Presseschau Das Kapital - neu gelesen
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02.02.2013, 17:02
Beitrag: #1
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Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Zitat:Das Kapital, neu gelesen Zitat:Karl Marx schätzte Balzac. Besonders gut gefiel ihm die Geschichte mit dem Titel „Das unbekannte Meisterwerk“. Sie handelt von einem Maler, der die schlechthin vollkommene Frauengestalt auf die Leinwand bannen will. Viele Jahre arbeitet er an dem Werk. Und als er es erstmals enthüllt, finden die Betrachter eine Vielzahl von schillernden Farbschichten, aber keine Frau. Nur an einer Unterkante erkennt man die Vollendung eines weiblichen Fußes. Marx-Forscher meinen, dass der Autor des „Kapital“ sich selbst in jenem Balzac’schen Maler wiederfand. zum weiterlesen http://www.tagesspiegel.de/kultur/das-ka...23232.html "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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12.02.2013, 12:22
Beitrag: #2
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Find ich höchst interessant. Ist in diversen Diskussionen auch schon deutlich geworden, dass Marx was anderes wollte als der Marxismus draus machte. Nun wissen wir: Auch Engels war dank seiner teil eigenmächtigen und eigenwilligen Umsetzung des Marx´schen Notizensammelsuriums schuld dran, dass hinten was anderes rauskam als Marx vorn reingesteckt (-gedacht) hatte...
VG Christian |
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12.02.2013, 12:39
Beitrag: #3
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 12:22)913Chris schrieb: Find ich höchst interessant. Ist in diversen Diskussionen auch schon deutlich geworden, dass Marx was anderes wollte als der Marxismus draus machte. Nun wissen wir: Auch Engels war dank seiner teil eigenmächtigen und eigenwilligen Umsetzung des Marx´schen Notizensammelsuriums schuld dran, dass hinten was anderes rauskam als Marx vorn reingesteckt (-gedacht) hatte...Wobei ich persönlich eigentlich Engels für den eigentlich fähigeren Kopf der beiden halte, er war der Historiker und Naturwissenschaftler in dem Gespann. Marx war zeitlebens ein cholerischer permanent abgebrannter Exzentriker, sein Kumpel Engels musste ihn und seine Familie mit durchfüttern. Es ist unmöglich, das Kapital einfach mal zu lesen - für mich als Student in der DDR waren die Bücher wenigstens noch als Ersatz für ein abgebrochenes Sofa-Bein tauglich. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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12.02.2013, 14:07
Beitrag: #4
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen | |||
12.02.2013, 17:08
Beitrag: #5
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 12:22)913Chris schrieb: Ist in diversen Diskussionen auch schon deutlich geworden, dass Marx was anderes wollte als der Marxismus draus machte.Ich bezweifle, dass man das Engels in die Schuhe schieben kann. Das "Manifest der Kommunistischen Partei" zumindest haben beide verfasst. Zu der Zeit - 1847/48 eine bedeutende Schrift. Welche Menschengruppe oder welcher Einzelne hat DEN Marxismus, so wie wir ihn kennen, draus gemacht? Über welchen Zeitraum hat sich das erstreckt? Nobody is perfect! |
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12.02.2013, 17:55
Beitrag: #6
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Verbockt hat das Lenin, der wie sein Nachfolger eher dem asiatischen Despotismus als der reinen Lehre von Marx und Engels huldigte. Später setzte man es in Russland ja auch in die Tat um, was die ganze Theorie vermutlich für alle Zeiten diskreditierte und damit wiederum die Sozialdemokratie in Westeuropa förderte.
„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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12.02.2013, 19:06
Beitrag: #7
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Sehe ich ähnlich. Beginnend mit den Bolschewiki, Lenin und dem Beginn des WK1.
Die Asiaten haben es dann auf ihre Art noch mehr verzerrt. Nobody is perfect! |
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12.02.2013, 21:15
Beitrag: #8
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 19:06)Butterfly schrieb: Sehe ich ähnlich. Beginnend mit den Bolschewiki, Lenin und dem Beginn des WK1. Ihr habt sehr recht. Germanozentrisch: Die SPD musste in ihrem Godesberger Programm 1958 die auf Marx zurückgehenden Wurzeln verleugnen, um wählbar zu sein. In den 20er Jahren war das noch anders, da hat die SPD durchaus um die Deutungshoheit gestritten. Die leninsche/stalinsche/maosche Einvernahme von Marx und auch Engels haben den beiden überhaupt nicht gut getan. Global: Die versuchte Umsetzung der Ideen ist, wo es aus eigener Kraft geschah, leider immer in Ländern gewesen, denen jede Voraussetzung fehlte. Russland, China, Kambodscha, Kuba, .... habe ich etwas vergessen? "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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12.02.2013, 22:52
Beitrag: #9
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 21:15)Suebe schrieb:(12.02.2013 19:06)Butterfly schrieb: Sehe ich ähnlich. Beginnend mit den Bolschewiki, Lenin und dem Beginn des WK1. Ja, DDR, Polen und Tschechoslowakei, die die "Voraussetzungen" sehr wohl hatten. MfG, Titus Feuerfuchs |
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12.02.2013, 23:46
Beitrag: #10
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 22:52)Titus Feuerfuchs schrieb: Ja, DDR, Polen und Tschechoslowakei, die die "Voraussetzungen" sehr wohl hatten.Kann man so nicht sagen. Die bekamen doch einfach das pervertierte stalinistische System aufs Auge gedrückt. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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13.02.2013, 00:18
Beitrag: #11
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 23:46)Arkona schrieb:(12.02.2013 22:52)Titus Feuerfuchs schrieb: Ja, DDR, Polen und Tschechoslowakei, die die "Voraussetzungen" sehr wohl hatten.Kann man so nicht sagen. Die bekamen doch einfach das pervertierte stalinistische System aufs Auge gedrückt. Ändert nichts daran, dass sie die "Voraussetzungen" hatten. Diese waren das Argument Suebes, der meinte, die Voraussetzungen hatte es nie, bzw. die Umsetzung geschah immer in Ländern, wo diese fehlten, was eben zumindest für die drei von mir angeführten Staaten nachweislich falsch ist. Der Stalinismus ist wieder eine andere Frage, ebenso, ab welchem Grad der Marxismus pervertiert ist. Mit dem redundanten Argument, eigentlich sei der Marxismus eh eine tolle Sache, er sei halt nur leider missbraucht worden, habe ich so meine Probleme. Es ist zumindest eine unsachliche Verkürzung (oder salopp gesagt billig) und führt zur kontrafaktischen Frage, wie er (der Marxismus) denn hätte implementiert werden sollen. ![]() Denn das ist m.E. ohne Gewalt und Zwang unmöglich. Das trifft für industrialisierte , dh. "geeignete" Länder in noch verstärkterem Maße zu, da es dort in der Regel viel mehr Menschen gibt, die viel zu verlieren haben. Ergänzung: Marx wußte natürlich auch, dass seine Ideologie nur mit Gewalt durchsetzbar war, so schrieb er in seinem "Kommunistischen Manifest": Zitat:[...]Nach dem Sturz der reaktionären Klassen in Deutschland muss jedoch sofort der Kampf gegen die Bourgeoisie beginnen, d. h. die proletarische Revolution beginnen. Die Kommunisten bemühen sich um die Verbindung der demokratischen Parteien aller Länder. Sie erklären offen, dass sie ihre Zwecke nur durch den „gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung“ erreichen können.[...] http://de.wikipedia.org/wiki/Manifest_de...n_Parteien Dieser "gewaltsame Umsturz", die "proletarische Revolution", wurde von Lenin 1917ff auf Punkt und Beistrich erledigt. MfG, Titus Feuerfuchs |
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13.02.2013, 00:37
Beitrag: #12
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(12.02.2013 21:15)Suebe schrieb: Ihr habt sehr recht. Es ist unstrittig, dass die Sozialdemokratie von Marx beeinflußt wurde. Dennoch hat sie sich -ganz im Gegesatz zu sämtlichen kommunistischen "Spielarten"- weit, sehr weit, vom eigentlichen Marxismus entfernt. Sie erlaubt private Produktionsmittel, baut auf Demokratie und hat ein humanistisches Menschenbild, was u.a. zur Folge hat, dass der Einzelne, sprich das Individuum, einen hohen Stellenwert hat, während im Kommunismus nurdas Kollektiv zählt. MfG, Titus Feuerfuchs |
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13.02.2013, 12:57
Beitrag: #13
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(13.02.2013 00:37)Titus Feuerfuchs schrieb: Es ist unstrittig, dass die Sozialdemokratie von Marx beeinflußt wurde. Dennoch hat sie sich -ganz im Gegesatz zu sämtlichen kommunistischen "Spielarten"- weit, sehr weit, vom eigentlichen Marxismus entfernt. Aussage der Presseveröffentlichung im Eingangsbeitrag ist aber, dass laut dieser Marx-Neuausgabe sich eben die "kommunistischen Spielarten" weit, sehr weit vom eigentlichen Marxismus entfernt haben. Das ist das überaus interessante an dieser Neuveröffentlichung. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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13.02.2013, 17:49
Beitrag: #14
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Jetzt müßte man allerdings definieren, was der "eigentliche" Marxismus ist/war.
