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Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
09.06.2018, 19:47
Beitrag: #1
Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Versuch eines Diskussions-Starts: DER HEILIGE GRAL – was war das ?!

Wie um King Arthur ranken sich auch um den Heiligen Gral im wahren Wortsinn zahllose Legenden, Erzählungen jeglicher Art, wobei die mittelalterlichen Autoren nicht minder zahlreich waren als die späteren selbst ernannten Gralsforscher, besonders die des 19. und 20. Jahrhunderts. Ich habe -zig Bücher zu der, über die Grals-Sage gelesen – und es ist wie bei dem Phänomen Artus: Je mehr ich las, desto verwirrender wurde das Knäuel, das in undurchsichtiger Weise „Märchen“ mit Realität (?) in nahezu konträrer Weise kombinierte.
Nimmt man die klugen oder auch nicht klugen Werke von Grals-Forschern hinzu, so kapituliere zumindest ich vor der Vielzahl unterschiedlichster „Wahrheiten“.

Was war der Gral ? Ein Kelch, ein Becher, ein (laut irischer Sage) sich mit Nahrung füllender Wunderkessel ? Wusch Jesus seine Hände darin beim letzten Abendmahl, oder fing Joseph von Arimathia, ein heimlicher Jünger Jesu, dessen Blut darin auf, nachdem er am Kreuze befestigt war ? Ist der Gral überhaupt ein Gefäß oder etwas völlig anderes ? Ein Stein, wie vielfach behauptet ?Welche Wunderwirkungen vollbrachte er, falls er dies überhaupt tat ?
Was bedeutet eigentlich „Gral“ ? Was steckt etymologisch hinter dem Begriff ? Eindeutig ? Nein – überhaupt nicht ! Ich biete aus entsprechenden Wörterbüchern (deutsch wie französisch wie altromanisch wie altspanisch) die unterschiedlichsten Schreibweisen an (von Bedeutungen / Übersetzungen gar nicht zu reden): Gral (W.v. Eschenbach) / „Conte de Graal“ (Chretien de Troyes) / greal / grasal / grazal / gresal / grazau / grail / grassalo / garalis / gradalis... ich hätte noch mehr zu bieten !

Nochmals: Was war der Gral ?
„...daz was ein dinc, daz hiez der Gral,
erden wunsches überwal...“
„...er heißet lapsit exillis
der stein ist ouch genannt der gral...“
(aus Eschenbachs „Parzival“)

Wer waren die ersten Autoren mit und nach Chretien de Troyes und Eschenbach, die sich mit dem ominösen Heiligtum (?) befassten ? Warum schrieben sie – allen Berühmtheiten voran Robert de Boron, Gautier de Dourdan, Manessier und Herbert von Mostreeuil – so Unterschiedliches ?

Man sehe mir meine Gedankenfetzen nach. Dies ist keine chronolgische Abhandlung, sondern ein spontanes brainstorming, ein Komplex an Fragen, auf die ich gern Antworten hätte. Wer waren die Gralsritter (tatsächlich) ? Welche bedeutende (?) Rolle spielte speziell Gauwein / Gawain, King Arthur's Neffe ? Wo ist der Gral, was immer er darstellt ? Im Angebot sind Glastonbury / Ross(e)lyn Church (Edinburgh) / Schottland generell / der Wildenberg (Wildenburg / Odenwald) / die Stadt Troyes – logo ! - / der Montsegur (Südfrankreich) / die Gesamtheit der Pyrenäen / der Templerberg Montrial de Sos / der Berg Zion / der Berg Sinai / Jerusalem und und und und....

Apropos Templer: Welche KONKRETE Kausalität besteht zwischen ihnen und dem Gral, von dem NIEMAND weiß, was er ist ?
Welcher Zusammenhang besteht zwischen all' dem oben Genannten und den Kartharern ???

Fragen über Fragen.......

Ein erholsames Rest-Wochende wünscht


upuaut3 !

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09.06.2018, 20:39
Beitrag: #2
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Ich finde die ganze Gralsgeschichte ähnlich verwirrend- und habe es ebenso aufgegeben, darin nach der ursprünglichen Geschichte zu suchen.

Ich halte sie nicht für typisch keltisch. Die keltischen Mythen kennen eigentlich eine klare Aufgabenteilung- der König ist für alle weltlichen Dinge zuständig, der Zauberer (Druide) für die geistigen, um es mal überspitzt zu sagen.

