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Richard I. - tatsächlich ein Homosexueller?
28.01.2020, 19:56
Beitrag: #7
RE: Richard I. - tatsächlich ein Homosexueller?
(28.01.2020 13:30)Aguyar schrieb:  Da hast Du recht - sofern Du dich auf die kirchliche Defintion berschränkts. In der Berner Chronik des Diebold Schilling wird ein Fall von Sodomie aus Zürich beschrieben, in welchem der Ritter von Hohenberg mit seinem Knecht verurteilt und in einem Kessel gesotten wird.

In der weltlichen Justiz des Mittelalters wurde auschliesslich gleichgeschlechtliche Sexualität als Sodomie bezeichnet ...

Richard lebte allerdings im 12. Jahrhundert, dem sogenannten Hochmittelalter, Diebold Schilling dagegen im 15. Jahrhundert, dem sogenannten Spätmittelalter. Wäre es nicht naheliegend, dass sich zur Zeit von Diebold Schilling in Bezug auf Sodomie längst eine andere Sicht ausgebildet hatte, oder dass diese Einschränkung von Sodomie durch eine weltliche Justiz erst im Spätmittelalter zu finden ist.

Daneben wäre auch zu überlegen, dass die für die mögliche Homosexualität hier entscheidende Berichterstattung zu Richard offensichtlich außer des Reiches zu finden ist.
Offensichtlich ist für die heutige Forschung, die davon ausgeht, dass Richard homo- oder bisexuell war, der entscheidende Punkt ihrer Argumentation die Selbstbezichtigung beziehungsweise Beschuldigung der Sodomie.

Daher ist vielleicht auch die Möglichkeit zu bedenken, ob Sodomie im Deutschen Reich oder in der Reichslandschaft Schwaben (wo sich damals die heutige Schweiz befand) wesentlich strikter und ein engender gesehen und behandelt wurde, als in dem Umfeld, wo Richard Zudem Jahrhunderte früher agierte).

In diesem Zusammenhang ist auch nicht uninteressant, dass für den Schauprozess, mit dem Heinrich VI. versuchte, Richards Gefangennahme zu rechtfertigen und der für Heinrich VI. eindeutig schief ging, eine solche Beschuldigung nicht überliefert ist, obwohl sie einen zumindest ganz brauchbaren "Nebenanklagepunkt" geboten hätte.

(27.01.2020 22:19)Sansavoir schrieb:  Den Hinweis hat Richard mit den "wiedernatürlichen Sünden" selbst geliefert.

Das ist nicht so sicher, genauso gut könnte die Überlieferung das über Richard erfunden haben. Ebenso gut ist vorstellbar, dass ein Richard negativ gesinnter Chronist, Richard nicht einfach etwas unterstellt hat, um ihn zu diffamieren, sondern das Ganze dadurch, dass Richard selbst diese diffamierende Bemerkung sagen lässt, noch verschärft hat. (Beim Lesen mehrere Chroniken und deren Vergleich ist zumindest auffällig, wie sehr sich manche Motive und Kontexte ähneln, so dass es plausibel scheint, dass es damals bereits Erzählcodes gegeben haben dürfte.

Hinzu kommt noch, dass Richard offensichtlich nicht nur von seinen Zeitgenossen verehrt und gepriesen wurde. In Sizilien, wo sich die Geschichte um diese Selbstbezichtigung abgespielt haben soll, dürfte sich Richard bei seinem einzigen Besuch nicht gerade beliebt gemacht haben. Immerhin kam der Besuch dem Königreich teuer zu stehen, denn sie mussten Richard die Mitgift beziehungsweise das Wittum seiner verwitweten Schwester Johanna auszahlen.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
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Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Richard I. - tatsächlich ein Homosexueller? - Teresa C. - 28.01.2020 19:56

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