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Die Sumerer
16.04.2018, 16:57
Beitrag: #1
Die Sumerer
Ich bin neu hier (seit zehn Minuten) und wollte zum Start meine eigene Rezension eines Buches präsentieren, das ich für sehr gelungen halte.
Indessen weiß ich nicht, ob ich in der richtigen Rubrik gelandet bin. Falls dem nicht so ist, bitte ich um Nachsicht und die Administratoren darum, meinen Beitrag möglicherweise in den korrekten Bereich zu verschieben. Danke!

Gebhard J. Selz, „Sumerer und Akkader – Geschichte, Gesellschaft, Kultur“,
Beck-Verlag, 3., aktualisierte Auflage 2016, 127 Seiten, 8, 35 EURO

Wenn sich jemand seit dem zarten Knabenalter von zwölf Jahren, das sind nunmehr sechs Jahrzehnte, für Prähistorie, versunkene Hochkulturen, weltweite Archäologie interessiert und sich seitdem mit diesen Themen intensiv befasst, so glaubt dieser Jemand, mit Fug und Recht von sich behaupten zu dürfen, er verfüge über entsprechende vertiefte Kenntnisse (auch und besonders, was Literatur betrifft) – gleichgültig ob Etrusker, Kelten, Assyrer, Hethiter, Olmeken, Tolteken, Azteken, Maya, Inka- und Prä-Inka-Kulturen...

So ist es mir mehr als Genugtuung, auf ein Werk hinzuweisen, das in der Beck-Verlag-Reihe „Wissen“ erschien (Titel siehe oben), verfasst von Gebhard J. Selz, „Professor für Altsemitische Philologie und Orientalische Archäologie am Institut für Orientalistik der Universität Wien“.

Denn mir ist kein vergleichbares Werk bekannt, das mit solcher Präzision und Akribie einen Überblick über und Einblick in die hohe Zeit von Sumer und Akkad gewährt. Allein die Gliederung des Inhalts verrät eine subtile Einteilung in unterschiedlichste Chronologien, in Königslisten, Lebenswelt, Schrift-Erfindung, Natur, Landwirtschaft, phänomenale Technik, Religion, Götterwelt, nicht zuletzt ständig miteinander konkurrierende Stämme und „Staaten“, mithin nahezu zahllose Kriege.
Weit spannt der Autor den Bogen von der Jungsteinzeit / Kupfersteinzeit, die er kurz streift, bis hin zum eigentlichen Schwerpunkt seiner Abhandlung, der Spät-Uruk- (ca. 3400 – 3100) über die Ur- bis zur Akkad-Zeit (letztere 2340 – 2200) und Ur III-Epoche (2112 – 2004) sowie deren Untergang.

Eine sinnvoll-übersichtliche Zeittafel ist ebenso hervorzuheben wie das abschließende Register, das sowohl Personen-, Götter- und Ortsnamen als auch Begriffe (Sachregister) aufweist.
In ausführlicher und dennoch auf 127 Seiten komprimierte Weise werden Fakten an Fakten – möglicherweise etwas zu kühl-sachlich - aneinander gereiht.

Das Bemerkenswerteste, Beeindruckendste, Ungewöhnlichste liegt meines Erachtens indessen in Folgendem: Im Gegensatz zu der überwältigenden Mehrzahl aller literarisch tätigen Historiker, besonders Archäologen, dort wiederum Ägyptologen, verzichtet Prof. Selz auf das traditionelle, überhebliche „So ist / war es und nicht anders !“. Ganz im Gegenteil: Statt die berühmt-berüchtigten , apodiktischen, also keinen Widerspruch duldenden Behauptungen, wie sie die Schreibtisch-Gelehrten über alles lieben, in die Welt zu setzen, äußert der Autor oft genug Skepsis, Vermutungen, Zweifel, lässt Fragen offen, wie allein folgende Formulierungen zeigen mögen:
„Man kann nur vermuten (S. 65) / genauere Datierung (…) noch nicht möglich (S. 73) / wissen wir (…) nur wenig (S. 75) / Gering ist auch unsere Kenntnis (S. 75) / lässt sich derzeit nicht erweisen (S. 77) / weckt den Verdacht (S. 79) / nicht beweisbar (S. 82) / wird sich vielleicht nie abschließend klären lassen (S. 88) / scheint glaubwürdig (S. 92) / Wir können nur spekulieren (S. 100) / mit vielen Fragezeichen versehen (S. 111)“ u.a.m. .

Summa summarum ein opus, dessen Faktenreichtum inklusive des steten Abwägens zwischen gesicherter historischer Realität und behutsamer Mutmaßung sich wohltuend von anderen Werken unterscheidet !

upuaut3

"Neue Ideen brauchen keine Gefängnisse, sondern Paläste!"