Wenn der Geschichte des Grals tatsächlich ein keltisches Motiv zugrunde liegen sollte, dann dürfte Parzival kein Ritter gewesen sein, sondern ein angehender Druide oder Zauberer. Und dann würde die Gralsgeschichte erzählen, wie ein junger Druidenschüler zuM Zauberer wird. Oder aber die kerngeschichte ist ganz übel verzerrt.

Es gibt etliche keltische Überlieferungen von wundertätigen Kesseln, die Tote wieder lebendig machten oder so etwas in der Art. Vielleicht ist etwas von diesen Überlieferungen in die Gralsgeschichte geraten...

Dass da eine alte Überlieferung christianisiert wurde, davon bin ich allerdings tatsächlich überzeugt...

Ich würde gerne etwas von anderen Interpretationen hören, die vielleicht besser passen. Vielleicht ist ja Aguyar bereit, zu erklären, was an dem Gralsmotiv typisch für die Minnezeit oder die Troubadoure ist...

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09.06.2018, 20:42
Beitrag: #3
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(09.06.2018 19:47)upuaut3 schrieb:  Welche bedeutende (?) Rolle spielte speziell Gauwein / Gawain, King Arthur's Neffe ?

Gawain gehört nach Schottland. Und vermutlich - zumindest der historische Gawain- nicht in die zeit von König Artus, sondern um einige Jahre bis sehr viele Jahre früher...

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09.06.2018, 22:24
Beitrag: #4
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Zitat: Dass da eine alte Überlieferung christianisiert wurde, davon bin ich allerdings tatsächlich überzeugt...

Davon bin ich schon deshalb überzeugt, weil drei "Gralsforscher" schlüssig behaupten - früher dachte ich immer an einen unbegreiflichen Anachronismus - , dass die Königin von Saba König Salomon "eine Schale von unermesslicher Zauberwirkung" überreicht / geschenkt habe.... (?)

Tja, die historische (?) Figur Gawain als Neffe von Arthur - so tituliert von Arthur-Merlin-Gral-Forschern...
Ich weiß nicht mehr, wem ich was glauben soll.

Vielleicht sollte man solche im Nebel tiefster Vergangenheit sich befindenden Mythen ruhen lassen; es bringt ja eh nix, sich die Köppe heiß zu reden über tatsächliche oder Phantom-Ereignisse, die wir alle (!!) nur aus dritter oder vierter Hand "kennen" können.


R.i.p., Holy Grail !


upuaut3

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10.06.2018, 14:35
Beitrag: #5
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Warum alles vergraben? Es lohnt sich tatsächlich, das eine oder andere näher anzusehen.

Ich habe beispielsweise der Thematik, das Lanzelot den Gral nicht erreichen kann, sein Sohn Parzival es aber tut, früher nie sonderlich viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Erst als ich aus persönlichen Gründen mit dem Instrumentarium "Familienaufstellung" konfrontiert war, habe ich angefangen, das anders zu betrachten und mich zu fragen, was dahinter steckt. Dass der Vater etwas nicht zu Ende bringen kann und es auf den Sohn übergeht.

Unsere moderne westliche Welt neigt ja dazu, so etwas nicht zu glauben. Jeder ist für sich selbst verantwortlich und so. Aber ist das wirklich so?

Aber gut, das hat dann schon defintiv nichts mehr mit "Geschichte" zu tun... Aber die mangelnde Trennung zwischen Geschichte und Mythologie... nun, hüstel- das ist schon wieder irgendwie keltisch...Wink

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10.06.2018, 19:18
Beitrag: #6
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Wobei Parzival doch ursprünglich gar nicht der Sohn von Lanzelot ist, diese Idee ist doch, erstmals im Hollywood-Film "Die Ritter der Tafelrunde" (mit Robert Taylor und Ava Gardner) vorgekommen. (Allerdings kann es sein, dass ich mich irre, da es schon sehr lange her ist, dass ich den Film gesehen habe. Und so gut fand ich ihn damals nicht, dass ich noch einmal hätte sehen wollen.)

Daneben ist es, zumindest als literarischer Sicht, eigentlich ein recht häufiges Motiv, dass der Sohn das Werk, an dem sein Vater scheitert, zu einem erfolgreichen Ende bringt oder dass die nächste Generation das zu Ende führt oder verwirklicht, woran die Elterngeneration (meist tragisch) gescheitert ist.

