbänder, wo man doch den Waschbeton der 70/80er gerade überall abreißt. Bürogebäude und Einkaufstempel scheinen heute nur eine Lebensdauer von ca 30 Jahren zu haben, dann sind sie längst abgeschrieben und asbesthaltig ist auch einiges und vor allem entsprechen sie nicht den heutigen energetischen Standards. Baut man neu, gibt´s Fördermittel und wieder Afa. Außerdem kurbelt es die Bauwirtschaft an.

So ein altes Fabrikgebäude aus der Gründerzeit dagegen, mit Klinkerfassade neogotisch oder Jugendstil, reißt glücklicherweise keiner ab. Die stehen völlig zu Recht unter Denkmalschutz, da lassen sich nach Sanierung wunderbare Einkaufstempel im heute modernen Shop-in-Shop-Stil reinbauen und in 20 Jahren, wenn die Shops unmodern geworden sind, wird man was anderes draus machen. Nur die Lage muß stimmen.
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12.09.2014, 23:49
Beitrag: #12
RE: Manie des Modernismus
Ich kann dazu nur schreiben, dass es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen viele Schlösser, Herrenhäuser, Villen usw., aber auch Dreiseitenhöfe, Mühlen, Fabriken und Bahnhöfe gibt, die dem Verfall preis gegeben sind. Momentan haben diese verlassenen Orte noch einen "morbiden Charme", an manchen dieser verlassenen Orte sieht man an den Wochenenden noch Fotografen (mit und ohne Models). In ein paar Jahren ist das vorbei, die Gebäude werden wohl abgesperrt werden. Diese alten historischen Gebäude wurden in den 1990er Jahren oft an dubiose Geschäftsleute verscherbelt, die Gebäude werden oft nur als Abschreibungsobjekte genutzt. Investiert wurde gar nicht oder wenig, meistens nur in Absperrzäune. Dass diese historischen Gebäude nicht nur Privateigentum sind, sondern auch Kulturgüter sind, ist bisher wenig beachtet worden. Mit jedem zerfallenen Gebäude geht kommenden Generationen ein Stück kulturelles Erbe verloren.

Die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), äußerte den Vorschlag, Eigentümer heruntergekommener Schlösser usw. zu enteignen und dann mit Hilfe staatlicher Mittel zu restaurieren. Ob diese restaurierten Gebäude dann verkauft werden sollen oder vom öffentlich-rechtlichen Sektor, von Privatpersonen, Vereinen, Stiftungen usw. genutzt werden sollen ist mir nicht bekannt. Ich sehe als erstes Hindernis die staatliche Enteignung, allein dieser Absicht bzw. diesem Vollzug werden jahrelange Rechtsprozesse folgen. Aber der Erhalt dieser alten, historischen Gebäude wird immer dringlicher, die Zeit drängt. Schließlich wurde in den letzten 25 Jahren, aber auch in den 45 Jahren davor, wenig bis nichts getan.

Wenn man dagegen die "Prachtvillen" des 21. Jahrhunderts im Leipziger Neuseenland anschaut, fragt man sich oft, ob die Architekten ihr Praktikum bei einem Paketdienst gemacht haben. Sie haben leider eine ausgesprochene Vorliebe für Häuser entwickelt, die einem Schuhkarton ähneln, im Sinne von quadratisch, praktisch, grottenschlecht. Aber meinen Bruder gefällt das. Indifferent

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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13.09.2014, 08:41
Beitrag: #13
RE: Manie des Modernismus
(12.09.2014 20:42)Renegat schrieb:  Fingerspitzengefühl im Umgang mit histBauwirtschaft an.

So ein altes Fabrikgebäude aus der Gründerzeit dagegen, mit Klinkerfassade neogotisch oder Jugendstil, reißt glücklicherweise keiner ab. Die stehen völlig zu Recht unter Denkmalschutz, da lassen sich nach Sanierung wunderbare Einkaufstempel im heute modernen Shop-in-Shop-Stil reinbauen und in 20 Jahren, wenn die Shops unmodern geworden sind, wird man was anderes draus machen. Nur die Lage muß stimmen.

Oh doch, die werden gesprengt.
Bei mir ums Haus rum ist in den 80ern und 90ern eine ganze Branche den Bach runter gegangen. Textil.
Da gibt es Dutzende leerstehende 3-4-5 geschossige Fabrikgebäude.
Es werden immer wieder neue Nutzer gefunden, aber halt nicht für alle.
Die vielen Geschosse sind für Industrienutzung meist ungeeignet.
Auch Handel tut ich da sehr schwer.
Die Grundstücke dagegen sind meist sehr interessant.
Ist nicht zu verhindern, dass immer mal wieder einer in einer Staubwolke verschwindet

Das ist aber der Lauf der Welt, und wie du oben schriebst, man kann nicht alles erhalten.
Die Eternit- und Blech-Versaubeutelungen dagegen stören mich sehr

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.09.2014, 11:49
Beitrag: #14
RE: Manie des Modernismus
(13.09.2014 08:41)Suebe schrieb:  
(12.09.2014 20:42)Renegat schrieb:  Fingerspitzengefühl im Umgang mit histBauwirtschaft an.

