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In die Linse lächeln
15.12.2016, 19:05
Beitrag: #41
RE: In die Linse lächeln
(14.12.2016 20:27)Bunbury schrieb:  Hä? Wie jetzt? Wer will Interesse wecken? Derjenige, der fragt oder derjenige, der gefragt wird?

Du bringst die Sachen etwas durcheinander, Bunbury… Sceptical


(14.12.2016 20:27)Bunbury schrieb:  Der Arbeitslose oder die Alleinerziehende wird nicht deshalb Ausgegrenzt, weil man so egomanisch ist und das Unglück nicht sehen will. Der Arbeitslose und die Alleinerziehende werden deshalb aushgregrenzt, weil man tief ins sich Angst hat, selbst mal arbeitslos oder alleinerziehend zu sein.

Wer redet hier von Arbeitslosen und Alleinerziehenden? Confused


Also nochmals, aufs Wesentliche heruntergebrochen:

1. Die Menschen wollen mehr und mehr nur Glückliche um sich haben. Das hat allein mit dem wachsenden Egoismus zu tun. Es gehört jedoch zu unserer Natur, dass wir uns in glücklicher Umgebung wohler fühlen; das war schon immer so. Aber: früher hat man sich eher die Mühe genommen, sich auch mit weniger glücklichen Mitmenschen abzugeben (z.B. mit den alt gewordenen Eltern zusammenzuleben). Heute, mit dem wachsenden Egoismus, schwindet diese Bereitschaft.

2. Man lächelt, um glücklich zu wirken. Warum? Da man nicht ausgegrenzt werden will.

Ich hoffe, dass nun die beschriebenen Ängste besser dargestellt sind.

Dieses Phänomen erklärt zumindest (für mich jedenfalls), warum sich die Mode, auf Photographien zu lächeln, so lange hält.
.
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15.12.2016, 19:36
Beitrag: #42
RE: In die Linse lächeln
(15.12.2016 19:05)Mashenka schrieb:  ./.
Dieses Phänomen erklärt zumindest (für mich jedenfalls), warum sich die Mode, auf Photographien zu lächeln, so lange hält.
.


Ich hatte mal einen Mitarbeiter, Siebenbürger Sachse, Anfangs der 90er nach Deutschland gekommen.
Der gebrauchte immer mal wieder den Begriff
"ein ernster Mann"
womit er einen verläßlichen erwachsenen Menschen meinte.

Ich denke mal in dieser Sprach-Nische hat das "würdige" dreinschauen überlebt.

Interessant übrigens, in den verfluchten zwölf Jahren haben die ganzen kleinen und großen Führer auf den Fotografien den "Duce-Ausdruck" draufgehabt.
Hochgerecktes Kinn, runtergezogene Mundwinkel, "größte Härte" imitierend
schauts mal auf die Bilder ihr werdet sie wiedererkennen.
Mir ist mal ein Bild des "Trotzdem"-Oberst Rudel untergekommen, wie er in den 50ern in Südamerika eine Rede hält, genau die Pose.

Da ist doch das heutige "gewinnende"-Lächeln tausendmal besser.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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15.12.2016, 20:33
Beitrag: #43
RE: In die Linse lächeln
(15.12.2016 19:05)Mashenka schrieb:  Also nochmals, aufs Wesentliche heruntergebrochen:

1. Die Menschen wollen mehr und mehr nur Glückliche um sich haben. Das hat allein mit dem wachsenden Egoismus zu tun. Es gehört jedoch zu unserer Natur, dass wir uns in glücklicher Umgebung wohler fühlen; das war schon immer so. Aber: früher hat man sich eher die Mühe genommen, sich auch mit weniger glücklichen Mitmenschen abzugeben (z.B. mit den alt gewordenen Eltern zusammenzuleben). Heute, mit dem wachsenden Egoismus, schwindet diese Bereitschaft.

