Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
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03.01.2017, 16:47
Beitrag: #1
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Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Am Ausgang des 18. Jh. hatte das Heilige Römische Reich keine Zukunft mehr und schon vorher war ihm diese abhanden gekommen. Auf die Zeitgenossen wirkte es wie ein "lebender Leichnam" und irgendwelche idealistischen Pläne verband niemand mehr mit diesem übernationalen Gebilde.
Spaltend wirkte sich schon der Dualismus der beiden deutschen Großmächte Österreich und Preußen aus, ferner der alte Dualismus Kaiser und Reich, der reichsrechtliche Pluralismus der Reichsstände und auch der untergründige, seit Anfang des 18. Jh. verfassungspolitisch besonders wirksame Dualismus der Religionsparteien. Das alles schuf eine neue Form der Reichsexistenz in Abhängigkeit von den europäischen Großmächten. Geht man in die Zeit des Mittelalters zurück, so war es nur eine Frage der Zeit, dass von der allmählichen Ausprägung nationaler Ideen auch das Heilige Römische Reich betroffen und gefährdet sein würde. So waren die selbstbewussten und reichen oberitalienischen Städte und Territorien - das so genannte Reichsitalien - auf Dauer nicht beim Reich zu halten, sodass schon früh ein Ablösungsprozess einsetzte. Das gilt ähnlich für den überwiegend französischsprachigen Reichsteil Burgund, der stückweise von Frankreich einverleibt wurde, sodass nach dem Westfälischen Frieden nur noch ein Rumpfreich "deutscher Nation" übriggeblieben war. Überhaupt keine Zukunft hatten in einer zunehmend sakularisierten Welt die geistlichen Fürstentümer, eine Besonderheit des Reichs, die es sonst nirgends in Europa gab. Die Zusammenballung geistlicher und weltlicher Macht in der Hand eines Bischofs oder Abtes wurde im 18. Jh. und im Angesicht von Aufklärung und säkularer Tendenzen immer anachronistischer, sodass sich auch hier Konfliktptenzial sammelte. Vielleicht hätte ein Heiliges Römisches Reich überleben können, wenn es seit dem 10./11. Jh. eine starke, langjährige Königsdynastie gegeben hätte, die - wie in Frankreich - die Macht zentralisiert, die Fürsten entmachtet und den Besitz ausgestorbener Dynastien kontinuierlich der Krondomäne angegliedert hätte. Dennoch hätte sich die Abspaltung ethnisch und sprachlich anderer Landesteile sicher nicht vermeiden lassen, schon gar nicht im Zeichen nationaler Bestrebungen. |
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03.01.2017, 19:27
Beitrag: #2
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Natürlich hätte das HRR überleben, weiterleben können.
Besser gesagt müssen! ![]() Zitat:Am Ausgang des 18. Jh. hatte das Heilige Römische Reich keine Zukunft mehr und schon vorher war ihm diese abhanden gekommen. Auf die Zeitgenossen wirkte es wie ein "lebender Leichnam" und irgendwelche idealistischen Pläne verband niemand mehr mit diesem übernationalen Gebilde. Das sind im nachhinein verfasste Traktate von solchen die "heute" genau wissen was gestern "falsch" war. Nur gestern wussten sie es noch nicht. ![]() Ein Wieland beispielweise wusste recht genau, was im HRR besser als anderswo, in dem Fall im Vorrevolutionären Frankreich, war. Zurück ins Mittelalter? Warum das??? "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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03.01.2017, 19:52
Beitrag: #3
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können? | |||
03.01.2017, 21:00
Beitrag: #4
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(03.01.2017 19:52)Dietrich schrieb:(03.01.2017 19:27)Suebe schrieb: Natürlich hätte das HRR überleben, weiterleben können. Das ist borussishe Geschichtsschreibung des ausgehenden 19. Jahrhunderts. ![]() Dietrich, es waren keine 300 Kleinstaaten. Borussische Behauptung von längst widerlegten Geschichtsschreibern, die die Vollendung der deutschen Geschichte im Wilhelminischen Großpreußen des ausgehenden 19. Jahrhunderts sahen. Dietrich, es war Deutschland, und Deutschland wird auf deutsch regiert. ![]() Die von Dir, auch an anderer Stelle, immer mal wieder ins Spiel gebrachten Kleinststaaten, waren maximal mit heutigen Landkreisen vergleichbar. Minimal mit einem hetuigen "Weiler", es gab welche mit weniger als 200 Einwohnern. Staaten im Sinne des Wortes waren maximal Österreich und Preußen. Seit Kaiser Maximilian und dem Jahr 1500 gab es die Organisation der Reichskreise. Der Schwäbische Kreis zB umfasste schon um die 100 der von Dir berufenen "Kleinststaaten". Die Reichskreise hatten aber widerum höchstens den Status, bleiben wir des Beispiels wegen beim heutigen, eines Bundeslandes. Das HRR musste überleben! die beiden Nachfolge-Organisationen, Rheinbund und Deutscher Bund beweisen dies nachhaltig. ![]() Edit und OT: Mein Avatar zeigt übrigens die Schwäbischen Kreistruppen des Jahres 1761 "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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04.01.2017, 13:37
Beitrag: #5
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Ich bin durchaus der Meinung, dass das Reich ein politischer Verband war, der Anerkennung verdient. Die Konzentration aller Macht an der Staatsspitze ist für mich nicht der Gipfelpunkt politischer Erkenntnis; achtbar ist auch eine alternative Lösung wie das "Reich": ein vornationaler Verband mit einer starken föderalen Komponente. Es bot die Rahmenbedingungen, innerhalb derer unterschiedlichste politische Gebilde in einem fruchtbaren Nebeneinander existieren konnten: Das Reich vermochte es, fürstliche, kirchliche und bürgerliche Elemente zu integrieren, ohne deren Freiheit wesentlich zu beschneiden.
Zur Lösung politischer Probleme seiner Gliedstaaten kannte das Reich eine Reihe regionaler Institutionen wie z.B. die Reichskreise, was das politische Bewusstsein und die Handlungsfähigkeit nachgeordneter regionaler Gewalten stärkte. Heute wird das im politischen Alltag als "Subsidiaritätsprinzip" bezeichnet, was allgemein als erstrebenswert erachtet wird. Weitere Institutionen und zentrale Organe wie der Reichstag oder das Reichskammergericht gewährleisteten die Handlungsfähigkeit des gesamten Reichsverbandes, ohne indes die Interessen kleinerer Herrschaftsträger zu übergehen. Sie alle hatten Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstags, sei es auf der Fürstenbank, in den Reichsgrafenkollegien, bei den Reichsprälaten oder auf der Städtebank. Somit waren auch kleinere Herrschaftsträger in die politische Entscheidungsfindung auf Reichsebene eingebunden und dem Staat nicht als subalterne Befehsempfänger entfremdet. Eine besondere Leistung des Reichs ist die Integration der drei großen Konfessionen in den Reichsverband durch ein umfassendes religiöses Toleranzprinzip, auch wenn das erst nach langen blutigen Auseinandersetzungen gelang. Über die kulturelle Vielfalt, die das Nebeneinander vieler Herrschaftsträger mit sich brachte, habe ich bereits oben geschrieben. Die zahlreichen kleinen und mittleren Höfe konkurrierten miteinander und brachten es zu großer Ausstrahlungskraft, was politisch und kulturell fruchtbar wirkte. Somit hatte das Reich nicht nur einen großen politischen, sondern auch einen gesellschaftlichen und kulturellen Gravitationskern. Wenn wir heute eine Vielzahl von Theatern und Opernhäusern mit eigenen Ensembles (!) haben, dazu zahlreiche Sinfonieorchester, Universitäten und städtische Zentren, so ist das ein Ergebnis des föderalen Reichsverbundes. Das bedeutet Vielfalt in der Einheit, ganz im Gegensatz zum Staatsprinzip des Absolutismus. Diese Leistungen des Reichs und seiner zahlreichen regionalen Herrschaftsträger gehen oft unter hinter einer gewissen Polemik, die lediglich von "elender Kleinstaaterei" spricht, ohne indes die positiven Seiten des Reichsverbandes zu sehen. Und ob die Fähigkeit straff geführter Zentralstaaten zu großen Kriegen für die Bevölkerung wünschenswert ist, sei dahingestellt. Frankreich war nach den unablässigen Kriegen Ludwigs XIV. pleite und musste Staatsbankrott anmelden. Die Folge war einige Jahrzehnte später die Revolution, da es dem Volk wirtschaftlich unglaublich schlecht ging. Aber wie die Geschichte gezeigt hat, ging die Zeit über das vorstaatliche Gebilde "Heiliges Römisches Reich" hinweg. Übrig blieben aus der Konkursmasse einige zentral regierte und militärisch und politisch halbwegs lebensfähige Mittelstaaten - einmal abgesehen von den Großmächten Preußen und Österreich, von denen Preußen schließlich als allein bestimmende Macht in Deutschland übrig blieb. |
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04.01.2017, 17:59
Beitrag: #6
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(04.01.2017 13:37)Dietrich schrieb: ./. Zuerst mal muss man sich die Geschichte vergegenwärtigen. Das HRR ist nun keineswegs nur gerade mal so in "Konkurs" gegangen. 1.) Die beiden einzigen "Staaten" des HRR haben aus eigennützigen Gründen einen Krieg mit Frankreich angefangen. 2.) Als sich der Krieg länger hinzog, und die erwarteten Gewinne nicht "sofort" eintraten, hat einer der beiden Staaten, Preußen, den Krieg für sich beendet. Nicht, weil man irgendwie friedfertig geworden wäre, sondern weil man im Osten, in Polen Beute machen wollte. 3.) Österreich, der andere Staat im HRR, hat den Krieg weitergeführt, aber kaum am Rhein, in Italien wollte man Beute machen... Als man dort dann kräftig Schläge bekam, hat man Frieden gemacht. Auf Kosten des Reiches!!!!!! Siehe Campo Formio. Der "Konkurs" des Reiches war maßgeblich den in die Hose gegangenen Eigeninteressen der bneiden "Staaten" im Reich geschuldet. Zitat:Aber wie die Geschichte gezeigt hat, ging die Zeit über das vorstaatliche Gebilde "Heiliges Römisches Reich" hinweg. Über was bitte ging die Geschichte hinweg? Doch nicht über den Staatenbund oder Bundesstaat (die Unterscheidung kennt man eh nur in Deutschland), im Jahr 1777 hat sich die überhaupt erfolgreichste Staatengründung in der Menschheitsgeschichte vollzogen. Durchaus nach dem Muster des HRR! Die genannte Einschätzung gehört für mich ganz klar in die Wilheminische-Borussische Schublade. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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05.01.2017, 15:32
Beitrag: #7
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(04.01.2017 17:59)Suebe schrieb: Zuerst mal muss man sich die Geschichte vergegenwärtigen. Nachdem der Rheinbund gegründet war, erklärten die 16 verbündeten Rheinbundstaaten auf dem Reichstag in Regensburg am 1. August 1806 ihren Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich. Auf Geheiß Napoleons verkündete der französische Gesandte, dass der Kaiser Frankreichs ein deutsches Reich nicht mehr anerkenne. Daraufhin legte Kaiser Franz II. am 06. August 1806 die Krone des Heiligen Römischen Reichs nieder und erklärte es für erloschen. (04.01.2017 17:59)Suebe schrieb: Über was bitte ging die Geschichte hinweg? Sie ging hinweg über die Existenz des HRR, das im Jahr 1806 erlosch. Erbe waren 1815 der Deutsche Bund und 1871 das deutsche Kaiserreich, die nichts mehr mit dem HRR zu tun hatten. |
