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das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
12.06.2020, 14:59
Beitrag: #1
das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Welche Familien sind auch alle ausgestorben,

Die Staufer, die Zähringer, die Zimmern, die Lupfen die Nellenburg und und und

andere sind "eigentlich" auch ausgestorben,
die Welfen zB, die gibt es aber immer noch....

tja, dachte ich
These: das "Aussterben" der Welfen hätte dem zdZ aktuellen Kaiser Nachteile gebracht, also "starben sie nicht aus"
das "Aussterben" der Zähringer brachte dem aktuellen Kaiser Vorteile, also starben sie aus...

Aber ganz so einfach liegen die Dinge doch nicht, bis ca. 1050 hatte sich die "männliche Erbfolge" nicht durchgesetzt, man dachte in Familienbünden und erbte in Familienbünden. Also Welfen nicht, Zähringer ja

Streife ich aber durch die letzten 1.000 Jahre europäische Geschichte, fällt mir allerlei widersinniges auf.
Die Habsburger, die Spanische Linie stirbt aus, ws zu einem solenen Krieg führt, die Wiener holen sich eine Generation später einen Lothringer als Ehemann, was ebenfalls zum solenen Krieg führt, und existieren fröhlich weiter.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.06.2020, 20:00
Beitrag: #2
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Bei den Welfen fällt mir noch etwas bemerkenswertes ein.

Der Ernst August ist doch mit der Grimaldi aus Monaco verheiratet.
Nun , deren Großmutter war eine algerische Wäscherin, langjährige Geliebte des "letzten" Grimaldi.
1922 wäre "eigentlich" der Herzog von Urach, württ. Seitenlinie, der "Thron"-Erbe gewesen, aber Frankreich wollte nun gar keinen deutschen General in Monaco als Fürsten sitzen haben.
So haben sie die Wäscherstochter 1919 als "Thron"-Erbin installiert. Die 1944 zugunsten ihres Sohnes Rainier verzichtet hat.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.06.2020, 20:21
Beitrag: #3
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Die Welfen haben sich bis heute sogar auf einem Thron gehalten, allerdings nur über die weibliche Linie. Irgendwie passend, wenn bedacht wird, dass sie bereits im frühen Mittelalter "ausgestorben" wären, wenn nicht eine gewisse Dame eine Lösung für den "Weiterbestand" angeboten hätte und durchsetzen konnte.

Der letzte spanische Habsburger hatte keine Kinder, nicht einmal Töchter. Somit konnte die Variante Erbtochter nicht zum Tragen kommen. Beim Aussterben der österreichischen Habsburger in männlicher Linie gab es immerhin drei Damen, die als Erbtöchter hätten gelten können. Naheliegend wäre gewesen, dass der Länderkomplex unter ihnen beziehungsweise unter ihren Ehemännern aufgeteilt wird. Die Pragmatische Sanktion dürfte in erster Linie den Zweck gehabt haben, einer dieser Damen als einzige Erbtochter und (alleinige) Erbin die rechtliche Position zu sichern. In dem die Dame außerdem im Unterschied zu ihren beiden Cousinen einen Ehemann bekam, der rangmäßig unter ihr stand, blieben die Habsburger weiterhin die "namensführende" Dynastie. Hätte eine der beiden Cousinen beziehungsweise deren Ehemann sich als (alleiniger) Erbe behauptet, wären die Habsburger ebenfalls heute ausgestorben und von den Wittelsbachern oder den Wettinern beerbt worden.

Auch der letzte Herzog von Zähringen hatte offensichtlich keine Töchter, die ihn überlebten, da seine Herrschaften nach seinem Tod aufgeteilt wurden. Da dadurch das "Herzogtum Zähringen" mit seinem Tod "verschwand", gilt die Familie als ausgestorben. Ähnlich liegt die Lage bei den Staufern, die strikt betrachtet, auch nur in männlicher Linie ausstarben, Kaiser Friedrich II. hatte mindestens eine Tochter, die in eine Familie einheiratete, die bis heute besteht.

Ein anderer Fall sind die Grafen von Görz-Tirol. Hier heiratete ein Graf von Görz eine Erbgräfin von Tirol. Da offensichtlich beide Familien in etwa denselben Rang hatten, ergab sich letztlich eine Benennung nach beiden "Ländern". Eine Rolle mag dabei gespielt haben, dass sich die tatsächlichen Grafschaften Görz und eine tatsächliche Grafschaft Tirol zu dieser Zeit noch im "Entstehungsprozess" befanden. Der älteste Sohn des Grafenpaares schaltete sämtliche "Mitherrscher" aus und wurde so Alleinherrscher einer Grafschaft Tirol, die als Herrschaftsgebilde sämtliche weitere Herrschaften umfasste.

Anders die Ehe eines Herzog von Österreich (Habsburgers) mit der Erbgräfin von Pfirt. Hier wurde die Grafschaft Pfirt Teil seines Reiches und ein weiterer Namensteil der "großen" Familientitulatur des Hauses Österreich (Habsburg). Der Habsburger war zu diesem Zeitpunkt eindeutig höher gestellt als die Erbgräfin.

Kaiser Karl IV., auch König Karl I. von Böhmen (Luxemburger), heiratete in dritter Ehe eine Erbherzogin von Schweidnitz-Jauer. Ihre Herzogtümer wurden Teil seines böhmischen Königreichs. Der Luxemburger war eindeutig höher gestellt als die Erbherzogin.

In einigen Ländern findet sich der Fall, dass sich die Erbtochter auch als Herrscherin, wenngleich meistens gemeinsam mit dem Ehemann, behaupten konnte, was offensichtlich als Präsenzfall für weibliche Erbfolge in der Folge nicht mehr so einfach ignoriert werden konnte.
Ein Beispiel betrifft das Herzogtum Mömpelgard, dessen Erbtochter einen Herzog von Württemberg heiratete. Die Söhne erbten beide Herzogtümer, Mömpelgard aber erst nach dem Tod ihrer Mutter.

In einem Fall könnte das Aussterben einer Dynastie in "männlicher" Linie eine Rolle gespielt haben
Ein französischer König heiratete eine Königin von Navarra. Sein ältester Sohn wurde nach dem Tod seiner Mutter König von Navarra und nach dem Tod seines Vaters König von Frankreich. Als er starb und wenig später auch sein postum-geborener Sohn aus der zweiten Ehe, hinterließ er nur eine Tochter aus erster Ehe. Um ihm als König von Frankreich nachfolgen zu können, entdeckte sein Bruder plötzlich, dass das "Salische Recht" Frauen von der Nachfolge "ausschloss" und folgte ihm als König von Frankreich nach. Das Königreich Navarra allerdings verblieb letztlich als Erbe der Tochter seines älteren Bruders.

Der neue König von Frankreich war mit der Erbgräfin von Artois verheiratet. Nachdem er einige Jahre später ebenfalls starb und nur Töchter hinterließ, folgte ihm ein weiterer Bruder als König von Frankreich, die Grafschaft Artois verblieb seiner Witwe (beziehungsweise ihrer Mutter) und nach ihrem Tod folgte ihr die älteste Tochter nach.

Auch der dritte Bruder hinterließ nur Töchter. Obwohl es noch eine Schwester gegeben hätte, die für sich beziehungsweise ihren Sohn Anspruch auf die französische Krone erhob, setzte sich letztlich eine Nebenlinie und damit wieder das "Salische Recht" durch. Der Neffe der letzte drei französischen Könige war englischer König und versuchte in mehreren Kriegen zumindest Teile des französischen Königreiches an sich zu bringen. Da einige seiner Nachfolger das ebenfalls versuchten, gingen diese Auseinandersetzungen als der "Hundertjährige Krieg" in die Geschichte ein.

Zuletzt schien es allerdings sicher, dass sich dieses "Salische Recht" nicht durchsetzen würde, als ein gewisser Henry V. (Monmouth) Katharina von Frankreich, eine Tochter von König Karl VI. (dem Wahnsinnigen), heiratete. Ein Bruder dieser Katharina wurde für unehelich erklärt und damit von der Thronfolge "de iure" ausgeschlossen. Es wurde festgelegt, dass Henry V. nach dem Tod seines Schwiegervaters diesem als französischer König nachfolgen sollte. Sämtliche Reichsfürsten und der damalige Herrscher des Heiligen Römischen Reiches hatten diese Regelung "de facto" anerkannt und sich mit dem englischen König verbündet.
Es kam anders, der für unehelich erklärte Sohn konnte sich letztlich doch durchsetzen, und damit behauptete sich auch das "Salische Recht" für das französische Königreich.

Zwei Generationen später heiratete sein Enkel die Erbherzogin von der Bretagne. Als dieser überraschend starb, hatte er keine männlichen Nachkommen und der neue König von Frankreich wurde ein Verwandter (in männlicher Linie). Um die Allianz Frankreich-Bretagne zu halten, heiratete dieser die Witwe seines Vorgängers. Da er ebenfalls letztlich keinen Sohn hinterließ, erbte das Herzogtum Bretagne seine älteste Tochter und als König von Frankreich folgte ihm sein Neffe nach. Dieser heiratete die neue Herzogin von Bretagne und hatte aus dieser Ehe Söhne. Erst ab dieser Generation wurde die Bretagne eindeutig und endgültig Teil des französischen Königreiches.

Offensichtlich ist für das "Aussterben" eine Dynastie auch mitentscheidend, dass sich das Land oder die Herrschaft, über welche sie geherrscht und nach der sie sich benannt hatte, auflöste oder Teil eines anderen Herrschaftsgebildes wurde.

Pech hatten auch die Luxemburger, denn der Plan des letzten Luxemburgers seine Dynastie durch eine "luxemburgisch-habsburgische" Linie weiterbestehen zu lassen, scheiterte. (Oder war es vielleicht eher der Plan seines Schwiegersohns den Schwiegervater auf diesem Weg zu beerben.) Zumindest die Königskrone des Heiligen Römischen Reiches und die Kaiserkrone erbte letztlich die "reine" habsburgische Linie. Diese brachte in den nächsten hundert Jahren auch noch das restliche Erbe der "luxemburgisch-habsburgischen" Linie stückchenweise an sich. "Zwinkern"

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13.06.2020, 18:08
Beitrag: #4
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Einfach Super-Klasse der BeitragThumbs_upThumbs_upThumbs_upThumbs_up

Dazu
Zitat:In einigen Ländern findet sich der Fall, dass sich die Erbtochter auch als Herrscherin, wenngleich meistens gemeinsam mit dem Ehemann, behaupten konnte, was offensichtlich als Präsenzfall für weibliche Erbfolge in der Folge nicht mehr so einfach ignoriert werden konnte.
Ein Beispiel betrifft das Herzogtum Mömpelgard, dessen Erbtochter einen Herzog von Württemberg heiratete. Die Söhne erbten beide Herzogtümer, Mömpelgard aber erst nach dem Tod ihrer Mutter.

kann ich noch was beifügen, dynastisch auch interessant.
Die Nachricht von der Niederkunft der Henriette von Mömpelgard erreicht Graf Eberhard von Württemberg unmittelbar nach der Schlacht bei Döffingen in der sein Sohn Graf Ulrich gefallen war. (wenn man Uhland folgen will, wobei es meist historisch ist, was er schrieb)
Sowohl Mömpelgard als auch Württemberg waren aber zdZ Grafschaften, Mömpelgard blieb auch eine.
OT: Die Henriette war übrigens eine sehr tatkräftige Frau.
TT: Mömpelgard wurde nie Teil des württ. Herzogtums sondern wurde meist von württ. Seitenlinien regiert, die auch mal das "überleben" des Hauses Württ. garantierten.
zZ der Revolutions- und Koalitionskriege war ein Bruder Herzog Carl-Eugens dort "Herrscher". Als er in Stuttgart um Geld-Mittel zur Verteidigung der Grafschaft anfragte, machte dies Carl-Eugen von der Anerkennung seiner Frau Franziska von Hohenheim als Herzogin abhängig, ein Preis der seinem Bruder und insbesondere seinem Neffen dem späteren König Friedrich von Württ. zu hoch war..........
Na ja, genutzt hätte es gegen die franz. Revolutions-Armee vermutlich sowieso nichts.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.06.2020, 11:20
Beitrag: #5
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Sorry,
da habe ich mangels Nachschau einen Quark geschrieben.
Es war nicht die Henriette von Mömpelgard, es war die Antonia Visconti die a entbunden hatte.
Nochmals Entschuldigung.BlushConfusedThumbs_down

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17.06.2020, 20:38
Beitrag: #6
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(12.06.2020 20:21)Teresa C. schrieb:  Der letzte spanische Habsburger hatte keine Kinder, nicht einmal Töchter. Somit konnte die Variante Erbtochter nicht zum Tragen kommen.

Das stimmt. Karl II. hatte jedoch zwei (vor ihm verstorbene) Schwestern, die Nachkommen hatten. Die ältere, 1638 geborene (Halb-) Schwester Maria Teresa heiratete 1660 ihren Cousin, den französischen König Ludwig XIV. Sie war die Mutter des Grande Dauphin und verstarb 1683. Ludwig XIV. leitete sowohl über seine Mutter Anna von Österreich als auch über seine Ehefrau die Ansprüche für seinen Enkel Philipp auf dem spanischen Thron ab.

Karls jüngere Schwester war Margarita Teresa (1651–1673). Diese entstammte (wie Karl II.) aus Philipps IV. letzter Ehe mit Maria Anna von Österreich (1634–1696), der Tochter Kaisers Ferdinand III. und Schwester Leopolds I. Margarita Teresa wurde 1666 die Ehefrau ihres Onkels Leopold I. Das einzige Kind aus der Ehe, das das Erwachsenenalter erreichte, war Maria Antonia (1669–1692), die den bayrischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel heiratete. Beide sind die Eltern von Joseph Ferdinand von Bayern (1692–1699), der bis zu seinem Tod als spanischer Thronerbe galt. Er war über die weibliche Linie Großneffe des letzten spanischen Habsburgers. Sein Tod führte dazu, dass Karl II. dann die Nachkommen seiner älteren Schwester Maria Teresa (also Philipp) als seinen Erben favorisierte. Leopolds Söhne - späteren Kaiser Joseph I. und Karl VI. - entstammten aus dessen zweiter Ehe mit Elisabeth von Pfalz-Neuburg, ihr Anspruch wurde vor allem in Katalonien unterstützt.

(12.06.2020 20:21)Teresa C. schrieb:  Beim Aussterben der österreichischen Habsburger in männlicher Linie gab es immerhin drei Damen, die als Erbtöchter hätten gelten können. Naheliegend wäre gewesen, dass der Länderkomplex unter ihnen beziehungsweise unter ihren Ehemännern aufgeteilt wird. Die Pragmatische Sanktion dürfte in erster Linie den Zweck gehabt haben, einer dieser Damen als einzige Erbtochter und (alleinige) Erbin die rechtliche Position zu sichern. In dem die Dame außerdem im Unterschied zu ihren beiden Cousinen einen Ehemann bekam, der rangmäßig unter ihr stand, blieben die Habsburger weiterhin die "namensführende" Dynastie. Hätte eine der beiden Cousinen beziehungsweise deren Ehemann sich als (alleiniger) Erbe behauptet, wären die Habsburger ebenfalls heute ausgestorben und von den Wittelsbachern oder den Wettinern beerbt worden.

Die Lothringer selbst haben sich ebenfalls nur über die weibliche Linie "gerettet". 1473 folgte Yolande von Anjou ihrem Neffen Nikolaus I. von Anjou als Herzogin von Lothringen und 1480 folgte sie ihrem Vater Réné I. (der Gute) als Herzogin von Bar. Yolandes Sohn Réné II. folgte ihr in beiden Herzogtümern. Er war der Vater von Anton, von dem das Haus Lothringen abstammte und von Claude (Claudius), vom dem das Hause Guise abstammte.

Réné I. von Anjou erlangte seine Herrschaft über Lothringen und Bar ebenfalls über seine Ehefrau Isabelle von Lothringen. Er musste jedoch nach ihrem Tod seinen Sohn Johann überlassen bzw. nach dessem Tod seinem Enkel Nikolaus I. überlassen, dessen Erbin die o.g. Yolande war.

(12.06.2020 20:21)Teresa C. schrieb:  Ähnlich liegt die Lage bei den Staufern, die strikt betrachtet, auch nur in männlicher Linie ausstarben, Kaiser Friedrich II. hatte mindestens eine Tochter, die in eine Familie einheiratete, die bis heute besteht.

Friedrichs Tochter Margarethe (aus der Ehe mit Isabella von England) heiratete den Wettiner Albrecht den Entarteten. Dieser verstieß 1270 seine Ehefrau. Ihr Sohn Friedrich der Freidige, auch Friedrich der Gebissene genannt, versuchte in den 1270er Jahren seine Ansprüche auf das Erbe der Staufer durchzusetzen. Zu den vielen Vorfahren des englischen und belgischen Königshauses gehören demnach auch die Staufer.

Weitere Nachkommen von Friedrich II. stammen von seiner Enkelin Konstanze von Sizilien und Aragon ab. Konstanze war bereits zum Zeitpunkt der Niederlage ihres Vaters gegen Karl von Anjou in Aragon und war dadurch in Sicherheit. Ihr Ehemann Peter III. konnte infolge der Sizilianischen Vesper 1282 die Macht in Sizilien erlangen.

Als Peter III. 1285 starb folgte ihm in Aragon sein Sohn Alfons III. und in Sizilien sein Sohn Jakob II. Nachdem Alfons III. 1291 verstarb wurde Jakob auch König von Aragon. Jakob begab sich wieder nach Aragon und setzte deshalb seinen jüngeren Bruder Friedrich als Statthalter von Sizilien ein.

Jakob II. unterzeichnete 1295 den Friedensvertrag von Anagni, mit dem Konflikt zwischen Aragon auf der einen Seite und Frankreich und Neapel auf der anderen Seite beendet werden sollte. Initiator des Friedensvertrages war Papst Bonifaz VIII., der eine Neuordnung der politischen Verhältnisse in Italien beabsichtigte und deswegen auch eine Stärkung der Anjou-Neapel anstrebte. Ein Punkt des Vertrages war, dass die Anjou Sizilien zurück erhalten und Jakob II. sollte mit Korsika und Sardinien entschädigt werden, wobei beide Inseln noch im Besitz von Genua waren.

Die Sizilianer befürchteten die Rückkehr der Anjou und erhoben deshalb den bisherigen Statthalter Friedrich 1296 zum König von Sizilien. Dieser nannte sich Friedrich III. von Sizilien, obwohl er erst der zweite sizilianische König mit dem Namen Friedrich war. Friedrich sah sich als legitimer Nachfolger seines Urgroßvaters Friedrich II. (Friedrich I. als König von Sizilien) und wohl auch von dessen Großvater Roger II., d.h. die Staufer waren über die weibliche Linie Erben der Hauteville, das Haus Aragon über die weibliche Linie Erben der Staufer.

Ein weiterer Nachkomme der Staufer war der kastilische König Alfons X. Er war ein Sohn von Friedrich den Heiligen von Kastilien und dessen erster Ehefrau Beatrix von Schwaben, die wiederum eine Tochter Philipps von Schwaben war. Diese Herkunft führte 1257 zur Wahl zum deutschen König.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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18.06.2020, 19:21
Beitrag: #7
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Das Haus der Markgrafen und späteren Großherzoge von Baden war am "Aussterben" der letzte "legitime" Zähringer starb im Kindbett und die eigentlich morganatische Seitenlinie "Hochberg" kam so auf den badischen "Thron".
Die Mutter des verstorbenen war eine Stieftochter Napoleons und ihr Ehemann weigerte sich ab dem Sturz Napoleons sie auch nur noch anzusehen. Er machte sich beim Wiener Kongress einen Namen als größter H....treiber.

Die Hochberger-Linie wurde von den europäischen Großmächten dann auch anerkannt.
Als Kaspar Hauser in Nürnberg auftauchte gab es irgendwann Spekulationen, dass er der badische Prinz wäre, der mit einem toten Baby vertauscht worden wäre.

Aber wie gesagt, zdZ war die Hochberger "morganatische" Linie längst etabliert.

Jedoch Wittelsbach, insbesondere König Ludwig I. versuchten aus "Kaspar Hauser" Kapital zu schlagen, indem sie ihn posthum als badischen Prinzen anerkannten, und aus dem Grund
"das Haus Baden ist ausgestorben"
die Kurpfalz annektieren wollten. Für diesen Fall war nämlich der Rückfall der rechtsrheinischen Kurzpfalz Bayern zugesagt worden.
Siehe auch hier
http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...p?tid=4647

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18.06.2020, 19:47
Beitrag: #8
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
"Neulich" war ich im Park des ehem. Klosters Inzigkofen.
Seit Napoleons Zeiten gehört die Liegenschaft Hzl.-Sigmaringen, die Amalie-Zephyrine hat dort residiert und einen tollen Landschaftspark angelegt.

Im Park an der Klostermauer gibt es eine Kapelle die "jetzt" das Mausoleum der Herzoge von Mecklenburg-Strelitz ist.
Hat da einer der Mitstreiter (Arkona?) nähere Infos, denn "eigentlich" sind die doch im Februar 1918 ausgestorben?

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21.06.2020, 18:47
Beitrag: #9
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Ist bekannt, wer aller aus dieser Familie dort beigesetzt wurde?

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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22.06.2020, 17:48
Beitrag: #10
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Teresa C. schrieb:
Ist bekannt, wer aller aus dieser Familie dort beigesetzt wurde?


Mir zumindest nicht.
Die Kapelle ist auch weiträumig abgesperrt.
Als mir vor ein paar Jahren die Info erstmalig unterkam, bin ich mal über den Zaun geklettert, und und zu der Kapelle hin. Beim Blick durch die blinden Fenster wirkte das ganze wie ein Abstellgebäude für Gartengeräte.
Eine Remise. Also weder Kapelle noch Gruft.

Jetzt ist die Kapelle (von weitem äußerlich ist es eine) in dem offiziellen Klosterplan aufgenommen, mit dieser Bezeichnung.

Da wurde 2019 eine Hängebrücke über die Donau gespannt, und vor Corona war da bei gutem Wetter immer ein Mords-Hype jede Menge Parkführer usw.
Aber von denen ist da bestimmt keine richtige Info zu kriegen. Muss mal den Hzl-Geschichtsverein befragen.
Ist halt nach wie vor alles Privateigentum.

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25.06.2020, 20:01
Beitrag: #11
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Ich habe vor einigen Jahren eine Kirche in der Wachau (Teil von Niederösterreich, sehr altes Siedlungsgebiet) besichtigt, wo ich mir den Grabstein einer Dame (15. Jahrhundert) ansehen wollte. Die Kirche war völlig ausgeräumt, sie war zurzeit Baustelle und wurde innen ausgemalt. Inzwischen dürften die Arbeiten beendet sein, leider bin ich bisher noch nicht dazu gekommen, nochmals dort eine Besuch zu machen ...

Könnte bei Deinem "Besuch" in der "Mecklenburger Kapelle" so ähnlich gewesen sein?

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16.07.2020, 08:28
Beitrag: #12
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(18.06.2020 19:47)Suebe schrieb:  Im Park an der Klostermauer gibt es eine Kapelle die "jetzt" das Mausoleum der Herzoge von Mecklenburg-Strelitz ist.
Hat da einer der Mitstreiter (Arkona?) nähere Infos, denn "eigentlich" sind die doch im Februar 1918 ausgestorben?

Nein, das sind sie nicht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste...g-Strelitz
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Alex...ecklenburg

Ausgestorben ist dagegen die männliche Linie der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und das nach über 800 Jahren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_...ecklenburg
Ihr Urahn war der Obotritenfürst Niklot, dessen Reiterstandbild über dem Portal des Schweriner Schlosses thront. Er hatte 2 Söhne, die damals gegen den Welfen Heinrich der Löwe kämpften. Der eine wurde als "Rebell" aufgehängt, der andere mit dem schönen altdeutschen Namen Pribislaw mit dem Herzogtum belehnt.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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16.07.2020, 10:59
Beitrag: #13
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(16.07.2020 08:28)Arkona schrieb:  
(18.06.2020 19:47)Suebe schrieb:  Im Park an der Klostermauer gibt es eine Kapelle die "jetzt" das Mausoleum der Herzoge von Mecklenburg-Strelitz ist.
Hat da einer der Mitstreiter (Arkona?) nähere Infos, denn "eigentlich" sind die doch im Februar 1918 ausgestorben?

Nein, das sind sie nicht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste...g-Strelitz
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Alex...ecklenburg

Ausgestorben ist dagegen die männliche Linie der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und das nach über 800 Jahren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_...ecklenburg
Ihr Urahn war der Obotritenfürst Niklot, dessen Reiterstandbild über dem Portal des Schweriner Schlosses thront. Er hatte 2 Söhne, die damals gegen den Welfen Heinrich der Löwe kämpften. Der eine wurde als "Rebell" aufgehängt, der andere mit dem schönen altdeutschen Namen Pribislaw mit dem Herzogtum belehnt.

Danke Dir.
Aus Deinem Link
Zitat:Er wurde 1996 als bisher letztes Familienmitglied in der Fürstengruft in der Johanniterkirche auf der Schlossinsel (Mirow) beigesetzt.
ergibt sich auf alle Fälle, dass die von mir oben herausgehobene Aussage auf dem Klosterplan falsch ist.

Ich bilde mir auch ein, dass vor 10 oder 20 Jahren vom Mausoleum einer Dame aus dem Hause "Strelitz" die Rede war.

Wie so oft, mehr Desinformation als Information an solchen Orten....
Aber Geld aus diversen Fördertöpfen haben sie gewaltig eingestrichen.
(der Kretschmann wohnt dort privat)

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17.07.2020, 16:40
Beitrag: #14
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Die Pfalzgrafen von Tübingen, danke für den Hinweis Teresa, sind auch so ein Fall.

Hochadel, Sieger über Graf Eberhard und Eroberer der Stammburg Württemberg,
aus wiki
Zitat:1311 hatte König Heinrich VII. den württembergischen Grafen Eberhard den Erlauchten in die Reichsacht gestellt. Pfalzgraf Gottfried I. (Götz) wurde als Feldhauptmann des Bundesheeres gegen Eberhard gestellt, wohl weil er im Gegensatz zum reichsstädtischen Fußvolk Esslingens auch Reiterei stellen konnte. Nach dem Ausfall Eberhards im Zuge der Belagerung der württembergischen Stammburg auf dem Wirtemberg konnte Götz das in die Flucht geschlagene Reichsheer sammeln und Eberhard am 22. Mai 1311 eine Niederlage, verbunden mit der Zerstörung der Stammburg, beibringen. Zum Dank übernahm die Stadt Esslingen Gottfrieds Schuld in Bebenhausen und löste die Städte wieder für ihn aus.

Anfang des 14. Jahrhunderts Adel, württ. Dienste.
und das Ende im 30jährigen Krieg

aus Wiki
Zitat:Johann Georg von Tübingen (* 1594 (?); † 3. November 1667), genannt Hansjörg oder Kapitän Tübinger, war der uneheliche Sohn des Grafen Konrad Wilhelm von Tübingen und dessen Haushälterin Juliana und damit letzter männlicher Nachkomme eines einst mächtigen Pfalzgrafengeschlechts.
./.
Nach dem Besuch der Universität fand Johann Georg eine Anstellung beim kriegswesen und zeigte sich dabei dapfer und mannhaft.

1624 wurde er württembergischer Major von Haus aus, heiratete Maria Entzlin (Enßlin), die Tochter des ehemaligen württembergischen Kanzlers (verschwägert mit den führenden Familien Württembergs) und nannte sich ab diesem Zeitpunkt von Tübingen (statt Tübinger)
1630 erreichte er von der württembergischen Regierung seine Legitimation als Nachkomme der Grafen von Tübingen, dann eine Erhebung in den Reichs-Adelsstand und führte ab sofort das Wappen seiner gräflichen Vorfahren[3]; auch wird er zum Kommandanten des Schlosses Hohentübingen bestellt.
1634 musste er die ihm anvertraute Festung kampflos an einen Offizier des Herzogs von Lothringen übergeben, da er nur 70 Bürger zur Besatzung hatte. Die Universität bezeugte ihm auch, dass er das Schloss nur auf ihr und der Stadt inständiges Zureden übergeben hatte; trotz aller Rechtfertigungsschriften scheint dies seine weitere Karriere verhindert zu haben.
1642 bewarb er sich um das akademische Bürgerrecht für sich und seine Familie.

Johann Georg überlebte alle seine sieben Kinder[4] und starb am 3. November 1667 ohne (männliche) Nachkommen[5]. Noch am Ende des 19. Jahrhunderts halten sich in Tübingen Gerüchte, Nachkommen des 'Kapitäns Tübinger' wohnten in der Altstadt. (Eifert 1849, S. 93

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19.07.2020, 13:44
Beitrag: #15
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Ich frage mich, ob für die meisten dieser Adelsfamilien wirklich das Aussterben in "männlicher" Linie das Ende war. Das Beispiel der Pfalzgrafen von Tübingen zeigt auch, dass die Familie als sie endet, jedenfalls ihre Glanzzeiten längst hinter sich hatte.

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20.07.2020, 18:03
Beitrag: #16
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(19.07.2020 13:44)Teresa C. schrieb:  Ich frage mich, ob für die meisten dieser Adelsfamilien wirklich das Aussterben in "männlicher" Linie das Ende war. Das Beispiel der Pfalzgrafen von Tübingen zeigt auch, dass die Familie als sie endet, jedenfalls ihre Glanzzeiten längst hinter sich hatte.


Wie es manchmal der Zufall will, Am Samstag erhielt ich die disjährige Ausgabe der Zeitschrift (etwas irreführend, das Teil hat um die 700 Sieten)
des Württ. Geschichts- und Altertums-Vereins.
Einer der Aufsätze darin: "Die Grafen von Montfort, ein Hochadelsgeschlecht aus Schwaben"

Die Grafen von Montfort haben sich ca. 1100 von den Pfalzgrafen von Tübingen "abgeteilt" was wohl zu der Zeit, siehe auch Zähringen, eine fast übliche Praxis des Hochadels war.
Allerdings haben die Tübinger/Montfort/Werdenberger/ diese Praxis deutlich länger, bis weit ins 17. Jahrhundert und exessiver als andere ausgelebt. Inbesondere, wenn eine der vielen Linien am "aussterben" war, haben sie ihre Besitzungen und Rechte, vermutlich absichtlich, an andere verscheuert, anstatt sie zuerst mal einem der überlebenden Zweige anzubieten. Man führte durchaus auch ein paar mal Krieg gegeneinander.

Es ist kaum zu glauben, wieviele Linien sich da im Laufe der Jahrhunderte gebildet haben.
Der Autor schreibt etwas zynisch,
"Montfort machte das, was man am besten konnte, man teilte"

Interessant,
das Wappen von Bregenz, Feldkirch, Vaduz, dem Bundesland Vorarlberg, etliche deutsche Städte des Südwestens von Tübingen bis Tettnang und Langenargen sowieso,
geht letztlich auf das Wappen der Pfalzgrafen von Tübingen zurück.

Letztlich am längsten existierte Montfort in Tettnang, bis in die 1780er Jahre aber inzwischen längst völlig unbedeutend und total überschuldet.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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21.07.2020, 20:23
Beitrag: #17
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Meiner Meinung nach sind die Männer vieler Geschlechter und ihrer Häuser im Krieg geblieben, entweder gefallen oder den dortigen Seuchen anheim gefallen. Andere, glücklichere Häuser starben aus, weil sie stets unter ihresgleichen - sprich Standesgemäß - heirateten. Frisches Blut hätte ihren Niedergang sicher vermieden, doch die Frauen trauten sich nicht in die Stallungen, wohl der Blamage halber. Da waren die alten Römer schon etwas anders unterwegs. Teilen verbindet, wie der Suebe sagte. Ließ man einen nicht standesgemäßen einheiraten, stand es um die Linie häufig besser. Weniger Idioten und blödsinnige, sowie eine hübschere und kräftigere Gestalt war häufig das Ergebnis solcher Seitensprünge. Die Ferrhormone sollen da manches Wunder vollbracht haben. Hießen doch Ferrhormone, oder nicht ?

____________________________
Die ganz großen Dummheiten hält das Schicksal für die großen Männer reserviert
Eugen Gürster
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22.07.2020, 22:16
Beitrag: #18
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(20.07.2020 18:03)Suebe schrieb:  Wie es manchmal der Zufall will, Am Samstag erhielt ich die disjährige Ausgabe der Zeitschrift (etwas irreführend, das Teil hat um die 700 Sieten)
des Württ. Geschichts- und Altertums-Vereins.
Einer der Aufsätze darin: "Die Grafen von Montfort, ein Hochadelsgeschlecht aus Schwaben"

Die Grafen von Montfort haben sich ca. 1100 von den Pfalzgrafen von Tübingen "abgeteilt" was wohl zu der Zeit, siehe auch Zähringen, eine fast übliche Praxis des Hochadels war.
Allerdings haben die Tübinger/Montfort/Werdenberger/ diese Praxis deutlich länger, bis weit ins 17. Jahrhundert und exessiver als andere ausgelebt. Inbesondere, wenn eine der vielen Linien am "aussterben" war, haben sie ihre Besitzungen und Rechte, vermutlich absichtlich, an andere verscheuert, anstatt sie zuerst mal einem der überlebenden Zweige anzubieten. Man führte durchaus auch ein paar mal Krieg gegeneinander.

Es ist kaum zu glauben, wie viele Linien sich da im Laufe der Jahrhunderte gebildet haben.
Der Autor schreibt etwas zynisch,
"Montfort machte das, was man am besten konnte, man teilte"

Interessant,
das Wappen von Bregenz, Feldkirch, Vaduz, dem Bundesland Vorarlberg, etliche deutsche Städte des Südwestens von Tübingen bis Tettnang und Langenargen sowieso,
geht letztlich auf das Wappen der Pfalzgrafen von Tübingen zurück.

Letztlich am längsten existierte Montfort in Tettnang, bis in die 1780er Jahre aber inzwischen längst völlig unbedeutend und total überschuldet.

Ich denke, wir machen es uns heute mit den Schuldzuweisungen recht einfach. Wir wissen doch kaum etwas, was wirklich eindeutig gesichert ist, und gerade, was den Handlungsmovens betrifft, wäre ein wenig Vorsicht angebracht.

Die Tübinger, Montfort und Werdenberg gehörten dem Reichsadel an, aber, obwohl sie zeitweise wirklich große Gebiete beherrschte, gelang es keinen von ihnen jemals zumindest in den Rang eines Anwärters auf eine königliche Krone oder gar die Kaiserkrone aufzusteigen. Letztlich blieb ihnen auch eine Herzogswürde verwehrt. Unter diesem Umständen waren ihre Chancen, Güterteilungen zu vermeiden oder gar eine Hausordnung mit Primogenitur oder Ähnlichem aufzubauen, wesentlich beschränkt, zudem sie dafür zum Beispiel die Zustimmung des römisch-deutschen Königs oder Kaisers benötigten und diese eigentlich großes Interesse daran hatten, das zu verhindern.

Ein weiteres Problem, das gerne übersehen wird - in vielen Fällen erforderten die Herrschaften, über die so ein Geschlecht herrschte, mit Blick auf Ressourcen, Lage und Ausrichtung unterschiedliche politische Schwerpunkte. Was den Aufbau eines einheitlichen Herrschaftsgebietes wesentlich behinderte.

Weiter lässt sich beobachten, dass durch politische Bündnisse, Vergrößerung des Besitzes durch Lehen und Pfandschaften (und somit Entstehung von Abhängigkeiten) und Heiraten nach einer Teilung, sich meistens die Familien auseinanderentwickelten, auch wenn versucht wurde, dass durch Erbschaftsregelungen, Vorverkaufsrechte etc. zu verhindern.

Viele erbberechtigte Kinder (gewöhnlich Söhne) bedeutete die Gefahr, dass der Besitz durch Teilungen noch weiter verkleinert wurde. Selbst wenn der älteste oder jüngste Sohn der Haupterbe war, mussten die anderen Kinder trotzdem irgendwie versorgt werden.
Der gegenteilige Fall, kaum erbberechtigte Kinder, konnte ebenfalls eine Katastrophe sein, wenn diese starben, ehe sie eigene Kinder hinterließen. Neben dem Aussterben bestand auch das Risiko, dass ein jüngerer Sohn erbte, der dann, wenn der Erbfall eintrat, noch nicht "vogtfähig" (also volljährig und "handlungsfähig") war. Vormundschaftsherrschaften bedeuten meistens ein Risiko, und das besonders dann, wenn niemand aus der Familie als Vormund in Frage kam.
(Die bösen Onkel, die ihre Vormundschaft über die Volljährigkeit hinaus, ungebührlich ausdehnten, sind zwar in der heutigen Forschung schon ein richtiges Stereotyp, aber dabei wird gewöhnlich übersehen, dass ein Familienmitglied zumindest selbst Interesse daran hatte, den Besitz zu erhalten, wenn auch nur für sich. Ganz anders ein Vormund, der nicht dem Familienverband angehörte ...)

Hinzu kommen noch mächtige Nachbarn, die bessere Karten oder Ressourcen haben und mit denen es vermutlich sinnvoller war, sich zu arrangieren, zudem das Möglichkeit für einen selbst Chancen bot, sich zu verbessern oder Schutz und Unterstützung bedeutete.

