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Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
20.05.2015, 15:49
Beitrag: #40
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Wir hatten uns (zunächst in Beitrag 6 und dann ab Beitrag 15) über den Niedergang des friesischen Handels bzw. zumindest ihres Handelsprivilegs unterhalten. Mittlerweile habe ich dazu folgende Aussage gefunden:
"[...] die friesische Aktivitäten [im Handel] gehen zurück, die Gründe dafür sind nicht bekannt. Vermutlich liegen sie in dem Widerwillen der Friesen in Städten zu leben, und das zu einem Zeitpunkt, als die Stadt zur eigentlichen Antriebskraft der Wirtschaft wird." (Dieter Zimmering: Die Hanse. Handelsmacht im Zeichen der Kogge. Gondrom, Bindlach 1993, S. 51.)

Bei der wörtlichen Auslegung dieser Interpretation wäre ich vorsichtig. Ich halte es für stark vereinfachend, zu behaupten, die Friesen als rustikal/ländlich veranlagtes Volk habe partout nicht in die Stadt ziehen wollen. Die Städte waren damals noch relativ ländlich geprägt und von landwirtschaftlich genutzten Flächen durchsetzt; außerdem haben wirtschaftliche Motive bisher so ziemlich jedes Volk irgendwie verändern können. (Off Topic Beispiel, das ich heute mitgekriegt habe: Sesshaftwerdung der arabischen Nomaden zum Zwecke des Weihrauchhandels in der Antike, Stichwort Nabatäer)
Dennoch dürfte ein wahrer Kern in dieser Behauptung stecken. Es ist gut vorstellbar, dass die Friesen aufgrund ihrer Arbeits- und Handelsweise mit den neuen Wirtschaftsmethoden des Hoch- und Spätmittelalters wie besonders der Urbanisierung nicht mithalten konnten. Nicht, dass sie einen Widerwillen zeigten, in Städten zu leben, wo sie doch vorher schon eigene Handelsniederlassungen gründeten (Stichwort Ortsname "Friesenheim", ebenfalls weiter oben in diesem Thread diskutiert). Eher haben vermutlich ihre vergleichsweise archaischen Produktionsverhältnisse und -methoden der aufkommenden städtischen Konkurrenz, die nach moderneren Methoden und in moderneren Ausmaßen Handel trieb, nicht standhalten können, ob sie es wollten oder nicht.
Kurz gesagt: Ein friesischer Händler wird sich kaum bewusst dagegen entschieden haben, von seinem Handelsposten (der in vielen Fällen bereits in einer Stadt lag) in die bzw. in eine größere Stadt zu ziehen, wenn ihm sonst der Verlust seines Geschäftes drohte. Und wenn dies einmal geschehen ist, dann wohl eher als Einzelfall. Stattdessen haben die einheimischen, hanseatischen oder sonstigen Händler dem Friesen ganz klassisch Konkurrenz geboten und aufgrund ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit verdrängt.

VG, der Maxdorfer

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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Byzanz und seine Handelsrouten - Teil 1: - WDPG - 27.09.2012, 14:01
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters: - Maxdorfer - 20.05.2015 15:49

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