Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
|
02.09.2015, 08:08
Beitrag: #51
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Ne, naheliegend ist es, eine Kirche da zu bauen, wo die Leute wohnen. So können mehr Menschen an der "heiligen Potenz" des Gebäudes teilhaben und haben zu den täglichen (!) Kirchenbesuchen keinen so weiten Weg. Deshalb wurde immer, wenn eine Siedlung gegründet wurde, auch eine Kirche in zentraler Lage eingeplant.
Was Suebe eigentlich meint: IN der Stadt liegen in seinem Fall die Kapellen, AUSSERHALB die Kirche mit Pfarrer und Messdienst. Die Kapellen wurden aber wahrscheinlich vom Pfarrer mitbetreut. Das ist komisch, eigentlich war´s umgekehrt. Wird wohl so gewesen sein, dass es vor der Gründung schon eine Kirche mit Pfarrrecht gab und dieses Pfarrrecht für die in der Stadt liegenden Kirchen genutzt wurde, die aber deshalb dann keine eigenen Pfarreien wurden, sondern "nur" den Rechtsstatus von Kapellen bekamen. Haben wir hier auch, nur wieder umgekehrt: Ein Kloster gründete in einer entlegenen Gegend seines Besitzes zwei Orte. Beide nur mit Kapellen ausgestattet (im Unterschied zum benachbarten, älteren Dorf, das eine Pfarrei hat), die von Mönchen aus dem Kloster betreut wurden. War so eine Art Strafdienst für die betroffenen Mönche, denn der Weg vom Kloster zu den beiden Orten war weit... |
|||
02.09.2015, 08:10
Beitrag: #52
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(01.09.2015 14:49)Suebe schrieb: Das hat seine Ursache aber in der künstlichen Anlage der Städte im Hochmittelalter, die an vekehrsgünstigeren und auch leichter zu befestigenden Stellen angelegt wurden. Du meinst, die Städte wurden verlegt? Kenn ich, aber dann wurde hierzulande die Pfarrkirche gleich mit verlegt. Bei euch waren die Städte(neu)gründer aber wohl meist kleinere Adlige, die dann wohl nicht mehr das Geld hatten, die Pfarrkirche gleich mit zu verlegen. War die Verlegung erfolgreich, blieb das Pfarrkirchlein außerhalb der Stadt in seinem alten Zustand, während die Stadtkirche(n) "aufgepimpt" wurden...oder? VG Christian |
|||
02.09.2015, 12:13
Beitrag: #53
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
K. Blaschke sieht die Nikolaikirchen zunächst unabhängig von Pfarrkirchen in Dörfern. Als königsfreie Händler unterliegen sie (zunächst) nicht der örtlichen Kirchenorganisation. Mit dem Rückgang des königlichen zentralen Einflusses auf das Reich nach Barbarossas Tod (die Könige hielten sich häufig in Italien auf) schwand auch die Sicherheit für die Kaufleute auf den Handelsstraßen. Wegelagerei und Raubrittertum zielte auf die Abgaben der Händler an das Reich/König. Diese reagierten zusammen mit der örtlichen Herrschaft in der Entwicklung der Händlersiedlung zur Stadt. Um alte Marktpriviligien für das Reich zu beseitigen, entstehen neue Märkte innerhalb der sich entwickelnden Stadt. Die verbleibenden Altmärkte liegen jetzt an peripherer Lage. Blaschke sieht keine planmäßige Stadtgründung (östlich der Saale), sondern eine in Stufen abfolgende Entwicklung von der Händlersiedlung zur herrschaftlichen oder reichsfreien Stadt - je nach Machtverhältnissen zwischen örtlicher Herrschaft, sich gründendem Stadtrat und Reichsgewalt. Die Stadt schützt sich jetzt mit Mauern. Mit dem Umzug der Händlersiedlung in die Stadt wird die Nikolaikirche als Organisationsform aufgegeben oder anderweitig genutzt - oft als Hospital. Die Pfarrkirche der neuen Stadt ist nun für alle Einwohner zuständig. Die örtliche Herrschaft gerät allerdings in ein Dilemma zwischen Teilhabe am Handel und Verlust von Macht an den Stadtrat. Dieses Dilemma zeigt sich in sehr unterschiedlichen Entwicklungen der Städte.
