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Umgang mit der NS-Vergangenheit
22.06.2014, 14:37
Beitrag: #22
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
Du beziehst Dich ausschliesslich auf Deutsche und vor allem wikipedia Quellen. Gerade in solchen Thematiken keine verlässliche Basis. Ich werde mal versuchen, irgendwo die Publikationen der deutsch-tschechischen Historikerkommission zu finden.

Was in Deutschland gelehrt oder publiziert wird ist ja nicht Gegenstand der Diskussion - die Frage ist ja, wei das jeweils in den betreffenden Ländern aussieht. Dass man die unmotivierten und insgesamt viel gravierenderen Verbrechen der Nazis mehr thematisiert als die Gewaltakte bei den Vertreibungen und Aussiedlungen, die als Reaktion darauf erfolgten, wie auch Thomas und Golo Mann das festhalten, hat aber schon seine Logik.

Die Vertreibungen, die wilden Aussiedlungen, kamen aufgrund der sechsjährigen Besatzung und dem durchaus gegebenen Terror zu Stande. Auch wenn er selektiver war als in Polen oder der Sowjetunion, so konnte es durchaus passieren, dass jemand wegen einem politischen Witz mitsamt seiner Familie erschossen wurde. Auch die sinnlosen Kämpfe in den letzten Tagen des Krieges steigerten den Hass noch einmal. Dann kamen die ersten Filmaufnahmen der befreiten Konzentrationslager. Man nahm die Deutschen insgesamt als Gefahr war, das hatte mit dem perfiden System der Nazis zu tun, bei dem eben die ganze Deutsche Nation als Unterdrückungsmechanismus wirkte, teils freiwillig, teils manipuliert, teils unfreiwillig, aber in der Wahrnehmung der unterdrückten Völker als homogener Block. Dass es dann zu Gewaltexzessen kam, lag auf der Hand, dass massvolle Stimmen wie die meines Onkels da keine Chance hatten, leider auch. Wichtig ist dabei auch, dass gerade die intellektuellen Eliten, die naturgemäss hätten zur Mässigung aufrufen können, von den Nazis umgebracht worden sind.

Diese Periode ging aber nicht so lange und wurde vor allem auf Druck der Alliierten noch vor der Konferenz von Potsdam eingestellt. Was danach passierte, lag vor allem an den Roten Garden und der Armee, dass sich ein Mob dazugesellte, dürfte auf der Hand liegen, aber es wäre an der Armee gelegen, für Ordnung zu sorgen und sie tat leider genau das Gegenteil.

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, wie schon gesagt, arbeitet die eigene Geschichte durchaus nicht auf, auch etwa den Terror an den nicht nationalistischen Deutschen in Böhmen und Mähren schon vor 1938 und an der spezifischen Rolle der Sudetendeutschen in der Besatzungszeit. Wenn man das verstehen soll, dann muss man auch verstehen, dass man von der anderen auch kein Entgegenkommen erwartet werden kann. Die Landsmannschaften verbreiten ein Zerrbild, haben aber vor allem in Bayern einigen Einfluss. Es gab in der Vergangenheit einige positive Versöhnungszeichen von tschechischer Seite, die aber keine Änderung der Politik der Landsmannschaften nach sich zog.

Die sogenannten Beneš Dekrete sind schon lange wirkungslos, eine Abschaffung wäre etwa so sinnvoll wie die Aufhebung der Beschlüsse von Potsdam, die dazu die Grundlage bildete. Dies als Bedingung für die Aufnahme in die EU festzusetzen, wäre angesichts der Vorgeschichte ungeheuerlich und zum hatte zum Glück nirgendwo eine echte Chance.

Wahr ist aber, da gehe ich mir Dir einig, dass das Problem sich allmählich erledigen wird, die Erlebnisgeneration stirbt aus, zwar gibt es bei den Landmannschaften einen Präsidenten der zweiten Generation, aber das ist eine Ausnahme.

Die meisten sehen das als Konsequenz des Krieges und der Naziherrschaft und das ist auch gut so.
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RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit - Marek1964 - 22.06.2014 14:37

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