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Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
09.01.2017, 15:10
Beitrag: #41
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 12:58)Suebe schrieb:  Die diversen Gebilde des HRR waren mit sehr wenigen Ausnahmen keine "Absolutistischen Feudalstaaten"
eben nicht.

Die Herrschaftsform in den Ländern des Heiligen Romischen Reichs war im 18. Jh. der "aufgeklärte Absolutismus". Trotz der Ständevertretungen regierten viele Landesfürsten nahezu absolut, was sich erst nach dem Wiener Kongress 1815 änderte.

Im übrigen ist es grotesk zu behaupten, ein vormodernes Gebilde wie das HRR mit etwa 200 nahezu souveränen Klein- und Kleinststaaten könne sich im Zeitalter des Imperialismus oder gar der Globalisierung behaupten.

Die 200 Potentaten und Zaunkönige - Reichsritter, Grafen, Landgrafen, Pfalzgrafen, Herzöge, Fürstbischöfe, Fürstäbte, Fürspröpste, Reichsstädte - sind ein Sack voll Flöhe, die niemals einen zukunftsträchtigen industrialisierten Staat hätten bilden können - und der sich kaum gegenüber imperialistischen Nachbarstaaten hätte behaupten können. Ferner ist die Vorstellung von Fürstbischöfen und Fürstäbten als Landesherren im 20. Jh. absurd.

Diese etwa 200 Zaunkönige gab es vor dem Ende des Reichs: https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsf%C3%BCrstenrat
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09.01.2017, 17:38
Beitrag: #42
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Dietrich, wir haben uns darüber ja schon oft ausgetauscht, aber es waren halt keine 200 Zaunkönige. Es waren vielleicht soviele Landkreise und die konnten damals wie heute keine Gesetze erlassen.

Die Innerdeutschen Verhältnisse wurden nach dem Wiener Kongress doch erst wirklich schlimm. Die "Napoleonische Flurbereinigung" ist doch nonsens, kein Buchstabe von wahr.
Im Deutschen Bund, da waren es plötzlich 39 "Potentaten und Potentätchen" die allesamt sowas von bedacht auf ihre Souveränität waren.
Wie wenn heute der Landrat vom Main-Taunus-Kreis eigene Zollstationen einrichten würde.....

Womit wir gleich beim Hauptversäumnis des Dt. Bundes wären, den in der Schlussakte des WienerKongresses angekündigten Wirtschaftsbestimmungen dür den Dt. Bund, die nie erlassen wurden.
Hat sich Preußen (nach 17 Jahren!) erbarmt den Zollverein zu gründen, dem dann Österreich, war ja ein "konsolidiertes Staatsgebiet" fernblieb.

Es bleibt jedenfalls festzuhalten, dass die Mitte Europas eine Organisation brauchte.
Und das HRR war mit Sicherheit die bessere als der Dt. Bund.

Die geistlichen Territorien waren 1805 schon dahin, wobei der Weg seit Joseph II. ja schon klar vorgezeichnet war.
Wobei, goggle mal nach Mergentheim 1805, eigentlich nur dort gab es Widerstand gegen die Übernahme, bei den Untertanen waren die geistlichen Fürstentümer recht wohlgelitten.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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09.01.2017, 21:03
Beitrag: #43
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:56)Titus Feuerfuchs schrieb:  ad Katalonien:
Das wäre ein absolut lebensfähiger Staat mit rund 7 Mio Einwohnern und einer sehr ansehnlichen Wirtschaftskraft - schließlich ist Katalonien die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens, was ein Mitgrund ist, warum Spanien eine Sezession um jeden Preis verhindern will.

So weit ich das beurteilen kann ist die Wirtschaftskraft sogar ein Hauptgrund, weshalb man dort unabhängig werden will. Man will für die armen Mitbürger eben nicht bezahlen.

Die Provinz Katalonien hat etwas mehr als 7 Mio. Einwohner. Knapp die Hälfte (46 %) davon sprechen catalan als Mutter- und/oder Umgangsprache. Die anderen sprechen kein Katalanisch oder sprechen es als Fremdsprache.
Insgesamt gibt es etwas über 12 Mio. Katalanen, verteilt über die Provinzen Katalonien und Valencia sowie über Andorra und einige kleine Gebiete in den frazösischen Pyrenäen. Auch mallorcinisch gilt als katalanischer Dialekt.
In der Provinz Valencia spricht etwa 25% der Bevölkerung katalanisch als Mutter- und/oder als Umgangsprache.
Die Katalanen von Valencia wollen keinen eigenen Staat und die Katalanen von Katalonien wollen diese auch nicht als Staatsbürger haben.
Wie Du siehst, ist die ethnisch-kulturelle Solidarität hier auch nicht vorhanden.

Und noch zur Diskussion zum ehem. Jugoslawien: Auch wenn Du die Grenze von Serbien, Kosovo, Mazedonien etc. genauer entlang der "Ethnien" ziehen würdest, wärst Du nicht erfolgreich. Du kannst Grenzen nie so ziehen, dass sie dann "ethnisch" passen.
Und ja, Tito hielt den "Deckel drauf" - aber wenn die ethn. Zugehörigkeit jetzt so ein eminent wichtiges Anliegen gewesen wäre, hätte es doch wohl einige Auftstände oder zum Mindesten Opposition dagegen geben müssen. Es kommt mir einfach verdächtig vor, dass es erst los ging, als Tito weg war.

Ich habe einfach Probleme mit der Nationalstaaten-Idee. Dass die türkischen Kurden einen eigenen Staat wollen, kann ich zwar nachvollziehen - aber gerade sie sind das Opfer der Idee des Nationalstaates geworden. Von Atatürk bis heute wollte die Türkei ein Nationalstaat sein in dem alle Bürger nur Türken sind. Deshalb konnte man Armenier nicht gebrauchen, die Griechen wurden mit den in Griechenland lebenden Türken ausgetauscht und die Kurden wurden zu "Bergtürken", deren Sprache verboten werden musste. Und die Antwort der Kurden bestand dann eben darin - gewissermassen zwangsläufig - einen eigenen Nationalstaat zu fordern. Hätte man den Kurden ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Schulen und den Status einer autonom. Provinz gewährt und nicht auf einer homogenen Ethnie innerhalb der Staatsgrenze gepocht, hätte man keine Probleme gehabt.