Denn mit der Niederschreibung des Manifests und des Kapitals wurde noch kein Marxismus kreiert. Zum Teil wurde das ja schon oben herausgearbeitet. Also würde auch die Ausgangsfrage/aussage nicht wirklich passen - wäre in sich verzirkelt, wenn nicht gar paradox. Aber so sind Pressemitteilungen mitunter. Nobody is perfect! |
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13.02.2013, 19:21
Beitrag: #15
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(13.02.2013 17:49)Butterfly schrieb: Jetzt müßte man allerdings definieren, was der "eigentliche" Marxismus ist/war. Das ist natürlich richtig. Es haben anscheinend auch etliche zum Thema gesprochen. Aus dem Link: Zitat:Viele Experten waren beteiligt, einige bestritten das Programm der Tagung. Es war Harald Bluhm aus Halle, der an die Geschichte vom unbekannten Meisterwerk erinnerte, Teinosuke Otani aus Tokio machte neugierig auf Abteilung III und IV, die jeweils einen neuen Marx ins Licht der Öffentlichkeit stellen werden. Gegen Ende seines Lebens hat der Ökonom mit einem sozusagen sich von selbst durch Zusammenbruch erledigenden Kapitalismus nicht mehr gerechnet. Er zweifelte sogar seine Lieblingsidee von der fallenden Profitrate an. Friedrich Engels erlaubte sich bei seiner editorischen Arbeit allerlei Eigenmächtigkeiten. Aber: „Die Zeiten, in denen jedes von Engels gesetzte Komma heiliggesprochen wurde, sind vorbei“, so Thomas Kuczynski, Berlin. Es gibt ja die Handschriften, man kann heute gut auseinanderdröseln, was der akribische Theoretiker Marx, der einen quasi-naturwissenschaftlichen Ehrgeiz mit seinem Nachvollzug der „ökonomischen Bewegungsgesetze“ verband, wirklich geschrieben und was sein die Dinge weniger genau nehmender Freund Engels zuweilen dazugedichtet oder weggelassen hat. Hierzu sprach der Berliner Politikwissenschaftler Michael Heinrich. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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30.12.2015, 05:14
Beitrag: #16
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Eine Korrektur muss wohl doch noch hinzu: Weder Lenin noch Stalin haben den sog asiatischen Despotismus durchgesetzt oder gar verherrlicht. Das hat der ganz von selbst geschafft...
![]() Tsdjährige Traditionen schafft man nun mal nicht eben von heute auf morgen ab! Lenin hat sich nachweislich an west-/mitteleuropäischen Entwicklungen orientiert und auch Stalin hat das getan. Gerade daraus haben ja etliche Verwerfungen und allmähliche Entstellungen resultiert! Lenin musste und wollte die kapitalistische Wirtschaftsentwicklung nachholen, um die Marxsche Basis für die proletarische Revolution wenigstens im Nachhinein und unter Parteikontrolle zu schaffen. Dazu diente auch die NEP der 20er Jahre mit ihren neureichen Millionären. Stalin ist von der Parteibasis, um die er sich im Gegensatz zu anderen Funktionären, die in Moskau hocken blieben, besonders gekümmert hat, demokratisch gewählt worden. Lenin gefiel das gar nicht, denn mit ihm kam ein machtbewusster und äußerst misstrauischer Mensch in eine Führungsposition. Nach Lenins Tod hat er dann nach und nach alle eventuellen Konkurrenten (physisch) ausgeschaltet. Es gibt da eine sehr bezeichnende Anekdote... Durch den entstehenden Personenkult (Hofschranzen gibt's in jeder Gesellschaft) verbunden mit einer Aura der Unfehlbarkeit, konnten Fehler nicht mehr im Vorfeld verhindert werden. Immerhin hatten M+E ja nicht hinterlassen wie der Sozialismus aufzubauen wäre, noch dazu unter solchen Bedingungen. Während Lenin noch mehr oder weniger erfolgreich experimentierte, wurde unter Stalin der Buchstabe zum Dogma, ob's nun passte oder nicht. Kennt man auch aus der Kirchengeschichte! Immer, wenn aus einer (guten) Idee eine quasi-religiöse Überzeugung, ein Dogma wird, wird's gefährlich! Es fehlt dann das nötige Korrektiv. Nach Stalins Tod kam es dann allmählich zu einer dynamischeren Entwicklung, auch mit Fehlerkorrekturmöglichkeit, zB Ulbrichts NÖS in der DDR. Der Wechsel zu Breshnew als 'Entwicklungskonservativer' ließ dann diese Entwicklungen letztlich nicht zu, was dann zum Kollaps führte. Der ging eigentlich vom Kopf, der SU aus. Honecker mag zu spät gekommen sein und Ulbricht war vielleicht zu früh, aber der eigentliche und entscheidende Zuspätkommer war doch wohl Gorbatschow. Ihn (und die Anderen gleich mit) hat dann auch das Leben in Person von Jelzin und mit dem das russische Volk bestraft. Zwischen Wollen und Können (hier als Befähigung zum zielgerichteten Tun gemeint) besteht nun mal ein gewisser Unterschied... Der asiatische Despotismus meint übrigens einen Beamtenstaat mit einer Regierung aus Beamten unter einem gottgleichen Führer. Der entwickelt sich bis zu einem gewissen Grad erfolgreich, erstarrt dann und steuert endlich in eine Krise, die zum Sturz der Regierung (oft auch des göttlichen bzw vergötterten Führers) führt. Danach entsteht allmählich eine neue Herrschaft mit gleicher Basis, aber idR auf höherer technisch-organisatorischer Entwicklungsstufe bis alles wieder von vorn losgeht. Wir haben hier also eine klassische Entwicklungsspirale, keine Linie oder gar Kurve mit Aufundabs. China ist dafür ein besonders gutes Beispiel. Die Basis dieser Herrschaftsform und Produktionsweise sind übrigens regionale Wirtschaftseinheiten (Dörfer), die in ihrer Gesamtheit von Beamten verwaltet werden, nicht unbedingt leibeigene Bauern wie im hochfeudalen Europa. Man kann sich als oberster Führer vor dem Hintergrund einer solchen Tradition durchaus zum Despoten entwickeln (besonders bei entsprechenden Charaktereigenschaften), obwohl man den sog. 