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05.01.2017, 19:04
Beitrag: #8
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Dietrich,
der Gang der Geschichte ist bekannt. Dein thread-Titel lautet: Zitat:Hätte das Heilige Römische Reich überleben können und dazu sage ich ein ganz klares natürlich mit ein paar Anpassungen, wegfall der klerikalen Reichsfürsten zB, war das HRR ohne weiteres überlebensfähig. Und, wie geschrieben, die erfolgreichste Staatsneugründung überhaupt, erfolgte 2 Jahrzehnte zuvor, nach dem Muster des HRR! "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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05.01.2017, 20:41
Beitrag: #9
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(05.01.2017 19:04)Suebe schrieb:Zitat:Hätte das Heilige Römische Reich überleben könnenund dazu sage ich ein ganz klares natürlich Wie denn das ? Ich verstehe eure Kontroverse hier nicht ganz. Das HRR war ein mittelalterlicher Feudalstaat. Das HRR ist, vereinfacht ausgedrückt, im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Nationalstaat und übernationalem Feudalstaat untergegangen. Sehr vereinfacht zusammengefasst: Letzendlich war die Idee des Nastionalstaates notwendig, um mit den Feudlastaaten (und damit verbunden den Vorrechten des Adels) aufzuräumen. Diese Entwicklung wurde mit der Gründung der USA, der Französischen Revolution und Napoleon eingeläutet. Nach Napoleons Ende versuchte man (Metternich) die alten Zustände wieder herzustellen, was aber in die Hose ging. Das HRR ging im Zuge der Ideologie des Nationalstaates unter - wie auch die Restaurierung des alten, vorrevoltutionären Frankreichs misslang, etc. Das Spezielle an Preussen war, dass der Nationalstaat weniger durch die Bürger als durch die Aristokratie resp. die Hohenzollern entstand (und deshalb Adelsvorrechte etwas länger erhalten blieben). Diese Spezialität teilt Deutschland mit Italien - auch dort wurde der Nationalstaat durch die Aristokratie geschaffen (Savoyen). In Italien gelang dies allerdings nur, weil man Garibaldi vom König überzeugen konnte (wie die das geschafft haben, ist für mich eines der grossen Rätsel der Weltgeschichte ![]() Konkret: Wie stellst Du dir vor, dass sich das HRR (oder der Rest davon) zum bürgerlichen Deutschland hätte entwickeln können ? Zum Vergleich: Die heutige Schweiz beispielsweise würde ohne Französische Revolution und Napoleon nicht existieren. Die Entwicklung der Eidgenossenschaft zur Schweiz wäre nicht möglich gewesen - und das gilt m.E. auch für Deutschland - und letztendlich für alle "modernen Staaten" Europas. Das letzte Opfer der Nationalstaaten-Ideologie war Österreich-Ungarn (nicht nur der verlorene Krieg - die Tschechen, Ungarn, Serben etc. wollten einfach nicht mehr sondern auch "ihren" Nationalstaat). Man könnte höchstens darüber diskutieren, ob für die Abschaffung der ständischen Feudalstaaten resp. die Einführung der Errungenschaften der franz. Revolution die Nationalstaaten-Ideologie notwendig war oder ob es auch mit einer Reform der mutlinationalen Feudalstaaten (z.B. einfach durch Abschaffung der Standesvorrechte und des Königtums) gegegangen wäre. Aber da dies meines Wissen nirgends so geschehen ist, muss eine Diskussion darüber etwas akademisch bleiben. |
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05.01.2017, 21:08
Beitrag: #10
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Nein,
das HRR war kein mittelalterlicher Feudalstaat. Eben und genau das nicht. Vom zehnten Jahrhundert an, hat sich die Verfassung dieses Staatenbundes nicht nur einmal grundlegend erneuert. Dazu gäbe es verdammt viel zu sagen. Vorab mal das, "Schuld" am wilheminischen Großpreußen des Jahres 1873 trägt am allermeisten Napoleon III. und seine frnz.Gegenspieler Gambetta und Thiers die allesamt soooo dringend die "Rheingrenze" brauchten. Nix, kein anderer hätte die Süddeutschen ein einen Staat mit preußisch Berlin gebracht. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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05.01.2017, 21:26
Beitrag: #11
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(05.01.2017 21:08)Suebe schrieb: Nein,Schon. Und mittelalterlich war es natürlich auch nicht mehr, aber ein Feudalstaat schon. Oder hat sich Schiller (immerhin kein Preusse) umonst über die Subsidien-Hessen in Amerika echauffiert ? Solange es ständische Vorteile gibt - d.h. wenn ein Stand, besser gesat eine "Klasse" mehr Rechte und Privilegien hat als die anderen Bürger handelt es sich per Definition um einen Feudalstaat. Nicht alle deutschen Adligen sahen die Sache so entspannt wie Friedrich August III von Sachsen, der gesagt hat "Nu da macht doch euren Dreck alleene" - ist leider nicht historisch verbürgt. |
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05.01.2017, 21:38
Beitrag: #12
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Mal ganz dumm gefragt: Was sollen solche Konstrukte oder Spekulationen der Geschichte bringen?
Das HRR ist an der Geschichte gescheitert, fakt. Das HRR ist zu lang an Machtverhältnissen gemessen worden die so nie wirklich bestand hatten oder nur unter Machtverhältnissen aufrecht erhalten worden, die sich eine kleine Macht ohne wirklichen großen Anspruch auf die Ländereien, mehr auf die Religion stützte. Nicht zuletzt war der 30Jährige Krieg ein Kind dieser hoffnungsvollen bedingungslosen Zugehörigkeit einer religiösen Strömung verdankt. Das HRR war ein einseitiges starres religiöses Konstrukt ohne Zukunft und es ist ein Wunder, das es bis ins 19. Jahrhundert bestehen konnte! Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... Erich Kästner |
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06.01.2017, 04:10
Beitrag: #13
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(05.01.2017 19:04)Suebe schrieb: Dietrich, Selbst wenn das HRR die napoleonischen Kriege überlebt hätte, wäre es spätestens mit den aufkommenden Nationalismen des 19. Jh. zerbröselt. So wie es auch Österreich-Ungarn passiert ist. MfG, Titus Feuerfuchs |
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06.01.2017, 05:25
Beitrag: #14
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Der Untergang des HRR wurde bereits im Jahr 1740 eingeleitet. Die Politik des Preußenkönigs Friedrich II. verstieß häufig gegen Reichsrecht. Der Staat Preußen wurde durch die Einverleibung Schlesiens oder Teilen von Sachsen u.a. auf Kosten anderer Länder vergrößert. Der Dualismus zwischen Österreich und Preußen bestimmte die Politik, die restlichen Reichsstände führten keine eigenständige Politik, sie waren nur Parteigänger Österreichs und Preußen. Dass das HRR überlebt war, muss wohl auch der letzte Kaiser Franz II. gemerkt haben. Aus welchen Gründen soll er 1804 das Kaisertum Österreich begründet haben? Das war noch vor der Bildung des Rheinbunds und vor der Schlacht von Austerlitz.
Wenn man will, kann man den Deutschen Bund als reformiertes HRR betrachten. Dass er nur wenige Jahrzehnte Bestand hatte, lag am aufkommenden Nationalismus und am Dualismus zwischen Österreich und Preußen. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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06.01.2017, 09:34
Beitrag: #15
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(06.01.2017 04:10)Titus Feuerfuchs schrieb: Selbst wenn das HRR die napoleonischen Kriege überlebt hätte, wäre es spätestens mit den aufkommenden Nationalismen des 19. Jh. zerbröselt. So wie es auch Österreich-Ungarn passiert ist.Darauf wollte ich hinaus. Es gibt heute in Europa keinen Staat, der die Nationalstaaten-Idee überlebt hat. Anzumerken wäre in diesem Zusammenhang noch, dass die Nationalstaaten-Ideologie des 19. Jahrhundert letztendlich eine Folge der franz. Revolution war, wenn sie selbst auch gescheitert ist. |
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06.01.2017, 13:00
Beitrag: #16
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(06.01.2017 09:34)Aguyar schrieb: Darauf wollte ich hinaus. Es gibt heute in Europa keinen Staat, der die Nationalstaaten-Idee überlebt hat. Anzumerken wäre in diesem Zusammenhang noch, dass die Nationalstaaten-Ideologie des 19. Jahrhundert letztendlich eine Folge der franz. Revolution war, wenn sie selbst auch gescheitert ist. Es gibt in Europa noch viele Staaten mit Minderheiten(die regionale Mehrheiten sind), die also keine richtigen Nationalstaaten sind. Volk und Staat sind oft nicht deckungsgleich. Ob Kastilier und Katalanen eigne Völker sind, darüber kann man sicher unterschiedlich disskutieren, die Basken sind sicher ein eignes Volk. Die Situation in Großbritannien zeigt objektiv ein einheitliches Land, subjektiv halten sich viele in Schottland für ein eignes Volk. Russland, Frankreich, Slowakei...haben sicher echte Minderheiten, wo die Grenzziehung keine Volksabstimmung überdauern würde. viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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06.01.2017, 14:41
Beitrag: #17
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(06.01.2017 09:34)Aguyar schrieb:(06.01.2017 04:10)Titus Feuerfuchs schrieb: Selbst wenn das HRR die napoleonischen Kriege überlebt hätte, wäre es spätestens mit den aufkommenden Nationalismen des 19. Jh. zerbröselt. So wie es auch Österreich-Ungarn passiert ist.Darauf wollte ich hinaus. Es gibt heute in Europa keinen Staat, der die Nationalstaaten-Idee überlebt hat. Anzumerken wäre in diesem Zusammenhang noch, dass die Nationalstaaten-Ideologie des 19. Jahrhundert letztendlich eine Folge der franz. Revolution war, wenn sie selbst auch gescheitert ist. Widerspruch: Belgien, Spanien und die Schweiz! Aguyar, die Schweiz, zwar zweifellos dominiert von den Deutschschweizern aber die Italiener, Franzosen und Rätoromanen gibts da auch noch. Wobei sie nicht so sehr diskriminiert werden, lediglich der Hang der Deutschschweizer zu ihrem Dialekt und weg von der Schriftsprache, wird bei den Welschschweizern als hinderlich empfunden. Aber sonst wenig was vor die UN-Menschenrechtskommission kommt. ![]() ![]() Dann gibt es keinen Staat der nicht über durchaus nennenswerte Minderheiten verfügt. Auch der Nationalstaat an sich, Frankreich!!! Und ausgerechnet die, mit einer Minderheitenunterdrückung die sich von schreibt, wollt ihr hier ständig als großes Vorbild verorten. Nein! Nicht der Nationalstaat französischer Ausbildung noch das Wilheminische Kaiserreich sind irgendwo ein erstrebenswertes Vorbild. Dagegen das HRR schon! "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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06.01.2017, 21:44