Zum Vergleich: So findet sich diese Konstellation zum Beispiel noch in den ursprünglichen "Star Wars"-Filmen, Luke und Leia müssen die Aufgabe erfüllen, an der ihr Vater gescheitert ist ...
-------------------

Interessant ist hier, dass dort, wo es um die Liebesgeschichte um Lancelot und Gwynhyfar (und der Untergang der Tafelrunde) geht, die Gralsgeschichte fehlt oder stark zurückgedrängt ist, vielleicht ein Indiz dafür, dass die beiden literarischen Stoffe ursprünglich nichts miteinander zu tun hatten und eine (eher schwache) Verknüpfung erst später erfolgte.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass zum Lancelot-Gwynhyfar-Stoff ursprünglich eine andere Version der Gralssage gehört hat. Erst im Mittelalter und vielleicht als Folge der französischen und deutschen "Artus-Epik" bildeten sich dann bei Chrestien de Troies zwei Versionen aus, die als sogenannten "Hauptversionen" gesehen wurden und bei denen es nun plötzlich für weitere Dichtungen notwendig wurde, diese beiden Versionen miteinander zu verknüpfen.

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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11.06.2018, 19:48
Beitrag: #7
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Bei oder wegen "allem" frage ich mich: Wo ist eigentlich eine Grenze zu ziehen zwischen Mythos / Mythologie und Geschichte ? Davor noch: Wer ist in der Lage, den Begriff "Geschichte" GENAU zu definieren und ebenso das Wort "Mythos" (außer: In jedem Mythos steckt ein wahrer Kern... usw, usw, usw).

Des Weiteren: Wer behauptet (auch mir ist die Theorie bekannt), Lancelot sei / wäre der Vater von Parceval (Parcival / Parzival usw, usw, usw,,,) ?

Ich wiederhole mich: Wir können nicht mehr tun, als uns auf Quellen zu verlassen, die umso genauer, wirklichkeitsnäher sein mögen, je kürzer sie nach der ursprünglichen Erzählung oder tatsächlichen Geschichte entstanden sind.

Ein einwöchiger Kurz-Urlaub steht bevor. Nach dessen Schluss erhoffe ich mir hier endgültige (!!) Aufklärung des Gral-Mysteriums ! ; - )))

upuaut3

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12.06.2018, 16:40
Beitrag: #8
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(09.06.2018 22:24)upuaut3 schrieb:  Vielleicht sollte man solche im Nebel tiefster Vergangenheit sich befindenden Mythen ruhen lassen;

Das denke ich nicht. Gerade die Suche nach der Quelle der Gralslegende offenbart ihren Kern.

Zeitlich weit vor den Gralsromanen verband sich der Gral in der christlichen Tradition mit der Eucharistie: Man verstand den Gral als den Kelch, aus dem Jesus Christus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern getrunken hatte und in dem Josef von Arimathäa das Blut Christi unter dessen Kreuz aufgefangen hatte. Davon wird schon sehr früh in den christlichen Apokryphen berichtet (Nikodemusevangelium um das Jahr 350), anzunehmen ist auch mündliche Überlieferung.

Das in den Apokryphen enthaltene Nikodemusevangelium erzählt, dass bei der Kreuzigung Jesu sein Anhänger Josef von Arimathäa anwesend war. Als der römische Soldat Mauricius dann Christus mit der Lanze in die Seite stach, so heißt es, flossen Wasser und Blut aus der Wunde. Josef hielt eine Schale, die später als „Heiliger Gral“ bezeichnet wurde, unter die Wunde und füllte sie mit dem Blut Jesu. Bis um das Jahr 1.000 spielte dieser Gral weder für die Kulturgeschichte des Abendlandes noch des Morgenlandes eine Rolle. Erst seit dem 12. Jh. verbreitete sich der Mythos.

Diese frühe christliche Legendenbildung bildet den Ursprung und die Quelle aller späteren Gralsromane und der mittelalterlichen Gralsliteratur. In der europäischen Literatur taucht das Element des Grals erstmals Ende des 12. Jh. auf.

Später verband sich mit dem Heiligen Gral auch die christliche Transsubstantiationslehre, d.h. die Wandlung von Wein und Brot in das Blut und den Leib Jesu Christi in der heiligen Messe.