|
|||
02.09.2015, 12:23
Beitrag: #54
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(02.09.2015 08:10)913Chris schrieb:(01.09.2015 14:49)Suebe schrieb: Das hat seine Ursache aber in der künstlichen Anlage der Städte im Hochmittelalter, die an vekehrsgünstigeren und auch leichter zu befestigenden Stellen angelegt wurden. in Balingen waren es die Zollern, die Kirche in der Stadt, durchaus beeindruckend, war bis zur Reformation "Kapelle" die heutige Friedhofskirche war die "Mutter"-Kirche (es gibt übrigens sogar eine Gründungsurkunde der Stadt in Ebingen waren die Stadtgründer entweder die Hohenberger oder die Nellenburger Grafen, da heißt die Kirche innerhalb der Mauern bis heute Kapellkirche. in Rottweil waren es die Staufer, die die Stadt auf den Bergsporn verlegten. Und die Kirche heißt heute noch Kapellenkirche alles keine so ganz "Kleinen" Mächte ohne irgendwo nachzulesen, denke ich, dass die Ursache in der "juristischen Person" die Kirchen und Altäre damals waren, liegt. Die Stadtherren diese ganzen Rechte nicht so ohne weiteres in die Hand bekamen. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
|||
02.09.2015, 12:53
Beitrag: #55
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Edit: Ist München nicht auch so eine Stadtgründung des Hochmittelalters.
Heinrich der Löwe? "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
|||
02.09.2015, 15:46
Beitrag: #56
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Als Stadt hat Heinrich München gegründet, ja. Heute noch erkennbar am welfentypischen Straßenmarkt (Kaufingerstraße-Marienplatz, gekreuzt von einer zweiten großen Straßenanlage - einem weiteren typischen Merkmal welfischer Stadtgründungen -, Sendlinger Straße-Weinstraße; die Weinstraße zeigt noch heute, dass hier der Weinmarkt angesiedelt war, die Kaufingerstraße war Teil der überregionalen Salzstraße, der Marienplatz war "der" Marktplatz von München, bevor hier überwiegend Getreide gehandelt wurde, was aus "dem Markt" den "Schrannenplatz" machte, der dann noch einmal zum "Marienplatz" umgetauft wurde...)
|
|||
02.09.2015, 17:06
Beitrag: #57
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Die Zähringer ( Freiburg und Zürich, Bern und Murten, Fribourg ua.) hatten auch so ein typisches "Stadtmodell" das heute noch zB in Villingen gut zu erkennen ist.
Zwei Straßen die sich am Marktplatz rechtwinklig schneiden, an jedem Straßenende ein Stadttor. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
|||
03.09.2015, 16:10
Beitrag: #58
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Eine Richtigstellung: Ostfriesland ist "ur"friesisches Land. Daß Oldenburg jemals friesisch war ist mir nicht bekannt.
|
|||
04.09.2015, 11:11
Beitrag: #59
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Das Zähringermodell wurde offenbar entweder von den Welfen kopiert oder beide Geschlechter sind auf die gleiche Idee gekommen, jedenfalls gibt´s auch den Welfenstadt-Typus mit den gekreuzten Hauptstraßen.
Für Ingolstadt wurde eben dieser Typus verwendet. Als 1242 die Wittelsbacher die Bogener beerbten, fiel auch die Vogtei über Niederaltaich und damit der Besitz Ingolstadts an die Wittelsbacher. Damals gab es aber schon eine Stadtanlage mit der Kreuzung am zentralen Markt ("Schliffelmarkt"). Die Nideraltaicher hatten gute Beziehungen zu den Staufern, von daher ist es schon denkbar, dass die das in Schwaben und aber auch in Bayern weit verbreitete "Kreuzungsmodell" auf Ingolstadt angewendet haben... |
|||
04.09.2015, 12:01
Beitrag: #60
|
|||
|
|||
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(04.09.2015 11:11)913Chris schrieb: Das Zähringermodell wurde offenbar entweder von den Welfen kopiert oder beide Geschlechter sind auf die gleiche Idee gekommen, jedenfalls gibt´s auch den Welfenstadt-Typus mit den gekreuzten Hauptstraßen. Die Stadtgründung an der Kreuzung zweier Hauptstraßen ist von der theoretischen Überlegung her zwingend. Von dem her ist die Zähringerstadt als "Mehrfach-Erfindung" durchaus möglich. In dem Fall von den Wittelsbachern, und anderen an anderen Orten Europas. Wobei ich allerdings dem Wissenstransfer zB im Hochmittelalter einen sehr viel höheren Stellenwert einräumen würde, als derzeit allgemein angenommen wird. Die "wandernden" Handwerksgesellen zB, da geht es doch nur um Wissenstransfer. Der durch die Pflicht zur Wanderung bewusst herbeigeführt wurde. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
|||
Möglicherweise verwandte Themen... | |||||
Thema: | Verfasser | Antworten: | Ansichten: | Letzter Beitrag | |
Handelsrouten der Bronzezeit | Renegat | 84 | 211.953 |
31.01.2020 23:19 Letzter Beitrag: Rainer |
|
Handelsrouten in und um Rom: | WDPG | 7 | 21.075 |
29.09.2016 00:06 Letzter Beitrag: Paul |
|
Auf welchen Handelsrouten würdet ihr gerne einmal reisen? | Viriathus | 4 | 12.982 |
28.09.2012 17:19 Letzter Beitrag: Renegat |
Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste