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Guillaume und Jian Affären im Vergleich
01.05.2024, 11:08
Beitrag: #1
Guillaume und Jian Affären im Vergleich
Die Guillaume Affäre und der Rücktritt von Willy Brandt als Folge davon war das erste politische Ereignis in Deutschland dass ich einiger Massen nachvollziehbar als 10jähriger mitbekam.

Der Umgang mit dem wegen Spionage für China verhafteten Jian G. ist für mich auch für den Vergleich mit dem damaligen Umgang mit der Guillaume Affäre interessant. Als Jugendlicher hatte ich auch den Spiegel gelesen, da ich den immer Montag am frühen Nachmittag im Kiosk für meinen Vater kaufte, das Wechselgeld durfte ich jeweils als Taschengeldaufbesserung behalten.

Die Guillaume Affäre jährt sich zu allem auch noch zum 50. Mal, was es noch reizvoller machen sollte, sie mit der heutigen Zeit zu vergleichen.

Die Unterschiede sind dabei schon auf den ersten Blick erheblich, denn der EU Parlamentarier Maximilian Krah ist nicht Bundeskanzler, gehört zur Opposition und es ist fraglich, welche wirklich sensiblen Informationen einer seiner Mitarbeiter überhaupt einsehen kann.

Interessant aber sicher auch, wie hat damals die Opposition auf die Affäre reagiert? Ein Richard von Weizsäcker von der CDU hat sogar Willy Brandt aufgefordert, nicht zurückzutreten, wie dieser zeitgenössische SPIEGEL Artikel besagt (ganz am Schluss). Dies natürlich im Gegensatz zu Franz-Josef Strauss.

https://www.spiegel.de/politik/affaere-g...39134?cont
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01.05.2024, 18:50
Beitrag: #2
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
Jetzt in der Sache etwas gelesen, und bei Brandt soll damals den Ausschlag gegeben haben, dass Guillaume gut über seine Frauengeschichten informiert war - und das hätte Brandt persönlich nicht ausgehalten. Ja, die Politik ist ein schmutziges Geschäft und Saubermänner sind selten.

Andererseits hat man auch in Ost-Berlin erkennen müssen, die Sache war nicht hilfreich, gewisser Massen ein Schuss nach hinten. Auch hier war der Informationsgewinn wohl gering im Vergleich zum Schaden, den man in den eigentlich sich bessernden Beziehungen angerichtet hat. Es kam Helmut Schmidt, der offenbar auch für Franz-Josef Strauss eine passable Lösung war. Der Doppelbeschluss sollte letzlich eine Entwicklung einleiten, die die DDR und den gesamten Ostblock letztlich vor unlösbare Aufgaben brachte.

Den Wandel durch Annäherung hat es aber nicht verhindert und war wohl so oder so nicht entscheidend für das Ende des Ostblocks im Jahre 1989 resp. 1991.

Oder wie denkt Ihr darüber. Mindestens einer hier hat das ja schon als junger Erwachsener erlebt, da bin ich gespannt und hoffe auf persönlich gefärbte Erinnerungen und Einordnungen.
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01.05.2024, 21:51
Beitrag: #3
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
Der von dir genannte F.J. Strauss soll einmal gesagt haben, das billigste wäre es, wenn sich die "Schlapphüte" jeden morgen treffen würden, und sich die jeweiligen Geheimnisse austauschen würden.
Bekannt würde das alles sowieso werden, und man würde viel Geld sparen.

Aber ein Riesenerfolg für Mischa Wolf und die Stasi war das natürlich schon.
Vergleichbar mit dem 1.0 Sieg von Hamburg.
Gebracht hat das nichts, aber dem DDR-Ego tat es wohl.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.05.2024, 09:21
Beitrag: #4
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
(01.05.2024 21:51)Suebe schrieb:  Der von dir genannte F.J. Strauss soll einmal gesagt haben, das billigste wäre es, wenn sich die "Schlapphüte" jeden morgen treffen würden, und sich die jeweiligen Geheimnisse austauschen würden.
Bekannt würde das alles sowieso werden, und man würde viel Geld sparen.

Das hat was. Es ist aber häufig noch die Frage, ob es nicht besser ist, wenn der Gegner mehr weiss - ich denke da an die Sowjetunion von 1941, die wohl mehr Einwohner hatte, als es der Adolf und sein Rudel gedacht haben, vor allem aber in der Rüstungstechnik mit dem T 34 Panzer und den Katjuscha Raketen in zwei Feldern führend waren. Auch dass die Amis den Sowjets massiv unter die Arme greifen würden, hätte ihn - vielleicht - davon absehen lassen, den Angriff zu wagen. Wer weiss.