2. Man lächelt, um glücklich zu wirken. Warum? Da man nicht ausgegrenzt werden will.

Ich hoffe, dass nun die beschriebenen Ängste besser dargestellt sind.

Psychologie scheint nicht so sehr deine starke Seite zu sein- psychologisch und soziologisch ist das meiste davon, was du schreibst, nicht haltbar. Aber da es hier um Geschichte geht, belassen wir es dabei.

Überhaupt nicht haltbar ist die letzte Aussage:

(15.12.2016 19:05)Mashenka schrieb:  Dieses Phänomen erklärt zumindest (für mich jedenfalls), warum sich die Mode, auf Photographien zu lächeln, so lange hält.


Fotos werden nun mal in der Regel (außer von jouralistischen und/ oder professionellen Fotografen) nicht in Situationen gemacht, die alltäglich, langweilig oder traurig sind. Sondern man greift zur Kamera, um besonders glückliche Momente zu dokumentieren, Momente, die man vielleicht auch einfach deshalb festhalten will, weil sie etwas besonderes waren- ein Bild dient heute dazu, diese Erinnerung zu bewahren. Und dazu gehört nun mal ein Lächeln- ob es nun falsch ist oder nicht.

@Suebe: Vielleicht gelingt eine Annäherung die Problematik, wenn man sich über den Wandel in der Motivation des Fotografierens Gedanken macht.
Was soll die Fotografie bezwecken?
Ist sie was offizielles- also sprich das Foto, das man im Freundes- und Verwandtenkreis herumschickt, um sich schöne Weihnachten zu wünschen oder sich für irgendetwas zu bedanken?
Sind es die offziellen Fotos, die eine besondere Situation dokumentieren (Hochzeit, Ordensverleihung, Konfirmation, Beförderung oder so etwas)?
Sind es Fotos, die bei einem offiziellen Anlass entstehen, aber nicht unbedingt den Würdemoment erfassen sollen?
Sind es Schnappschüsse, die bei einer spontanen Aktion zufällig entstehen, weil man gerade die Kamera in Reichweite hat?
Sind es Aufnahmen, weil man sich die Erinnerung an etwas bestimmtes (Urlaub, besonderes Erlebnis) bewahren will.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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15.12.2016, 21:02
Beitrag: #44
RE: In die Linse lächeln
(15.12.2016 20:33)Bunbury schrieb:  Psychologie scheint nicht so sehr deine starke Seite zu sein- psychologisch und soziologisch ist das meiste davon, was du schreibst, nicht haltbar. Aber da es hier um Geschichte geht, belassen wir es dabei.

Aha! Jetzt ist natürlich alles klar…


(15.12.2016 20:33)Bunbury schrieb:  Fotos werden nun mal in der Regel (außer von jouralistischen und/ oder professionellen Fotografen) nicht in Situationen gemacht, die alltäglich, langweilig oder traurig sind. Sondern man greift zur Kamera, um besonders glückliche Momente zu dokumentieren, Momente, die man vielleicht auch einfach deshalb festhalten will, weil sie etwas besonderes waren- ein Bild dient heute dazu, diese Erinnerung zu bewahren. Und dazu gehört nun mal ein Lächeln- ob es nun falsch ist oder nicht.

Das erklärt natürlich, warum man früher weniger in die Linse lächelte.

Ich sehe da nur Verweigerung, Durcheinander und Hochmut, weshalb ich in dieser Diskussion mit Bunbury zumindest zu diesem Thema passe. Undecided
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15.12.2016, 21:10
Beitrag: #45
RE: In die Linse lächeln
(15.12.2016 20:33)Bunbury schrieb:  Was soll die Fotografie bezwecken?
Ist sie was offizielles- also sprich das Foto, das man im Freundes- und Verwandtenkreis herumschickt, um sich schöne Weihnachten zu wünschen oder sich für irgendetwas zu bedanken?
Sind es die offziellen Fotos, die eine besondere Situation dokumentieren (Hochzeit, Ordensverleihung, Konfirmation, Beförderung oder so etwas)?
Sind es Fotos, die bei einem offiziellen Anlass entstehen, aber nicht unbedingt den Würdemoment erfassen sollen?
Sind es Schnappschüsse, die bei einer spontanen Aktion zufällig entstehen, weil man gerade die Kamera in Reichweite hat?
Sind es Aufnahmen, weil man sich die Erinnerung an etwas bestimmtes (Urlaub, besonderes Erlebnis) bewahren will.