So ein altes Fabrikgebäude aus der Gründerzeit dagegen, mit Klinkerfassade neogotisch oder Jugendstil, reißt glücklicherweise keiner ab. Die stehen völlig zu Recht unter Denkmalschutz, da lassen sich nach Sanierung wunderbare Einkaufstempel im heute modernen Shop-in-Shop-Stil reinbauen und in 20 Jahren, wenn die Shops unmodern geworden sind, wird man was anderes draus machen. Nur die Lage muß stimmen.

Oh doch, die werden gesprengt.
Bei mir ums Haus rum ist in den 80ern und 90ern eine ganze Branche den Bach runter gegangen. Textil.
Da gibt es Dutzende leerstehende 3-4-5 geschossige Fabrikgebäude.
Es werden immer wieder neue Nutzer gefunden, aber halt nicht für alle.
Die vielen Geschosse sind für Industrienutzung meist ungeeignet.
Auch Handel tut ich da sehr schwer.
Die Grundstücke dagegen sind meist sehr interessant.
Ist nicht zu verhindern, dass immer mal wieder einer in einer Staubwolke verschwindet

Das ist aber der Lauf der Welt, und wie du oben schriebst, man kann nicht alles erhalten.

Nein, kann man nicht. Wie gesagt, es sind Immobilien und da muß die Lage stimmen. Wenn es nun gar keinen Bedarf für ein großes, mehrstöckiges Industriegebäude gibt, wird es verfallen / abgerissen werden.
Wenn die Grundstücke aber interessant sind, was sicher teuer heißen soll, ist doch die Nachfrage da, oder? Wie sieht die denn aus, Wohnen?

Bei uns wird gerade eine riesige Industriebrache zwischen zwei Wasserläufen bebaut, nach jahrelangen Erdarbeiten (Dekontimination) und langer bis heute anhaltender, öffentlicher Diskussion.
Die meisten Gebäude werden nach jahrelangem Verfall und teilweise anderer Nutzung nun abgerissen, einiges wurde bereits gesprengt. Das riesige Hauptgebäude aus der Gründerzeit aber, wunderschöner, roter Klinkerbau, das wie ein Wahrzeichen das Neubaugelände überragt, wird sich hoffentlich erhalten lassen. Obwohl es inzwischen arg gelitten hat, Dach undicht, aus den oberen Fenstern wachsen Jungbirken.
Ich hätte gern ein Foto eingefügt, war leider zu groß.

(13.09.2014 08:41)Suebe schrieb:  Die Eternit- und Blech-Versaubeutelungen dagegen stören mich sehr

Naja, die Fassade den jeweiligen Moden anzupassen, hat nun auch Geschichte. MW mußte bei Sanierung der alten norddeutschen Fachwerkhäuser teilweise der Putz abgeschlagen werden. Denn irgendwann war Fachwerk nicht mehr schick und wer es sich leisten konnte, hatte verputzt, um den Eindruck eines Vollsteinhauses zu erwecken.
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13.09.2014, 12:41
Beitrag: #15
RE: Manie des Modernismus
(13.09.2014 11:49)Renegat schrieb:  mehrstöckiges Industriegebäude gibt, wird es verfallen / abgerissen werden.
Wenn die Grundstücke aber interessant sind, was sicher teuer heißen soll, ist doch die Nachfrage da, oder? Wie sieht die denn aus, Wohnen?


Selten.
In aller Regel Industrie. Unsere Maschinen- und Werkzeugfertiger boomen seit Jahren sehr.
Nur können die leider mit den früheren Trikotfabrikgebäuden oft nichts anfangen, die Decken tragen denen ihre Maschinen nicht.

(13.09.2014 08:41)Suebe schrieb:  Die Eternit- und Blech-Versaubeutelungen dagegen stören mich sehr


Zitat:Naja, die Fassade den jeweiligen Moden anzupassen, hat nun auch Geschichte. MW mußte bei Sanierung der alten norddeutschen Fachwerkhäuser teilweise der Putz abgeschlagen werden. Denn irgendwann war Fachwerk nicht mehr schick und wer es sich leisten konnte, hatte verputzt, um den Eindruck eines Vollsteinhauses zu erwecken.