Indien als multiethnischer Staat ist jetzt nicht unbedingt das Paradebeispiel eines funtkonierenden Staates, aber ich behaupte, als Nationalstaat wären indische Teilstaaten auch nicht stabiler. Konflikte verlaufen in Indien entlang der Religion (mit der "Ethnie Islam" hat wirklich jede noch so unterschiedliche Kutlur Probleme) oder aber entlang der sozialen Zugehörigkeit (Kaste) nicht aber entlang der Ethnie- oder Sprachzugehörigkeit.
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09.01.2017, 22:53
Beitrag: #44
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Hmmmmm,

also Spanien hat niemals zum Reich gehört. Die spanischen Südamerika-Kolonien dem HRR in die Schuhe zu schieben, das dürfte nun doch absolut neu zu sein.
Devil
Da fällt mir echt nicht viel dazu ein. Thumbs_downThumbs_downThumbs_downThumbs_downThumbs_down
ds haben sie nicht mal zu des Adolfen Zeiten zum HRR deutscher Nation reklamiert........Rolleyes

Ich wollte hier nur darauf hinweisen, dass Karl V gleichzeitig Kaiser des HRR und König von Spanien war. Das war für das Mittelalter völlig in Ordnung - aber wenn Du solche Zustände im 18. Jahrhundert hättest haben wollen, hättest Du eben einen Kaiser gehabt, der mit "seinem anderen Staat" in Kolonien aktiv gewsen wäre - und das HRR wäre dann zwangsläufig auch in Eroberungskriege involviert worden

Bezüglich der tatsächlichen Eroberungskriege des HRR ist das natürlich kein Beispiel - deshalb ein anderes Beispiel um die Problematik aufzuzeigen: Die Markgrafschaft Brandenburg (Askanier) expandierte in slawische Gebiete (mit Eroberungskriegen). Die so vergrösserte Margkgrafschaft war danach aber immer noch Bestandteil des HRR, aber die Eroberungskriege zählen zu den Kriegen der Askanier und nicht zu denen des HRR.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Burgund wurde nicht erobert, es wurde ererbt.
Der Erbanspruch war nicht eindeutig und musste mit Waffengewalt durchgesetzt werden. Der letzte König von Burgund, Rudolf III der Faule, hatte keine Kinder und auch keine ehelichen Brüder. Eine Schwester von ihm war mit Heinrich II dem Zänker, Herzog von Bayern und aus dem "Kaisergeschlecht" der Ottonen stammend verheiratet, eine andere Schwester mit dem französischen König Robert II dem Frommen. Die Erblage war alles andere als klar.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Die Ostgebiete, auch Schlesien und Böhmen haben sich freiwillig dem Reich angeschlossen. Der letzte slawische Pommernherzog starb im 30jährigen Krieg. Die slawischen Mecklenburger Großherzöge gingen mit ihren Standesgenossen 1918 unter.
Die Habsburgichen Eroberungen auf dem Balkan gegörten nicht zum HRR. Die baltischen Ordensstaaten einschl. Preußen gehörten nie zum HRR die wollten wohl zeitweilig sogar, aber man hat dankend verzichtet.

Selbstverstänlich hat Böhmen sich dem Reich mehr oder weniger freiwillig angeschlossen. Die böhmischen Herzöge (damals noch nicht Könige) brauchten immer wieder mal die Hilfe des HRR, um sich gegen ihre konkurrienden Familienmitglieder, die ebenfalls Ansprüche auf die Herrschaft erhoben, durchsetzen zu können. Diese Hilfe (militärischer Art selbstverständlich) war natürlich nicht gratis zu haben, weshalb sie die Lehnshoheit der deutschen Könige und Kaiser anerkennen mussten. Nun waren diese Hilfeleistungen ja tatsächlich nicht unbedingt Eroberungskriege, man hat schliesslich ja nur den "legitimen Herrschern" beigestanden - auch wenn sich das HRR dadurch nicht unerheblich vergrössert hat (wohlverstanden: nach mittelalterlicher Rechts- und Moralaufassung war das absolut nicht verwerflich).

Wie Ungarn, der Balkan, der Ordenstaat der Deutschritter in Ostpreussen etc. war auch Schlesien nie Bestanteil des HRR. Es war polnisches Teilherzogtum, wurde dann böhmisch, dann österreichisch und dann preussisch (aber nie Bestanteil des HRR).

Es fallen mir folgende Kriege des HRR ein:
Kaiser Otto IV. hat im "angevinischen Krieg" (Ende 12.; Anfang 13. Jahrhundert) Partei für seinen Onkel, König Johann von England, gegen Frankreich genommen. In der Schlacht bei Bouvines 1214 hat er dann gegen Philip II. von Frankreich eine Niederlage einstecken müssen.

Zuvor hatte im 12. Jahrhundert Kaiser Heinrich V. einen Feldzug gegen Frankreich geplant, aber Ludwig VI. der Dicke war mit dem französischen Reichsheer schon bis in die Nähe von Metz gezogen, worauf sich das kaiserliche Heer aufgelöst hatte und weitere Feindseligkeiten darauf eingestellt wurden. Zwischen Kapetingern und Staufern haben dann hervorragende politische Beziehungen geherrscht.

Während des hundertjährigen Krieges und des abendländischen Schismas haben diverse Kaiser zwar Bündnisse gegen Frankreich geschmiedet, aber zu grösseren Kampfhandlungen war es nie gekommen.

Im Spätmittelater hat es um Italien mehrere Feldzüge zwischen dem Reich und Frankreich (Habsburg vs. Valois) gegeben.

Kaiser Otto III kämpfte zusammen mit dem polnischen Herzog Boleslaw Chrobry gegen die Lutizen

Im Norden war das HRR m 12. / 13. Jahrhundert in die Kriege des dänischen Königs Waldemar II des Siegers in der Ostsee-Region verwickelt.

Ansonsten: Die offiziellen Reichskriege, welche als solche ausgerufen wurden, und wenn Du nur diese als Kriege des HRR gelten lässt, dann waren dies im Grunde tatsächlich keine Eroberungskriege sondern eher "innenpolitische Aktionen". Dennoch lässt sich darüber streiten - mir fallen auf die Schnelle nur folgende Reichskriege ein:

Die zahlreichen Feldzüge des HRR gegen die oberitalienischen Städte (einmal hat Barbarossa Mailand sogar komplett platt gemacht).
Die zahrleichen Interventionen sind verständlich (und fanden nicht nur wegen der Kaiserkrönung statt) - Florenz beispielsweise war bis in das Spätmittelalter hinein der beste Steuerzahler des HRR.

Der Reichskrieg gegen Ottokar von Böhmen (Strafaktion weil Ottokar den amtierenden König nicht wählen wollte und seine Erbansprüche auf Österreich nicht anerkannt wurden)

Der Reichskrieg gegen die Hussiten (das waren Ketzer, da musste die Kirche das HRR bemühen)

Der Reichskrieg gegen die Eidgenossen (nun ja, die haben das selbst provoziert)

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Wieland schreibt konkret, dass die Franzosen die Freiheiten die die Deutschen schon länger hatten, erst durch ihre Revolution erkämpfen mussten.