Nachdem apokryphische Schriften - als Abglanz des Urchristentums - erstmals vom Heiligen Gral berichtet hatten, strahlte diese Legende aus. Im Gralsmythos liefen künftig verschiedene Traditionen zusammen und bildeten eine Mischung aus keltischen, christlichen und orientalischen Sagen.
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12.06.2018, 18:00
Beitrag: #9
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Moment,
der mit der Lanze war Longinus.
Und jene Lanze ist die, die zu den Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches gehört und in der Wiener Hofburg aufbewahrt wird.

Um wenigstens zum Teil aus der Belletristik in die Historik zurückzukehren. Devil

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.06.2018, 08:59
Beitrag: #10
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(12.06.2018 16:40)Dietrich schrieb:  
(09.06.2018 22:24)upuaut3 schrieb:  Vielleicht sollte man solche im Nebel tiefster Vergangenheit sich befindenden Mythen ruhen lassen;

Das denke ich nicht. Gerade die Suche nach der Quelle der Gralslegende offenbart ihren Kern.

Zeitlich weit vor den Gralsromanen verband sich der Gral in der christlichen Tradition mit der Eucharistie: Man verstand den Gral als den Kelch, aus dem Jesus Christus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern getrunken hatte und in dem Josef von Arimathäa das Blut Christi unter dessen Kreuz aufgefangen hatte. Davon wird schon sehr früh in den christlichen Apokryphen berichtet (Nikodemusevangelium um das Jahr 350), anzunehmen ist auch mündliche Überlieferung.

Das in den Apokryphen enthaltene Nikodemusevangelium erzählt, dass bei der Kreuzigung Jesu sein Anhänger Josef von Arimathäa anwesend war. Als der römische Soldat Mauricius dann Christus mit der Lanze in die Seite stach, so heißt es, flossen Wasser und Blut aus der Wunde. Josef hielt eine Schale, die später als „Heiliger Gral“ bezeichnet wurde, unter die Wunde und füllte sie mit dem Blut Jesu. Bis um das Jahr 1.000 spielte dieser Gral weder für die Kulturgeschichte des Abendlandes noch des Morgenlandes eine Rolle. Erst seit dem 12. Jh. verbreitete sich der Mythos.

Diese frühe christliche Legendenbildung bildet den Ursprung und die Quelle aller späteren Gralsromane und der mittelalterlichen Gralsliteratur. In der europäischen Literatur taucht das Element des Grals erstmals Ende des 12. Jh. auf.

Später verband sich mit dem Heiligen Gral auch die christliche Transsubstantiationslehre, d.h. die Wandlung von Wein und Brot in das Blut und den Leib Jesu Christi in der heiligen Messe.

Nachdem apokryphische Schriften - als Abglanz des Urchristentums - erstmals vom Heiligen Gral berichtet hatten, strahlte diese Legende aus. Im Gralsmythos liefen künftig verschiedene Traditionen zusammen und bildeten eine Mischung aus keltischen, christlichen und orientalischen Sagen.

Die ältesten Geschichten über den Gral sind der Parzival-Roman von Chrétien von Troyes und die Gralsgeschichte von Robert von Boron - beide entstanden etwa zeitgleich im 12. Jahrhundert.
Die beiden Geschichten unterscheiden sich aber sehr stark, so dass angenommen werden muss, dass sie sich unterschiedliche Quellen bedienten. In der Gralsgeschichte von Robert von Boron kommt Parzival gar nicht vor.

Robert von Boron hat bei seiner Gralsversion (Joseph von Arimathäa mit dem Kelch und dem Blut Jesus) eine kirchliche Überlieferung übernommen, welche schriftlich ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert stammt und sich auf die Zeit Karls des Grossen / Ludwig des Frommen beruft, wonach der damalige Erzbischof von Trier, Amalarius von Metz in einer Allegorie Joseph von Arimathäa mit einem Kelch in Verbindung bringt (mit dem Gral hatte das noch nichts zu tun, das war Borons Idee)
https://de.wikipedia.org/wiki/Amalarius

Chrétiens Gral-Version im Parzival ist ebenfalls ein Kelch (ohne Blut und ohne Joseph), woher er den Kelch hat, ist nicht klar (der keltische Zauberkessel von Miraculix -Smile scheint mir unwahrscheinlich. Die Gestalt des Parzival taucht (unter anderem Namen) auch in walisischen und irischen Sagen auf, wobei nicht klar ist, wer wen beeinflusst hat (ich schaue am Wochenende mal meine Notizen nach und werde diese posten).

