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Presseschau Das Kapital - neu gelesen
05.01.2016, 00:48
Beitrag: #27
RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen
Es ist durchaus diskutabel, dass ein Teil der sozialistischen Ideen eine Fortführung von mittelalterlichen Gedanken sind. Die staatliche Sozialversicherung könnte man mit dem Schutz der Vasallen durch den Lehnsherrn vergleichen, Zünfte haben durchaus planwirtschaftliche Züge und der Reichtum der Privatbankiers wurde im Mittelalter und wird auch heute beargwöhnt.

Dass heißt aber nicht, dass Profit und Profitstreben Vorteile für ALLE (im gleichen Maß) bringen. Wenn der Profit oder der produzierte Mehrwert nur zum Reichtum einer Oligarchie führt und die gesellschaftlichen Lasten (Umweltverschmutzung, Arbeitslosigkeit) sozialisiert werden, haben nur WENIGE einen Vorteil daraus. Ideal wäre, wenn die erwirtschafteten Profite in Zukunftsprojekte investiert werden. Es ist schon richtig, dass Produktionsprozesse so gestaltet werden, dass Profite erwirtschaftet werden. Aber die Verantwortlichen der norwegischen Erdöl- und Erdgasindustrie handeln m.E. verantwortungsbewusster als die russischen Oligarchen oder arabischen Scheichs. D.h. in Norwegen profitiert letztlich jeder Bürger von einer profitablen Wirtschaft, in Russland aber nicht.

Adam Smith schrieb ja auch, dass wenn der Markt es hergeben würde in Schottland Wein hergestellt werden könnte. Aber er schätzte die klimatischen Bedingungen, die Böden und wohl auch das Know How der Schotten so ein, dass dieser Wein dann zu teuer für die (britischen) Verbraucher wäre, die den Preis nicht zahlen würde. Subventionen würden nichts bringen, da weder eine Steigerung der Erträge zu erwarten wäre und der Verbraucher wäre auch nicht bereit, einen höheren (kostendeckenden) Preis zu zahlen. Ob im 21. Jh. ein höherer Preis für schottischen Wein (Exklusivität, ökolog. Anbau u.a.) gezahlt würde, ist vielleicht bei entsprechenden Marketing und PR denkbar, im 18. Jh. konnte sich das niemand vorstellen. Deswegen hätte der Anbau von Wein den Schotten keinen Nutzen gebracht und es war richtig, ihn aus dem Ausland einzukaufen.

Wenn wir aber Smith Gedanken vom Wein auf die Schafzucht beziehen, sieht es anders aus. Noch dazu, weil die Einzäunung für die Weiden seit dem 16. Jh. bereits viele bäuerlichen Existenzen in England und Schottland vernichtet hatten. Die billige Schafswolle aus Spanien, später von Australien, Neuseeland u.a. Ländern seit der 1. Hälfte des 19. Jh führte dazu, dass wieder viele Engländer und Schotten ihre Existenzgrundlagen verloren. Wer hatte hier den Nutzen? Der verarmte Schafhirte, der als Tagedieb in eine britische Kolonie deportiert wurde oder einer der Textilfabrikanten von Manchester, die genügend Zulauf an hart schuftenden Arbeiter hatten? Im Jahr 2016 würde wohl jeder Brite sagen, dass der Manchesterkapitalismus eine notwendige Epoche war, aber die betroffenen Arbeiter werden damals wohl eine andere Meinung gehabt haben.

Gewinn und Reichtum sind Sünde. Dieser Grundsatz muss in unserer Kultur fest verankert sein. Und dies auch bei Leuten wie Jakob Fugger, John D. Rockefeller, Andrew Carnegie, die Krupps, Hugo Stinnes, Bill Gates u.v.a., die große Teile ihrer z.T. rücksichtslos erwirtschafteten Profite in soziale Stiftungen oder Projekte investieren.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Presseschau Das Kapital - neu gelesen - Sansavoir - 05.01.2016 00:48
Beinahe amüsant - Lucius - 05.01.2016, 04:42

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