Ich könnte mir vorstellen, dass für manche dieser Grafen und Herren der Verkauf ihrer Grafschaft und Herrschaft an einen mächtigeren Nachbarn, nicht nur aus Geldgier oder Kurzsichtigkeit geschah, sondern für ihre Untertanen die bessere Lösung gewesen sein dürfte. Immerhin konnte so verhindert werden, dass die eigene Familie das Territorium nicht weiter aufgeteilt oder gar zerstückelt, was für das Gebiet und seine Menschen wenigstens wirtschaftlich besser gewesen war. Dies besonders, wenn gleich mehrere Familienzweige mit Vorverkaufsrecht oder Erbansprüche vorhanden waren (und diese vielleicht selbst keine einigen Häuser).

Die Gesellschaft damals dürfte übrigens nach Zeitzeugenaussagen eine sehr Öffentliche gewesen sein, Höfe waren öffentliche Lebensräume, die Chance also beim Ehebruch entdeckt zu werden, ausgezeichnet, und sobald darüber geredet wurde, hätte der Ehemann, selbst der König, schon im eigenen Interesse Konsequenzen ziehen müssen, wenn er sich nicht selbst als Zuhälter strafbar machen wollte ...

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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23.07.2020, 14:56
Beitrag: #19
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Zitat Teresa
Zitat:Die Gesellschaft damals dürfte übrigens nach Zeitzeugenaussagen eine sehr Öffentliche gewesen sein, Höfe waren öffentliche Lebensräume, die Chance also beim Ehebruch entdeckt zu werden, ausgezeichnet, und sobald darüber geredet wurde, hätte der Ehemann, selbst der König, schon im eigenen Interesse Konsequenzen ziehen müssen, wenn er sich nicht selbst als Zuhälter strafbar machen wollte ..

Du meinst, die Einhaltung des 11. Gebots, "du sollst dich nicht erwischen lassen" war damals äußerst schwer.

Ohne jetzt über einschlägiges Wissen zu verfügen, hätte ich eher das Gegenteil vermutet.
Kaiser Sigismund fällt mir da ein, auch seiner Gemahlin wird manches nachgesagt.
Mechthild von der Pfalz/Württemberg/Habsburg.
"ach er ists, mach weiter":blush:
überhaupt die Zimmerische Chronik da sind nicht wenige Schwänke drin, die dem Jetztmenschen "Rote Ohren" verschaffen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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23.07.2020, 18:25
Beitrag: #20
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Chroniken halte ich nicht gerade für besonders zuverlässig. Zum Beispiel ist auffallend, wenn mehrere Chroniken miteinander verglichen werden, dass es da offensichtlich gewisse Erzählcodes gibt. Wichtig war auch, unterhaltsam zu erzählen, was natürlich die Zuverlässigkeit beeinträchtigt. Die aktuelle Forschung tendiert zwar eher dazu, Chronisten ihre Fehler schön zu reden (war falsch informiert, woher er hätte er das genauer wissen können, konnte die Zusammenhänge doch nicht durchschauen, brachte halt etwas durcheinander, wusste davon nur vom Hörensagen etc.), aber ich bin inzwischen auf einige Fälle gestoßen, wo die beabsichtigte Verfälschung doch die glaubwürdigste und sinnvollste Erklärung für die Beweggründe des Chronisten sein dürfte. Und wenn selbst Urkunden Inszenierungen dienen können, die immerhin als recht zuverlässig gelten, sind Chroniken doch wesentlich problematischer. Am zuverlässlichsten sind noch die Rechnungsbücher, da lag Josephine Tey ("Die Tochter der Zeit") bereits in 1950er-Jahren richtig.

Bei Kaiser / König Sigismund vor allem verdächtig für mich, dass Königin Barbara zwar einiges nachgesagt wird, aber Konsequenzen mit nachhaltiger Wirkung sind nicht überliefert oder gar belegt. Bei dem "Sigismund-Fan" Eberhard Windecke kommt zwar eine vorübergehende Bestrafung von Barbara vor, sie wird nach Sopron verbannt, wo sie unter elenden Umständen einige Zeit dahinvegetiert (sogar schmutzige Kleider muss sie tragen), dann aber wird sie nach einem Kniefall ihrer Tochter von Sigismund wieder in Gnaden aufgenommen. Allerdings hat diese Bestrafung einige Details, bei denen mir mein gesunder Menschenverstand sagt, dass es so nicht gewesen sein wird.

Liest man dagegen keine Chroniken, sondern Berichte und Briefe, die so nebenbei etwas über den Alltag an einem Hof vermitteln, entsteht ein etwas anderer Eindruck. Wird außerdem berücksichtigt, wie viele Räume eine Herrscherresidenz hatte, wie viele Menschen für dort belegt sind etc., berücksichtigt man, die ganzen Hofämter, entsteht eher der Eindruck, dass es damals kaum so etwas wie Privatsphäre gab.

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23.07.2020, 18:35
Beitrag: #21
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Bei Mechthild kommt hinzu, dass sie mehr als 16 Jahre als Witwe lebte und bereits ein gewisses Alter hatte. Nachdem sie schon aus ihrer zweiten Ehe, aus welchen Gründen auch immer, keine Kinder mehr gehabt hatte, galt sie vermutlich auch als unfruchtbar. Wenn sie also zu dieser Zeit einen Liebhaber hatte, dürfte das vielleicht für Klatsch gesorgt haben, aber solange sie eine gewisse Diskretion dabei wahrte, mag das tolerierbar gewesen sein, da in diesem Fall niemand dadurch Schaden gehabt hätte. Immerhin hatte sie keinen Ehemann, dessen Ansehen so gefährdet gewesen wäre, und ihre Kinder waren auch bereits erwachsen und versorgt. Wahrscheinlich wäre in ihrem Fall für die Familie eine standesgemäße Wiederverheiratung in sogar problematischer gewesen.

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23.07.2020, 19:57
Beitrag: #22
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(19.07.2020 13:44)Teresa C. schrieb:  Ich frage mich, ob für die meisten dieser Adelsfamilien wirklich das Aussterben in "männlicher" Linie das Ende war. Das Beispiel der Pfalzgrafen von Tübingen zeigt auch, dass die Familie als sie endet, jedenfalls ihre Glanzzeiten längst hinter sich hatte.

Bei den Grafen von Zimmern war es anders, von eben erst erklommenen Höhen der Ausklang...

aus Wiki
Zitat: 1563 starb der Besitzer von Oberndorf, Graf Froben Christoph […]. Alle seine Besitzungen fielen an seinen einzigen Sohn Wilhelm, Grafen und Herrn zu Zimmern, Herrn zu Wildenstein und Meßkirch, der noch vor seines Vaters Absterben, mit dessen Bewilligung, am Donnerstag nach St. Ulrich (4. Juli) die Huldigung von Stadt und Herrschaft einnahm und alle ihre Briefe und Freiheiten bestätigte. […].

1580 den 18. Mai wurden dem Grafen Wilhelm, der den Titel eines österreichischen Hofmarschalls erhalten hatte, als weitere Verstrickung und Lokspeise alle seine österreichischen Mannlehen und Pfandschaften als freies Erbeigenthum überlassen, doch mit der Bedingung, daß er nichts davon veräußern, und alle im Falle des Erlöschens des Mannstamms der Grafen von Zimmern […] an Österreich heimfallen soll. […] Dem getäuschten Grafen hätten endlich die Augen aufgehen sollen, als Erzherzog Ferdinand 1591 seinem Sohn Markgraf Carl von Burgau die Anwartschaft auf alle von Graf Wilhelm von Zimmern inhabende östreichische Pfandschaften und Lehen ertheilte. […] Allein die Hände waren dem alternden Grafen durch den Vorgang v. J. 1580 gebunden!

1594 im September starb Graf Wilhelm, dieser letzte männliche Zweig der Freiherrn und Grafen von Zimmern, unter deren Herrschaft Oberndorf 134 Jahre gestanden war, ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen.

Da hat es den Anschein, dass sich ein Erzherzog als Erbschleicher betätigte

Der Graf Wilhelm hatte 8 überlebende Tanten, auf die sich das restliche Erbe verteilte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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24.07.2020, 01:05
Beitrag: #23
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(23.07.2020 19:57)Suebe schrieb:  
(19.07.2020 13:44)Teresa C. schrieb:  Ich frage mich, ob für die meisten dieser Adelsfamilien wirklich das Aussterben in "männlicher" Linie das Ende war. Das Beispiel der Pfalzgrafen von Tübingen zeigt auch, dass die Familie als sie endet, jedenfalls ihre Glanzzeiten längst hinter sich hatte.

Bei den Grafen von Zimmern war es anders, von eben erst erklommenen Höhen der Ausklang...

aus Wiki
Zitat: 1563 starb der Besitzer von Oberndorf, Graf Froben Christoph […]. Alle seine Besitzungen fielen an seinen einzigen Sohn Wilhelm, Grafen und Herrn zu Zimmern, Herrn zu Wildenstein und Meßkirch, der noch vor seines Vaters Absterben, mit dessen Bewilligung, am Donnerstag nach St. Ulrich (4. Juli) die Huldigung von Stadt und Herrschaft einnahm und alle ihre Briefe und Freiheiten bestätigte. […].