Also bei uns war dies Brandschutzvorschrift, da sind ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert die ganzen Fachwerkfassaden hinter Putz verschwunden.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.09.2014, 13:02
Beitrag: #16
RE: Manie des Modernismus
(13.09.2014 12:41)Suebe schrieb:  Also bei uns war dies Brandschutzvorschrift, da sind ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert die ganzen Fachwerkfassaden hinter Putz verschwunden.

Ja, aber ich glaube, das ist wirklich nur auf württembergische Städte mit entsprechend enger Bebauung beschränkt gewesen. Da das bei uns auch Thema ist, habe ich versucht mal mehr darüber herauszufinden, ist mir aber bisher nicht gelungen.


Übrigens fand letztes Jahr der "Tag des offenen Denkmals" unter dem Thema: "ungeliebtes Denkmal" statt, was unter Anderem auch den Umgang mit Industriebauten aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert beinhalten sollte. Also schon ein Thema, das unsere Städteplaner beschäftigt.

Ein anderer Punkt:
Diese "Modernisierungswut" ist ja eigentlich gar nichts Neues. Spontan fällt mir da der "Gotisierungshype" im 15. Jahrhundert im Fahrwasser der Melker- und Bursfelder-Reform ein, in dessen Zuge zig romanische Kirchen und Klosterbauten abgerissen und durch schmucke neue gotische Bauten ersetzt wurden. Mit ein Grund, warum so wenig Romanik - zumindest im Süddeutschen Raum - anzutreffen ist.

nicht ärgern, nur wundern...
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13.09.2014, 13:13
Beitrag: #17
RE: Manie des Modernismus
Der Brandschutz kann auch im Norden eine Rolle gespielt haben, das will ich gar nicht bestreiten. Eng bebaute Fachwerkstädte mit viel Holz am Gebäude sind brandgefährdet, ohne Frage, auch heute noch.
Es gab eine Reihe von Präventionsmaßnahmen, nicht nur verputzen, auch schmale Brandschutzgassen sollten das Übergreifen des Feuers verhindern. Wo und ob es Vorschriften gab, weiß ich nicht.
Es kann trotzdem ein weiterer Grund sein, dass man verputzte Häuser in einer bestimmten Zeit schöner und moderner fand.
Bruchsteinbauten z.B. bei Kirchen, Klöstern und Schlössern hat man teilweise auch verputzt, weil man es schöner fand und später wieder freigelegt. Die Geschmäcker ändern sich eben.
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13.09.2014, 13:56
Beitrag: #18
RE: Manie des Modernismus
(12.09.2014 23:49)Sansavoir schrieb:  Ich kann dazu nur schreiben, dass es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen viele Schlösser, Herrenhäuser, Villen usw., aber auch Dreiseitenhöfe, Mühlen, Fabriken und Bahnhöfe gibt, die dem Verfall preis gegeben sind. Momentan haben diese verlassenen Orte noch einen "morbiden Charme", an manchen dieser verlassenen Orte sieht man an den Wochenenden noch Fotografen (mit und ohne Models). In ein paar Jahren ist das vorbei, die Gebäude werden wohl abgesperrt werden. Diese alten historischen Gebäude wurden in den 1990er Jahren oft an dubiose Geschäftsleute verscherbelt, die Gebäude werden oft nur als Abschreibungsobjekte genutzt. Investiert wurde gar nicht oder wenig, meistens nur in Absperrzäune. Dass diese historischen Gebäude nicht nur Privateigentum sind, sondern auch Kulturgüter sind, ist bisher wenig beachtet worden. Mit jedem zerfallenen Gebäude geht kommenden Generationen ein Stück kulturelles Erbe verloren.

Du sprichst ein Thema an, dass mich schon länger umtreibt. Aktuell nach meiner letzten Reise in eine sog. strukturschwache Region.
Dieses Nebeneinander von mit Fördermitteln oder auch privaten Investitionen wunderbar instandgesetzten, alten Gebäuden und dem Verfall macht für mich eine Diskussion zwingend, wo, wie und warum, man alte Gebäude erhalten möchte.
Es gibt in D, wahrscheinlich wie überall, Gebiete, die von einem Bevölkerungsrückgang betroffen sind. Manches läßt sich eine Zeitlang touristisch nutzen, doch auch die Touristenströme unterliegen Moden und dem demographischen Wandel.