Das m.E. ist der entscheidende Punkt! Unsere Urgroßeltern gingen vielleicht 2-3x im Leben zum Fotografen, das Ganze war also ein besonderes Ereignis und der Gesichtsausdruck entsprach der Würde des Moments.
Die Wende trat ein, als Fotografieren handlich und allgemein erschwinglich wurde. Casus knaxus war m.E. die Einführung der Leica-Kleinbildkamera samt Rollfilm 1924. Ab da war Fotografieren ein Massenphänomen.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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15.12.2016, 22:23
Beitrag: #46
RE: In die Linse lächeln
(15.12.2016 21:10)Arkona schrieb:  Casus knaxus war m.E. die Einführung der Leica-Kleinbildkamera samt Rollfilm 1924. Ab da war Fotografieren ein Massenphänomen.

"Massenphänomen" halte ich für 1924 leicht übertrieben Wink aber zumindest hat der Rollfilm der vorher so aufwändigen Prozedur das einschüchternde und vielleicht auch das magische genommen.
Ja, da gebe ich dir recht-da Fotografieren hat seine ehrfurchtgebietende Wirkung verloren und wurde etwas normaleres- das dürfte sich auf jeden Fall auf den Bildern niedergeschlagen haben...

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16.12.2016, 01:23
Beitrag: #47
RE: In die Linse lächeln
Ich glaube das ist schlicht ein Kulturphänomen
Im 19-Jahrhundert gab man sich ernst und würdevoll -und die Photographie wurde durchaus als Fortsetzung der Porträtmalerei mit anderen Mitteln angesehen
Auf Portraits aber lachte man nicht
Erst mit der Filmindustrie und der Werbung amerikanischer Prägung kam das "Keep smiling " auf- und hielt streng genommen erst nach dem 2.Weltkrieg mit der Verbreitung amerikanischer Kulturelemente Einzug in die allgemeine Massenphotographie

Wenn ich die Familienphotos aus den 30ern und den 50ern vergleiche wird das augenfällig,obwohl es kleinbildkameras schon ab 1925 gab und seit Mitte der 30er auch zumindest eine Balda Juwella, in der Familie war.
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16.12.2016, 11:28
Beitrag: #48
RE: In die Linse lächeln
Ich vertrete auch die These, dass mit den Erfindungen von Eastman, mit der Leica usw. durch die Fotografieren zum "Volkssport" wurde, der in die Linse Lächelnde zum Hauptfotoobjekt wurde.

Übrigens, der französische Staat hat die Fotopatente von Niepce und Daguerre aufgekauft, und der Menschheit geschenkt. Da man sich der großen Bedeutung bewusst war.
Fakt.
Hätten sich die Nachfolger wie Eastman, Land, Agfa usw. usf. zu ähnlichem hinreißen lassen, das Fotografieren wäre ein halbes Jahrhundert früher Volkssport geworden.
Ich erinnere hier mal nur an den Patentstreit Land ./. Kodak

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16.12.2016, 11:55
Beitrag: #49
RE: In die Linse lächeln
(16.12.2016 11:28)Suebe schrieb:  Ich vertrete auch die These, dass mit den Erfindungen von Eastman, mit der Leica usw. durch die Fotografieren zum "Volkssport" wurde, der in die Linse Lächelnde zum Hauptfotoobjekt wurde.