Das kann aber nur in einzelnen Beispielen der Fall sein. Die Französische Revolution hat (zum Mindesten bis Napoleon kam) für die sogenannten Aktiv-Bürger (Bürger mit einem gewissen Minimaleinkommen) das Wahlrecht erkämpft.
Es gab hingegen kein einziges Fürstentum im HRR, in welchem die Bürger (die nicht ganz armen) das Wahlrecht hatten - aufgeklärter Absolutismus hin oder her. Plakativ gesagt: Der Müller von Sanssouci z.B. konnte nicht zum König von Preussen gewählt werden und der Müller von Sanssouci selbst konnte auch nicht irgendjemand zum König von Preussen wählen. Der Müller vom Pont du Gard aber konnte seinen Nachbar, den Schreinermeister Meunier in die Regierung wählen (der König war nicht mehr vorgesehen).
Und die freien Reichsstädte, in welchen es zaghafte Ansätze eines Wahlrechts für einige Bürger gab, haben zum grössten Teil die nachmittelalterliche Zeit nicht überlebt - dafür hatten die absolutistisch gewordenen Fürsten gesorgt.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Was Schiller gegenteiliges schreibt, wäre interessant. Was, wo ?????

Der Schiller hat sich meist nur in Form von Dramen darüber ausgelassen. Über die Subsidienverträge der Landgrafen von Hessen-Kassel hat er sich jedenfalls so echaffiert, dass er "die Räuber" schreiben musste.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Für mich gibt es nur ein Fazit: Das HRR hätte sehr wohl überleben können.
Natürlich reformiert und "modernisiert" dass es aber dazu fähig war, hat es oft genug bewiesen.

Diese Modernisierung hätte dann aber so ausgesehen, dass man auch den Absolutismus innerhalb des HRR hätte abschaffen müssen. Dann hätte es sicher noch etwas überleben können - allerdings hätte man auf dem Weg zur Demokratie später - wie den "Kaiser von Deutschland" - auch den Kaiser des HRR abschaffen müssen. Und ein HRR ohne Kaiser oder auch nur ein HRR mit einem konstitutionellen Kaiser als Grüss-August wäre eben auch kein HRR mehr gewesen, wohingegen ein Deutscher Bund auch ohne Kaiser, König oder Fürst noch ein Deutscher Bund gewesen wäre.
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09.01.2017, 23:28
Beitrag: #45
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb:  Hätte Europa 1914 aus saturierten und ethnisch halbwegs homogenen Nationalstaaten bestanden, hätte die Urkatastrophe des 20.Jh. niemals stattgefunden.
Es waren nicht die Nationalstaaten die Ursache für den Krieg, sondern deren Fehlen.

War den das Kaiserreich Deutschland kein Nationalstaat ? Ein Nationalstaat muss nicht zwingend eine Demokratie sein. Da man, wie man hier im Forum gesagt, Hessen, Bayern, Sachsen, Schwaben, Mecklenburger alles Deutsche sind, dann war ja wohl das Kaiserreich ein sehr homogener Nationalstaat - die paar Dänen und Sorben fallen nicht ins Gewicht (und Schlesier, so musste ich mir sagen lassen, waren Deutsche und nicht Polen).

Dann bliebe nur noch Österreich-Ungarn, und das dieses Kaiserreich alleine Schuld am 1. Weltkrieg sein soll, halte ich denn doch für übertrieben.
Nun ja, wenn der Balkan schon Nationalstaaten gehabt hätte, hätte es den Anschlag von Sarajewo wohl nicht gegeben - aber hätte andererseits Russland nicht so "national-ethnisch" gedacht, hätte es dem "slawischen Brudervolk" nicht zu Hilfe kommen und der 1. Weltkrieg hätte dann auch nicht stattfinden müssen.
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09.01.2017, 23:36
Beitrag: #46
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Wikipedia zeigt Schlesien um 1400 als Teil des HRR. Der Herzog von Schlesien war deutscher Herzog, auch wenn es zwischen 1100 und 1300 eine Doppelzugehörigkeit Schlesiens und Pommerns gab.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heiliges_R...R_1400.png

viele Grüße

Paul

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10.01.2017, 00:04
Beitrag: #47
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 23:36)Paul schrieb:  Wikipedia zeigt Schlesien um 1400 als Teil des HRR. Der Herzog von Schlesien war deutscher Herzog, auch wenn es zwischen 1100 und 1300 eine Doppelzugehörigkeit Schlesiens und Pommerns gab.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heiliges_R...R_1400.png

Ich bin nicht sicher, ob ich mich oder Wikipedia irre. In der Epoche um 1400, auf die sich Wikipedia bezieht, gehörte das Herzogtum Schlesien (genauer gesagt das Herzgotum Schlesien-Breslau) zur Hausmacht des Hauses Luxemburg - wie das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Brandenburg auch (das siehst Du auch an der Einfärbung der Karte).
Ich müsste jetzt recherchieren, ob Schlesien, als es zu Luxemburg resp. zu Böhmen kam, damit auch gleichzeitig Bestandteil des HRR wurde.

Um 1100 und 1200 war es ganz bestimmt noch nicht so, den da herrschte noch eine Seitenlinie des polnischen Herzogs- und Königsgeschlechts der Piasten über Schlesien.
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10.01.2017, 00:12
Beitrag: #48
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 00:04)Aguyar schrieb:  Ich bin nicht sicher, ob ich mich oder Wikipedia irre. In der Epoche um 1400, auf die sich Wikipedia bezieht, gehörte das Herzogtum Schlesien (genauer gesagt das Herzgotum Schlesien-Breslau) zur Hausmacht des Hauses Luxemburg - wie das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Brandenburg auch (das siehst Du auch an der Einfärbung der Karte).
Ich müsste jetzt recherchieren, ob Schlesien, als es zu Luxemburg resp. zu Böhmen kam, damit auch gleichzeitig Bestandteil des HRR wurde.

Um 1100 und 1200 war es ganz bestimmt noch nicht so, den da herrschte noch eine Seitenlinie des polnischen Herzogs- und Königsgeschlechts der Piasten über Schlesien.

Diese Seitenlinie waren schon deutsche Herzöge, auch wenn sie gleichzeitig im polnischen Seim und im Deutschen Reichstag saßen.
Beide Geschichtsschreibungen vereinnahmen Schlesien für diesen Zeitraum gleichzeitig. Ab 1249 wurde Schlesien immer mehr geteilt. 1335 gab der polnische König die Ansprüche auf Schlesien endgültig auf.

https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Schlesien

Es war wohl so das Oberschlesien früher unter böhmische Herrschaft der Luxemburger kam. Allerdings saß der Deutsche Kaiser in Prag.

Wenn ich richtig gezählt habe, soll es teilweise bis 44 schlesische Herzogtümer gegeben haben, unter (zeitweise?)einer engeren Abhängigkeit zur böhmischen Krone und damit zum Reich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtümer_in_Schlesien

viele Grüße

Paul

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10.01.2017, 00:32
Beitrag: #49
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 00:12)Paul schrieb:  Diese Seitenlinie waren schon deutsche Herzöge, auch wenn sie gleichzeitig im polnischen Seim und im Deutschen Reichstag saßen.
Beide Geschichtsschreibungen vereinnahmen Schlesien für diesen Zeitraum gleichzeitig. Es war wohl so das Oberschlesien unter böhmische Herrschaft der Luxemburger kam, während in Niederschlesien ein eigner Herzog regierte. Allerdings saß der Deutsche Kaiser in Prag.

Deutsche Herzöge waren sie nicht, es waren polnische. Ob Schlesien tatsächlich ein Teil des HRR war ist mir nach wie vor nicht klar. Wikipedia widerpsricht sich selbst und schreibt unter dem Stichwort Schlesien:

Zitat:Im Zuge der Auflösung des für das Königreich Polen geltenden Senioratsprinzips erlangte das Herzogtum Schlesien, neben anderen polnischen Herzogtümern, de facto die politische Selbständigkeit.

Unter Herzog Heinrich I., der 1201 seinem Vater Boleslaw I. als Herzog von Schlesien nachfolgte, wurde die Besiedlung Schlesiens mit Deutschen und Holländern gefördert. Ebenso unter seinem gleichnamigen Sohn Heinrich II., der 1226 von seinem Vater zum Mitregenten berufen wurde. Er fiel 1241 beim Mongoleneinfall in der Schlacht bei Liegnitz. Unter seinen Nachkommen wurde das Herzogtum Schlesien ab 1249 durch Teilungen in zahlreiche Teilherzogtümer zersplittert, deren Herzöge sich nachfolgend politisch dem Königreich Böhmen zuwandten. Zwischen 1289 und 1292 stellten fast alle oberschlesischen Herzöge ihre Teilherzogtümer als ein Lehen dem Herzog Wenzel II.[1] unter, 1327 folgte das Herzogtum Oppeln und bis 1329 die meisten niederschlesischen Teilherzogtümer. 1331 huldigten auch die Herzöge von Glogau und 1336 von Münsterberg dem böhmischen König Johann von Luxemburg. 1342 folgte das geistliche Fürstentum Neisse diesem Beispiel. Bereits 1335 wurden die bis dahin erreichten Verhältnisse mit dem Vertrag von Trentschin anerkannt. König Karl IV. unterstellte Schlesien 1348 dem Heiligen Römischen Reich. Da es ihm jedoch nur mittelbar unterstellt war, besaßen die Herzöge von Schlesien und der Fürstbischof des Fürstentums Neisse nicht die Reichsstandschaft und damit keinen Sitz und Stimme im Reichstag. Sie waren nur Böhmen untertan
(Hervorhebungen durch mich)[/quote]

Du siehst - die Zugehörigkeit von Schlesien zum HRR ist umstritten resp. völlig unklar. Ich selbst jedenfalls hatte das immer wie Wikipedia interpretiert - "Sie waren nur Böhmen untertan". Ich schliesse aus dieser Formulierung folgendes. Die bis dahin selbständigen Herzöge von Oberschlesien, Niederschlesien, Schlesien-Breslau, Oppeln-Ratibor, Schlesien-Glogau, Liegnitz, Jaur - die Erbteilungen sind völlig unübersichtlich - haben sich Böhmen unterworfen / angeschlossen. Das heisst, sie erhielten den Schutz des böhmischen Königs (die ersten noch von den Premysliden, die späteren den Luxemburgern), gaben dafür aber ihre Unabhängigkeit auf. Ihre bisherigen unabhängigen Herzogtümer erhielten sie als Lehen zurück - aber als Lehen der böhmischen Krone und nicht als Lehen des HRR (wie etwa Böhmen selbst, das als Reichslehen galt). Und als später Karl IV die Herrschaft übernahm hat er offenbar Schlesien dem Reich angegliedert - aber auch wieder nicht, weil nur "mittelbar". Schlesien blieb ein Lehen der böhmischen Krone und wurde auch jetzt nicht zum Reichslehen - deshalb hatten Schlesien (resp. alle schlesischen Herzogtümer keine Vertretung im Reichstag). So war es eben kein Bestandteil des Reichs. Als die Habsburger das Erbe der Luxemburger antraten, erbten sie mit Böhmen auch die Lehnshoheit über Schlesien - aber in ihrer Funktion als Könige von Böhmen und nicht als Kaiser des HRR.
Als Schlesien zu Preussen kam resp. eroberte war das mittelalterliche HRR Geschichte und die lehnsrechtliche Bestimmungen waren nicht mehr von Belang. Und den alten Fritz und seine Nachfolger interessierte den Status "ihres" Schlesien im Bezug auf das Reich überhaupt nicht.

Die Zugehörigkeit Schlesiens zu Böhmen, später zu Österreich und noch später zu Preussen steht dabei natürlich ausser Frage - es geht nur um die Zugehörigkeit zum Reich, die nicht gegeben war.
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10.01.2017, 00:53
Beitrag: #50
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
1138 hat Herzog Wladyslaw II Schlesien dem Reich und Deutschen Kaiser unterstellt, um militärische Hilfe zu bekommen. Ab da finden wir die getrennte Geschichtsschreibung. Schlesien hatte aber auch ständig enger werdende Beziehungen zu den anderen Teilen des Reichs, so das die Zugehörigkeit zum Reich auch der Realität entsprach.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlesien

viele Grüße

Paul

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10.01.2017, 01:02
Beitrag: #51
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  
(08.01.2017 22:56)Titus Feuerfuchs schrieb:  ad Katalonien:
Das wäre ein absolut lebensfähiger Staat mit rund 7 Mio Einwohnern und einer sehr ansehnlichen Wirtschaftskraft - schließlich ist Katalonien die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens, was ein Mitgrund ist, warum Spanien eine Sezession um jeden Preis verhindern will.

So weit ich das beurteilen kann ist die Wirtschaftskraft sogar ein Hauptgrund, weshalb man dort unabhängig werden will. Man will für die armen Mitbürger eben nicht bezahlen.


Wirtschaftliche Disparitäten können von einem starken nationalen Zusammengehörigkeitgefühl kompensiert werden. (Das es in der Eu nicht gibt, aber das nur nebenbei)
Italien ist trotz der extremen Ungleichheit zwischen Nord und Süd noch nicht zerbrochen, obwohl das von bestimmten politischen Bewegungen angestrebt wird.

Deutschland hat die Wiedervereinigung trotz extremer wirtschaftlicher Disparität gepackt.

Techechien und die Slowakei hatten keine extreme wirtschaftliche Disparität und haben sich getrennt.