'asiatischen Despotismus' eigentlich als unzeitgemäß archaisch ablehnt (das hat Stalin wahrscheinlich nicht mal gemerkt, wohl erst recht nicht Ceauşescu). Das hat sich nach der Wende in einigen ehemaligen Sowjetrepubliken erneut bestätigt. Die ggw Entwicklung in Ungarn und Polen mag andere Ursachen haben und noch weit davon entfernt sein, erinnert aber durchaus an derartige Möglichkeiten... Gruß + Guten Rutsch, Lucius |
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30.12.2015, 09:00
Beitrag: #17
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Was sich nach 1945 im östlichen Mitteleuropa abspielte, war eigentlich eine logische Fortsetzung des Nationalsozialismus. Ein gottgleicher Führer, dem die Massen willig folgen - so war zumindest das Wunschbild der Machthaber. Das Ganze bereichert um ein paar asiatische Nuancen (Stalin war Georgier, Lenin Kalmüke) und wir haben die Ostblock-Innenpolitik der 1950er Jahre. Eigentlich wird viel zu wenig Chruschtschow gewürdigt, der zumindest die groben Auswüchse beseitigte. Immerhin überstand er seine Ablösung auch, ohne vor einem Peloton zu enden.
„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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30.12.2015, 13:21
Beitrag: #18
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Ich habe mir mal darüber Gedanken gemacht, was geschehen wäre, würde der Kommunismus durchgesetzt worden wie es Karl Marx im kommunistischen Manifest erörtert hatte.
Der Kommunismus ist praktisch nicht durchführbar sondern eine Utopie. Nicht mal der Sozialismus hat sich auf Dauer durchgesetzt! Es ist daher nicht möglich, weil die Ideen sozialer Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, auf der Basis von Gemeineigentum und kollektiver Problemlösung nicht umsetzbar ist. Es gäbe keine Herrschaftssysteme. Aber was würde der Kommunismus nach sich ziehen, gäbe es ihn? Wäre somit ein Stillstand in der Wissenschaft/Forschung die Folge? Wären Zahlungsmittel nicht mehr vorhanden, denn es gäbe ja keine Klassengesellschaften mehr? Alle(s) wäre auf dem gleichen Stand; denn alle Bürger würden auf dem gleichen gesellschaftlichen Stand stehen. Gäbe es keine Ausbeutung, keine Kriege mehr? Ich stelle mir vor, dass alles oder vieles bis auf Null zurückgehen würde. Zwar würden Produktionen von Gütern und Lebensmittel produziert werden, aber für eine sog. klassenlose Gemeinschaft. Auch in der Wissenschaft/Forschung könnte kein Stillstand sein. Aber eine Verstaatlichung kann ich mir nicht in erfolgreicher Hinsicht und auf Dauer vorstellen.. Würde der Kommunismus ein totales Chaos herbeiführen? Gäbe es keinen Regenten mehr, der die kommunistischen Länder regieren würde? Wie würdet ihr das sehen? Eure Gedanken hierzu würden mich mal brennend interessieren. Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben. Marcus Tullius Cicero |
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30.12.2015, 13:56
Beitrag: #19
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Marx fusst doch letztlich auf Hegel.
Hegel jedoch war ein Schwabe reinsten Wassers, und hat seine Vorlesungen im besten Tübinger Schwäbisch gehalten. Auch und gerade in Berlin. Meine Theorie: die haben ihn nicht verstanden. Auch der Pfälzer Marz oder der Rheinländer Engels nicht. Glaubten aber ihn zu verstehen. Mit allen bekannten und fürchterlichen Konsequenzen. Halbernst gemeint. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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31.12.2015, 02:35
Beitrag: #20
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Der Marxismus steht praktisch auf drei Säulen, einer philosophischen, einer wirtschaftlichen und einer gesellschaftlichen. Philosophisch orientierte sich Marx an Hegel und Ludwig Feuerbach, er versuchte m.E. aus dem "preußischen Sozialismus" Hegels und dem Atheismus von Feuerbach eine neue Philosophie zu schaffen. Ökonomisch orientierte sich Marx an Adam Smith und David Ricardo, evtl. auch an Malthus. Aber im Gegensatz zu diesen Ökonomen befürwortete Marx den Kapitalismus nicht. Seiner Meinung nach musste er gezügelt bzw. kanalisiert werden. Das ist für ein Mann des 19. Jh. nicht verwunderlich, vor allem wenn er sich mit der sozialen Lage der Arbeiter bzw. der Unterschicht befasst. Hier orientierte er sich auch an soziale Projekte der beiden Franzosen Saint-Simon und Fourier oder des Engländers Robert Owen. Dabei darf man nicht vergessen, dass es seit Rousseau eine Menge Versuche gegeben hat, Menschen nach bestimmten Idealen zu erziehen bzw. auszubilden.