Mit der Bezeichnung "Volkssport" tue ich mich einfach deshalb schwer, weil weite Teile der Bevölkerung sich 1924 das einfach nicht leisten konnten.
Aber unter denen, die es sich leisten konnte, war es schnell verbreitet.
Auf breiter Basis- also auch bei Arbeitern und Bauern- Volkssport wurde es hierzulande wohl erst mit dem Wirtschaftswunder...


(16.12.2016 11:28)Suebe schrieb:  Hätten sich die Nachfolger wie Eastman, Land, Agfa usw. usf. zu ähnlichem hinreißen lassen, das Fotografieren wäre ein halbes Jahrhundert früher Volkssport geworden.
Ich erinnere hier mal nur an den Patentstreit Land ./. Kodak

Ich glaube nicht, dass es so gekommen wäre- es gab ja nicht nur die technologische Entwicklung. Wenn ich mir so die Berichte älterer Verwandter über ihre Jugend angehört habe, ist schwer vorstellbar, dass in Familien, in denen alle Kinder mitarbeiten mußten, Zeit und Geld übrig geblieben wäre, zu fotografieren.

Dass es sich in den 50 er Jahren so durchsetzte, zeigt einfach, dass das genau der richtige Zeitpunkt war- zwei Weltkriege überwunden, aufsteigender Wohlstand, den man auch dokumentieren wollte, zunehmende Leichtigkeit...
Wenn man es sich genau überlegt, passen die Motive, aus denen heraus man Fotos macht, perfekt in die Zeit des Wirtschaftswunders...

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16.12.2016, 11:58
Beitrag: #50
RE: In die Linse lächeln
Wir sind doch beieinander bunbury Rose
mir ging es um die Kosten.

Die Patentgebühren, die Abschottung durch die Patente hat doch das Fotografieren teuer gemacht.

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16.12.2016, 12:11
Beitrag: #51
RE: In die Linse lächeln
(16.12.2016 11:58)Suebe schrieb:  Wir sind doch beieinander bunbury Rose
mir ging es um die Kosten.

Die Patentgebühren, die Abschottung durch die Patente hat doch das Fotografieren teuer gemacht.

Hm. Das wäre schon wieder fast ein eigenes Thema. Ich teile deinen Optimismus da nicht so ganz- ich denke für die einfache Bevölkerung zwischen 1924 und 1950 spielte es keine Rolle, ob ein Film nun 1 Mark kostete oder 20, die Entwicklung 2 Mark oder 15- Es war einfach kein Geld übrig für so etwas.
Meine Mutter erzählte mir z.B. dass sie von ihrer reichen, kinderlosen Patentante zu Weihnachten einen Puppenwagen geschenkt bekam- auf Befehl ihrer Mutter mußte die Patentante den Puppenwagen zurückbringen und meiner Mutter ein Kleid kaufen, damit das eingesparte Kleidergeld in der Familie für anderes notwendige verwendet konnte. Und solche Geschichten kenne ich viele.
Da ist einfach schwer vorstellbar, dass auf breiter Basis Geld fürs Fotografieren übrig gebleiben wäre, selbst wenn es nur die Materialkosten gewesen wären....

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16.12.2016, 12:26
Beitrag: #52
RE: In die Linse lächeln
wieder ein anderes Thema.

Aber, wenns billiger ist, ist es doch per se für weitere Kreise bezahlbar,
und es ist schon ein Unterschied, ob jetzt 5 Prozent oder 20 Prozent der Europäer die Welt durch den Sucher betrachten.

OT:
Mann oh Mann, was war das für ein Ding,
hatte man ein Filmchen vollgeknipst, hat man krampfhaft überlegt,
wo man die zwölf Märker fürs entwickeln herbekommt....