(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  Die Provinz Katalonien hat etwas mehr als 7 Mio. Einwohner. Knapp die Hälfte (46 %) davon sprechen catalan als Mutter- und/oder Umgangsprache. Die anderen sprechen kein Katalanisch oder sprechen es als Fremdsprache.
Insgesamt gibt es etwas über 12 Mio. Katalanen, verteilt über die Provinzen Katalonien und Valencia sowie über Andorra und einige kleine Gebiete in den frazösischen Pyrenäen. Auch mallorcinisch gilt als katalanischer Dialekt.
In der Provinz Valencia spricht etwa 25% der Bevölkerung katalanisch als Mutter- und/oder als Umgangsprache.
Die Katalanen von Valencia wollen keinen eigenen Staat und die Katalanen von Katalonien wollen diese auch nicht als Staatsbürger haben.
Wie Du siehst, ist die ethnisch-kulturelle Solidarität hier auch nicht vorhanden.


Ich hab's schon geschrieben: Es kommt auf das Selbstbild der Betroffenen an und nicht darauf, wie sie von außen gesehen werden.

Die Sache ist einfach: Ich sehe für Katalonien das Vorbild Schottland. Die Schotten haben sich für einen Verbleib im UK entschieden, damit ist die Sache erledigt.



(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  Und noch zur Diskussion zum ehem. Jugoslawien: Auch wenn Du die Grenze von Serbien, Kosovo, Mazedonien etc. genauer entlang der "Ethnien" ziehen würdest, wärst Du nicht erfolgreich. Du kannst Grenzen nie so ziehen, dass sie dann "ethnisch" passen.

Auch diesen Aspekt habe ich bereits behandelt. Es ist klar, dass es grad in einem so multiethnischen Gebiet wie dem Balkan immer irgendwo Minderheiten geben wird.

Es geht um grobe und nicht nachvollziehbare Fehler bei der Grenzziehung. Der Nordkosovo ist ein Paradebeispiel dafür.

Und ich bleibe dabei: wären bei der Grenzziehung die ethnischen Gegebenheit besser berücksichtigt worden, wäre aus den Konflikten einiges an Luft gelassen worden. Natürlich wären sie nicht komplett weg, aber entschärft.




(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  Und ja, Tito hielt den "Deckel drauf" - aber wenn die ethn. Zugehörigkeit jetzt so ein eminent wichtiges Anliegen gewesen wäre, hätte es doch wohl einige Auftstände oder zum Mindesten Opposition dagegen geben müssen. Es kommt mir einfach verdächtig vor, dass es erst los ging, als Tito weg war.

Es dauerte nach Titos Tod ja noch ein paar Jahre, bevor der Balkankrieg begann.
Es hilft aber, einen Blick in die Geschichte des Balkans zu machen.
Zur Zeit der Donaumonarchie solidarisierten sich die Slawen gegen die Fremdbestimmung der Habsburger (Pansalwismus).
Doch bereits unter Tito ging die serbische Hegemonie den übrigen Völkern des ehemaligen SHS-Staates gehörig gegen den Strich. Die Serben dachten jedoch nicht dran, auf ihre Vorherrschaft zu verzichten, also kam's zum Krieg.



(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  Ich habe einfach Probleme mit der Nationalstaaten-Idee.

Das ist mir nicht entgangen.Wink
Nichtsdestotrotz wird deine Position von der Faktenlage nicht so gestützt, wie es gemeinhin medial kolportiert wird.

Deine Position ist demnach keinesfalls unumstritten und wird von den meisten Menschen in Europa nicht gestützt. Das belegen alle diesbezüglichen Umfragen. Sie zeigen, dass sich die meisten Europäer primär ihrem Staat zugehörig fühlen und erst in zweiter Linie Europa.

(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  Dass die türkischen Kurden einen eigenen Staat wollen, kann ich zwar nachvollziehen - aber gerade sie sind das Opfer der Idee des Nationalstaates geworden. Von Atatürk bis heute wollte die Türkei ein Nationalstaat sein in dem alle Bürger nur Türken sind. Deshalb konnte man Armenier nicht gebrauchen, die Griechen wurden mit den in Griechenland lebenden Türken ausgetauscht und die Kurden wurden zu "Bergtürken", deren Sprache verboten werden musste. Und die Antwort der Kurden bestand dann eben darin - gewissermassen zwangsläufig - einen eigenen Nationalstaat zu fordern. Hätte man den Kurden ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Schulen und den Status einer autonom. Provinz gewährt und nicht auf einer homogenen Ethnie innerhalb der Staatsgrenze gepocht, hätte man keine Probleme gehabt.

Das Siedlungsgebiet der Kurden ist ja keineswegs auf die Türkei beschränkt, sondern erstreckt sich auch jenseits der Grenze auf die Nachbarstaaten Syrien, Iran und Irak.

Im Vertrag von Sevres waren ethnische Gegebenheiten im Osmanischen Reich sträflich vernachlässigt worden, was die Konflikte in der Region bis heute befeuert.





(09.01.2017 21:03)Aguyar schrieb:  Indien als multiethnischer Staat ist jetzt nicht unbedingt das Paradebeispiel eines funtkonierenden Staates, aber ich behaupte, als Nationalstaat wären indische Teilstaaten auch nicht stabiler. Konflikte verlaufen in Indien entlang der Religion (mit der "Ethnie Islam" hat wirklich jede noch so unterschiedliche Kutlur Probleme) oder aber entlang der sozialen Zugehörigkeit (Kaste) nicht aber entlang der Ethnie- oder Sprachzugehörigkeit.

Alles nicht ganz falsch, doch auch hier hat sich das überwiegend muslimische Pakistan und ebenso Bangladesch (Ostpakistan) vom überwiegend hinduistischen Indien abgespaltet.
Weil der Mensch grundsätzlich dazu tendiert, unter seinesgleichen zu leben.

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.01.2017, 01:08
Beitrag: #52
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 00:12)Paul schrieb:  Wenn ich richtig gezählt habe, soll es teilweise bis 44 schlesische Herzogtümer gegeben haben, unter (zeitweise?)einer engeren Abhängigkeit zur böhmischen Krone und damit zum Reich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtümer_in_Schlesien

Wie ich oben geschrieben habe, Schlesien war kein Teil des Reichs. Eine indirekte Abhängigkeit war natürlich gegegen, und zwar einerseits dadurch, dass die Luxemburger und Habsburger gleichzeitig Kaiser waren. Für die "indirekte" Abhängigkeit wäre das aber nicht einmal nötig gewesen - es reicht, das Schlesien ein Lehen von Böhmen war und Böhmen gleichzeit ein Teil des HRR war. Aber eben nur mittelbar - ähnlich wie bei Ungarn.
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10.01.2017, 01:55
Beitrag: #53
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 23:28)Aguyar schrieb:  
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb:  Hätte Europa 1914 aus saturierten und ethnisch halbwegs homogenen Nationalstaaten bestanden, hätte die Urkatastrophe des 20.Jh. niemals stattgefunden.
Es waren nicht die Nationalstaaten die Ursache für den Krieg, sondern deren Fehlen.