Beitrag: #18
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(06.01.2017 14:41)Suebe schrieb: Widerspruch: Deine Brandrede für einen Fortbestand des HRR ist für mich nicht nachvollziehbar. Ein reaktionäres Konstrukt von vor-vorgestern. Fast überall, wo's einen ethnischen Flickenteppich gibt, gibt's in iegendeiner Form Bröseln. Was daran erstrebenswert sein soll, erschließt sich mir daher nicht. Das gilt auch für zwei deiner rezenten Gegenbeispiele: Belgien ist zweigeteilt. Ein Kunststaat, in dem sich Flamen und Wallonen in den Haaren liegen. Und in Spanien gibt's offene Sezessionsbestrebungen der Katalanen. Vom jahrzehntelangen Eta-Terror der Basken gar nicht zu reden. Die Schweiz ist eine Ausnahme. MfG, Titus Feuerfuchs |
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07.01.2017, 11:51
Beitrag: #19
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Zitat:Deine Brandrede für einen Fortbestand des HRR ist für mich nicht nachvollziehbar. Ein reaktionäres Konstrukt von vor-vorgestern. Sorry, aber da wird doch einfach die Meinung der Borussischen-Geschichtsschreibung des Wilheminischen Zeitalters nachgeschrieben. Wir schreiben am inzwischen 2017 und nicht mehr 1917 und können nun doch zu einer Neubewertung kommen. Das HRR des Jahres 1789 war auf allen relevanten Gebieten ähnlich oder gleichweit entwickelt wie alle anderen Staaten Europas, in der Verrechtlichung absolut führend. Untergegangen ist es nicht an "altersschwachen Strukturen" was auch immer darunter verstanden wird. Untergegangen ist es an den "Separatinteressen" Habsburgs und Hohenzollerns. Die alles andere als redlich waren. Leider hat die Geschichte die beiden noch ein Jahhundert weiterbestehen lassen. Nur hat in deren Gefolge deren Leibdragoner-Geschichtsschreibung das HRR sehr verunglimpft und dessen Ende als unausweichlich dargestellt, um die eigene Verantwortung daran zuüberspielen. Mit Folgen, man sieht es hier, bis heute. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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07.01.2017, 12:40
Beitrag: #20
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(06.01.2017 14:41)Suebe schrieb:(06.01.2017 09:34)Aguyar schrieb: Darauf wollte ich hinaus. Es gibt heute in Europa keinen Staat, der die Nationalstaaten-Idee überlebt hat. Anzumerken wäre in diesem Zusammenhang noch, dass die Nationalstaaten-Ideologie des 19. Jahrhundert letztendlich eine Folge der franz. Revolution war, wenn sie selbst auch gescheitert ist. Du missverstehst mich. Die Ideologie des Nationalstaates war notwendig, um letztendlich der Demokratie gegenüber dem Feudalstaat zum Durchbruch zu verhelfen. Demokratie, die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Trennung von Staat und Religion, Säkularismus etc. waren Errungenschaften der französischen Revolution und der Aufklärung, die später im Code Napoleon festgelegt wurden. Die heutigen bürgerlichen Rechte hätte es ohne das revolutionäre Frankreich der Aufklärung nicht gegeben. Und die damaligen Feudalstaaten, inkl. der Fürstentümer des HRR, waren keine Feudalsstaaten des Mittelaters (aufgebaut auf Lehnsherrschaft, Gefolgschaft, Hörigkeit und Ständegesellschaft) mehr sondern absolute Monarchien und Fürstentümer (Absolutismus). Der Nationalstaat diente damals als Gegenkonstrukt zur absoluten Monarchie. Und hat so die Demokratie gegenüber den Adelsvorrechten legitimiert. Und zwar in dem Sinne, dass eben alle "Bürger einer Nation" dieselben Rechte haben sollen und Privilegien aufgrund der Geburt (Adel) nicht mehr zu gelten haben. Dass dabei nicht nur Demokratien (wie die franz. Republik nach 1871) sondern auch ein deutsches Kaiserreich, ein Kaiserreich Österreich-Ungarn, ein Frankreich mit Napoleon III und ein Königreich Italien entstand, hatte damit zu tun, dass die Monarchen sich auf die Seite der Nationalisten schlugen, Teilforderungen bezüglich "nationaler Einheit" von ihnen übernahmen (deutsche Einheit, Einigung Italiens) und so ihre eigenen Priviliegien (bis zum 1. Weltkrieg) retten konnten. Dass der Nationalstaat selbst eigentlich nicht funktionieren kann, zeigt die momenante Situation. Der Nationalismus selbst ist im Grunde nicht demokratisch, nichtsdestotrotz kommt er heute wieder in Mode - zum Mindesten europaweit, wenn nicht weltweit. Erdogan ist auf dem besten Weg, aus der Türkei einen einheitlichen und autoritären Nationalstaat zu machen und die Kurden bleiben auf der Strecke. Auch wenn ein Nationalstaat ein durch und durch demokratischer Staat wäre (was er in vielen Fällen nicht ist) wäre er auch im besten Fall lediglich eine Diktatur der Mehrheit. Denn es lässt sich kein Staat in einem Umfang verkleinern, dass seine Bürger nur noch aus einer "Ethnie" bestehen würden. Man hätte immer wieder mind. eine Minderheit. Das beste Beispiel hierfür bietet das ehem. Jugoslawien. Jugoslawien war ein nicht allzu grosser Staat, der mit Serbien, Kroatien, Bosnien, Slowenien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo in sieben (!) Staaten aufgeteilt wurde und dennoch hat kein einziger dieser Staaten eine einheitliche Ethnie - in jedem dieser Teilstaaten existieren noch immer eine oder mehrere Minderheiten. Und wenn die Mehrheit den Minderheiten nicht zum Mindesten die gleiche Rechte zugestehen will, ist es der Nationalstaat eben auch keine tatsächliche Demokratie mehr. Eine immer kleinerere Aufteilung in Ethnien hinterlässt aber keine funktionierenden Staaten mehr (Indien hat 21 anerkannte Landesprachen und somit zum Mindesten 21 Ethnien). Ein demokratischer Staat muss und kann mit verschiedenen Ethnien funktonieren. Voraussetzung dafür ist, dass er auf der kompromisslosen Gleichheit aller Bürger aufbaut und falls nötig, nationalen Minderheiten einen gewissen Autonomiestatus zugesteht (etwa wie es Italien mit Südtirol und dem Aostatal gemacht hat). Ein weitere Voraussetzung ist, dass die Wertvorstellungen der Bürger diese komprossmisslose Gleichheit beinhalten. Ist dies nicht der Fall, denken die Mehrheit der Bürger eben nicht "demokratisch" sondern "national". Aus diesem Grund hat man früher z.B. die Schweiz eben gerade nicht als "Nationalstaat" sondern als "Willensnation" definiert. D.h. die bürgerlichen Freiheitsrechte die jeder Einzelne besitzt, wurden von deutsch-, französisch- und italiensprachigen Bürgern höher gewichtet als ihre jeweilige kulturelle und sprachliche (und damit ethnische) Zugehörigkeit. Das ist der ganze Trick an der Sache. In der heutigen Zeit feiert der Nationalismus ein Combeback, der dem Gleicheitsgedanken der Demokratie nicht förderlich ist. Die Schweiz ist dabei keine Ausnhame - auch wenn das in Europa nicht so recht bemerkt werden will. Führende Vertreter (Blocher) der Rechtsaussen-Partei SVP (die wohlverstanden unangefochten und ganz demokratisch die Mehrheit besitzt) haben bereits schon einmal - gewissermassen prophylaktisch - erklärt, dass "Weschschweizer" (die französischsprachige Minderheit) in ihrer Mentatlität eben keine "richtigen Schweizer" wären. Auch die Schweiz ist auf dem Weg, von einer Willensnation zu einem Nationalstaat zu werden. Wenn dies tatsächlich geschehen sollte, hätte sie aber dann für mich - als Schweizerbürger - ihren Wert als "mein Land" verloren. Ich könnte dann genausogut Deutscher (vor allem Allemanne), Italiener (die verrückten Neapolitaner stehen meinen Charakter sowieso näher) oder Chilene (manchmal noch verrückter als Neapolitaner) sein. PS: Die ganze Thematik liegt jetzt an und für sich etwas ausserhalb meines eigentlichen Interessensgebiet Mittelalter und Renaissance. ![]() ... und noch eine Randbemerkung: einheitliche Ethnien sind immer Produkte der Inzucht und damit ungesund ![]() |
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07.01.2017, 12:58
Beitrag: #21
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 12:40)Aguyar schrieb: Du missverstehst mich. Im Gegenteil, ich verstehe dich sehr gut. Die diversen Gebilde des HRR waren mit sehr wenigen Ausnahmen keine "Absolutistischen Feudalstaaten" eben nicht. Schon Wieland hat auf diesen "Vorsprung" des HRR vor dem Vorrevolutionären Frankreich hingewiesen. später dann mehr. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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07.01.2017, 13:01
Beitrag: #22
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 11:51)Suebe schrieb: Das HRR des Jahres 1789 war auf allen relevanten Gebieten ähnlich oder gleichweit entwickelt wie alle anderen Staaten Europas, in der Verrechtlichung absolut führend.Selbstverständlich war 1789 das HRR wie alle anderen Staaten Europas. 1789 war das HRR ein Konglomerat absolutistischer Fürstentümer. Nicht nur Preussen, auch Sachsen, Hessen, Braunschweig etc. waren genauso absolutistisch wie das damalige vorrevolutionäre Frankreich, wie Österreich (mit Tschechien und Ungarn), Spanien (Bourbonen), Unteritalien (wieder Bourbonen), Polen (Adelsrepublik) etc. Etwas weniger absolutistisch war lediglich England, noch absolutistischer lediglich das Zarenreich Russland. Die Fürsten Europas (auch die des HRR) kannten keine "Bürger", sondern nur "Untertanen". Und auch die Schweiz, d.h. die damalige Eidgenossenschaft, war nicht urdemokratisch. Sie hatte zwar keine Fürsten aber "gnädige Herren", die "fürsorglich" (nach deren eigenen Einschätzung) über die Untertanengebiete (Waadt, Tessin, Thurgau, Aargau) herrschten. Die Schweiz wurde erst langsam demokratisch, nachdem die französischen Revolutionstruppen und später Napoleon die Bewohner der Untertanengebiete zu gleichberechtigen "Miteidgenossen" machten. Also auch hier - die Ideen der Aufklärung wurde durch die franz. Revolution transportiert. |
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07.01.2017, 17:00
Beitrag: #23
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 13:01)Aguyar schrieb: die Ideen der Aufklärung wurde durch die franz. Revolution transportiert. Auch der Bauernkrieg war schon Ausdruck des Freiheitswillen, der alte freiheitliche Traditionen aufgriff und alte Rechte wieder herstellen wollte. Die französische Expansion förderte den Nationalstaatsgedanken. viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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07.01.2017, 17:22
Beitrag: #24