1580 den 18. Mai wurden dem Grafen Wilhelm, der den Titel eines österreichischen Hofmarschalls erhalten hatte, als weitere Verstrickung und Lokspeise alle seine österreichischen Mannlehen und Pfandschaften als freies Erbeigenthum überlassen, doch mit der Bedingung, daß er nichts davon veräußern, und alle im Falle des Erlöschens des Mannstamms der Grafen von Zimmern […] an Österreich heimfallen soll. […] Dem getäuschten Grafen hätten endlich die Augen aufgehen sollen, als Erzherzog Ferdinand 1591 seinem Sohn Markgraf Carl von Burgau die Anwartschaft auf alle von Graf Wilhelm von Zimmern inhabende östreichische Pfandschaften und Lehen ertheilte. […] Allein die Hände waren dem alternden Grafen durch den Vorgang v. J. 1580 gebunden!

1594 im September starb Graf Wilhelm, dieser letzte männliche Zweig der Freiherrn und Grafen von Zimmern, unter deren Herrschaft Oberndorf 134 Jahre gestanden war, ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen.

Da hat es den Anschein, dass sich ein Erzherzog als Erbschleicher betätigte

Der Graf Wilhelm hatte 8 überlebende Tanten, auf die sich das restliche Erbe verteilte.

Sehen wir uns den Artikel einmal etwas näher an, der Link dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Zimmern

Zunächst erfahren wir, dass abzusehen war, dass die Ehe kinderlos bleiben wird, weswegen Graf Wilhelm hohe Ämter am Hofe des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol auf Schloss Ambras bei Innsbruck erhält. ("auf Schloss Ambras bei Innsbruck" ist zwar eigentlich in diesem Kontext unnötig, aber damit ist immerhin klar, um welchen Habsburger es sich handelt). Eine direkte Referenz, wo diese Behauptung her hat, fehlt. Auffällig ist auch, dass nichts Konkretes über die Ehe hier steht, nicht einmal, wann sie eigentlich geschlossen wurde. Wie lange war er bereits verheiratet? Nicht einmal die Herkunft der Ehefrau wird genannt. Es wäre auch sicher interessant, zu wissen, ob das Paar tatsächlich keine Kinder hatte oder diese bereits als Säuglinge starben, die Ehefrau mehrere Fehl- oder Totgeburten hatte etc.

Dann wird wortwörtlich aus einer Chronik, also einem Geschichtsbuch aus dem 19. Jahrhundert, zitiert. Sekundärliteratur aus dem 19. Jahrhundert (1836), gut, aber der Begriff Chronik verweist eher auf eine Zeitquelle oder ein literarisches Werk, ist also nicht unproblematisch. Davon abgesehen geht es offensichtlich in dieser Chronik um Oberndorf? Andererseits aber scheint es doch, dass Graf Wilhelm nicht nur Besitz in Oberndorf hatte, wie seine Titel zeigen: Grafen und Herrn zu Zimmern, Herrn zu Wildenstein und Meßkirch. Dass seine österreichischen Mannlehen und Pfandschaften alle auf Oberndorf beschränkt waren, das würde doch bedeuten, dass dieser Besitz nicht allzu groß gewesen ist. Daneben entsteht der Eindruck, 1563 war Graf Wilhelm Besitzer von Oberdorf (freies Eigen), 1580 dagegen wurde alles erst freies Eigen.

Ich frage mich außerdem, wo hier eine Täuschung vorlag.
Graf Wilhelm führt den Titel eines österreichischen Hofmarschalls, das deutet daraufhin, dass er de facto oder de forma entweder Hofmarschall von Erzherzog Ferdinand (II.) war oder einem anderen Habsburgerhof zugehörig. Es geht also um landesfürstliche Beziehungen. Andererseits ist die Sekundärliteratur 19. Jahrhundert und zu dieser Zeit wurde gewöhnlich überhaupt nicht zwischen Kaiser, Reich und Landesfürst entschieden. Der Hofmarschall könnte sich also auf den Hof des Kaisers ebenfalls beziehen.

1580 erhält Graf Wilhelm ein offensichtlich verlockendes Angebot. Alle österreichischen Mannlehen und Pfandschaften werden ihm als freies Erbeigenthum überlassen, dies allerdings unter der Bedingung, dass er nichts davon veräußern darf und dass alle diese Besitzungen wieder an das Haus Österreich zurückfallen, wenn er keine männlichen Nachkommen hat.

Das bedeutet also, dass das Haus Österreich landesfürstliche Besitzungen, die ihm (und somit nicht dem Reich gehören) ihm als "freies Eigen" überlässt. Zurzeit verfügt er zwar bereits über diese Besitzungen, aber noch gehören sie offiziell dem Haus Österreich. Einen Teil hat er zu Lehen, wobei die Bezeichnung Mannslehen bedeutet, dass diese Lehen an seine Söhne vererbt werden dürfen. Die Pfandschaften bedeuten wiederum, dass ihm oder seinem Vorfahren das Haus Habsburg Besitzungen gegen Geld überlassen hat. (Entweder handelt es sich um Pfänder, mit deren Einkünften sich der Kredit ablöst oder um Sicherstellungen bis das Geld zurückgezahlt ist.)

Das bedeutet aber. Bisher gehören die Besitzungen (Mannslehen, Pfandschaften) dem Haus Österreich-Habsburg und sie sind nur vorübergehend in seinem Besitz. Mit der Umwandlung in freies Eigen ändert sich das, sie werden tatsächlicher Besitz von ihm und seiner Söhne und Enkel.

Ist es denn wirklich ein Betrug oder eine Erbschleicherei, wenn das Haus Österreich-Habsburg sich zumindest als Gegenleistung die Option einer Rückgabe über den Erbweg offenhält und eine Bedingung stellt, mit welcher verhindert werden soll, dass Teile dieses Geschenkes veräußert werden.

Immerhin, selbst wenn der Graf keine Sohn hat, so ist er nun auf Lebzeiten der Besitzer dieser früheren Mannslehen und Pfandschaften und bezieht daraus Einkünfte, kann sie wirtschaftlich nutzen (beziehungsweise ausbeuten) etc.

Eine Täuschung ist da für mich nicht erkennbar.
Dass beide Parteien nicht gewusst haben, worauf sie sich einlassen, kann ich mir nicht vorstellen. Wenn der Graf Ämter wie das Marschallsamt bekleidet, wird er sicher kein ungebildeter Hinterwäldler gewesen sein. Doch auch den Habsburgern muss klar gewesen sein, welches Risiko sie dabei eingingen.

Hätte der Graf Söhne und die wieder Söhne gehabt, wären die früheren österreichischen Mannslehen und Pfandschaften, nun mehr Besitz von ihm und seinen Söhnen, für die Habsburger vermutlich auf Dauer verloren gewesen. Abgesehen davon, hätten mehrere Söhne eine Teilung zur Folge gehabt und desto mehr Zeit vergeht, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass die ursprünglichen Verträge letztlich doch noch wirksam werden können. (Nebenbei hätten auch die Habsburger aussterben können oder eine Änderung der politischen Verhältnisse hätte neue politische Möglichkeiten eröffnen können.)

Warum eigentlich musste Graf Wilhelm hilflos zusehen, dass Erzherzog Ferdinand 1591 seinem Sohn Markgraf Carl von Burgau die Anwartschaft auf alle früheren österreichische Pfandschaften und Lehen, die jetzt Graf Wilhelm von Zimmern als "freies Eigen" gehörten, sicherte. Das macht eigentlich nur Sinn, wenn Graf Wilhelm, der keine Söhne hatte, sie gerne jemand anderen vermachtet hätte. Aber warum wird diese Person nicht wenigstens genannt, wenn es sie tatsächlich gegeben hätte.

Offensichtlich betraf das Ganze wirklich nur jene Teile seines Erbes, die zuvor den Haus Habsburg-Österreich gehört hatten, da der Besitz, der nichts mit dem Kaiser und dessen Familie zu tun hatte, letztlich an Verwandte fiel.

Interessant ist übrigens, dass hier nur von Erzherzog Ferdinand und seinem Sohn die Rede. Dieser war keineswegs berechtigt, ohne die Zustimmung der übrigen Familienmitglieder dem Grafen von Zimmern Besitzungen des Hauses Österreich-Habsburg zu schenken, in dem er solche, die an den Grafen bereits verliehen und verpfändet waren, in "freies Eigen" für ihn umwandelte.

Und auch um seinem Sohn Karl diese Gebiete nach dem Rückfall an das Haus Habsburg-Österreich durch den Tod des Grafen zu sichern, erforderte die Zustimmung der übrigen Familienmitglieder und jedenfalls des Familienoberhauptes.

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24.07.2020, 12:48
Beitrag: #24
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
hier ein PDF

https://upload.wikimedia.org/wikisource/...r_Teil.pdf

aber richtig mehr zu dem Grafen wilhelm steht da auch nicht drin.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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24.07.2020, 15:35
Beitrag: #25
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Es geht doch dabei um die Frage der Täuschung und der Erbschleicherei. Zumindest die Täuschung ist für mich nicht nachvollziehbar. Hätte Graf Wilhelm den Vertrag nicht geschlossen, was wäre bei seinem Tod anders gelaufen? Wenn er keine Söhne hatte, wären die Habsburger als Landesfürsten berechtigt gewesen, die Lehen als "erledigt" einzuziehen. Bei den Pfandschaften wäre das wahrscheinlich wegen der finanziellen Ablöse komplizierter gewesen, aber da keine Söhne vorhanden waren, hätte die Habsburger ihre Besitzungen wenigstens "de forma" behalten. Die Umwandlung zum "freien Eigen" bedeutet eigentlich keine Nachteile für Wilhelm, zumindest, was den Erbfall beim Fehlen von Söhnen und den Verkauf betraf, boten aber einige Vorteile.