War den das Kaiserreich Deutschland kein Nationalstaat ?


Doch, aber mit Abstrichen. Wäre es schon lange vor dem Wk 1 zur Großdeutschen Lösung gekommen, hätte es den WK1 -zumindest in dieser Form- nicht gegeben.


(09.01.2017 23:28)Aguyar schrieb:  Da man, wie man hier im Forum gesagt, Hessen, Bayern, Sachsen, Schwaben, Mecklenburger alles Deutsche sind, dann war ja wohl das Kaiserreich ein sehr homogener Nationalstaat - die paar Dänen und Sorben fallen nicht ins Gewicht (und Schlesier, so musste ich mir sagen lassen, waren Deutsche und nicht Polen).

Das kann man so nicht sagen, zumal viele Polen gar nicht in Schlesien lebten, sondern in Posen, West- und Ostpreußen. (Ruhrpolen lass ich außen vor)
Im Deutschen Kaiserreich lebten insgesamt rund 3 Mio Polen, großteils unmittelbar hinter der Grenze:


[Bild: 1024px-Sprachen_Deutsches_Reich_1900.png]


Die polnischen Schlesier stimmten bei der Volksabstimmung 1921 zumeist für Polen - ganz im Gegensatz zu den Masuren in Ostpreußen, die fast geschlossen für Deutschland stimmten.
Und hier komme ich wieder zum Thema Eigenbild und Fremdbild:
Masuren begriffen sich trotz ihrer Muttersprache selbst als Teil Deutschlands, bei den Polen war das Zugehörigkeitsgefühl zum Reich hingegen nicht so ausgeprägt.


Es gab zwar keine direkten Konflikte innerhalb des Reichs, oder knallharte Unterdrückung von Minderheiten, wie sie etwa in Transleithanien nach dem Ausgleich gang und gäbe waren, aber man strebte danach, den Anteil der Polen gering zu halten.(Germanisierungspolitik durch preußische Ansiedlungskommission, mäßig erfolgreich)

Die polnische Minderheit war ein Resultat der polnischen Teilungen. Polen verteilte sich auf Russland, Deutschland und Österreich.
Eine Korrektur der Grenze (etwas besser als in Versailles) und Polen das Recht auf einen eigenen Staat einzuräumen, wäre jedenfalls sinnvoller gewesen, als Germanisierungsversuche.




(09.01.2017 23:28)Aguyar schrieb:  Ein Nationalstaat muss nicht zwingend eine Demokratie sein.

Wie gesagt, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Genauso könnte ich schreiben, ein Binnenstaat muss nicht zwingend eine Demokratie sein.



(09.01.2017 23:28)Aguyar schrieb:  Dann bliebe nur noch Österreich-Ungarn, und das dieses Kaiserreich alleine Schuld am 1. Weltkrieg sein soll, halte ich denn doch für übertrieben.
Nun ja, wenn der Balkan schon Nationalstaaten gehabt hätte, hätte es den Anschlag von Sarajewo wohl nicht gegeben - aber hätte andererseits Russland nicht so "national-ethnisch" gedacht, hätte es dem "slawischen Brudervolk" nicht zu Hilfe kommen und der 1. Weltkrieg hätte dann auch nicht stattfinden müssen.


Du gibst in diesem Absatz teilweise selbst die Antwort.

Ich halte Österreich-Ungarn für den Hauptschuldigen des WK 1. Ö-U hatte es geschafft, die europäischen Großmächte in seine patscherte Balkankrise hineinzuziehen. Zuerst dilettantisch herumlavieren, dann bewußt einen Krieg auslösen, der halb Europa in Schutt und Asche legte.
Deutschland und Russland tragen jedoch auch eine nicht unerhebliche Mitschuld.

Hätte sich Österreich-Ungarn im 19Jh. einfach aufgelöst, und seine Völker eigene Staaten bilden (Ungarn, Tschechien, etc) lassen, bzw. sich mit den entsprechenden Nachbarländern vereinigen lassen (Polen, Deutschland, Rumänien, etc), wäre uns mit Sicherheit einiges erspart geblieben.

Ein Entwurf, der in diese Richtung ging, war Aurel Popovicis föderales Gebilde der "Vereinigten Staaten von Großösterreich" um die Jahrhundertwende.
Aber der kam zu spät, und war aufgrund des Habsburger'schen Starrsinns und Ungarns Hegemonieverlusts, der mit diesem Konzept einhergegangen wäre, völlig illusorisch.

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.01.2017, 02:19
Beitrag: #54
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 01:08)Aguyar schrieb:  
(10.01.2017 00:12)Paul schrieb:  Wenn ich richtig gezählt habe, soll es teilweise bis 44 schlesische Herzogtümer gegeben haben, unter (zeitweise?)einer engeren Abhängigkeit zur böhmischen Krone und damit zum Reich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtümer_in_Schlesien

Wie ich oben geschrieben habe, Schlesien war kein Teil des Reichs. Eine indirekte Abhängigkeit war natürlich gegegen, und zwar einerseits dadurch, dass die Luxemburger und Habsburger gleichzeitig Kaiser waren. Für die "indirekte" Abhängigkeit wäre das aber nicht einmal nötig gewesen - es reicht, das Schlesien ein Lehen von Böhmen war und Böhmen gleichzeit ein Teil des HRR war. Aber eben nur mittelbar - ähnlich wie bei Ungarn.

Warum ist Schlesien dann in den historischen Karten stets als Teil des HRR eingezeichnet?

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.01.2017, 09:41
Beitrag: #55
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 02:19)Titus Feuerfuchs schrieb:  Warum ist Schlesien dann in den historischen Karten stets als Teil des HRR eingezeichnet?

Ich sag ja, da widerpsricht sich Wikipedia selbst. Die auf dem Lehnssystem beruhenden Besitztverhältnisse und Zugehörigkeiten (Lehen, Afterlehen, mehrfach-Lehen, Eigen in Lehen umgewandelt, Regalien-Lehen d.h. nur Gerichtsbarkeit oder Zollrechte oder Münzrechte) des Mittelalters waren eben viel komplizierter als moderne Staaten (ob Nationalstaat oder nicht). Da lassen sich Zugehörigkeiten und Herrschaftsrechte eben nicht so exakt definieren und schon gar nicht einzeichnen.