Nicht vergessen darf man, dass der ältere Marx sich radikalisierte und sich nach der Niederschlagung der Pariser Commune den anarchischen Ideen von Louis Auguste Blanqui ("Eigentum ist Diebstahl") und wohl auch Bakunins (?) zuwandte. Die Narodnowolzen entdeckten in den 1870er Jahren Marx und umgedreht war es auch so, dass sich Marx seitdem auch für Russland interessierte. In der deutschen Arbeiterbewegung war er nicht unumstritten. Die Bildung der SDAP und das Gothaer Programm von 1869 fanden faktisch ohne Marx'sches Tun statt, die Vereinigung der SDAP und des ADAV zur SPD bzw. das Eisenacher Programm von 1875 wurden von Marx heftig kritisiert. Man kann demnach sagen, dass die Spaltung der Arbeiterbewegung schon in diesen Jahren stattfand und nicht erst nach dem 1. Weltkrieg. Die klassenlose Gesellschaft sollte angestrebt werden. Marx und Engels beschäftigten sich z.B. mit ethnologischen Studien. Letztlich waren sie Kinder ihrer Zeit - zwischen Rassismus und Idealisierung gegenüber den Indigenen. Auf die Frage, wie eine klassenlose Gesellschaft in einer industriellen oder postindustriellen Gesellschaft funktionieren soll, wird man bei Marx und Engels nichts finden. Ist wohl eine irdische Jenseitsvertröstung (?) Ich denke, dass die gesellschaftliche Utopie des Marxismus nicht durchsetzbar ist. Das Scheitern der verschiedenen sozialistischen Experimente lag nicht an irgendwelchen machtgeilen und/oder korrupten Diktaturen, sondern an der Undurchführbarkeit dieses Gesellschaftskonzepts. Und der Marxismus war da nicht die erste gesellschaftliche Utopie. Robespierre war z.B. ein Anhänger Rousseaus, der dessen Vorstellungen umzusetzen versuchte. Oder Doktor Francia, Diktator von Paraguay, der sich wiederum an Robespierre orientierte. Es gibt unzählige Gescheiterte, die es nicht wahr haben wollten, dass Menschen eben so sind, wie sie sind und sich nicht gewaltsam umerziehen lassen. Als Leipziger sehe ich in Moritz Schreber nicht nur den Erfinder der nach ihm benannten Schrebergärten, sondern auch einen Vertreter der "schwarzen Pädagogik", die Menschen durch Härte und Unnachgiebigkeit erziehen will. Wilhelm II. ist ein prominentes Opfer dieser Pädagogik. Schrebers ältester Sohn starb durch Suizid und sein jüngerer Sohn starb nach langjährigen Aufenthalten in der Psychiatrie. Hat jetzt vielleicht nicht unbedingt mit Marx zu tun, aber zwei von seinen drei Töchter starben durch Suizid und da ist zumindest die Frage legitim, welche Auswirkungn eine Kindheit unter einen selbst ernannten Welt- und Menschenverbesserer haben kann. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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31.12.2015, 09:55
Beitrag: #21
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Nächtelang, tagelang, eigentlich Jahrelang hat man in meinem damaligen Umfeld die versciedenen Gesellschaftsmodelle diskutiert.