"Gott mag die Welt erschaffen haben, doch wir Friesen haben die Deiche gebaut !"
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16.09.2018, 18:00
Beitrag: #2
RE: Die Sumerer
Nun möchte ich etwas Wasser in den Wein gießen.

Es gibt ein Buch von Gunnar Heinsohn (1988 erstmals erschienen - inzwischen überarbeitet)
Die Sumerer gab es nicht - Von den Phantom-Imperien der Lehrbücher zur wirklichen Epochenabfolge in der >Zivilisationswiege< Südmesopotamiens
Paperback, ca. 300 S. etwa A5
Klappentext: 140 Jahre Sumerer sind genug, könnte dieses Buch heißen, hätte man einen salopperen Titel vorziehen wollen. Denn erst seit 1868 weiß die Menschheit von jenem Volk, das als Wiege der Zivilisation inzwischen in die Schulbücher der ganzen Welt Eingang gefunden hat. Mit den Sumerern erstanden die nicht weniger unbekannten Altakkader und Altbabylonier. Gemeinsam sollen die drei zwischen 3000 und 1600 v.u.Z. alle wesentlichen Bestandteile der Zivilisation erfunden haben. Den Preis für das plötzliche Auffinden dieser wundersamen Nationen haben die im Altertum sehr gut bekannten Chaldäer, Assyrer, Meder und Perser bezahlt: Ihnen fehlen die archäologischen Schichten merkwürdigerweise gerade dort, wo man für die so lange Verborgenen so imponierend fündig wurde.
Dieses Buch gibt den wohlbezeugten und mit Recht berühmten Völkern ihre materielle Kultur zurück, indem es die mysteriösen Spätentdeckungen als Phantome erweist und erklärt, warum man überhaupt auf sie verfallen konnte.
Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn zeigt in der erweiterten Neuauflage (v. 2007), wie alte Kulturen von der Wissenschaft nicht nur verdoppelt, sondern sogar verdreifacht worden sind - und wie hilflos die Fachgelehrten auf seine Argumente reagiert haben.

Noch ein kurzer Auszug:

Ia. Kalam und das verschämte Übergehen des Eigennamens der "Sumerer" durch die Sumerologie

Samuel Kramer verschweigt, dass Jules Oppert (1825-1905) das Wort "Sumer" erst im Jahre 1869 erfindet. Er verbirgt damit zugleich, dass diese Neuschöpfung keineswegs beim Enziffern eines Keilschrifttextes gewonnen wird, sondern bei der Lektüre der Heiligen Schrift und ihrem Land "Schinar": "Der Anfang seines [Nimrods] Königreiches war Babel und Erech und Akkad und Kalne im Land Schinar"(1. Mose 10:10).
"Schinar" hatte Oppert also in blindem Vertrauen auf die Bibel als passend für ein südmesopotamisches Volk empfunden, dessen Sprache offensichtlich nicht zu den semitischen gehörte: "Ich habe diesen Namen [Sumer] seit 1869 verwendet" (Oppert, 1875, 551).
Wäre es für Kramer wirklich so schwer gewesen, diese kleine, aber ungemein wichtige Mitteilung weiterzugeben?...Die am meisten verstörende Unterlassung durch Samuel Kramer aber liegt im Verschweigen des Namens, den das Land "Sumer" sich selbst gibt. Wie nennt es sich in seiner "sumerischen" Keilschrift? KALam. Das ist nun sehr nahe am KALdu der semitischen Keilschrifttexte. Die aber bezeichnen mit KAL das Volk, das die Griechen als Chaldäer kennen. (S. 15)

Viel Spass!
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23.09.2018, 19:21
Beitrag: #3
RE: Die Sumerer
@Rainer, du weißt aber schon, welchen Ruf Gunnar Heinsohn in der Fachwelt genießt? In etwa den gleichen wie Erich von Däniken.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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25.09.2018, 18:16
Beitrag: #4
RE: Die Sumerer
@Arkona,
keinesfalls würde ich Heinsohn mit Däneken auf eine Stufe stellen - Heinsohn ist immerhin Professor erm. Man muss ja Heinsohn nicht unbedingt folgen, wenn man seine Ansichten interessant findet. Hast du handfeste Argumente gegen ihn?
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25.09.2018, 19:13
Beitrag: #5
RE: Die Sumerer
(25.09.2018 18:16)Rainer schrieb:  @Arkona,
keinesfalls würde ich Heinsohn mit Däneken auf eine Stufe stellen - Heinsohn ist immerhin Professor erm. Man muss ja Heinsohn nicht unbedingt folgen, wenn man seine Ansichten interessant findet. Hast du handfeste Argumente gegen ihn?

Professor für Sozialpädagogik, immerhin. Teeth
Seine Chronologiekritik ist schon schräg, erinnert mich an den einsamen Falschfahrer auf der Autobahn.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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