(01.05.2024 21:51)Suebe schrieb:  Aber ein Riesenerfolg für Mischa Wolf und die Stasi war das natürlich schon.
Vergleichbar mit dem 1.0 Sieg von Hamburg.
Gebracht hat das nichts, aber dem DDR-Ego tat es wohl.

Brežněv soll ja Honecker zusammengeschissen haben, dass er Guillaume nicht "abgeschaltet" hat. Einfach eine neue "berufliche Herausforderung" suchen lassen, er hatte ja einst einen Tabakladen. Letztlich hat es aber weder genützt, noch geschadet.

Noch zum Sieg in Hamburg - der DDR Fussball war ja nicht nur viel weniger erfolgreich als der westdeutsche, auch im Vergleich mit den sozialistischen Ländern war er deutlich weniger erfolgreich, vor allem die Nationalmannschaft.

Nur wenige wissen, dass nach dem grossen Erfolg in Hamburg eine Durststrecke von sieben nicht gewonnenen Wettbewerbsspielen folgen sollten.

Zuerst wurden an der WM 74 die beiden folgenden Spiele der 2. Finalrunde gegen Brasilien und den Niederlanden verloren, gegen Argentinien gab es dann noch ein 1:1. Das war aber noch irgendwo im Bereich des erwartbaren.

Fast schon desaströs sollte dann die Qualifikation für die folgende EM verlaufen. In einer überschaubar schweren Gruppe mit Belgien, Frankreich, die damals deutlich schwächer waren als heute und sich auch nicht hatten für die WM 74 hatten qualifizieren können, blamierten sie sich zu Hause gegen Island mit einem 1:1. Es war der erste Punktegewinn der Nordseeinsulaner überhaupt in einem Qualifikationsspiel. Damit nicht genug, im Rückspiel erlitten sie eine Niederlage auf Island und kamen so zum unerwünschten Privileg, auch den ersten Sieg der Isländer gesorgt zu haben. Trotz Siegen gegen Belgien und Frankreich zum Abschluss, wurden die Belgier Gruppensieger, die dann im Viertelfinale mit 0:5 und 1:2 den Holländern unterlagen.
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05.05.2024, 11:24
Beitrag: #5
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
Diese Schlappen wurden damals mehr oder weniger heruntergespielt. Der Olympiasieg der DDR-Mannschaft im Jahr 1976 wurde aber hochstilisiert. Trainer und der Großteil der Spieler waren ja sowohl bei der WM 1974 als auch bei Olympia 1976 dabei.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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12.05.2024, 09:12
Beitrag: #6
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
(01.05.2024 18:50)Marek1964 schrieb:  Den Wandel durch Annäherung hat es aber nicht verhindert und war wohl so oder so nicht entscheidend für das Ende des Ostblocks im Jahre 1989 resp. 1991.

Oder wie denkt Ihr darüber. Mindestens einer hier hat das ja schon als junger Erwachsener erlebt, da bin ich gespannt und hoffe auf persönlich gefärbte Erinnerungen und Einordnungen.

Na ja der s.g. "Wandel durch Annäherung" war ja nur einseitig. Der normale DDR Bürger hat so gut wie nichts im Verhältnis der Jahre davor abbekommen.
Die Ristriktionen gegen eine wie auch immer geartete Opposition gingen auch bei der o.g. Politik im Inneren der DDR weiter.
Geheimdienstlich ist es ein großer Coup so dicht an eine Führungsperson einen Spitzel zu setzen. Was dieser herausgefunden hat oder nicht entzieht sich unserer Kenntnis. logisch für einen Geheimdienst.
Nur die noch Lebenden mit dem Fall befassten HVA Mitglieder und den Führungsoffizieren wäre etwas herauszubekommen, aber da gilt Eisernes Schweigen.
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12.05.2024, 15:45
Beitrag: #7
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
(12.05.2024 09:12)solon schrieb:  
(01.05.2024 18:50)Marek1964 schrieb:  Den Wandel durch Annäherung hat es aber nicht verhindert und war wohl so oder so nicht entscheidend für das Ende des Ostblocks im Jahre 1989 resp. 1991.

Oder wie denkt Ihr darüber. Mindestens einer hier hat das ja schon als junger Erwachsener erlebt, da bin ich gespannt und hoffe auf persönlich gefärbte Erinnerungen und Einordnungen.

Na ja der s.g. "Wandel durch Annäherung" war ja nur einseitig. Der normale DDR Bürger hat so gut wie nichts im Verhältnis der Jahre davor abbekommen.
Die Ristriktionen gegen eine wie auch immer geartete Opposition gingen auch bei der o.g. Politik im Inneren der DDR weiter.
Geheimdienstlich ist es ein großer Coup so dicht an eine Führungsperson einen Spitzel zu setzen. Was dieser herausgefunden hat oder nicht entzieht sich unserer Kenntnis. logisch für einen Geheimdienst.
Nur die noch Lebenden mit dem Fall befassten HVA Mitglieder und den Führungsoffizieren wäre etwas herauszubekommen, aber da gilt Eisernes Schweigen.