In einer dritten Gral-Version taucht dieser als Stein oder Steingefäss auf und zwar in Wolfram von Eschenbachs Parzival (ebenfalls ohne Blut und Jospeh). Eschenbach stütz sich bei seiner Übersetzung und Bearbeitung nach eigenen Angaben auf einen "Provenzalen" "Kyôt", welcher geschrieben haben soll, dass der Gral ein Stein sein und dass Chrétien die Quelle verfälscht habe.
Eschenbachs "Kyôt" wird allgemein als literarische Kunstfigur interpretiert doch gibt es auch Thesen, welche diesen mit dem Minnesänger/Troubadour Guiot de Provins identifizieren, einen Zeitgenossen Chrétiens und der wie dieser aus der Champagne stammt.
https://fr.wikipedia.org/wiki/Guiot_de_Provins

Es gibt somit mindestens drei Möglichkeiten zum Ursprung des Grals-Mythos und die christliche von Boron hat sich erst später durchgesetzt (wobei, wie gesagt, Parzival bei Boron noch kein Thema ist - der stammt aus einer anderen Quelle).
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14.06.2018, 14:06
Beitrag: #11
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(13.06.2018 08:59)Aguyar schrieb:  Die ältesten Geschichten über den Gral sind der Parzival-Roman von Chrétien von Troyes und die Gralsgeschichte von Robert von Boron - beide entstanden etwa zeitgleich im 12. Jahrhundert.

Wie ich oben ausgeführt habe, berichtet erstmals das apokryphe Nikodemius-Evangelium um das Jahr 350 vom Gral. Es bildet den Ursprung und die Quelle aller späteren Gralsromane und der mittelalterlichen Gralsliteratur.
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14.06.2018, 19:45
Beitrag: #12
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(14.06.2018 14:06)Dietrich schrieb:  
(13.06.2018 08:59)Aguyar schrieb:  Die ältesten Geschichten über den Gral sind der Parzival-Roman von Chrétien von Troyes und die Gralsgeschichte von Robert von Boron - beide entstanden etwa zeitgleich im 12. Jahrhundert.

Wie ich oben ausgeführt habe, berichtet erstmals das apokryphe Nikodemius-Evangelium um das Jahr 350 vom Gral. Es bildet den Ursprung und die Quelle aller späteren Gralsromane und der mittelalterlichen Gralsliteratur.

Die Episode in der Joseph von Arimathäa den Gral nach Britannien bringt
stammt aus einer spätmittelalterlichen Ergänzung des Nikodemusevangeliums und zudem nur in einer englischen Version. Schon gar nicht aus dem Jahr 350 - das Nikodemusevangelium ist nicht im Original enthalten und hat sehr viele mittelalterliche Ergänzungen erfahren (nicht nur bezüglich des Grals).
Die Version des Nikodemusevangeliums das den Gral enthält, ist eine in mittelenglischer Sprache verfasste Version und stammt bestenfalls aus einer Zeit kurz nach Robert von Borons Werk (mittelenglisch wurde vom 12. - 15. Jahrhundert gesprochen). Chrétiens Werk, welches zeitgleich (oder knapp älter ) als Borons Roman ist, weiss noch nichts von Joseph von Arimathä und so auch noch nichts vom Blut Christi. Und hier geht es eigentlich, so meine ich, um die Herkunft der Gralsgeschichte und nicht um die Version, die sich schliesslich durgesetzt hat (das ist natürlich der Kelch mit dem Blut Christi). Und Eschenbachs Stein passt erst recht nicht dazu.
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15.06.2018, 16:13
Beitrag: #13
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass mittelalterliche Christen aus einer heidnischen Überlieferung eine christliche gemacht haben...
Und ja, genau darum geht es. Was ist die erste Fassung der Legende und woher kommt sie?

Was mich immer ein wenig verwirrt hat, ist die Galahad-parcival geschichte. ich kenne Nacherzählungen, in denen Galahad und Parzival zwei unterschiedliche Figuren sind. In einer war es, dass Parzival der Name vor Erlangung des Grals war, Galahad der Name danach (oder vielleicht war es auch umgekehrt, aber ich denke, es wird klar, was gemeint ist.). In der einen taucht Galahad nicht auf, in der anderen Parzival.