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Zitat:Selbstverständlich war 1789 das HRR wie alle anderen Staaten Europas. 1789 war das HRR ein Konglomerat absolutistischer Fürstentümer. Nicht nur Preussen, auch Sachsen, Hessen, Braunschweig etc. waren genauso absolutistisch wie das damalige vorrevolutionäre Frankreich, wie Österreich (mit Tschechien und Ungarn), Spanien (Bourbonen), Unteritalien (wieder Bourbonen), Polen (Adelsrepublik) etc. Etwas weniger absolutistisch war lediglich England Hierzu hätte ich bitte Nachweise. Wobei du auf der Suche danach leicht wirst feststellen können, dass es eben nicht so war. Die meisten Reichsfürstentümer hatten ständische Vertretungen mit denen sich die jeweiligen Fürsten "herumzuschlagen" hatten. Kennst du die Geschichte von der Windmühle von Sanssouci? Sie hat sich wohl etwas anders abgespielt als erzählt wird, aber der wahre Kern bleibt. Auch im Preussen des FdG war der Untertan keineswegs rechtlos! Und das dürfte vermutlich der krasseste Fall von Absolutismus im Reich gewesen sein. Hier etwas zu Braunschweig Zitat:Die Landstände traten 1682 zur Beratung über die Landesfinanzen zusammen. In der Folgezeit ersetzte das Schatzkollegium sowie der „Engere Ausschuss“ die Landschaft, so dass für mehr als 80 Jahre kein Landtag mehr einberufen wurde. Der folgende Landtag tagte erst wieder 1768, als durch ererbte Landesverschuldung und die verschwenderische Hofhaltung Herzog Karls I. († 1780) ein Staatsbankrott drohte. Dieser machte den Ständen erhebliche Zugeständnisse, woraufhin der „Landtagsabschied“ von 1770 eine kurzzeitige Linderung der Finanzkrise erbrachte. Die gestiegene politische Bedeutung des Landtags fand ihren Ausdruck im Neubau des 1793 bis 1798 durch Christian Gottlob Langwagen an der Martinikirche errichteten Landschaftlichen Hauses. Herzog Karl Wilhelm Ferdinand († 1806) übernahm die Hälfte der Baukosten. Der Herzog erließ am 1. Mai 1794 ein Schuldenedikt, wonach ohne Zustimmung der Landstände keine Anleihen aufgenommen werden durften. Dies wurde von den Zeitgenossen als Beginn einer konstitutionellen Ära gefeiert.[5] Der letzte Landtag vor der napoleonischen Besatzung des Herzogtums tagte im Januar 1801.aus wiki zu Württemberg, kennst dich ja aus, schau mal bei Herzog Ulrich und dem Tübinger Vertrag, schon das Grundrecht der Freizügigkeit jedes Leibeigenen ist darin festgeschrieben und erhalten bis 1805, erst zu Zeiten des Rheinbundes gab es eine Unterbrechung auf Ratschlag des Korsen ![]() Hier etwas zu den Landständen bei dir aufm andern Ufer ![]() http://www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de/7028.html "Vorderösterreich" nannte sich das ![]() "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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07.01.2017, 18:15
Beitrag: #25
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Das HRR war ein Flickenteppich in dem alle großen und weniger großen Herrscher ihr eigenes Süppchen kochten:
![]() Das führte dazu, dass sich Deutschland nicht etablieren konnte, wie es andere Großmächte längst getan hatten: Frankreich, Spanien, Portugal und vor allem das British Empire. Als die Kleindeutsche Lösung endlich da war, brachte sie das gesamte Gefüge der europäische Großmächte durcheinander. Katalysiert wurde diese Dynamik noch durch einen großspurigen, kurzsichtigen politischen Dilettanten, der für sein zu spät entstandenes Reich "den Platz an der Sonne" suchte: Wilhelm II Die Folgen sind bekannt. Wir müssen uns noch heute damit herumschlagen. MfG, Titus Feuerfuchs |
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08.01.2017, 00:52
Beitrag: #26
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 17:22)Suebe schrieb: Hierzu hätte ich bitte Nachweise. Die Landstände haben aber gar nichts mit der Gleichheit aller Bürger zu tun ! Und schon gar nicht mit freien, allgemeinen Wahlen. Und so was gehört nun mal zur Aufklärung - resp. zu den späteren Demokratien. Im 18. Jahrhundert gab es dies nur im revolutionären Frankreich (und dort auch nur vorübergehend) sowie in den USA. (Auch die Demokratie der Landsgemeinde in der Innerschweiz ist etwas anderes). Die moderne Demokratie ist ausschliesslich ein Kind der Aufklärung und hat nichts mit einer germanischen Urfreiheit (die nicht einmal nachgewiesen ist), einer innerschweizer Landsgemeinde-Alpendemokratie und auch nichts mit der athenischen Archontendemokratie zu tun. Ohne jetzt grossartig rum zu suchen - wenn Du auf Wieland verweist so bringe ich Schiller ins Spiel. Der war jetzt gar nicht der Meinung, dass die deutschen Fürstentümer nicht absolutistisch seien. Und der war ebenfalls Zeitgenosse. Der Müller von Sansouci ist eine der vielen Anekdoten der Weltgeschichte, die nie existiert hatten (man erkennt diese in der Regel daran, dass sie zu schön sind, um wahr zu sein). Der Müller von Sansouci gehört in jene Kategorie Geschichten wie der Häuptling Tecumseh (seine hist. Existenz ist unbestritten), der behauptet haben soll, Tiere und Pflanzen seien Brüder und Schwestern der Menschen und die Erde die Mutter, und alles was man ihr antue, käme ... etc. |
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08.01.2017, 01:02
Beitrag: #27
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Flickenteppich.......... borussischer Leibdragoner-Historiker Flachsinn den du dir hier zu eigen machst.
Titus, das Heilige Römische Reich hat in 900 Jahren seiner Geschichte niemals einen seiner Nachbarn bedroht. Niemals Eroberungskriege geführt! Das haben schon vor dir die Willis und auch der Braunauer dem HRR vorgeworfen ![]() Und die ganzen Nationalstaaten, die du hier faktisch als Vorbild ins Spiel bringen willst? Nö Titus, umgekehrt wird ein Schuh draus. An der seckelblöden Nationalstaatsidee krankt die Welt bis heute. Das HRR ist der Staatsentwrrf, der den Weg aus dem Dilemma weist. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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08.01.2017, 01:06
Beitrag: #28
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 17:00)Paul schrieb:(07.01.2017 13:01)Aguyar schrieb: die Ideen der Aufklärung wurde durch die franz. Revolution transportiert. Der spätmittelalterliche Bauernkrieg bezog sich nicht auf alte Traditionen. Die "alten Traditionen" waren max. 100 Jahre alt und der Aufstand galt meist dem Umstand, dass der Adel neue, zusätzliche oder höhere Abgaben verlangte, welche in der Vergangenheit nicht erhoben worden waren und von den Bauern auch aus Sicht des mittelalterlichen Rechtsdenkens ungerechtfertigt waren. Der grösste Teil der aufständsichen Bauern des Bauernkrieges war verwurzelt in der mittelalterlichen Ständeordnung und zweifelte diese nicht an. Allerdings gab es Minderheiten unter den Bauern, welche dies taten. Beispielsweise Joss Fritz, oder früher der englische Ziegelbrenner Wat Taylor. Diese stellten tatsächlich die mittelalterliche Ständehierarchie in Frage - der Spruch "Als Adam grub und Eva spann wer (oder wo) war da der Edelmann" fiel in ihrem Umfeld. Dieses Aufbegehren gegen die als gottgewollt empfundene Ständehierarchie war aber keine Rückbesinnung auf alte Freiheitstraditionen sondern revolutionär. |
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08.01.2017, 01:16
Beitrag: #29
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 18:15)Titus Feuerfuchs schrieb: Das führte dazu, dass sich Deutschland nicht etablieren konnte, wie es andere Großmächte längst getan hatten: Frankreich, Spanien, Portugal und vor allem das British Empire.Zur Zeit des deutschen "Flickenteppichs" war Spanien längst keine Grossmacht mehr. Und Portugal war jetzt nie wirklich eine Grossmacht. |
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08.01.2017, 01:30
Beitrag: #30
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:02)Suebe schrieb: Flickenteppich.......... borussischer Leibdragoner-Historiker Flachsinn den du dir hier zu eigen machst. Was die "blöde" Nationalstaatsidee gebe ich Dir recht (dazu habe ich mich bereits weiter oben bez. Jugoslawien geäussert). Allerdings verkennst Du seine historische Notwendigkeit gegenüber den absolutistischen Fürstentümer und Königreiche. Und das HRR als Lösung ? Auch bez. borussischer Geschichtsschreibung gebe ich Dir recht. Aber dass das HRR keine Eroberungskriege geführt hat, kann ich nicht so stehen lassen. Die Königreiche Hoch- und Niederburgund wurden erobert, Reichskriege wurden gelegentlich auch gegen Frankreich geführt, die italienischen Städte wurden regelmässig gewaltsam zur Räson gebracht, slawische Gebiete wurden erobert. Und etwas billig ist es schliesslich auch, wenn man bei den kolonialen Eroberungen zur Zeit Karls V (halb Südamerika) sich darauf beruft, dies hätte er nicht in seiner Funktion als Kaiser sondern als König von Spanien getan. |
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08.01.2017, 01:41
Beitrag: #31
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:06)Aguyar schrieb:(07.01.2017 17:00)Paul schrieb: Auch der Bauernkrieg war schon Ausdruck des Freiheitswillen, der alte freiheitliche Traditionen aufgriff und alte Rechte wieder herstellen wollte. Mit alten Traditionen meinte ich vor allem, das die Bauern schon wussten, das früher alle Bauern frei waren und sie erst später in das Lehnssytem geknebelt wurden und ihnen die Gemeindewälder geraubt wurden. Die Reste des freien Bauerntums waren unterschiedlich verteilt z.B. in Friesland noch verbreitet. Für die Nachkommen der Ostkolonisten lag die Zeit des freien Bauerntums auch nicht lang zurück buw. sie waren noch frei. Für die noch abhängigen Bauern im Osten waren die freien Bauern ein erstrebenwertes Vorbild. In Rechtenbach gab es bis zuletzt 2 freie Bauernhöfe, also ein bedeutender Anteil, neben einem Edelhof und mehreren hörigen Bauern, also quasi 3 freie Bauern, mit Angehörigen. Viele zusätzlichen Kinder werden wohl in die Freie Reichsstadt Wetzlar gegangen sein. viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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08.01.2017, 04:07
Beitrag: #32
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:30)Aguyar schrieb:(08.01.2017 01:02)Suebe schrieb: Flickenteppich.......... borussischer Leibdragoner-Historiker Flachsinn den du dir hier zu eigen machst. Ja, ja, ich weiß, es ist derzeit in intellektuellen Zirkeln sehr en vogue, sich an den ach so schröcklichen Nationalstaaten abzuarbeiten. ![]() Wenn man diese Blase verlässt, könnte man sich z.B. folgende Gedanken machen: Wenn man sich die multiethnischen Staatengebilde ansieht, die die neuere Geschichte hervorgebracht hat, waren diese in der Regel weder besonders stabil noch besonders friedfertig. Der einzige halbwegs brauchbare Gegenentwurf ist die USA, aber auch dort geht es nicht ganz ohne Konflikte entlang ethnischer Trennlinien. Was passiert, wenn man ethnische Grenzen ignoriert und die Grenzen willkürlich am Reißbrett zieht, sieht man sehr gut an den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reichs oder anden postkononialen Staaten Afrikas. Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw... Bloß weil ihr in Deutschland 1933-1945 euer nationales Waterloo erlebt habt, muss noch lang nicht der Rest der Welt Probleme mit dem eigenen Nationalgefühl haben. Was für euch gelten mag, gilt für den Rest der Welt noch lange nicht. Wenn ihr nicht so lange gebraucht hättet, eins zu werden, hätte man sich einige Kriege sparen können. Nicht nur die Reichseinigungskriege, sondern auch die beiden Weltkriege. Saturierte Nationalstaaten sind eine wichtige Voraussetzung für nachhaltigen Frieden. Hätte Europa 1914 aus saturierten und ethnisch halbwegs homogenen Nationalstaaten bestanden, hätte die Urkatastrophe des 20.Jh. niemals stattgefunden. Es waren nicht die Nationalstaaten die Ursache für den Krieg, sondern deren Fehlen. MfG, Titus Feuerfuchs |