Vielleicht ein interessanter Artikel zu den Verhandlungen über den Milliardenkredit an die DDR durch Franz-Josef Strauss - von der DDR Seite geführt durch Schalck-Golodkowski, damals im Westen unbekannt. So schrieb er 1989


Zitat:Die Praxis der Grenzabfertigung, das Gebrüll und Geschrei, die Schikanen, man meint ja wirklich, man kommt in einen Zuchthausstaat, wenn man bei Ihnen als normaler Tourist die Grenze überschreitet. Dieses Verhalten Ihrer Grenzorgane steht im scharfen Gegensatz zum Grundlagenvertrag - oben die schönen Worte, unten die brutale Praxis.«

Schalck-Golodkowski: »Was verlangen Sie von uns?« Meine Antwort: »Das ist ganz einfach. Wir wollen einen normalen, freundlichen Umgangston, eine korrekte Abfertigung. Ich unterstütze weder Zoll- noch Devisenvergehen, die Ihre Wirtschaft ruinieren, aber Behandlung und Kontrolle müssen den zivilisatorischen Gepflogenheiten entsprechen. Die Unfreundlichkeit, das Geschrei, der Kasernenhofton müssen aufhören!«

Schalck-Golodkowski: »Wenn wir das ändern, wären Sie dann bereit, das Gespräch fortzusetzen? Ich muß morgen dem Staatsratsvorsitzenden Bericht darüber erstatten, wie das Gespräch mit Ihnen verlaufen ist.« - »Dann sagen Sie ihm erstens, wie Sie hier behandelt und aufgenommen worden sind, zweitens unseren guten Willen und drittens unsere generelle Forderung. Wenn wir merken, daß sich in den nächsten Wochen etwas ändert, dann führen wir ein zweites Gespräch, sonst vergessen wir es.«

Es dauerte 14 Tage. Dann kamen die ersten Meldungen vom Bundesgrenzschutz und von der Bayerischen Grenzpolizei, daß in der Behandlung der Reisenden eine Veränderung zu konstatieren sei, und zwar entlang der gesamten Demarkationslinie bis hinauf nach Lübeck. Weitere 14 Tage später kam es zum zweiten Gespräch mit Schalck-Golodkowski.

https://www.spiegel.de/politik/was-verla...0013495222

Konnte mich an den Artikel erinnern und an das Wort Zuchtshausstaat - so war es leicht zu finden. Die Frage allerdings bleibt im Raum, ob von den Lockerungen die DDR Bürger profitiert haben.
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12.05.2024, 19:20
Beitrag: #8
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
Geändert hat sich in den 80er Jahren schon einiges.
Der "normale" DDR-Bürger konnte plötzlich, so er im Rentenalter war, nach Mallorca fahren. Nur so zum Bleistift.
Fällt mir so kurz mal ein.

Die Großkredite wurden im Westen durchaus diskutiert, aber Strauß z. B. meinte, warum sollen wir denen nicht helfen. Es sind Deutsche und können nichts für die Situation bis in die Regierung hinein.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.05.2024, 09:09
Beitrag: #9
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
(12.05.2024 19:20)Suebe schrieb:  Geändert hat sich in den 80er Jahren schon einiges.
Der "normale" DDR-Bürger konnte plötzlich, so er im Rentenalter war, nach Mallorca fahren. Nur so zum Bleistift.
Fällt mir so kurz mal ein.

Der normale Rentner durfte schon immer in den Westen fahren (Ausnahmen politisch bestätigen die Regel).
Es durften jetzt normale DDR Bürger zu dringenden Familienangelegenheiten in den Westen, natürlich nach gründlicher Überprüfung. Dazu wurde in Berlin-Schöneweide die Pass-und Meldestelle der Stasi massiv aufgerüstet.
Der Stand war 1/3 der Anträge wurde genehmigt, 2/3 abgelehnt.
Zum Ende der DDR 88/89 kehrte sich dieses Verhältnis um.
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14.05.2024, 17:22
Beitrag: #10
RE: Guillaume und Jian Affären im Vergleich
Nee nee,
die Reiserechte für die Ostrentner hat W. Brandt 1969 bei den Ostverträgen herausgehandelt. Zuvor seit 1964 nur auf Einladung aus dem Westen.
Ab 1970 gab es dann auch "Begrüßungsgeld" aus der Staatskasse der BRD.
Wobei bis 1984 jährlich zwischen 40.000 und 70.000 DDR-Rentner die Reisefreiheit nutzten.
1987 waren es dann schon 1,6 Millionen.
Scheckbuch-Diplomatie nannte man das damals.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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