Ich hatte immer den Eindruck, als hätten sich hier zwei Geschichten miteinander vermischt- was vielleicht auch die unterschiedliche Gestalt des Grals erklären könnte. Oder aber es handelt sich um eine extrem alte Geschichte, die durch Wanderungsbewegungen in verschiedene Regionen gelangte, dort jeweils verändert wurde- und dann im Mittelalter wieder zusammengefügt wurde...

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16.06.2018, 17:27
Beitrag: #14
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(15.06.2018 16:13)Bunbury schrieb:  Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass mittelalterliche Christen aus einer heidnischen Überlieferung eine christliche gemacht haben...
Und ja, genau darum geht es. Was ist die erste Fassung der Legende und woher kommt sie?

Ich bin ebenfalls der Meinung, dass der Grals-Mythod vhristliche Wurzeln hat. Die Erzählung ist nahezu identisch mit dem christlichdn Abendmahl, immer wieder wird dr Gral als "heilig" bezeichnt und er ist das Gefäß, das das Blut aus der Wunde von Jesus Christus auffängt. Zugleich mischt sich die Transsubstationlehre hinein, d.h. die Wandlung von Wein und Brot in das Blut und den Leib Jesu Christi in der heiligen Messe. Diese Realpäsenz Christi ist ebenfslls ein wichtiges Element der Gralserzählung.

Diese Bestandteile - oder Teile davon - tauchen in allen Grals-Erzählungén auf und somit hat der Grals-Myrhos eindeutig christliche Ursprünge. Die ganze mittelalterliche Llegendenbildung, die sich um den Gral rankt, ist spätere Zutat. Die wahren Ursorünge des Mythos versanken dabei zunehmend im Nebel der Sagenbildung.
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16.06.2018, 19:38
Beitrag: #15
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(16.06.2018 17:27)Dietrich schrieb:  Diese Bestandteile - oder Teile davon - tauchen in allen Grals-Erzählungén auf und somit hat der Grals-Myrhos eindeutig christliche Ursprünge. Die ganze mittelalterliche Llegendenbildung, die sich um den Gral rankt, ist spätere Zutat. Die wahren Ursorünge des Mythos versanken dabei zunehmend im Nebel der Sagenbildung.

Robert von Boron hat, bevor er seine "Geschichte des Grals" verfasste, das Werk "Joseph von Arimathäa" geschrieben. Es handelt sich dabei zum Teil um eine wörtliche Abschrift/Übersetzung der Pilatusakten aus dem Nikodemusevangelium (das Du erwähnt hast). Dabei hat er allerdings überall dort, wo vom Grabtuch Christi die Rede ist, dieses durch den Abendmahlkelch ersetzt, den er dann etwas später in der "Geschichte des Grals" zum Grals-Kelch gemacht hat. Chrétien hat dies nicht gemacht, ebensowenig Eschenbach, der zwar Chrétiens Grals-Werk übersetzt hat sich aber bezüglich des Grals auf den mysteriösen "Kyôt" berief. Somit ist der Ursprung des Gral-Mythos sicher nicht "eindeutig" christlich - gerade so gut könnte es sich dabei um eine Erfindung Borons handeln
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16.06.2018, 21:42
Beitrag: #16
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(16.06.2018 19:38)Aguyar schrieb:  Somit ist der Ursprung des Gral-Mythos sicher nicht "eindeutig" christlich - gerade so gut könnte es sich dabei um eine Erfindung Borons handeln

So sieht es letztendlich aus. Wenn der Gral eindeutig und nur christlich ist, dann ist er eine Erfindung des Mittelalters- möglicherweise mit der Intension, den nicht-christlichen Artus Sagenkreis in die das Chrsitliche einzubinden (weil man nicht im Stande war, es zu eleminieren).
Geht er auf ältere Wurzeln zurück, sind diese nicht- oder nicht-vorwiegend christlich. Denn der Gral in der Legende ist weit mehr als "nur" das Gefäß, in dem das Blut Christi aufgefangen wurde..Die Gralslegenden zeichnen ein ganz anderes Bild- wenn man den heiligen Gral durch etwas anderes ersetzt als das Gefäß, in dem Jesus Blut aufgefangen wurde, bleibt die Geschichte dennoch bestehen...