Ich habe einen Freund, ausgebildeter Fotograf mit Gesellenbrief, der hat ein paar Jahre als Weltenbummler gelebt, die dabei vollgeschossenen Filme hat er etliche Jahre unentwickelt gebunkert gehabt.
Mangels Kohle.
Das war doch Fakt

ich weiß, in den heutigen Zeiten der Handyfotografie kann sich dies keiner mehr vorstellen,
aber vor nicht langer Zeit war das ein richtiges Thema.
Als ich erstmals an der Cote Azur war, habe ich zehn Filme vollgeknipst, bei Fotosowieso Kreuzlingen der billigste Entwickler zdZ, hat mich dies insgesamt über anderthalb Hunderter gekostet. Der ganze Urlaub zu zweit zwei Wochen per Auto gerade mal 800.
Nur um die Verhältnisse aufzuzeigen

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16.12.2016, 12:56
Beitrag: #53
RE: In die Linse lächeln
Oh nein, spätestens ab den 1930ern war eigentlich immer ein Hobbyfotograf mit der Leica dabei. Wir haben noch zwei Familienalben voll mit Aufnahmen aus dem "Ostfeldzug 1941". Und bevor Fragen kommen, nein, sie zeigen keine Kriegsverbrechen, aber viele Ruinen, russische Panzerwracks und frisch-fröhliche Kameraden.

Alledings ist seit der Digitalfotografie ein ganz neues Zeitalter eingetreten. Viele von uns wissen noch, was ein Film früher gekostet hat. Da hat man dreimal überlegt, bevor man auf den Auslöser drückte - wo es heute wie ein Maschinengewehr klingt. Gilt ganz speziell in meinem Gebiet, zum Beispiel bei der Aufnahme fliegender Vögel.

Einmal mehr an die jungen Leute: Ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es heute habt...

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16.12.2016, 13:05
Beitrag: #54
RE: In die Linse lächeln
(16.12.2016 12:26)Suebe schrieb:  wieder ein anderes Thema.

Aber, wenns billiger ist, ist es doch per se für weitere Kreise bezahlbar,
und es ist schon ein Unterschied, ob jetzt 5 Prozent oder 20 Prozent der Europäer die Welt durch den Sucher betrachten.

Ob die Prozentzahlen so stimmen, mag dahingestellt sein- aber prinzipiell gebe ich dir recht. Ich denke, dass sich immer weiter verbilligende Fotografieren schlägt sich auch dain nieder, dass selbst in der arbeitenden Bevölkerung die überlieferten Aufnahmen zunahmen. Das Kinderbild meiner Mutter mit 4 gab es von meiner Tante (14 Jahre älter) noch nicht. Einer der Punkte, die die Ältere der Jüngeren immer verübelt hat, aber das ist nun wirklich ein anderes Thema Wink

(16.12.2016 12:26)Suebe schrieb:  OT:
Mann oh Mann, was war das für ein Ding,
hatte man ein Filmchen vollgeknipst, hat man krampfhaft überlegt,
wo man die zwölf Märker fürs entwickeln herbekommt....

Ich erinnere mich. Deswegen war ich auch die "Klassenfotografin"- meine Mutter hat das gesponsort, weil sie es sich leisten konnte. Ich war damals tatsächlich die einzige in der Klasse mit einer kleinen Kodak Pocketkamera.


(16.12.2016 12:26)Suebe schrieb:  Ich habe einen Freund, ausgebildeter Fotograf mit Gesellenbrief, der hat ein paar Jahre als Weltenbummler gelebt, die dabei vollgeschossenen Filme hat er etliche Jahre unentwickelt gebunkert gehabt.
Mangels Kohle.
Das war doch Fakt


ich weiß, in den heutigen Zeiten der Handyfotografie kann sich dies keiner mehr vorstellen,
aber vor nicht langer Zeit war das ein richtiges Thema.
Als ich erstmals an der Cote Azur war, habe ich zehn Filme vollgeknipst, bei Fotosowieso Kreuzlingen der billigste Entwickler zdZ, hat mich dies insgesamt über anderthalb Hunderter gekostet. Der ganze Urlaub zu zweit zwei Wochen per Auto gerade mal 800.
Nur um die Verhältnisse aufzuzeigen