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08.01.2017, 04:22
Beitrag: #33
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:02)Suebe schrieb: Titus, Weil man zu sehr damit beschäftigt war, sich untereinander zu bekämpfen. Der 30-jährige Krieg war z.B. ein bis dahin beispielloses Gemetzel. Auch der siebenjährige Krieg, er wurde in diesem Thread schon erwähnt, war kein Kindergeburtstag. Krieg ist Krieg. Wir sind uns also schon darüber einig, dass während dieser 900 Jahre der eine oder andere Krieg im HRR stattgefunden hat? ![]() Wenn soweit Konsens bestehen würde, könnte man festhalten, dass die Mär vom HRR als einen Hort des Friedes jeder Grundlage entbehrt. MfG, Titus Feuerfuchs |
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08.01.2017, 13:28
Beitrag: #34
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb: Wenn man sich die multiethnischen Staatengebilde ansieht, die die neuere Geschichte hervorgebracht hat, waren diese in der Regel weder besonders stabil noch besonders friedfertig. Der einzige halbwegs brauchbare Gegenentwurf ist die USA, aber auch dort geht es nicht ganz ohne Konflikte entlang ethnischer Trennlinien. Der Beweis, dass Nationalstaaten stabiler seien als multiethnische Staaten steht aus - und ist auch nicht zu führen. Allerdings auch nicht das Gegenteil, denn es lassen sich für beide Variante Beispiele und Gegenbeispiele finden. Ich kann zum Beispiel nicht finden, dass Jugoslawien weniger stabil gewesen wäre als die heutigen Staaten Kosovo, Bosnien, Mazedonien etc. - eher umgekehrt. (08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb: Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw... Es gibt Völker, die keine Probleme haben mit anderen Ethnien in einem Staat zu leben und solche, die extrem nationalistisch und chauvinistisch eingestellt sind - wobei das Toleranzverhalten von Ethnien gewissermassen noch von der "Tagesform" abhängt. Unabhängig von den Ursachen: Das Problem des Nationalstaates liegt darin, dass die Durchmischung der Ethnien regional schon immer vielfältig war. Wenn man konsequent "reine Nationalstaaten", genau auf eine Ethnie zugeschnitten, bauen will, werden diese so klein ausfallen, dass man genau wieder bei Verhältnissen wie dem angesprochenen deutschen Flippenteppich landen würde. Jugoslawien wurde in Serbien, Kroatien, Bosnien, Slowenien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo aufgeteilt, was aber offenbar immer noch nicht genügt: Mazedonien hat eine albanische Minderheit, Serbien hat eine ungarische Minderheit, Bosnien und Kosovo haben eine serbische Minderheit ... Und wenn man in Europa so weitermacht: Schotten, Wallonen, Flamen, Katalanen bekommen einen eigenen Staat - jetzt lebt aber auch im kleinen Katalonien eine Minderheit von Spanier, Galiciern und Basken, die auch wiederum diskriminiert werden könnten und dann auch wieder einen eigenen Staat ... Und schliesslich, auch die Deutschen könnten auf die Idee kommen, sich nicht als Deutsche sondern als Ethnie zu verstehen d.h anfangen sich auf ihre "ethnische Identität" oder ihre "Stammesidentität" als Sachsen oder Hessen zu definieren. Die Sachsen könnten dann ihren eigenen Staat resp. ihre gewünschte "ausländerbefreite Zone" bekommen. Der Suebe würde möglicherweise einen neuen Staat "Schwaben" begrüssen, wobei es dann dort allerdings wieder zwischen Württembergern und Badener losgehen würde. Es gäbe dann auch zwei neue Staaten Südtirol mit Bozen und Welschtirol mit Trient als Hauptstädte - in beiden Staaten würden sich dann aber die Ladiner (Gröden, Gadertal, Fassata) melden, dass sie auch ihren Nationalstaat wollten ... Oder wie wäre das in Österreich ? - da kannst Du mir sicher weiterhelfen. Die Tiroler wollten sich dann wohl auch von den "Ostösterreicher" trennen, denn schon bei Andreas Hofer ... Oder die Voralberger ? Wieder mal einen Vorstoss zur Schweiz oder doch lieber gleich einen Staat "Walsertal" ? Ich selbst als Basler könnte mich für einen Staat Dreieckland (Basel, Jura, Schwarzwald, Breisgau, Elsass, Vogesen, Belfort) begeistern, denn "meine Ethnie" lebt hier und nicht jenseits des Juras in Zürich oder Bern. Die Idee des Nationalstaates ist letztendlich zum Scheitern verurteilt weil er gerade zu Flickenteppich-Staaten einlädt. Die fehlende Toleranz ist zudem auch dem Nationalstaat hinderlich: Ein Individuum einer Ethnie, das nicht mit anderen Ethinien zusammenleben kann wird auch mit seinem Nachbar derselben Ethnie aber mit anderen Ansichten nicht zusammenleben können. Der m.E. am besten funktionierende Staat ist der, der sich nicht auf eine einheitliche Nation / Volk oder auf einen bestimmten Herrscher als Grundlage beruft, sondern auf eine Verfassung welche sich dem unbedingten Erhalt der persönlichen Freiheitsrechte resp. Individualrechte und der kompromisslosen Umsetzung der Menschenrechte verpflichtet hat. Und meiner Erfahrung nach gibt es in jeder Ethnie, jeder Religion und Nicht-Religion und in jedem Kutlurkreis (sogar bei den Moslems) Individuen, die einen solchen Staat favorisieren. Alles andere sind nationalstaatliche Autoritätsstaaten oder gleich Diktaturen. |
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08.01.2017, 22:51
Beitrag: #35
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Hmmmmm,
also Spanien hat niemals zum Reich gehört. Die spanischen Südamerika-Kolonien dem HRR in die Schuhe zu schieben, das dürfte nun doch absolut neu zu sein. ![]() Da fällt mir echt nicht viel dazu ein. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ds haben sie nicht mal zu des Adolfen Zeiten zum HRR deutscher Nation reklamiert........ ![]() Burgund wurde nicht erobert, es wurde ererbt. Die Ostgebiete, auch Schlesien und Böhmen haben sich freiwillig dem Reich angeschlossen. Der letzte slawische Pommernherzog starb im 30jährigen Krieg. Die slawischen Mecklenburger Großherzöge gingen mit ihren Standesgenossen 1918 unter. Die Habsburgichen Eroberungen auf dem Balkan gegörten nicht zum HRR. Die baltischen Ordensstaaten einschl. Preußen gehörten nie zum HRR die wollten wohl zeitweilig sogar, aber man hat dankend verzichtet. Wieland schreibt konkret, dass die Franzosen die Freiheiten die die Deutschen schon länger hatten, erst durch ihre Revolution erkämpfen mussten. Was Schiller gegenteiliges schreibt, wäre interessant. Was, wo ????? Die Geschichte von jenem Müller hat durchaus ihren wahren Kern, aber darum geht es doch überhaupt nicht. Es geht darum, dass der Untertan des HRR seinen Fürsten vor den Kadi zitieren konnte, und dass das gar nicht so selten vorkam. Absolutistisch regiert wurde zu Rheinbund-Zeiten also 1805 bis 1815 nie zuvor und nicht danach. Also unter der Ägide Napoleons "jag die Kanallie davon..." Für mich gibt es nur ein Fazit: Das HRR hätte sehr wohl überleben können. Natürlich reformiert und "modernisiert" dass es aber dazu fähig war, hat es oft genug bewiesen. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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08.01.2017, 22:56
Beitrag: #36
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Der Beweis, dass Nationalstaaten stabiler seien als multiethnische Staaten steht aus Mein Beweis heißt Empirie. Die von dir gebrachten Beispiele zeigen das sehr deutlich. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: - und ist auch nicht zu führen. Allerdings auch nicht das Gegenteil, denn es lassen sich für beide Variante Beispiele und Gegenbeispiele finden. Diese Beispiele stützden nicht deinen Standpunkt, sondern den meinigen: Kosovo: Hier gibt's vor allem deshalb Probleme, weil die Nordgrenze nicht kongruent mit der ethnischen Grenze verläuft. Nördlich von Mitrovica sind die Serben in der Mehrheit, sind aber gegen ihren Willen Kosovaren. Eine Verlegung der Grenze nach Süden würde den serbisch-kosovarischen Konflikt deutlich entschärfen. Mazedonien: Dito. An der Grenze zum Kosovo haben die Kosovaren die Mehrheit. Auch hier könnte eine Grenzverschiebung nach einem Plebiszit die Situation verbessern. Bosnien: Ist ein multiethnischer Staat und eben deshalb instabil. Jogoslawien war nur deshalb vordergründig stabil, weil Tito als einigende Klammer den Deckel auf den Druckkochtopf drückte. Als der Deckel wegfiel, explodierte der Kessel, in dem es schon zu Titos Zeiten gebrodelt hatte. Eine gewisse Parallele zur Donaumonarchie und Kaiser Franz Joseph ist hier nicht zu übersehen. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb: Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw... Also dieser dichotomische Zugang ist mit Sicherheit falsch. Warum sollen z.B. die Tibeter "extrem chauvinistisch" eingestellt sein, bloß weil sie nicht von China beherrscht werden wollen? Warum sind die Slowaken "extem nationalistisch" weil sie sich friedlich von Tschechien trennten? (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Unabhängig von den Ursachen: Das Problem des Nationalstaates liegt darin, dass die Durchmischung der Ethnien regional schon immer vielfältig war. Wenn man konsequent "reine Nationalstaaten", genau auf eine Ethnie zugeschnitten, bauen will, werden diese so klein ausfallen, dass man genau wieder bei Verhältnissen wie dem angesprochenen deutschen Flippenteppich landen würde. Das kann man so pauschal überhaupt nicht sagen. Manchmal gibt es eine Durchmischung, z.B. Bosnien, manchmal auch nicht. Kleine autochthone Minderheiten, besonders wenn sie kein Heimatland unmittelbar jenseits der Grenze haben, sind oft zufriedener und konfliktfreier Teil der Mehrheitsgesellschaft (z.B. Sorben oder Ladiner). Natürlich gibt es kaum konsequent "reine Nationalstaaten". Ich ziele lediglich auf weitgehende ethnische Homogemität ab, soweit das mit entsprechender Verhältnissmäßigkeit verwirklichbar ist. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Jugoslawien wurde in Serbien, Kroatien, Bosnien, Slowenien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo aufgeteilt, was aber offenbar immer noch nicht genügt: Mazedonien hat eine albanische Minderheit, Serbien hat eine ungarische Minderheit, Bosnien und Kosovo haben eine serbische Minderheit ... Das liegt (abgesehen von Bosnien, wo aufgrund der Durchmischung eine sinnvolle Grenzziehung unmöglich ist), daran, dass die Grenzziehung nicht ausreichend auf die ethnischen Gegebenheiten Rücksicht genommen hatte. Auf die von dir genannten Beispiele bin ich schon eingegangen. Und was Serbien betrifft, ist's wieder dasselbe: Die ungarische Minderheit die an der Grenze zu Ungarn z.T die Mehrheit stellt, geht auf die unglückliche Grenzziehng von Trianon zurück, welche die ethnische Grenze zwischen Serben und Ungern rund um Subotica ignorierte. Die Amerikaner und Briten wollten die nördliche Vojvodina bei Ungarn belassen, aber das war mit Frankreich und der "kleinen Entente" nicht zu machen. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Und wenn man in Europa so weitermacht: Schotten, Wallonen, Flamen, Katalanen bekommen einen eigenen Staat - jetzt lebt aber auch im kleinen Katalonien eine Minderheit von Spanier, Galiciern und Basken, die auch wiederum diskriminiert werden könnten und dann auch wieder einen eigenen Staat ... Kleine Minderheiten wird's immer geben, das ist ja nicht das Thema. Es geht um große Minderheiten oder ganze Völker (Kurden, Tibeter) deren Recht auf Selbstbestimmung missachtet wird. ad Katalonien: Das wäre ein absolut lebensfähiger Staat mit rund 7 Mio Einwohnern und einer sehr ansehnlichen Wirtschaftskraft - schließlich ist Katalonien die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens, was ein Mitgrund ist, warum Spanien eine Sezession um jeden Preis verhindern will. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Und schliesslich, auch die Deutschen könnten auf die Idee kommen, sich nicht als Deutsche sondern als Ethnie zu verstehen d.h anfangen sich auf ihre "ethnische Identität" oder ihre "Stammesidentität" als Sachsen oder Hessen zu definieren. [...] Das ist absurd. Es gibt ethnische Deutsche, aber keine ethnischen Sachsen oder Hessen. Auch sind mir in Deutschland keinerlei sezessionistische Bewegungen bekannt. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Es gäbe dann auch zwei neue Staaten Südtirol mit Bozen und Welschtirol mit Trient als Hauptstädte - in beiden Staaten würden sich dann aber die Ladiner (Gröden, Gadertal, Fassata) melden, dass sie auch ihren Nationalstaat wollten ... Auch das ist total unrichtig. Ein nennenswerter Teil der Südtiroler (ob's noch die Mehrheit ist, weiß ich nicht) hätte gerne eine Wiedervereinigung mit Nordtirol und damit mit Österreich. Als Italiener fühlen sich die wenigsten. Die Ladiner fühlen sich als Teil der Südtiroler und nicht Italiens. Welschtirol ist hingegen unbestritten ethnisch Teil Italiens, politisch sowieso. Da gibt's auch keine sezessionistischen Bewegungen. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Oder wie wäre das in Österreich ? - da kannst Du mir sicher weiterhelfen. Hofer agierte noch vor dem Aufkommen der Nationalstaaten. Österreich als Nation ist sehr jung, sie entstand erst nach 1945. Davor waren die deutschsprachigen Österreicher Teil der deutsche Nation und fühlten sich auch so. Tiroler fühlten sich vor dem zweiten WK zunächst mal als Tiroler und dann als Deutsche. Heute gibt's in Österreich keine deutsche Identität mehr. Es gibt Lokalpatriotismus, tendenziell im Westen deutlich mehr als im Osten, und eine österreichische Identität. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Ich selbst als Basler könnte mich für einen Staat Dreieckland (Basel, Jura, Schwarzwald, Breisgau, Elsass, Vogesen, Belfort) begeistern, denn "meine Ethnie" lebt hier und nicht jenseits des Juras in Zürich oder Bern. Selbstverständlich gibt es Doppel- oder Dreifachidentitäten und Verfassungspatriotismus. Nichtsdestotrotz hätten die Basler wohl keine Freude damit, plötzlich zu Frankreich oder Deutschland zu gehören. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Die Idee des Nationalstaates ist letztendlich zum Scheitern verurteilt weil er gerade zu Flickenteppich-Staaten einlädt. Die fehlende Toleranz ist zudem auch dem Nationalstaat hinderlich: Ein Individuum einer Ethnie, das nicht mit anderen Ethinien zusammenleben kann wird auch mit seinem Nachbar derselben Ethnie aber mit anderen Ansichten nicht zusammenleben können. Ein glatter Fehlschluss. Fehlende Toleranz hat mit dem eigenen Zugehörigkeitsgefühl a priori mal gar nichts zu tun. Ich gehe sogar noch weiter und sage, dass es mit einer gefestigten eigenen Identität wesentlich leichter fällt, Toleranz zu üben. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Der m.E. am besten funktionierende Staat ist der, der sich nicht auf eine einheitliche Nation / Volk oder auf einen bestimmten Herrscher als Grundlage beruft, sondern auf eine Verfassung welche sich dem unbedingten Erhalt der persönlichen Freiheitsrechte resp. Individualrechte und der kompromisslosen Umsetzung der Menschenrechte verpflichtet hat. Absolutismus und und Diktaturen haben mit einem Nationalstaat grundsätzlich gar nichts zu tun. Nach dieser Logik wären die meisten europäischen Staaten Diktaturen. Absurd. Es gibt jede Menge Demokratien in Nationalstaaten. Selbiges gilt für die von dir thematisierten humanistischen Werte. Staaten, die ihre Identätit auf gemeinsamen Ideen und Werten, sprich einer Verfassung gründen, sind ein gangbarer Gegenentwurf zum Konzept des Nationalstaates, aber nichts desto trotz eine Minderheitenprogramm, das sich bis dato nur in der Schweiz, Kanada und den USA richtig gut bewährt hat. Diese drei Staaten haben eine lange historische Genese hinter sich, die dieses Resultat mit sich begracht hat. Von außen bzw. von oben ad hoc oktroyieren lässt sich das Konzept der Willensnation jedenfalls nicht, auch wenn das viele der EU-Apologeten gerne hätten. (08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb: Und meiner Erfahrung nach gibt es in jeder Ethnie, jeder Religion und Nicht-Religion und in jedem Kutlurkreis (sogar bei den Moslems) Individuen, die einen solchen Staat favorisieren. Alles andere sind nationalstaatliche Autoritätsstaaten oder gleich Diktaturen. Da Belarus das einzige europäische Land ist, auf das die Bezeichnung Diktatur noch uneingeschränkt zutrifft und die übrigen europäischen (National)Staaten Demokratien sind, entbehrt deine Argumentation jeglicher Grundlage. ![]() MfG, Titus Feuerfuchs |
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09.01.2017, 01:58
Beitrag: #37
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Ob muslimische, orthodoxe und katholische Serbokroaten 3 Völker o. eines sind, darüber kann man unterschiedlischer Auffassung sein. Das gilt auch für Kathalanen und Kastilier. Soll jede Dialektgruppe einen eignen Staat ausrufen? Das müssen aber die Kathalanen selbst entscheiden. Wahrscheinlich wird die Entscheidung knapp.
viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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09.01.2017, 05:05
Beitrag: #38
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 01:58)Paul schrieb: Ob muslimische, orthodoxe und katholische Serbokroaten 3 Völker o. eines sind, darüber kann man unterschiedlischer Auffassung sein. Das gilt auch für Kathalanen und Kastilier. Soll jede Dialektgruppe einen eignen Staat ausrufen? Das müssen aber die Kathalanen selbst entscheiden. Wahrscheinlich wird die Entscheidung knapp. Katalonien würde sich bei einem Plebiszit ziemlich sicher für eine Sezession entscheiden. Wichtig ist das Selbstbild der Völker und nicht das Fremdbild. Tatsache ist, dass die Balkanbewohner selbst als unterschiedliche Völker sehen. Das zeigte die Disembration Ex-Jugoslawiens. Selbst Montenegro spaltete sich per Plebiszit von Serbien ab. MfG, Titus Feuerfuchs |
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09.01.2017, 12:57
Beitrag: #39
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Es geht darum, dass der Untertan des HRR seinen Fürsten vor den Kadi zitieren konnte, und dass das gar nicht so selten vorkam. In welchem deutschen Fürstenstaat wurde der Fürst gewählt ? Auch der "aufgeklärte Absolutismus" ist immer noch Absolutismus: http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2010/...-Vergleich |
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09.01.2017, 13:44
Beitrag: #40
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 01:58)Paul schrieb: Das gilt auch für Kathalanen und Kastilier. Soll jede Dialektgruppe einen eignen Staat ausrufen? Katalanisch ist kein "Dialekt", sondern eine eigenständige Sprache https://de.wikipedia.org/wiki/Katalanische_Sprache. Sie gilt als Brückensprache zwischen den gallo-romanischen und ibero-romanischen Sprachen, grob gesagt zwischen dem Französischen und dem kastilischen Spanisch. Insofern hat die Abspaltungstendenz der Katalanen eine besondere Qualtät, zumal sich die Katalanen über die Jahrhunderte stets als eigene Volksgruppe gegenüber den Kastiliern betrachtet haben. Aufgrund der historischen, sprachlichen und kulturellen Unterschiede zum übrigen Spanien sieht sich Katalonien als eine eigene Nation. Der Begriff Nation wird dabei im Sinne einer Kulturnation verstanden und nicht über eine ethnische Zugehörigkeit definiert. |
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09.01.2017, 15:10
Beitrag: #41
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 12:58)Suebe schrieb: Die diversen Gebilde des HRR waren mit sehr wenigen Ausnahmen keine "Absolutistischen Feudalstaaten" Die Herrschaftsform in den Ländern des Heiligen Romischen Reichs war im 18. Jh. der "aufgeklärte Absolutismus". Trotz der Ständevertretungen regierten viele Landesfürsten nahezu absolut, was sich erst nach dem Wiener Kongress 1815 änderte. Im übrigen ist es grotesk zu behaupten, ein vormodernes Gebilde wie das HRR mit etwa 200 nahezu souveränen Klein- und Kleinststaaten könne sich im Zeitalter des Imperialismus oder gar der Globalisierung behaupten. Die 200 Potentaten und Zaunkönige - Reichsritter, Grafen, Landgrafen, Pfalzgrafen, Herzöge, Fürstbischöfe, Fürstäbte, Fürspröpste, Reichsstädte - sind ein Sack voll Flöhe, die niemals einen zukunftsträchtigen industrialisierten Staat hätten bilden können - und der sich kaum gegenüber imperialistischen Nachbarstaaten hätte behaupten können. Ferner ist die Vorstellung von Fürstbischöfen und Fürstäbten als Landesherren im 20. Jh. absurd. Diese etwa 200 Zaunkönige gab es vor dem Ende des Reichs: https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsf%C3%BCrstenrat |
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09.01.2017, 17:38
Beitrag: #42
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Dietrich, wir haben uns darüber ja schon oft ausgetauscht, aber es waren halt keine 200 Zaunkönige. Es waren vielleicht soviele Landkreise und die konnten damals wie heute keine Gesetze erlassen.
