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Moderne Erziehung und Werteverfall
24.04.2014, 11:01
Beitrag: #60
RE: Moderne Erziehung und Werteverfall
(24.04.2014 09:22)Bunbury schrieb:  Das it der preis, den man auf dem Land nun mal bezahlt. Man kann nicht immer tun, was man selbst für richtig hält, sondern muss tun, was allgemein für richtig gehalten wird.

So krass würde ich es nun auch wieder nicht ausdrücken. Denn: Wo ist man denn heute schon noch "auf dem Land"? Die meisten Dörfer außer in der hinteren Walachei sind heute mow "verstädtert". Die meisten Einwohner sind Pendler in irgendwelche größeren Städte oder sind aus Städten zugezogen, was zur Folge hat, dass sie ihre Lebensweisen anpassen bzw. mitbringen.

In manchen Dörfern gibt es daher zwei Gesellschaften: Die wenigen "Alteingesessenen", bei denen die Männer zum Frühschoppen gehen und die Frauen zum Frauenbund und die darauf achten, dass keiner "aus der Reihe tanzt", indem sie sich etwa das Maul zerreißen, wenn´s z.B. wo offensichtliche Eheprobleme gibt oder die Kinder "einfach unglaublich" sind. Und die vielen "Zugezogenen", die ihrerseits wieder über"die Alten" lästern und ihren städtischen Lebensstil pflegen, zum Teil wenig Kontakt zu Nachbarn haben, zum Teil aber auch Kinderaufsicht teilen, miteinander Ausflüge machen und Grillwettbewerbe veranstalten. In Sportvereinen überschneiden sich oft beide Gesellschaften.

Die Kinder kriegen das natürlich mit, etwa wenn der Spielkamerad aus einer "alteingesessenen" Familie stammt und man selber nicht. Die Unterschiede fallen schnell auf, wenn´s etwa darum geht, wer wann und wie lange zum Spielen kommen darf oder wie und wann was gegessen wird. Sie vergleichen dann und picken sich das raus, was ihnen gefallen würde. Die Eltern müssen dann ihren Standpunkt durchsetzen. Oder sie tun es nicht, lassen den Kindern ihren Willen bzw. richten sich etwa bei Essens- und Bettgehzeiten nach den Wünschen der Kinder. Wenn (!) sie dann z.B. auch feste Hausaufgabenzeiten durchsetzen wollen, stehen sie vor einem Problem. Was wiederum Auswirkungen auf die schulischen Leistungen hat. Die "Alteingesessenen" neigen oft dazu, ihre Regeln den Kindern gegenüber durchzusetzen, die "Zugezogenen" neigen öfter dazu, eine freiere Erziehung auszuüben.

Werden die Kinder dann jugendlich, geht´s weiter. Gibt´s einen starken Sportverein, treffen sich die Jungs (v.a. der Alteingesessenen) beim Fußballverein und ihre Freundinnen ebenso. Die "Zugezogenen" machen teilweise mit, verbringen ihre Freizeit aber auch im Einkaufszentrum in der Stadt (wo die "Alteingesessenen" allerdings auch mitmachen, v.a. die Mädchen gehen so oder so "shoppen"). Abends am WE treffen sich wieder alle in der Disko. Aber bei den "Alteingesessenen" ist die Tendenz, relativ früh zu heiraten, ein Häuschen zu bauen und in der Nähe des Dorfes zu bleiben, im Allgemeinen höher als bei den "Zugezogenen", abhängig natürlich auch davon, ob man auf eine weiterführende Schule (in der Stadt) geht und studiert etc. Dann gründet man genauso spät wie die "Zugezogenen" eine Familie.
Inwieweit die Eltern da dreinfunken können, etwa indem sie ein bestimmtes Freizeitverhalten fördern oder nicht, indem sie das Alkoholverhalten tolerieren oder nicht oder indem sie eine bestimmte schulische Laufbahn fördern oder nicht, das hängt viel davon ab, wie weit sie ihre Sprößlinge schon im Kindesalter beeinflusst haben oder nicht.

Das alles ist jetzt kein soziokultureller Schmu aus einem schlauen Buch, sondern basiert auf Beobachtungen in meinem zentralbayerischen Umfeld (aufgewachsen und nach 15 Jahren "Herumtreiben" in größeren Städten wieder wohnhaft in einem Pendlerdorf mit noch einer Handvoll Bauernhöfe, in die Schule gegangen in die nächstgrößere Stadt, etwa 10km entfernt, beruflich die letzten 25 Jahre in drei Städten mit 300.000, 100.000 und 30.000 Einwohnern tätig gewesen).
Nach meinen Erfahrungen, teilweise durch eigene Anschauung gewonnen, teilweise durch Erzählungen von Studienfreunden und Arbeitskollegen aus ganz Deutschland (Esslingen, Hamm/Westfalen, Hamburg, Berlin, Köln, Wolfsburg), ist es kein großer Unterschied, ob man auf so einem Pendlerdorf in Bayern oder in BaWü oder in Niedersachsen oder im Berliner Umland lebt. Das Zusammenspiel zwischen Alteingesessenen und Zuwanderern bzw. dezidiert ländlich oder städtisch Lebenden ist überall ungefähr gleich. Und damit auch die Erziehungs"probleme" bzw. -entwicklungen.

VG
Christian
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