Deshalb habe ich mich für den Urlaub auf drei Filme mit Entwicklungsgutschein beschränkt..... Jetzt komme ich aus dem Urlaub zurück und habe 800 - 1000 Bilder verknipst- aber auch nur, weil ich fast jedes Jahr in Schottland bin und deswegen nun wirklich nicht mehr alles fotografieren will.
Fraglich ist nur, ob es immer vorteilhaft ist. Billiger ist es, ja. Aber... Wähle doch mal aus 25 fast identischen Bildern das beste aus...Und dann - es ist so leicht zu fotografieren. So leicht, dass man mitunter zu vieles in der Wirklichkeit verpaßt.... Aber das ist garantiert OT...

Und nicht zu vergessen- ja, wir mußten einiges dafür bezahlen, um die Filme entwickelt zu bekommen. Aber der Besitzer des Fotostudios hat davon gelebt und das nicht einmal schlecht...

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16.12.2016, 14:31
Beitrag: #55
RE: In die Linse lächeln
(15.12.2016 19:05)Mashenka schrieb:  Es gehört jedoch zu unserer Natur, dass wir uns in glücklicher Umgebung wohler fühlen; das war schon immer so. Aber: früher hat man sich eher die Mühe genommen, sich auch mit weniger glücklichen Mitmenschen abzugeben (z.B. mit den alt gewordenen Eltern zusammenzuleben). Heute, mit dem wachsenden Egoismus, schwindet diese Bereitschaft.
Widerspruch! Es gehört zu den uns angeborenen Instinkten, Mitmenschen in Not zu helfen. Das hat nichts mit Moral zu tun.
Es gibt Menschen, die diesen Instinkt nicht haben, ich kenne einen. Er wurde auch deshalb von seinem Psychiater als unheilbar psychisch krank begutachtet.

Früher mussten Generationen einfach zusammenleben, um das Familienerbe zu bewahren, wenn mit Haus, Boden oder Hof das Geld verdient wurde. Das fällt heute in vielen Familien durch die abhängige Arbeit weg und das Wohnen in Miete weg. Das ist natürlich ein einfacheres und pflichtenfreies Leben im Vergleich zu früher.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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16.12.2016, 19:58
Beitrag: #56
RE: In die Linse lächeln
(16.12.2016 12:56)Arkona schrieb:  Oh nein, spätestens ab den 1930ern war eigentlich immer ein Hobbyfotograf mit der Leica dabei. Wir haben noch zwei Familienalben voll mit Aufnahmen aus dem "Ostfeldzug 1941". Und bevor Fragen kommen, nein, sie zeigen keine Kriegsverbrechen, aber viele Ruinen, russische Panzerwracks und frisch-fröhliche Kameraden.

Einmal mehr an die jungen Leute: Ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es heute habt...

Bei mir dito.
Frankreichfeldzug, alles wunderbar beschriftet, weißer Stift auf dunkelgrauem Fotoalbum. Sedan, Reims, Boulogne sur Mer, Besancon, zusammengeschossene Fahrzeuge (natürlich französische) erste Kriegsgräber, deutsche.
Dann Aufmarsch in Polen, langbärtige Juden im Stettl,
später "mit den Kradschützen über die Beresina", Orscha, Smolensk,
und Schluss
nichts mehr.
Noch ein paar Bilder von Lehrgängen,
vom Krieg kein Bild, kein Wort mehr.
Warum auch immer.

Mein Onkel war kriegsdienstverpflichtet bei der Polizei, der hat verbotenerweise Bombenschäden fotografiert, für den Spätgeborenen recht interessant, was da insgesamt alles zerbröselt war.

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16.12.2016, 21:36
Beitrag: #57
RE: In die Linse lächeln
(16.12.2016 12:56)Arkona schrieb:  Einmal mehr an die jungen Leute: Ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es heute habt...