Die Innerdeutschen Verhältnisse wurden nach dem Wiener Kongress doch erst wirklich schlimm. Die "Napoleonische Flurbereinigung" ist doch nonsens, kein Buchstabe von wahr. Im Deutschen Bund, da waren es plötzlich 39 "Potentaten und Potentätchen" die allesamt sowas von bedacht auf ihre Souveränität waren. Wie wenn heute der Landrat vom Main-Taunus-Kreis eigene Zollstationen einrichten würde..... Womit wir gleich beim Hauptversäumnis des Dt. Bundes wären, den in der Schlussakte des WienerKongresses angekündigten Wirtschaftsbestimmungen dür den Dt. Bund, die nie erlassen wurden. Hat sich Preußen (nach 17 Jahren!) erbarmt den Zollverein zu gründen, dem dann Österreich, war ja ein "konsolidiertes Staatsgebiet" fernblieb. Es bleibt jedenfalls festzuhalten, dass die Mitte Europas eine Organisation brauchte. Und das HRR war mit Sicherheit die bessere als der Dt. Bund. Die geistlichen Territorien waren 1805 schon dahin, wobei der Weg seit Joseph II. ja schon klar vorgezeichnet war. Wobei, goggle mal nach Mergentheim 1805, eigentlich nur dort gab es Widerstand gegen die Übernahme, bei den Untertanen waren die geistlichen Fürstentümer recht wohlgelitten. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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09.01.2017, 21:03
Beitrag: #43
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:56)Titus Feuerfuchs schrieb: ad Katalonien: So weit ich das beurteilen kann ist die Wirtschaftskraft sogar ein Hauptgrund, weshalb man dort unabhängig werden will. Man will für die armen Mitbürger eben nicht bezahlen. Die Provinz Katalonien hat etwas mehr als 7 Mio. Einwohner. Knapp die Hälfte (46 %) davon sprechen catalan als Mutter- und/oder Umgangsprache. Die anderen sprechen kein Katalanisch oder sprechen es als Fremdsprache. Insgesamt gibt es etwas über 12 Mio. Katalanen, verteilt über die Provinzen Katalonien und Valencia sowie über Andorra und einige kleine Gebiete in den frazösischen Pyrenäen. Auch mallorcinisch gilt als katalanischer Dialekt. In der Provinz Valencia spricht etwa 25% der Bevölkerung katalanisch als Mutter- und/oder als Umgangsprache. Die Katalanen von Valencia wollen keinen eigenen Staat und die Katalanen von Katalonien wollen diese auch nicht als Staatsbürger haben. Wie Du siehst, ist die ethnisch-kulturelle Solidarität hier auch nicht vorhanden. Und noch zur Diskussion zum ehem. Jugoslawien: Auch wenn Du die Grenze von Serbien, Kosovo, Mazedonien etc. genauer entlang der "Ethnien" ziehen würdest, wärst Du nicht erfolgreich. Du kannst Grenzen nie so ziehen, dass sie dann "ethnisch" passen. Und ja, Tito hielt den "Deckel drauf" - aber wenn die ethn. Zugehörigkeit jetzt so ein eminent wichtiges Anliegen gewesen wäre, hätte es doch wohl einige Auftstände oder zum Mindesten Opposition dagegen geben müssen. Es kommt mir einfach verdächtig vor, dass es erst los ging, als Tito weg war. Ich habe einfach Probleme mit der Nationalstaaten-Idee. Dass die türkischen Kurden einen eigenen Staat wollen, kann ich zwar nachvollziehen - aber gerade sie sind das Opfer der Idee des Nationalstaates geworden. Von Atatürk bis heute wollte die Türkei ein Nationalstaat sein in dem alle Bürger nur Türken sind. Deshalb konnte man Armenier nicht gebrauchen, die Griechen wurden mit den in Griechenland lebenden Türken ausgetauscht und die Kurden wurden zu "Bergtürken", deren Sprache verboten werden musste. Und die Antwort der Kurden bestand dann eben darin - gewissermassen zwangsläufig - einen eigenen Nationalstaat zu fordern. Hätte man den Kurden ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Schulen und den Status einer autonom. Provinz gewährt und nicht auf einer homogenen Ethnie innerhalb der Staatsgrenze gepocht, hätte man keine Probleme gehabt. Indien als multiethnischer Staat ist jetzt nicht unbedingt das Paradebeispiel eines funtkonierenden Staates, aber ich behaupte, als Nationalstaat wären indische Teilstaaten auch nicht stabiler. Konflikte verlaufen in Indien entlang der Religion (mit der "Ethnie Islam" hat wirklich jede noch so unterschiedliche Kutlur Probleme) oder aber entlang der sozialen Zugehörigkeit (Kaste) nicht aber entlang der Ethnie- oder Sprachzugehörigkeit. |
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09.01.2017, 22:53
Beitrag: #44
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Hmmmmm, Ich wollte hier nur darauf hinweisen, dass Karl V gleichzeitig Kaiser des HRR und König von Spanien war. Das war für das Mittelalter völlig in Ordnung - aber wenn Du solche Zustände im 18. Jahrhundert hättest haben wollen, hättest Du eben einen Kaiser gehabt, der mit "seinem anderen Staat" in Kolonien aktiv gewsen wäre - und das HRR wäre dann zwangsläufig auch in Eroberungskriege involviert worden Bezüglich der tatsächlichen Eroberungskriege des HRR ist das natürlich kein Beispiel - deshalb ein anderes Beispiel um die Problematik aufzuzeigen: Die Markgrafschaft Brandenburg (Askanier) expandierte in slawische Gebiete (mit Eroberungskriegen). Die so vergrösserte Margkgrafschaft war danach aber immer noch Bestandteil des HRR, aber die Eroberungskriege zählen zu den Kriegen der Askanier und nicht zu denen des HRR. (08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Burgund wurde nicht erobert, es wurde ererbt.Der Erbanspruch war nicht eindeutig und musste mit Waffengewalt durchgesetzt werden. Der letzte König von Burgund, Rudolf III der Faule, hatte keine Kinder und auch keine ehelichen Brüder. Eine Schwester von ihm war mit Heinrich II dem Zänker, Herzog von Bayern und aus dem "Kaisergeschlecht" der Ottonen stammend verheiratet, eine andere Schwester mit dem französischen König Robert II dem Frommen. Die Erblage war alles andere als klar. (08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Die Ostgebiete, auch Schlesien und Böhmen haben sich freiwillig dem Reich angeschlossen. Der letzte slawische Pommernherzog starb im 30jährigen Krieg. Die slawischen Mecklenburger Großherzöge gingen mit ihren Standesgenossen 1918 unter. Selbstverstänlich hat Böhmen sich dem Reich mehr oder weniger freiwillig angeschlossen. Die böhmischen Herzöge (damals noch nicht Könige) brauchten immer wieder mal die Hilfe des HRR, um sich gegen ihre konkurrienden Familienmitglieder, die ebenfalls Ansprüche auf die Herrschaft erhoben, durchsetzen zu können. Diese Hilfe (militärischer Art selbstverständlich) war natürlich nicht gratis zu haben, weshalb sie die Lehnshoheit der deutschen Könige und Kaiser anerkennen mussten. Nun waren diese Hilfeleistungen ja tatsächlich nicht unbedingt Eroberungskriege, man hat schliesslich ja nur den "legitimen Herrschern" beigestanden - auch wenn sich das HRR dadurch nicht unerheblich vergrössert hat (wohlverstanden: nach mittelalterlicher Rechts- und Moralaufassung war das absolut nicht verwerflich). Wie Ungarn, der Balkan, der Ordenstaat der Deutschritter in Ostpreussen etc. war auch Schlesien nie Bestanteil des HRR. Es war polnisches Teilherzogtum, wurde dann böhmisch, dann österreichisch und dann preussisch (aber nie Bestanteil des HRR). Es fallen mir folgende Kriege des HRR ein: Kaiser Otto IV. hat im "angevinischen Krieg" (Ende 12.; Anfang 13. Jahrhundert) Partei für seinen Onkel, König Johann von England, gegen Frankreich genommen. In der Schlacht bei Bouvines 1214 hat er dann gegen Philip II. von Frankreich eine Niederlage einstecken müssen. Zuvor hatte im 12. Jahrhundert Kaiser Heinrich V. einen Feldzug gegen Frankreich geplant, aber Ludwig VI. der Dicke war mit dem französischen Reichsheer schon bis in die Nähe von Metz gezogen, worauf sich das kaiserliche Heer aufgelöst hatte und weitere Feindseligkeiten darauf eingestellt wurden. Zwischen Kapetingern und Staufern haben dann hervorragende politische Beziehungen geherrscht. Während des hundertjährigen Krieges und des abendländischen Schismas haben diverse Kaiser zwar Bündnisse gegen Frankreich geschmiedet, aber zu grösseren Kampfhandlungen war es nie gekommen. Im Spätmittelater hat es um Italien mehrere Feldzüge zwischen dem Reich und Frankreich (Habsburg vs. Valois) gegeben. Kaiser Otto III kämpfte zusammen mit dem polnischen Herzog Boleslaw Chrobry gegen die Lutizen Im Norden war das HRR m 12. / 13. Jahrhundert in die Kriege des dänischen Königs Waldemar II des Siegers in der Ostsee-Region verwickelt. Ansonsten: Die offiziellen Reichskriege, welche als solche ausgerufen wurden, und wenn Du nur diese als Kriege des HRR gelten lässt, dann waren dies im Grunde tatsächlich keine Eroberungskriege sondern eher "innenpolitische Aktionen". Dennoch lässt sich darüber streiten - mir fallen auf die Schnelle nur folgende Reichskriege ein: Die zahlreichen Feldzüge des HRR gegen die oberitalienischen Städte (einmal hat Barbarossa Mailand sogar komplett platt gemacht). Die zahrleichen Interventionen sind verständlich (und fanden nicht nur wegen der Kaiserkrönung statt) - Florenz beispielsweise war bis in das Spätmittelalter hinein der beste Steuerzahler des HRR. Der Reichskrieg gegen Ottokar von Böhmen (Strafaktion weil Ottokar den amtierenden König nicht wählen wollte und seine Erbansprüche auf Österreich nicht anerkannt wurden) Der Reichskrieg gegen die Hussiten (das waren Ketzer, da musste die Kirche das HRR bemühen) Der Reichskrieg gegen die Eidgenossen (nun ja, die haben das selbst provoziert) (08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Wieland