Der Sozialismus welcher Spielart auch immer war klar und eindeutig die beste aller Gesellschaftsformen. Nur die Umsetzung, dass die so gar nicht klappte war genauso klar und eindeutig. Und da kam dann Mao ins Spiel. Der den Minimumfaktor klar erkannt hatte. Der Mensch war der falsche, für das tolle System Sozialismus. Also brauchte man den "neuen Menschen" den Mao dabei war zu schaffen. Es ist mir heute völlig unverständlich, dass ich Jahre brauchte um die vollkommene Untauglichkeit, das völlig Verbrecherische daran zu erkennen. Ich geniere mich nicht wenig dafür "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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31.12.2015, 11:19
Beitrag: #22
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(31.12.2015 02:35)Sansavoir schrieb: Der Marxismus steht praktisch auf drei Säulen, einer philosophischen, einer wirtschaftlichen und einer gesellschaftlichen. Philosophisch orientierte sich Marx an Hegel und Ludwig Feuerbach, er versuchte m.E. aus dem "preußischen Sozialismus" Hegels und dem Atheismus von Feuerbach eine neue Philosophie zu schaffen. Ökonomisch orientierte sich Marx an Adam Smith und David Ricardo, evtl. auch an Malthus. Aber im Gegensatz zu diesen Ökonomen befürwortete Marx den Kapitalismus nicht. Seiner Meinung nach musste er gezügelt bzw. kanalisiert werden. Das ist für ein Mann des 19. Jh. nicht verwunderlich, vor allem wenn er sich mit der sozialen Lage der Arbeiter bzw. der Unterschicht befasst. Hier orientierte er sich auch an soziale Projekte der beiden Franzosen Saint-Simon und Fourier oder des Engländers Robert Owen. Dabei darf man nicht vergessen, dass es seit Rousseau eine Menge Versuche gegeben hat, Menschen nach bestimmten Idealen zu erziehen bzw. auszubilden. Ich danke dir für deinen bildungsförderden Text. Einiges war mir soweit klar - nur nicht so umfangreich, z. B. hab ich es nicht gewusst, das Wilhelm II ein Opfer der Situation war (auf jeden Fall nicht in dieser Deutlichkeit - auch nicht vom Suizid der Töchter Schrebers - *ehrlich.zugeb*). Der Kommunismus kann auch nicht funktionieren, schon allein in Hinsicht auf jedwede Konkurrenz, denn Konkurrenz treibt ja auch die Entwicklung/Fortschritt der Staaten voran. Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben. Marcus Tullius Cicero |
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02.01.2016, 11:11
Beitrag: #23
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Nunja, der Kommunismus geht auch davon aus, dass der Wunsch nach Konkurrenz gar nicht mehr vorhanden ist! Die Idee ist im Prinzip, dass, wenn jeder für sich sorgt, für jeden gesorgt ist. Jeder macht das, was ihm Spaß macht, und die Erzeugnisse, die dabei entstehen (seien es nun Produkte, Wissen, Pflege oder sonstwas) stellt er der Gesellschaft zur Verfügung, indem er es quasi in einen großen "Topf" einbringt, aus dem sich wiederum diejenigen bedienen, die etwas brauchen.
Die Krux dabei ist, dass erstens der Konkurrenzgedanke derart im Menschen "drin" ist, dass der Mensch, den man für den Kommunismus braucht, sich erst noch entwickeln muss (was Marx bewusst erst in einer fernen Zukunft annimmt, wobei laut Marx erst einmal ein völliges Zusammenbrechen aller vorhandener Strukturen vonnöten ist) und dass sich zweitens nicht für jede Tätigkeit Freiwillige finden werden. Marx geht denn auch davon aus, dass sich Einzelne quasi "opfern" werden, um diese (dreckigen, gefährlichen etc.) Tätigkeiten auszuführen, weil sie zuerst das Wohl der Gemeinschaft im Auge haben und nicht das eigene Wohl und erkennen, dass diese Tätigkeiten ja von irgendwem ausgeführt werden müssen. Wie gesagt: Eine Utopie reinsten Wassers.....Lenin war der erste, der diesen auf Jahrhunderte angelegten Prozess beschleunigen wollte, ihm folgten weitere wie Stalin, Mao, Pol Pot etc. |
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02.01.2016, 11:48
Beitrag: #24
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(02.01.2016 11:11)913Chris schrieb: Nunja, der Kommunismus geht auch davon aus, dass der Wunsch nach Konkurrenz gar nicht mehr vorhanden ist! Die Idee ist im Prinzip, dass, wenn jeder für sich sorgt, für jeden gesorgt ist. Jeder macht das, was ihm Spaß macht, und die Erzeugnisse, die dabei entstehen (seien es nun Produkte, Wissen, Pflege oder sonstwas) stellt er der Gesellschaft zur Verfügung, indem er es quasi in einen großen "Topf" einbringt, aus dem sich wiederum diejenigen bedienen, die etwas brauchen. Gerade diese Situation stelle ich mir auch nicht durchführbar vor. Mag auch sein, das ich mich irre, aber das wäre m. E. auch nicht so leicht durchführbar. Dazu ist jeder Mensch grundsätzlich zu verschieden in den Charakteren. So müßte sich die ganze Menschheit ändern, was kaum möglich wäre. Dazu müsste die Menschheit alle der gleichen Auffassung sein. In Hinsicht der Philosophie stelle ich mir das kaum vorstellbar vor. Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben. Marcus Tullius Cicero |
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03.01.2016, 13:41
Beitrag: #25
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Was man sich allerdings unbedingt auch verinnerlichen muss,
Der Sozialismus, soweit er von Marx und seinen Jüngern geprägt ist, ist eine Weltanschuung die zutiefst von der Vorstellungswelt des Mittelalters geprägt ist, Gewinn und Reichtum sind Sünde. Die Erkenntnis der Neuzeit, danach gehandelt wurde schon im 16. Jahrhundert, in Worte gefasst hat sie aber Adam Smith als Erster, dass Profit und Profitstreben eine win-win-Situation herbeiführt, die Vorteile für ALLE bringen, wird völlig negiert. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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04.01.2016, 20:48
Beitrag: #26
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
(03.01.2016 13:41)Suebe schrieb: Was man sich allerdings unbedingt auch verinnerlichen muss, Ist das eigentlich rübergekommen? Ich verorte hier Marx irgendwo zwischen dem Jahr Null und dem Jahr 600, als sich der Islam so richtig ausgebreitet hatte. Schon die Hochmittelalterlichen italienischen Banker hatten den Marx Lichtjahre weit hinter sich gelassen. Kommt da kein Widerspruch? "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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05.01.2016, 00:48
Beitrag: #27
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Es ist durchaus diskutabel, dass ein Teil der sozialistischen Ideen eine Fortführung von mittelalterlichen Gedanken sind. Die staatliche Sozialversicherung könnte man mit dem Schutz der Vasallen durch den Lehnsherrn vergleichen, Zünfte haben durchaus planwirtschaftliche Züge und der Reichtum der Privatbankiers wurde im Mittelalter und wird auch heute beargwöhnt.