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17.06.2018, 12:58
Beitrag: #17
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Ich versuche hier eine Übersicht über die mittelalterlichen Quellen und Literatur zur Artus- und Gralsmythologie inkl. der jeweiligen Protagnonisten zusammenzustellen und einzufügen. Die Zusammenfassung ist nicht vollständig und in Einzelheiten sicher auch fehlerhaft. Ich habe mich dabei bewusst auf mittelalterliche Quellen beschränkt, ohne Berücksichtigung von Thesen, Hypothesen und Spekulationen der späteren Artus-Forschung, Fantasy-Interpretationen und esoterischem Geschwurbel. Die Übersicht ist lediglich als Basishilfe zur weiteren Spekulation der Thematik gedacht.
Die Quellenangabe ist zu gross für einen Beitrag, ich versuche also, das Ganze in einem PFD hier anzuhängen (für das aufsplitten auf mehrere Threads bin ich zu faul).


.pdf  Mythologie-und-Minnedichtung.pdf (Größe: 259,58 KB / Downloads: 207)
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17.06.2018, 18:30
Beitrag: #18
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
Was heißt hier "zu faul?"- das ist ja eine Irrsinns Arbeit, die du dir gemacht hast. Ich bin dagegen faul.... meistens sogar zu faul zum Nachschlagen...

Aber eigentlich gibt deine Aufstellung eines gut wieder: Geoffreys "Werk" scheint die Phantasie vieler anderer Dichter ganz gewaltig beflügelt zu haben. (Auch wenn es in keinster Weise Vergleichbar ist- als "Der Heilige Gral und seine Erben" erschien, habe ich inerhalb der nächsten Jahren nicht wengier als vier Romane gelesen, die auf dieser These beruhten...)

Aber irgendwie ist mir jetzt etwas wieder eingefallen, was ich mich vor Jahren schon einmal gefragt habe... es geht beiM Gral um einen Gegenstand, der etwas weniger wertvolles in etwas wertvolles verwandeln soll und nur von demjenigen erreicht werden kann, der ihn verdient...
besteht hier irgendein Zusammenhang mit dem von den mittelalterlichen Alchimisten gesuchten "Stein der Weisen"- oder haben beide Dinge nichts miteinander zu tun?

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19.06.2018, 16:05
Beitrag: #19
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(16.06.2018 21:42)Bunbury schrieb:  So sieht es letztendlich aus. Wenn der Gral eindeutig und nur christlich ist, dann ist er eine Erfindung des Mittelalters-

Statt einer Erfindung des Mittelalters könnte der Grals-Mythos ebenso eine Erfindung der Antike sein, der sich bis spätestens zum 3. Jh. (vgl. Nikodemus-Evangelium bzw dessen spätere britische Nacherzählung) herausgebildet hat.

In den folgenden Jahrhunderten reicherten keltische und heidnische Elemente den Grals-Zyklus an, vielleicht stand auch das Heidentum Pate und mischte sich mit christlichen und keltischen Sagenkreisen.
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19.06.2018, 16:21
Beitrag: #20
RE: Versuch eines Diskussions-Starts: Was war der Heilige Gral ?
(19.06.2018 16:05)Dietrich schrieb:  
(16.06.2018 21:42)Bunbury schrieb:  So sieht es letztendlich aus. Wenn der Gral eindeutig und nur christlich ist, dann ist er eine Erfindung des Mittelalters-

Statt einer Erfindung des Mittelalters könnte der Grals-Mythos ebenso eine Erfindung der Antike sein, der sich bis spätestens zum 3. Jh. (vgl. Nikodemus-Evangelium bzw dessen spätere britische Nacherzählung) herausgebildet hat.

In den folgenden Jahrhunderten reicherten keltische und heidnische Elemente den Grals-Zyklus an, vielleicht stand auch das Heidentum Pate und mischte sich mit christlichen und keltischen Sagenkreisen.

Also mMn ist der Gral unter dem Aspekt Völkerwanderungszeitlicher Integrationsmythen von im entstehen begriffenen Ethnien zu sehen.
Wenn ich dies hier mal ganz kurz in die Diskussion einwerfen darf.
Ob jetzt Antike oder MA entscheidet sich dann an der Zuordnung der Völkerwanderung.
Das Christentum würde ich hier nicht als Kriterium sehen, da wurde speziell in der Zeit alles und jedes mit "reingepackt" von der Weyenacht bis zur Ostara

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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