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24.07.2020, 15:58
Beitrag: #26
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(24.07.2020 15:35)Teresa C. schrieb:  Es geht doch dabei um die Frage der Täuschung und der Erbschleicherei. Zumindest die Täuschung ist für mich nicht nachvollziehbar. Hätte Graf Wilhelm den Vertrag nicht geschlossen, was wäre bei seinem Tod anders gelaufen? Wenn er keine Söhne hatte, wären die Habsburger als Landesfürsten berechtigt gewesen, die Lehen als "erledigt" einzuziehen. Bei den Pfandschaften wäre das wahrscheinlich wegen der finanziellen Ablöse komplizierter gewesen, aber da keine Söhne vorhanden waren, hätte die Habsburger ihre Besitzungen wenigstens "de forma" behalten. Die Umwandlung zum "freien Eigen" bedeutet eigentlich keine Nachteile für Wilhelm, zumindest, was den Erbfall beim Fehlen von Söhnen und den Verkauf betraf, boten aber einige Vorteile.


Es scheint mir auch so zu sein.
Zumindest ist mit den vorliegenden Fakten die Einschätzung jenes Chronikschreibers nicht nachzuvollziehen.
Genau der von mir aus Wiki kopierte Text mit den hingewiesenen Auslassungen ist in allen anderen Online-Quellen wörtlich zu lesen.

Es scheint sich auch hauptsächlich um Oberndorf am Neckar pp gehandelt zu haben, die oberschwäbischen Besitztümer Meßkirch, Wildenstein pp. haben seine Erben, die Tanten, das meiste verkauft. Nur wenig blieb bei den jeweiligen Familien. Die "Eigengüter" bei Oberndorf kaufte meist Rottweil

Muss ich wohl weiter einsteigen.

Interessant, zwei Generationen früher, stand Zimmer schon vor dem Ende, die Werdenbergfehde verbunden mit dem Bann durch Kaiser Friedrich III.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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29.07.2020, 11:54
Beitrag: #27
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Zitat Teresa
Zitat:Liest man dagegen keine Chroniken, sondern Berichte und Briefe, die so nebenbei etwas über den Alltag an einem Hof vermitteln, entsteht ein etwas anderer Eindruck. Wird außerdem berücksichtigt, wie viele Räume eine Herrscherresidenz hatte, wie viele Menschen für dort belegt sind etc., berücksichtigt man, die ganzen Hofämter, entsteht eher der Eindruck, dass es damals kaum so etwas wie Privatsphäre gab.

Laut Zimmerischer Chronik soll Siegmund von Tirol schließlich seine Herrschaft an Mamimilian übergeben haben, als dieser zusagte für die ca. 40 illegitimen Kinder Siegmunds zu sorgen....

überhaupt gewinnt man bei der Lektüre der Zimmerischen Chronik den Eindruck, dass das 15./16. Jahrhundert überaus "sinnenfroh" war, (jedenfalls soweit sie mir vorliegt.)

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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29.07.2020, 13:23
Beitrag: #28
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Nun, bei Kauf einer Herrschaft oder Übernahme war es durchaus üblich, auch die Schulden zu übernehmen. (Recht gut erforscht und auch als Aufsätz publiziert ist zum Beispiel die Lage der Grafschaft Hohenberg.) Was die vierzig unehelichen Kinder betrifft, die Erzherzog Siegmund der Münzreiche anerkannt haben soll, frage ich mich inzwischen, ob das nicht nur eine Behauptung ist, die so gar nicht stimmt. Zwar ist immer davon die Rede, aber bisher habe ich keine Urkunden dazu entdeckt, und dass der Erzherzog genau vierzig anerkannt hat - diese Zahl klingt doch sehr verdächtigt. Hinzu kommt, dass er eindeutig noch weitere uneheliche Kinder hatte, die anders versorgt wurden. (Um die Vaterschaft bei unehelichen Kinder anzuerkennen, war außerdem eine Voraussetzung, dass die Mutter den Status einer Freien hatte.)

Verstehen wir uns nicht falsch, ich möchte gar nicht bestreiten, dass Erzherzog Siegmund ein sehr lebenslustiger Herr war (wie übrigens auch Kaiser Maximilian I.) und kein Kostverächter, und offensichtlich hatte er Anstand genug, auch die Verantwortung für die Folgen zu tragen, aber ich vermute inzwischen, dass einiges auch im Nachhinein aufgebauscht wurde.

Abgesehen davon dürfte er sein Eheleben, er war immerhin auch zweimal verheiratet, ernst genommen haben. Nicht aus der Zimmern-Chronik, aber aus den Dokumenten um seine Abdankung wird jedenfalls deutlich, dass Maxiimilian ihm ausdrücklich sämtliche Dokumente zu bestätigen hatte, in denen es um die Einkünfte seiner zweiten Ehefrau, ihr Wittum etc. ging. Offensichtlich war er sich seiner Verantwortung als Ehemann durchaus bewusst.

Interessant ist schließlich, dass ihn die Welt der Sage und Legende, die freilich seit dem EU-Regime als verpönt gilt, trotz seiner unehelichen Kinder und seinem Fremdgehen übrigens auch aufrichtige Liebe und Zuneigung für seine erste Ehefrau unterstellt. (Da gibt es dieses Bergschloss an einem Alpensee, heute ist es eine schöne, idyllische Ruine, welches er der Sage nach für sie erbauen ließ, weil sie sich in Innsbruck nicht wohl fühlte und außerdem unter Heimweh litt.)

Vielleicht ist in diesem Fall auch etwas anderes zu beachten. Fremdgehen war keineswegs im Mittelalter ein Kavaliersdelikt, auch wenn das später so gesehen wurde. Paradebeispiel ist Karl VII. von Frankreich. Eine neuere Arbeit macht deutlich, dass sehr vieles, was über seine Beziehung zu Agnes Sorel behauptet wird, gar nicht stimmt, sondern offensichtlich die Rollen späterer Maitressen, inklusive der Entscheidung von Ludwig XIV. die Maitresse zu einem Hofamt zu machen, von der Geschichtsforschung auch auf ihn übertragen wurden.
Selbst aber in der Barockzeit, als es dank Ludwig XIV. als schick galt, sich eine Maitresse offiziell zu halten, war das bei den Habsburgern nicht der Fall. Der einzige Habsburger (Kaiser Joseph I.), bei dem sich Tendenzen in diese Richtung nachweisen lassen, hat interessanterweise den Ruf, er wäre ganz nach der Familie seiner Mutter (Haus Pfalz-Wittelsbacher) geraten und somit eigentlich gar kein typischer Habsburger gewesen.

Die Habsburger wirken bis in 19. Jahrhunderter als "prüde" und brave Biedermänner. Von fast keinem ist eine richtige Liebschaft außerhalb der Ehe bekannt geworden oder wenn es Belege dafür gibt, dann sind diese eher vage, offensichtlich wurde Fremdgehen mit Diskretion behandelt und dürfte für den Hofklatsch nicht prickelnd genug gewesen sein.

Ein paar Fälle, die offensichtlich als schmutzige Negativpropaganda einzustufen sind, gibt es zwar, aber hier ist auffällig, dass die Stories einem Schema F folgen, es fehlt ihnen eine persönliche Note oder es gibt sogar eine Vorlage, was ihre Aussagekraft und historische Zuverlässigkeit extrem beeinträchtigt.

Eheskandale sind bis ins 19. Jahrhundert ebenfalls kaum überliefert.

Es ist daher auch sicher kein Zufall, dass bekannte "Habsburger-Maitressen" wie zum Beispiel eine Barbara Blomberg, eben nicht wegen ihrer Zeit im Bett mit einem Habsburger bekannt wurden, sondern wegen langfristiger Folgen. Über die Beziehung dieser Barbara sind bis heute nur bekannt, dass sie Fakt ist und der ungefähre Ort und zeitliche Rahmen (Reichstag in Regensburg). Weitere Details sind nicht belegt, Barbara wäre heute völlig vergessen, wenn ihr Sohn es nicht zu einer Berühmtheit gebracht und sie als Witwe sich nicht statt einer Versorgung im Kloster eine Existenz als Gutsherrin erkämpft hätte.

Auch bei Maximilian hat die Liebesgeschichte mit der Ehefrau Maria die Jahrhunderte überdauert und nicht etwa die Beziehung zu einer seiner Geliebten.

Vor diesem Hintergrund wirkt ein Siegmund der Münzreiche als eine Ausnahmeerscheinung. Dazu kommt noch, dass er nicht zu den "Stammvätern" jenes Familienzweiges gezählt wird, von dem die Habsburger bis heute abstammen und auch keine Leistung erbrachte, mit der er sich sozusagen einen besonderen Platz im Familienstammbaum sichern konnte. Außerdem wurde er de facto abgesetzt, auch wenn ihm später erlaubt wurde, sozusagen zu Gunsten seines Neffen abdanken zu dürfen. Es bestand also später weder bei den Habsburgern, noch bei in der Geschichtsforschung Interesse daran, ihn als seriöses Familienmitglied oder herausragende Figur wahrzunehmen.

(Bei meinen eigenen Recherchen habe ich den Eindruck, dass sehr vieles, was ihm angelastet wird, gar nicht seine Schuld war, sondern mit Umständen zusammenhängt, die allerdings bisher nur zu gerne übersehen wurden. Mit Blick auf die aktuelle politische Lage unter dem EU-Regime wird sich das sicher nicht so schnell ändern, vielleicht überhaupt nicht mehr, da die aktuelle Forschung aus der Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus offensichtlich gelernt hat, und jetzt mit Forschungsergebnissen für alle Ewigkeit und "Zuzementieren" arbeitet.)