Dass heißt aber nicht, dass Profit und Profitstreben Vorteile für ALLE (im gleichen Maß) bringen. Wenn der Profit oder der produzierte Mehrwert nur zum Reichtum einer Oligarchie führt und die gesellschaftlichen Lasten (Umweltverschmutzung, Arbeitslosigkeit) sozialisiert werden, haben nur WENIGE einen Vorteil daraus. Ideal wäre, wenn die erwirtschafteten Profite in Zukunftsprojekte investiert werden. Es ist schon richtig, dass Produktionsprozesse so gestaltet werden, dass Profite erwirtschaftet werden. Aber die Verantwortlichen der norwegischen Erdöl- und Erdgasindustrie handeln m.E. verantwortungsbewusster als die russischen Oligarchen oder arabischen Scheichs. D.h. in Norwegen profitiert letztlich jeder Bürger von einer profitablen Wirtschaft, in Russland aber nicht. Adam Smith schrieb ja auch, dass wenn der Markt es hergeben würde in Schottland Wein hergestellt werden könnte. Aber er schätzte die klimatischen Bedingungen, die Böden und wohl auch das Know How der Schotten so ein, dass dieser Wein dann zu teuer für die (britischen) Verbraucher wäre, die den Preis nicht zahlen würde. Subventionen würden nichts bringen, da weder eine Steigerung der Erträge zu erwarten wäre und der Verbraucher wäre auch nicht bereit, einen höheren (kostendeckenden) Preis zu zahlen. Ob im 21. Jh. ein höherer Preis für schottischen Wein (Exklusivität, ökolog. Anbau u.a.) gezahlt würde, ist vielleicht bei entsprechenden Marketing und PR denkbar, im 18. Jh. konnte sich das niemand vorstellen. Deswegen hätte der Anbau von Wein den Schotten keinen Nutzen gebracht und es war richtig, ihn aus dem Ausland einzukaufen. Wenn wir aber Smith Gedanken vom Wein auf die Schafzucht beziehen, sieht es anders aus. Noch dazu, weil die Einzäunung für die Weiden seit dem 16. Jh. bereits viele bäuerlichen Existenzen in England und Schottland vernichtet hatten. Die billige Schafswolle aus Spanien, später von Australien, Neuseeland u.a. Ländern seit der 1. Hälfte des 19. Jh führte dazu, dass wieder viele Engländer und Schotten ihre Existenzgrundlagen verloren. Wer hatte hier den Nutzen? Der verarmte Schafhirte, der als Tagedieb in eine britische Kolonie deportiert wurde oder einer der Textilfabrikanten von Manchester, die genügend Zulauf an hart schuftenden Arbeiter hatten? Im Jahr 2016 würde wohl jeder Brite sagen, dass der Manchesterkapitalismus eine notwendige Epoche war, aber die betroffenen Arbeiter werden damals wohl eine andere Meinung gehabt haben. Gewinn und Reichtum sind Sünde. Dieser Grundsatz muss in unserer Kultur fest verankert sein. Und dies auch bei Leuten wie Jakob Fugger, John D. Rockefeller, Andrew Carnegie, die Krupps, Hugo Stinnes, Bill Gates u.v.a., die große Teile ihrer z.T. rücksichtslos erwirtschafteten Profite in soziale Stiftungen oder Projekte investieren. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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05.01.2016, 04:42
Beitrag: #28
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Beinahe amüsant
Es scheint einigen Diskutanten hier nicht klar zu sein, was Marx' Verdienst ist! Er war der Erste, der die Funktionsweise des Kapitalismus durchschaut und analysiert hatte. Wer als Unternehmer nach seinen Erkenntnissen gehandelt hat, war gut beraten. Was sollen also die Verortungen im 1.Jtsd und der Vergleich mit den Venezianern? Jede Wette, dass diejenigen, die so etwas behaupten, keine Ahnung von seiner politökonomischen Lehre haben!