schreibt konkret, dass die Franzosen die Freiheiten die die Deutschen schon länger hatten, erst durch ihre Revolution erkämpfen mussten. Das kann aber nur in einzelnen Beispielen der Fall sein. Die Französische Revolution hat (zum Mindesten bis Napoleon kam) für die sogenannten Aktiv-Bürger (Bürger mit einem gewissen Minimaleinkommen) das Wahlrecht erkämpft. Es gab hingegen kein einziges Fürstentum im HRR, in welchem die Bürger (die nicht ganz armen) das Wahlrecht hatten - aufgeklärter Absolutismus hin oder her. Plakativ gesagt: Der Müller von Sanssouci z.B. konnte nicht zum König von Preussen gewählt werden und der Müller von Sanssouci selbst konnte auch nicht irgendjemand zum König von Preussen wählen. Der Müller vom Pont du Gard aber konnte seinen Nachbar, den Schreinermeister Meunier in die Regierung wählen (der König war nicht mehr vorgesehen). Und die freien Reichsstädte, in welchen es zaghafte Ansätze eines Wahlrechts für einige Bürger gab, haben zum grössten Teil die nachmittelalterliche Zeit nicht überlebt - dafür hatten die absolutistisch gewordenen Fürsten gesorgt. (08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Was Schiller gegenteiliges schreibt, wäre interessant. Was, wo ????? Der Schiller hat sich meist nur in Form von Dramen darüber ausgelassen. Über die Subsidienverträge der Landgrafen von Hessen-Kassel hat er sich jedenfalls so echaffiert, dass er "die Räuber" schreiben musste. (08.01.2017 22:51)Suebe schrieb: Für mich gibt es nur ein Fazit: Das HRR hätte sehr wohl überleben können. Diese Modernisierung hätte dann aber so ausgesehen, dass man auch den Absolutismus innerhalb des HRR hätte abschaffen müssen. Dann hätte es sicher noch etwas überleben können - allerdings hätte man auf dem Weg zur Demokratie später - wie den "Kaiser von Deutschland" - auch den Kaiser des HRR abschaffen müssen. Und ein HRR ohne Kaiser oder auch nur ein HRR mit einem konstitutionellen Kaiser als Grüss-August wäre eben auch kein HRR mehr gewesen, wohingegen ein Deutscher Bund auch ohne Kaiser, König oder Fürst noch ein Deutscher Bund gewesen wäre. |
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09.01.2017, 23:28
Beitrag: #45
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb: Hätte Europa 1914 aus saturierten und ethnisch halbwegs homogenen Nationalstaaten bestanden, hätte die Urkatastrophe des 20.Jh. niemals stattgefunden. War den das Kaiserreich Deutschland kein Nationalstaat ? Ein Nationalstaat muss nicht zwingend eine Demokratie sein. Da man, wie man hier im Forum gesagt, Hessen, Bayern, Sachsen, Schwaben, Mecklenburger alles Deutsche sind, dann war ja wohl das Kaiserreich ein sehr homogener Nationalstaat - die paar Dänen und Sorben fallen nicht ins Gewicht (und Schlesier, so musste ich mir sagen lassen, waren Deutsche und nicht Polen). Dann bliebe nur noch Österreich-Ungarn, und das dieses Kaiserreich alleine Schuld am 1. Weltkrieg sein soll, halte ich denn doch für übertrieben. Nun ja, wenn der Balkan schon Nationalstaaten gehabt hätte, hätte es den Anschlag von Sarajewo wohl nicht gegeben - aber hätte andererseits Russland nicht so "national-ethnisch" gedacht, hätte es dem "slawischen Brudervolk" nicht zu Hilfe kommen und der 1. Weltkrieg hätte dann auch nicht stattfinden müssen. |
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09.01.2017, 23:36
Beitrag: #46
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Wikipedia zeigt Schlesien um 1400 als Teil des HRR. Der Herzog von Schlesien war deutscher Herzog, auch wenn es zwischen 1100 und 1300 eine Doppelzugehörigkeit Schlesiens und Pommerns gab.
https://de.wikipedia.org/wiki/Heiliges_R...R_1400.png viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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10.01.2017, 00:04
Beitrag: #47
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 23:36)Paul schrieb: Wikipedia zeigt Schlesien um 1400 als Teil des HRR. Der Herzog von Schlesien war deutscher Herzog, auch wenn es zwischen 1100 und 1300 eine Doppelzugehörigkeit Schlesiens und Pommerns gab. Ich bin nicht sicher, ob ich mich oder Wikipedia irre. In der Epoche um 1400, auf die sich Wikipedia bezieht, gehörte das Herzogtum Schlesien (genauer gesagt das Herzgotum Schlesien-Breslau) zur Hausmacht des Hauses Luxemburg - wie das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Brandenburg auch (das siehst Du auch an der Einfärbung der Karte). Ich müsste jetzt recherchieren, ob Schlesien, als es zu Luxemburg resp. zu Böhmen kam, damit auch gleichzeitig Bestandteil des HRR wurde. Um 1100 und 1200 war es ganz bestimmt noch nicht so, den da herrschte noch eine Seitenlinie des polnischen Herzogs- und Königsgeschlechts der Piasten über Schlesien. |
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10.01.2017, 00:12
Beitrag: #48
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 00:04)Aguyar schrieb: Ich bin nicht sicher, ob ich mich oder Wikipedia irre. In der Epoche um 1400, auf die sich Wikipedia bezieht, gehörte das Herzogtum Schlesien (genauer gesagt das Herzgotum Schlesien-Breslau) zur Hausmacht des Hauses Luxemburg - wie das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Brandenburg auch (das siehst Du auch an der Einfärbung der Karte). Diese Seitenlinie waren schon deutsche Herzöge, auch wenn sie gleichzeitig im polnischen Seim und im Deutschen Reichstag saßen. Beide Geschichtsschreibungen vereinnahmen Schlesien für diesen Zeitraum gleichzeitig. Ab 1249 wurde Schlesien immer mehr geteilt. 1335 gab der polnische König die Ansprüche auf Schlesien endgültig auf. https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Schlesien Es war wohl so das Oberschlesien früher unter böhmische Herrschaft der Luxemburger kam. Allerdings saß der Deutsche Kaiser in Prag. Wenn ich richtig gezählt habe, soll es teilweise bis 44 schlesische Herzogtümer gegeben haben, unter (zeitweise?)einer engeren Abhängigkeit zur böhmischen Krone und damit zum Reich. https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtümer_in_Schlesien viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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10.01.2017, 00:32
Beitrag: #49
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 00:12)Paul schrieb: Diese Seitenlinie waren schon deutsche Herzöge, auch wenn sie gleichzeitig im polnischen Seim und im Deutschen Reichstag saßen. Deutsche Herzöge waren sie nicht, es waren polnische. Ob Schlesien tatsächlich ein Teil des HRR war ist mir nach wie vor nicht klar. Wikipedia widerpsricht sich selbst und schreibt unter dem Stichwort Schlesien: Zitat:Im Zuge der Auflösung des für das Königreich Polen geltenden Senioratsprinzips erlangte das Herzogtum Schlesien, neben anderen polnischen Herzogtümern, de facto die politische Selbständigkeit.(Hervorhebungen durch mich)[/quote] Du siehst - die Zugehörigkeit von Schlesien zum HRR ist umstritten resp. völlig unklar. Ich selbst jedenfalls hatte das immer wie Wikipedia interpretiert - "Sie waren nur Böhmen untertan". Ich schliesse aus dieser Formulierung folgendes. Die bis dahin selbständigen Herzöge von Oberschlesien, Niederschlesien, Schlesien-Breslau, Oppeln-Ratibor, Schlesien-Glogau, Liegnitz, Jaur - die Erbteilungen sind völlig unübersichtlich - haben sich Böhmen unterworfen / angeschlossen. Das heisst, sie erhielten den Schutz des böhmischen Königs (die ersten noch von den Premysliden, die späteren den Luxemburgern), gaben dafür aber ihre Unabhängigkeit auf. Ihre bisherigen unabhängigen Herzogtümer erhielten sie als Lehen zurück - aber als Lehen der böhmischen Krone und nicht als Lehen des HRR (wie etwa Böhmen selbst, das als Reichslehen galt). Und als später Karl IV die Herrschaft übernahm hat er offenbar Schlesien dem Reich angegliedert - aber auch wieder nicht, weil nur "mittelbar". Schlesien blieb ein Lehen der böhmischen Krone und wurde auch jetzt nicht zum Reichslehen - deshalb hatten Schlesien (resp. alle schlesischen Herzogtümer keine Vertretung im Reichstag). So war es eben kein Bestandteil des Reichs. Als die Habsburger das Erbe der Luxemburger antraten, erbten sie mit Böhmen auch die Lehnshoheit über Schlesien - aber in ihrer Funktion als Könige von Böhmen und nicht als Kaiser des HRR. Als Schlesien zu Preussen kam resp. eroberte war das mittelalterliche HRR Geschichte und die lehnsrechtliche Bestimmungen waren nicht mehr von Belang. Und den alten Fritz und seine Nachfolger interessierte den Status "ihres" Schlesien im Bezug auf das Reich überhaupt nicht. Die Zugehörigkeit Schlesiens zu Böhmen, später zu Österreich und noch später zu Preussen steht dabei natürlich ausser Frage - es geht nur um die Zugehörigkeit zum Reich, die nicht gegeben war. |
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10.01.2017, 00:53
Beitrag: #50
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
1138 hat Herzog Wladyslaw II Schlesien dem Reich und Deutschen Kaiser unterstellt, um militärische Hilfe zu bekommen. Ab da finden wir die getrennte Geschichtsschreibung. Schlesien hatte aber auch ständig enger werdende Beziehungen zu den anderen Teilen des Reichs, so das die Zugehörigkeit zum Reich auch der Realität entsprach.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlesien viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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