Was die Zimmersche Chronik betrifft, so wäre sicher sehr interessant, sie unter dem Aspekt Propaganda und Klatsch auszuwerten.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

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29.07.2020, 16:14
Beitrag: #29
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
In gewisser Weise OT,...........
oder auch nicht.

in den späteren 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts war ich Familienforscher. Ahnenforscher sagte man damals.

War immer interessant, wenn da der langhaarige auf dem Moped daherkam, und den Pfarrer nötigte ihn an seine Kirchenbücher zu lassen. Devil AngryAngryAngry
Wenn ich dann mehrfach gekommen war, kannte man sich, und es gab ein gewisses Vertrauensverhältnis.
Jedenfalls hat mir der damalige Pfarrer zu dessen Sprengel eine der Hzl.-Stammburgen gehört, erzählt, dass es im Burgweiler dort (den es noch heute gibt, von der Burg gibt es schon 500 Jahre nur noch geringe Reste)

das Recht der ersten Nacht gab.
Die neu vermählte Braut die Hochzeitsnacht auf der Burg verbringen musste.
Und diese Einrichtung wäre geschaffen worden, zur Genverbesserung der Bevölkerung!
zum Beispiel hätte es in den Orten rund um Stuttgart allüberall etliche kleine "Herzögle" gegeben. Was natürlich ganz erheblich .... usw usf

Ich war knapp 16, und es würde mich sehr interessieren wie rot meine Ohren bei dieser Erzählung leuchteten.

Jedenfalls ist der Gedanke nicht so abwegig, dass sich der eine oder andere dieser Hochwohlgeborenen als Zuchthengst verstanden hat. Von der Pferdezucht zB haben die meisten ja einiges verstanden....
Von der Ehefrau in gewissen Grenzen toleriert, da sich da ja keine Konkurrenzsituation zur Ehe entwickeln konnte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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01.08.2020, 17:03
Beitrag: #30
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
August dem Starken wird immerhin nachgesagt, dass er mit halb Dresden geschlafen haben soll. Ich halte das zwar für übertrieben, habe aber festgestellt, dass diese Geschichte immer gut ankommt und sich die, denen ich sie erzählt habe, diesen August merken. Wenn ich dagegen nur Fakten bringe (Geburts- und Sterbedatum, Eheverhältnisse, bekannteste Maitressen, politische Maßnahmen etc.), das kommt weniger gut an.

Die neuere Forschung steht der Theorie vom Recht der Ersten Nacht eher skeptisch gegenüber, unlogisch finde ich es, weil dass doch bedeuten müsste, dass der Grundherr stets potent gewesen sein, wenn eine Hochzeit anstand und dass ihm jede Braut gefiel, kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen. ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es vielleicht in gewissen Gegenden lokale Bräuche gegeben hat, zum Beispiel: Da bei Unfreien, die Erlaubnis des Herrn erforderlich war, gab es vielleicht auch Rituale, mit denen das inszeniert wurde, ohne dass es dabei tatsächlich zu sexuellen Handlungen kam. Immerhin gibt es auch heute noch Bräuche wie dass bei Hochzeiten, die Braut oder der Bräutigam "entführt" und "ausgelöst" wird, dass der Vater oder Bruder seine Tochter dem Ehemann "übergibt" (zuführt), dass ein frisch vermähltes Paar einige Wochen lang nicht offiziell zusammenlebt, "Fensterln" etc. Es könnte vielleicht wirklich irgendwo einen Brauch gegeben hat, wo der Grundherr, wenn er der Heirat zustimmt, ein symbolisches Geschenk dafür erhält. Auch die Vorstellung, dass bei einer Heirat Zahlungen / Geschenke vorgegeben sind, könnte dahinter stecken. Hatte vielleicht ursprünglich nur scherzhaften oder symbolischen Charakter - dass es dabei auch manchmal zu Missbräuchen gekommen ist, wäre vorstellbar.

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01.08.2020, 17:04
Beitrag: #31
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Vielleicht war das in Realität gar nicht anders als der Ritterschlag oder der Backenstreich und Ähnliches.

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02.08.2020, 21:22
Beitrag: #32
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Ich halte das "Recht der ersten Nacht" ebenfalls für eine Sage mit, vielleicht, geringem historischen Kern.

Ich wollte nur einen weiteren möglichen Grund nennen, warum immerhin die Möglichkeit besteht, dass Hochadlige der Vergangenheit für größere Zahlen an außerehelichen Nachwuchs gesorgt haben könnten.
Zumindest hat sich vor etlichen Jahren ein damaliger Konzernchef österreichischer Herkunft, mit ebenfalls einer größeren Zahl an "Spuriussen" in dem Sinn geäußert.
"Wenn man sich für etwas besonderes hält, und es sich leisten kann, ist man sozusagen verpflichtet, dieses Besondere in möglichst großer Zahl zu reproduzieren"
nicht wörtlich aber sinngemäß.

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02.08.2020, 21:22
Beitrag: #33
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
Ich halte das "Recht der ersten Nacht" ebenfalls für eine Sage mit, vielleicht, geringem historischen Kern.

Ich wollte nur einen weiteren möglichen Grund nennen, warum immerhin die Möglichkeit besteht, dass Hochadlige der Vergangenheit für größere Zahlen an außerehelichen Nachwuchs gesorgt haben könnten.
Zumindest hat sich vor etlichen Jahren ein damaliger Konzernchef österreichischer Herkunft, mit ebenfalls einer größeren Zahl an "Spuriussen" in dem Sinn geäußert.
"Wenn man sich für etwas besonderes hält, und es sich leisten kann, ist man sozusagen verpflichtet, dieses Besondere in möglichst großer Zahl zu reproduzieren"
nicht wörtlich aber sinngemäß.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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02.08.2020, 22:39
Beitrag: #34
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(01.08.2020 17:03)Teresa C. schrieb:  August dem Starken wird immerhin nachgesagt, dass er mit halb Dresden geschlafen haben soll. Ich halte das zwar für übertrieben, habe aber festgestellt, dass diese Geschichte immer gut ankommt und sich die, denen ich sie erzählt habe, diesen August merken. Wenn ich dagegen nur Fakten bringe (Geburts- und Sterbedatum, Eheverhältnisse, bekannteste Maitressen, politische Maßnahmen etc.), das kommt weniger gut an.

Um August ranken sich alle möglichen Legenden, u.a., dass er 354 Kinder gezeugt haben soll und dass das angebliche höhere Vorkommen von Diabetes in Sachsen auf August zurück geht.

August der Starke bekannte sich nur zu neun Kindern, seine ehelichen Sohn und acht nichtehelichen Kindern von verschiedenen Frauen. Seine Kinder wurden zwischen 1696 und 1712 geboren, d.h. er wurde zum letzten Mal mit 42 Jahren Vater. Nach der Gräfin Cosel, die er 1716 auf Burg Stolpen abschob, hatte er noch drei, wesentlich jüngere Mätressen, die bekannteste war eine Gräfin Dönhoff, die noch zu Zeiten der Cosel die Rolle der Mätresse in Warschau übernahm.

Alle drei Beziehungen blieben kinderlos und August trennte sich von den Frauen, angeblich weil sie ihm geistig langweilten. Fakt ist aber, dass August an einer schweren Diabetes litt, die ihm spätestesten ab etwa 1720 erheblich zu schaffen machte. Nach 1722 hatte er keine Mätresse.

Weibliche Gesellschaft erhielt er seit 1723 von seiner Tochter Anna Orczelska, einer Tochter einer Pariserin, die erst seit 1723 am Dresdner Hof lebte und von deren Existenz August erst spät erfuhr. Über Anna und August gab es auch bösen Tratsch. Da Augusts Gemahlin Christiane Eberhardine keine repräsentative Aufgaben mehr am Dresdner Hof wahrnahm, galt die Orczelska faktisch als erste Frau in Sachsen und Polen bis zum Tod von August im Jahr 1733.

Augusts des Starken Sohn August III. war mit der Habsburgerin Maria Josepha verheiratet. Sie hatten fünfzehn Kinder und August III. hatte auch keine Mätresse oder außereheliche Beziehungen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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02.08.2020, 22:54
Beitrag: #35
RE: das "Aussterben" von Hochadelsfamilien
(29.07.2020 13:23)Teresa C. schrieb:  Es ist daher auch sicher kein Zufall, dass bekannte "Habsburger-Maitressen" wie zum Beispiel eine Barbara Blomberg, eben nicht wegen ihrer Zeit im Bett mit einem Habsburger bekannt wurden, sondern wegen langfristiger Folgen. Über die Beziehung dieser Barbara sind bis heute nur bekannt, dass sie Fakt ist und der ungefähre Ort und zeitliche Rahmen (Reichstag in Regensburg). Weitere Details sind nicht belegt, Barbara wäre heute völlig vergessen, wenn ihr Sohn es nicht zu einer Berühmtheit gebracht und sie als Witwe sich nicht statt einer Versorgung im Kloster eine Existenz als Gutsherrin erkämpft hätte.

Bei Karl V. sollte man aber beachten, dass er zum Zeitpunkt der Zeugung seiner unehelichen Kinder nicht verheiratet war. Bei Margarete von Parma war er noch nicht verheiratet, bei Juan d'Austria war er bereits verwitwet. Soweit ich informiert bin, hatte er während seiner Ehe mit Isabella von Portugal keine außerehelichen Beziehungen.

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