Ein fiktives Beispiel: In einem mittelalterlichen Dorf gehört ein Hof einem Kloster x, der Nachbarhof dem Graf y. Der Hof des Grafes y wurde aber dem Freiherr z verliehen dessen sonstiger Grundbesitz aber nicht im HRR sondern im Königreich Frankreich liegt. Freiherr z hat, beim Versuch, sein Territorium etwas auszubauen, die Kastvogtei über das Kloster x inne (weil Ordensgeistliche in der Regel die Gerichtsbarkeit nicht selbst ausüben dürfen). Für die beiden Höfe ist Freiherr z dem HRR zur Treue verpflichtet, für den Rest dem Königreich Frankreich ... etc.

Im Fall von Schlesien vermute ich folgendes: Es heisst Karl IV von Luxemburg habe die Herzogtümer von Schlesien dem HRR angegliedert - also war Schlesien Teil des HRR. Gleichzeitig heisst es, die Herzöge von Schlesien (die stammten alle aus dem polnischen Königs- / Herzogsgeschlecht der Piasten) erhielten ihre Lehen vom König von Böhmen und nicht vom Reich und seien nur Böhmen zur Treue verpflichtet gewesen. Aus diesem Grund seien sie auch nicht an den Reichstagen vetreten gewesen. Insofern bestand nur eine indirekte Abhängigkeit - denn Böhmen war ganz klar ein Teil des HRR.

Bei Ostpreussen (Masuren) ist das deutlicher - Ostpreussen war auch indirekt nie abhängig von HRR. Die Deutschritter besassen ihr Gebiet ursprünglich als Allod - als Eigenbesitz (Lehensabhängigkeiten von Polen/Litauen waren nicht dauernd). Als der Ritterorden sich im Zuge der Reformation auflöste, hatten die Hohenzollern das Glück, das gerade zu diesem Zeitpunkt ein Familienmitglied Grossmeister war, weshalb Ostpreussen (genauer gesagt Preussen) an Brandenburg ging. Und weil eben Preussen/Ostpreussen kein Bestandteil des HRR konnte sich der Markgraf von Brandenburg überhaupt "König von Preussen" nennen - sonst hätte das nicht funktioniert - es durfte (mit Ausnahme von Böhmen) keinen weiteren König neben dem deutschen König im HRR geben.

Was Schlesien angeht: Für die Zugehörigkeit Schlesiens zu Deutschlands (als Teil von Preussen) war die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zum HRR absolut irrelevant.

Das mittelalterliche HRR - Heiliges Römisches Reich - war eben nur eingeschränkt der Vorläufer von Deutschland.

Was nicht so bekannt ist: Lange Zeit war nicht nur Oberitalien ein Teil des HRR sondern auch die Provence (ehemals Teil des Königreichs Niederburgund) und zwar ganz direkt und nicht so zweifelhaft wie Schlesien. Dem feudalen (feudum, Lehen) Mittelalter waren die heutigen Staatsbegriffe völlig fremd - und auch die Nationalstaaten-Idee.
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10.01.2017, 11:32
Beitrag: #56
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 09:41)Aguyar schrieb:  
(10.01.2017 02:19)Titus Feuerfuchs schrieb:  Warum ist Schlesien dann in den historischen Karten stets als Teil des HRR eingezeichnet?

Ich sag ja, da widerpsricht sich Wikipedia selbst. Die auf dem Lehnssystem beruhenden Besitztverhältnisse und Zugehörigkeiten (Lehen, Afterlehen, mehrfach-Lehen, Eigen in Lehen umgewandelt, Regalien-Lehen d.h. nur Gerichtsbarkeit oder Zollrechte oder Münzrechte) des Mittelalters waren eben viel komplizierter als moderne Staaten (ob Nationalstaat oder nicht). Da lassen sich Zugehörigkeiten und Herrschaftsrechte eben nicht so exakt definieren und schon gar nicht einzeichnen.[....]

Vielen Dank für deine umfangreichen Ausführungen.
Ich bezog mich jedoch keineswegs nur auf wiki. Auf allen Karten, die ich vom HRR im Kopf habe, ist Schlesien Teil desselben.





(10.01.2017 09:41)Aguyar schrieb:  [...]

Im Fall von Schlesien vermute ich folgendes: Es heisst Karl IV von Luxemburg habe die Herzogtümer von Schlesien dem HRR angegliedert - also war Schlesien Teil des HRR. Gleichzeitig heisst es, die Herzöge von Schlesien (die stammten alle aus dem polnischen Königs- / Herzogsgeschlecht der Piasten) erhielten ihre Lehen vom König von Böhmen und nicht vom Reich und seien nur Böhmen zur Treue verpflichtet gewesen. Aus diesem Grund seien sie auch nicht an den Reichstagen vetreten gewesen. Insofern bestand nur eine indirekte Abhängigkeit - denn Böhmen war ganz klar ein Teil des HRR.


Aber die "Schlesische Frage" war dann spätestens mit dem Ausgang der Schlacht von Mohacs obsolet, als Schlesien an Habsburg fiel. Oder siehst du das anders?


[Bild: HRR_1648.png]

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.01.2017, 11:39
Beitrag: #57
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 00:53)Paul schrieb:  1138 hat Herzog Wladyslaw II Schlesien dem Reich und Deutschen Kaiser unterstellt, um militärische Hilfe zu bekommen. Ab da finden wir die getrennte Geschichtsschreibung. Schlesien hatte aber auch ständig enger werdende Beziehungen zu den anderen Teilen des Reichs, so das die Zugehörigkeit zum Reich auch der Realität entsprach.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlesien

Nun war Schlesien aber schon 1138 dem HRR angegliedert worden und die Herzöge von Schlesien verhielten sich wie deutsche Fürsten. Sie integrierten ihre Territorien sehr real mit dem Reich und ließen massenhaft deutsche Siedler ansiedeln und heirateten deutsche Prinzessinen. Sie kamen auch zu den Reichstagen. Das noch nicht geteilte Schlesien, hatte sicherlich dort auch Einfluß. Formal entlies der polnische König Schlesien erst später aus dem polnischen Staat, deshalb gibt es die doppelte Zuordnung.

Die Volkszählungen im Deutschen Reich waren in einem Punkt nicht der Realität entsprechend. Im Osten gab es viele Gemischt- und Mehrsprachige z.B. in Masuren, Westpreußen und im östlichen u. südlichen Schlesien. In Schlesien wurde nicht nach Gemischtsprachig o. Wasserpolnisch gefragt, so das viele Gemischtsprachige Polnisch als Muttersptache angaben. Nach dem 1. Weltkrieg wurde genauer gefragt und es gab andere Ergebnisse. Viele Gemischtsprachige Schlesier stimmten für den Verbleib bei Deutschland. In Masuren wurde genauer gefragt und zwischen Masurisch und Polnisch unterschieden. In Westpreußen gab es zwar die Kategorie Kaschubisch, aber es wirde auch nicht die Gemischtsprachigkeit erfragt. In Westpreußen gab es auch hohe Werte für den Verbleib bei Deutschland, wo abgestimmt wurde. Die Gemischt- u. Mehrsprachigen stimmten meist für den Verbleib bei Deutschland.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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10.01.2017, 12:34
Beitrag: #58
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Dies bezieht sich auf Aguyars Beitrag von 10.1.17, 8.41 Uhr

Da hast du versucht die Vielschichtigkeit der Verhältnisse im Alten Reich herauszuarbeiten.
Nur, das sind immer Screenshots, das HRR bestand aber 900 Jahre, wenn dann die Screenshots, wie geschehen, vermischt werden,
einmal ca. 1200 multinationale Kaiser-Idee als Polen und England die Lehenshoheit des Kaisers anerkannten. (deshalb gehörten sie aber noch lange nicht zum HRR)
zum anderen ca. 1700 als der Kurfürst von Brandenburg mit kaiserlicher Billigung sich zum "König in Preußen" machte. Wohlgemerkt "in".

kommt, wiewohl die Screenshots korrekt sind, etwas völlig schräges heraus.