Es geht in diesem Thread ja wohl um Das Kapital, sein Hauptwerk, nicht um marxistische Philosophie schlechthin! Ich darf in diesem Zusammenhang den Historiker E.Hobsbawm zitieren, der 1998 in einem Vorwort zum Kommunistischen Manifest geschrieben hat, dass Marx erst seit Ende des 20.Jhds wirklich aktuell sei, weil die Welt, die er 1848 mit düsterer, lakonischer Eloquenz beschreibt, unübersehbar die Welt ist, in der wir 150 Jahre später leben. Und der Soziologe O.Negt weist in seiner Abschiedsvorlesung von 2003 darauf hin, dass das Kapital erstmalig in der modernen Welt genauso funktioniert, wie Marx es in seinem Kapital beschrieben hat. Heute gilt uneingeschränkt, was Marx die Herrschaft des Tauschwertes über den Gebrauchswert genannt hat (alle Zitate nach Freiheit statt Kapitalismus, S.Wagenknecht, dtv 2013/14, 3.Aufl S.177). Und wenn man die Aussagen des GG der BR Deutschland zur angestrebten Wirtschaftsordnung (WO) zurate zieht, findet man 2 mögliche Varianten, von denen keine mit der ggw realen WO übereinstimmt! Es wird doch nur so getan, als ob es immer noch um Soziale Marktwirtschaft ginge und diese gegen sozialistische Planwirtschaft stünde oder weitgehend (bis auf den sozialen Aspekt) mit dem Urkapitalismus und seinem schöpferischen Unternehmertum übereinstimmen würde. Aber das ist ein alter Mythos, von dem heutigentags nicht mehr viel übrig ist. Im Gegenteil, der Kapitalismus entwickelt sich zu einer Art von Feudalismus, denn die Demokratie erstreckt sich allein auf die Politik, ökonomische Machtpositionen und mit ihnen politischer Einfluss konnten sich nahezu feudal entwickeln. Dazu Franklin D.Roosevelt, ehem US-Präsident und Initiator des New Deal: Die Freiheit einer Demokratie ist nicht sicher, wenn die Menschen das Wachstum privater Macht bis zu dem Punkt tolerieren, da sie stärker wird als der demokratische Staat selbst. Und den haben wir nahezu erreicht oder gar schon überschritten! Dazu passt auch, was Warren Buffet, US-Milliardär, sagte: Die Idee dynastischer Vermögen finde ich abschreckend. Wenn man über Chancengleichheit redet und darüber, dass jeder Mensch mit Talent eine faire Möglichkeit haben soll, nach oben zu gelangen, dann ist das Weiterschieben riesiger Vermögen und machtvoller Gesellschaftspositionen von den Eltern an ihre Kinder geradezu unamerikanisch. Und Henry Ford, Erfinder und Auto-Tycoon, meinte einst: Eigentlich ist es gut, dass die Menschen unser Banken- und Währungssystem nicht verstehen. Würden sie es heute tun, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh. Insofern hat das alles tatsächlich etwas mit Mittelalter zu tun, allerdings auf der beschriebenen Seite, nicht der Beschreiber oder sein Werk! :-> Übrigens hat so mancher US-Künstler, -Schriftsteller bzw -Filmemacher das durchaus verstanden und seine eigene Vision entwickelt - oder wie meint ihr ist wohl die Interplanetare Föderation aus Star Trek wirtschaftlich und politisch verfasst...?! ;-) Aufgeklärtes Neues, Lucius |
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05.01.2016, 15:38
Beitrag: #29
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Mal abseits aller Theorie.
Die Autoindustrie weltweit ist zur Zeit damit befasst, Systeme zu entwickeln, die die gesammelten Daten die in den diversen Steuergeräten der Autos anfallen, an die Herstellerwerke senden. Bei technischen Problemen, Pannen und Unfällen. Ford will die "Datenhoheit" beim Autobesitzer lassen, Opel und Mercedes wollen sie selbst haben, von VW, Martin Winterkorn beim Genfer Autosalon Frühjahr 2015, "Die Daten gehören uns" eine klare Aussage. Zukunftsszenario: Kein Wettbewerb mehr, Reparatur nur in der Markenwerkstätte, wo pro Stunde heute 80-100 Euronen verrechnet werden. Dann, kein Wettbewerb mehr, vermutlich 150-200 Teuronen. Es ist sicher, dass zumindest versucht wird, die Vernetzung weltweit zu einem gigantischen Geschäft zu machen. Zum Nachteil des Verbrauchers. Aber es wird auf die eine oder andere Art und Weise anders kommen. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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06.01.2016, 17:56
Beitrag: #30
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Ich fahr mein nicht-internetfähiges, nicht-vernetztes, nicht-datenveschleuderndes Auto jedenfalls so lang es irgendwie geht...
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06.01.2016, 17:56
Beitrag: #31
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
und danach kauf ich mir nen oldtimer...*lach*
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