(12.09.2014 23:49)Sansavoir schrieb:  Die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), äußerte den Vorschlag, Eigentümer heruntergekommener Schlösser usw. zu enteignen und dann mit Hilfe staatlicher Mittel zu restaurieren. Ob diese restaurierten Gebäude dann verkauft werden sollen oder vom öffentlich-rechtlichen Sektor, von Privatpersonen, Vereinen, Stiftungen usw. genutzt werden sollen ist mir nicht bekannt. Ich sehe als erstes Hindernis die staatliche Enteignung, allein dieser Absicht bzw. diesem Vollzug werden jahrelange Rechtsprozesse folgen. Aber der Erhalt dieser alten, historischen Gebäude wird immer dringlicher, die Zeit drängt. Schließlich wurde in den letzten 25 Jahren, aber auch in den 45 Jahren davor, wenig bis nichts getan.
Sollen wir dafür ein eigenes Thema aufmachen?
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13.09.2014, 14:00
Beitrag: #19
RE: Manie des Modernismus
(13.09.2014 13:13)Renegat schrieb:  Es kann trotzdem ein weiterer Grund sein, dass man verputzte Häuser in einer bestimmten Zeit schöner und moderner fand.
Bruchsteinbauten z.B. bei Kirchen, Klöstern und Schlössern hat man teilweise auch verputzt, weil man es schöner fand und später wieder freigelegt. Die Geschmäcker ändern sich eben.

Es kann nicht nur, es ist wohl schon ein Grund gewesen. Zumindest wird es so von mehreren Fachwerk-Historikern so heute postuliert.
Mit einem verputzten Fachwerkhaus lässt sich ein Steinhaus "vortäuschen". Dass das von den damaligen Besitzern so auch gewollt war, lässt sich anhand der abgeschlagenen Zierleisten und Friese, an den verschalten und dadurch versteckten Balkenköpfen sowie an verblendeten Fenstererkern vermuten. Diese Maßnahmen wären aus rein brandschutztechnischen Gründen nicht nötig gewesen, finden sich aber durchgehend.

nicht ärgern, nur wundern...
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14.09.2014, 03:04
Beitrag: #20
RE: Manie des Modernismus
(13.09.2014 13:56)Renegat schrieb:  
(12.09.2014 23:49)Sansavoir schrieb:  Ich kann dazu nur schreiben, dass es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen viele Schlösser, Herrenhäuser, Villen usw., aber auch Dreiseitenhöfe, Mühlen, Fabriken und Bahnhöfe gibt, die dem Verfall preis gegeben sind. Momentan haben diese verlassenen Orte noch einen "morbiden Charme", an manchen dieser verlassenen Orte sieht man an den Wochenenden noch Fotografen (mit und ohne Models). In ein paar Jahren ist das vorbei, die Gebäude werden wohl abgesperrt werden. Diese alten historischen Gebäude wurden in den 1990er Jahren oft an dubiose Geschäftsleute verscherbelt, die Gebäude werden oft nur als Abschreibungsobjekte genutzt. Investiert wurde gar nicht oder wenig, meistens nur in Absperrzäune. Dass diese historischen Gebäude nicht nur Privateigentum sind, sondern auch Kulturgüter sind, ist bisher wenig beachtet worden. Mit jedem zerfallenen Gebäude geht kommenden Generationen ein Stück kulturelles Erbe verloren.

Du sprichst ein Thema an, dass mich schon länger umtreibt. Aktuell nach meiner letzten Reise in eine sog. strukturschwache Region.
Dieses Nebeneinander von mit Fördermitteln oder auch privaten Investitionen wunderbar instandgesetzten, alten Gebäuden und dem Verfall macht für mich eine Diskussion zwingend, wo, wie und warum, man alte Gebäude erhalten möchte.
Es gibt in D, wahrscheinlich wie überall, Gebiete, die von einem Bevölkerungsrückgang betroffen sind. Manches läßt sich eine Zeitlang touristisch nutzen, doch auch die Touristenströme unterliegen Moden und dem demographischen Wandel.

(12.09.2014 23:49)Sansavoir schrieb:  Die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), äußerte den Vorschlag, Eigentümer heruntergekommener Schlösser usw. zu enteignen und dann mit Hilfe staatlicher Mittel zu restaurieren. Ob diese restaurierten Gebäude dann verkauft werden sollen oder vom öffentlich-rechtlichen Sektor, von Privatpersonen, Vereinen, Stiftungen usw. genutzt werden sollen ist mir nicht bekannt. Ich sehe als erstes Hindernis die staatliche Enteignung, allein dieser Absicht bzw. diesem Vollzug werden jahrelange Rechtsprozesse folgen. Aber der Erhalt dieser alten, historischen Gebäude wird immer dringlicher, die Zeit drängt. Schließlich wurde in den letzten 25 Jahren, aber auch in den 45 Jahren davor, wenig bis nichts getan.
Sollen wir dafür ein eigenes Thema aufmachen?

Können wir machen.

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