Weiter haben sich Teile Italiens bis ca. 1800 sehr wohl zum Reich gerechnet, auch dort war man bis zuletzt, je kleiner je interessierter am Schutz durch Kaiser und Reich.

Was mich freut, dass die Eroberungswut des HRR nicht weiter behauptet wird.

Allerdings muss ich der Unterstellung das HRR wäre "nicht" der Vorläufer Deutschlands entschieden entgegentreten.
Was denn eigentlich sonst?
Mit der Abkehr von der Multinationalen Kaiseridee hat sich im Laufe der Zeit ja auch das Anhängsel "deutscher Nation" ab ca. 1500 durchgesetzt.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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10.01.2017, 12:56
Beitrag: #59
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Noch zur Erweiterung,
die historischen Karten sind natürlich auch Sreenshots, die den Zustand zu einem bestimmten "Stichtag" schildern.
Also Vorsicht mit "Verortungen" auf der Basis.

Noch der Versuch eines Beispiels,
die bis 1805 freie Reichsstadt Rottweil war Mitglied der Eidgenossenschaft. Aber auch und vor allem des Schwäbischen Kreises (die katholische Artillerie Smile war dort in Garnison) des HRR.

Es gibt vom beginnenden 18. Jahrhundert die Aussage eines dänischen Staatsrechtlers
"Deutschland wird auf deutsch regiert"
ich denke mal, dem ist nicht soviel zuzufügen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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10.01.2017, 13:24
Beitrag: #60
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(10.01.2017 12:34)Suebe schrieb:  Dies bezieht sich auf Aguyars Beitrag von 10.1.17, 8.41 Uhr

Da hast du versucht die Vielschichtigkeit der Verhältnisse im Alten Reich herauszuarbeiten.
Nur, das sind immer Screenshots, das HRR bestand aber 900 Jahre, wenn dann die Screenshots, wie geschehen, vermischt werden,
einmal ca. 1200 multinationale Kaiser-Idee als Polen und England die Lehenshoheit des Kaisers anerkannten. (deshalb gehörten sie aber noch lange nicht zum HRR)
zum anderen ca. 1700 als der Kurfürst von Brandenburg mit kaiserlicher Billigung sich zum "König in Preußen" machte. Wohlgemerkt "in".

kommt, wiewohl die Screenshots korrekt sind, etwas völlig schräges heraus.

Nicht nur Polen und England - auch Frankreich hat die deutsche Kaiserrolle nie in Frage gestellt (das hat gelegentlich nur Byzanz gemacht).

Was die Mitgliedschaft zum HRR angeht: Das Ungarn, als Teil von Habsburg, nicht zum HRR kam hat möglicherweise auch damit zu, dass Ungarn im Hochmittelalter als Lehen des Papstes galt.

Zugegeben: Nach meiner Definition war das HRR ein mittelalterliches Reich das, grosszügig gerechnet, bis 1600 existierte. Was nach dem Dreissigjährigen Krieg kam war nicht wirklich mehr ein HRR - aber genau auf dieses Reich beziehst Du dich. Und wie aus einem solchen Schattenreich (der Kaiser hatte während des Dreissigjährigen Krieges und danach gar nichts mehr geschützt, dass HRR war zum Erbkaisertum Habsburgs verkommen und die waren Partei, nicht Kaiser). Ich verstehe einfach nicht, wie Du glauben kannst, dass so ein Konstrukt, dass sich mit dem Ausbruch des Dreissigjährigen Krieges selbst überlebt hat - und zwar weil es mit dem Ende des Mittelalter seinen Sinn verloren hat - eine Basis für einen neuen Staat hätte sein können. Es war ja nicht einmal mehr eine Konföderation von Fürstentümern.
(10.01.2017 12:34)Suebe schrieb:  [quote='Suebe' pid='54118' dateline='1484044498']
Weiter haben sich Teile Italiens bis ca. 1800 sehr wohl zum Reich gerechnet, auch dort war man bis zuletzt, je kleiner je interessierter am Schutz durch Kaiser und Reich.

Notgedrungen - wie es noch kein Deutschland gab, gab es auch noch kein Italien. Im Übrigen war die Entstehung Italiens eine vergleichbare Eingung auf "nationaler Ebene" wie Deutschland - und die fand beinahe zeitgleich statt. Auch die italienischen Fürstentümer (und Stadtstaaten) wollten nicht auf der Basis des HRR weitermachen sondern einen "Nationalstaat". Was Bismarck für Deutschland war, war Garibaldi für Italien, wenn sich auch diese Beiden ansonsten - schon von der Persönlichkeit - überhaupt nicht vergleichen lassen.

(10.01.2017 12:34)Suebe schrieb:  Was mich freut, dass die Eroberungswut des HRR nicht weiter behauptet wird.

In dieser Beziehung war das HRR ein ganz normales mittelalerliches Reich, nicht besser und nicht schlechter als ein anderes.

(10.01.2017 12:34)Suebe schrieb:  Allerdings muss ich der Unterstellung das HRR wäre "nicht" der Vorläufer Deutschlands entschieden entgegentreten.
Was denn eigentlich sonst?
Mit der Abkehr von der Multinationalen Kaiseridee hat sich im Laufe der Zeit ja auch das Anhängsel "deutscher Nation" ab ca. 1500 durchgesetzt.

Genaugenommen war die Idee des HRR nicht nur das multinationale Kaisertum sondern hatte, wie der Name schon sagt, den Anspruch, die Weiterführung des Römischen Imperiums auf christlicher Basis zu sein (denselben Anspruch wie Byzanz).

Wenn Du das HRR als Vorläufer Deutschlands siehst, hat das schon eine gewisse Berechtigung - aber dann musst Du auch das Karolingerreich Karls des Grossen als Vorläufer akzeptieren. Dann wird aber auch klar, dass Deutschland und Frankreich dieselben Vorläufer haben.
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