Ich weiß nicht, ob ich das so unterschreiben würde. Wir mußten uns wenigstens keine Gedanken darüber machen, ob peinliche Fotos von uns im Internet die Runde machen. Wir konnten noch richtig einen draufmachen, ohne uns darüber Gedanken machen zu müssen, wer das am Ende sieht...
Ich bin heilfroh, dass es bei einigen meiner Jugendpartys noch keine Handys gab und ich noch nicht im Zeitalter der (privaten) Überwachung lebte...


aber
noch eine Frage an euch zwei, rein Interessehalber:
Ihr schreibt von den Fotoalben der Feldzüge. Gibt es vergleichbare Alben auch von den Daheimgebliebenen?

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16.12.2016, 23:33
Beitrag: #58
RE: In die Linse lächeln
Gab es Filme nicht nur auf Marken oder unter der Hand? Es dürfte deshalb nur wenige wahllos knipsende Zeitgenossen gegeben haben.

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17.12.2016, 11:33
Beitrag: #59
RE: In die Linse lächeln
(16.12.2016 21:36)Bunbury schrieb:  
(16.12.2016 12:56)Arkona schrieb:  Einmal mehr an die jungen Leute: Ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es heute habt...

Ich weiß nicht, ob ich das so unterschreiben würde. Wir mußten uns wenigstens keine Gedanken darüber machen, ob peinliche Fotos von uns im Internet die Runde machen. Wir konnten noch richtig einen draufmachen, ohne uns darüber Gedanken machen zu müssen, wer das am Ende sieht...
Ich bin heilfroh, dass es bei einigen meiner Jugendpartys noch keine Handys gab und ich noch nicht im Zeitalter der (privaten) Überwachung lebte...


./.

da hast du auch wieder Recht, mein Fotografenfreund hat da hin und wieder äußerst unterirdische Bildchen angefertigt,Thumbs_down
hoffentlich sind die inzwischen "untergegangen".....

hat halt alles zwei Seiten


Zitat:aber
noch eine Frage an euch zwei, rein Interessehalber:
Ihr schreibt von den Fotoalben der Feldzüge. Gibt es vergleichbare Alben auch von den Daheimgebliebenen?
Siehe oben, wobei diese "Polizei-Bilder" zusammen mit den Aufnahmen eines Kriegsberichterstatters, der zufällig während eines der Angriffe auf Urlaub war, die einzigen noch im Krieg entstandenen sind, die die Bombenschäden festhalten. Private Aufnahmen davon waren verboten.
Ich habe jetzt mal die privtaen Bestände gecheckt, Papa auf Fronturlaub zusammen mit meinem ältesten Bruder auf einem Tandem und ein paar ähnliche Freizeitbilder, aber da ist spätestens 1943 Schluss

(16.12.2016 23:33)Triton schrieb:  Gab es Filme nicht nur auf Marken oder unter der Hand? Es dürfte deshalb nur wenige wahllos knipsende Zeitgenossen gegeben haben.

Gegen Ende bestimmt,
mir hat mal einer erzählt
(gestern habe ich seiner Witwe kondoliert .....)
wie er unter der Hand zu einem Film gekommen ist, der aber hoffnungslos überlagert war, nichts mehr zu entwickeln gewesen wäre

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17.12.2016, 12:54
Beitrag: #60
RE: In die Linse lächeln
um wieder zum Thema zu kommen.

Nach allem was ich hier zum Thema las,

Nein,
ich glaube nicht, dass die wirtschaftliche oder persönliche Lage der abgebildeten etwas mit dem "ernsten" Gesichtsausdruck zu tun hatte.

Es war das damalige Verständnis von "Würde"
Man wollte "würdevoll" der Nachwelt erhalten bleiben.
Und dazu gehörte der Gesichtsausdruck eines "ernsten Mannes" seiner Bedeutung bewusst.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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