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Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
17.12.2014, 17:11
Beitrag: #41
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(17.12.2014 15:57)Dietrich schrieb:  Dass es neben dem vorrangigen Ziel der Schaffung eines deutschen Nationalstaates auch innenpolitische Forderungen gab, versteht sich von selbst. Dazu zählten u.a.: Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Amnestie sowie Vollendung der Bauernbefreiung und Beseitigung der noch bestehenden Feudalrechte,
Ohne Zweifel ging es den meisten Frankfurter Abgeordneten darum. Aber im Grunde war die Nationalversammlung, damit kommen wir wieder an meine Ausgangsthese, ein "intellektueller Debattierklub". Sie waren zwar als Personen gewählt worden (wie auch immer), aber nicht dem Wählerwillen verpflichtet. Parteien gab es noch nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter...mensetzung

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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17.12.2014, 17:35
Beitrag: #42
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(17.12.2014 13:13)Arkona schrieb:  
(17.12.2014 12:51)Suebe schrieb:  Was halten die werten Mitdiskutanten eigentlich von den diversen "Deutschen Schriften" Handschriften und auch gedruckte als Nachweis eines "Wir-Gefühls"?

Außerhalb des deutschen Sprachraums nur sehr rudimentär verwendet.

Die Verfasser dieser "teutschen Schriften" waren doch genau die Leute, die ich jetzt mehrfach herausgehoben habe.

Nicht "Deutsche Schriften" als Titel.
Sondern die diversen deutschen Schreib- und auch Druckschriften, Kurrent, Sütterlin und Schwabacher Fraktur usw. die es wie geschrieben woanders nur rudimentär gab.

Ihr macht das alles an den "Intelligenzbestien" fest Smile
ich bin da etwas anderer Ansicht, ich bin im Gegenteil betr. das 18. Jahrhundert immer wieder überrascht, mit was sich die Menschen, Handwerker + Bauern damals beschäftigten.

Aber OK

Es geht mir letztlich darum, dass an Hand Eurer Thesen dasselbe für alle anderen Nationen unterstellt werden kann.
Franzosen, Spanier, Engländer usw.
kein deutscher Sonderweg

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.12.2014, 20:03
Beitrag: #43
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(17.12.2014 17:11)Arkona schrieb:  Aber im Grunde war die Nationalversammlung, ...ein "intellektueller Debattierklub".

"Doch handelt es sich tatsächlich um eine Revolution aller Schichten des Volkes ... Zum Präsidenten [der Nationalversammlung] wird der liberale hessen-darmstädtische Minister Heinrich Freiherr von Gagern gewählt, der die Souveränität der Nation zur Grundlage ... der Nationalversammlung erklärt."
(Der Große Ploetz, S. 931 f.)

Die Abgeodneten wurden von der breiten Bevölkerung in die Nationalversammlung gewählt. Wie auch heute fanden tumbe Bauerbtrümpel dabei keine Berücksichtigung.
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17.12.2014, 20:18
Beitrag: #44
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
Der Ploetz gibt halt die aktuelle offizielle Lesart wieder, aber auch Standardwerke sind nicht die in Stein gemeißelte Heilige Schrift. Davon kann ich mit meiner DDR-Vita ein Lied singen.

Ich habe meinen Standpunkt dargelegt, du deinen - zum Konsens werden wir wohl nicht kommen.

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17.12.2014, 20:24
Beitrag: #45
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(17.12.2014 20:18)Arkona schrieb:  Der Ploetz gibt halt die aktuelle offizielle Lesart wieder, aber auch Standardwerke sind nicht die in Stein gemeißelte Heilige Schrift.

Pardon, aber etwas begründeter als deine Meinung ist die der Geschichtswissenschaft schon.
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17.12.2014, 21:14
Beitrag: #46
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(17.12.2014 17:11)Arkona schrieb:  Ohne Zweifel ging es den meisten Frankfurter Abgeordneten darum. Aber im Grunde war die Nationalversammlung, damit kommen wir wieder an meine Ausgangsthese, ein "intellektueller Debattierklub". Sie waren zwar als Personen gewählt worden (wie auch immer), aber nicht dem Wählerwillen verpflichtet. Parteien gab es noch nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter...mensetzung

Tja, das Paulskirchenparlament war ein "intellektueller Debattierclub"
(wenn ich nicht wüsste, dass Du ein Prolet reinsten Wassers bist, nie was anderes als Hilfsarbeiter gewesen, die einzige Prüfung die Du je bestanden hast, war die Führerscheinprüfung, wenn ich das nicht wüsste, Du, ich täte mich tatsächlich wundern...)
aber warum auch nicht.
Ist heute im Reichstag in Berlin doch auch nicht anderst.
Aber gewählt waren die, und dem Wählerwillen vermutlich mehr verpflichtet als ein Landeslisten Gewählter heute.

Parteien gab es "eigentlich" noch nicht. Aber Fraktionen bildeten sich im Laufe der paar Monate wo sie in Frankfurt tagten, schon.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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19.12.2014, 09:19
Beitrag: #47
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
Ich habe gestern Abend mal in die Prophyläen Weltgeschichte geschaut.
Nitschke ist der Autor für die betreffende Zeit.
Er schreibt es wäre eine alte Streitfrage unter den Historikern ob sich im 10. Jahrhundert schon ein "deutsches Empfinden" entwickelt hätte. Wir befinden uns demnach in keiner schlechten Gesellschaft. Lol
Seine Meinung: Es könnte schon eines gegeben haben, mit Nachweisen würde man sich allerdings sehr schwer tun, insbesondere in der Literatur gibt es in der Zeit wohl fast gar nichts, im Gegensatz zu 100 Jahren zuvor.
Soweit Nitschke

Was natürlich wieder wenig über das Empfinden im volk aussagt.
Wie wäre es mal mit einer Begriffsklärung.
Was wird unter "Volk" verstanden?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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19.12.2014, 10:06
Beitrag: #48
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(19.12.2014 09:19)Suebe schrieb:  Was natürlich wieder wenig über das Empfinden im volk aussagt.
Wie wäre es mal mit einer Begriffsklärung.
Was wird unter "Volk" verstanden?

Ich glaube, das ist die Schlüsselfrage und auch die Ursache für eventuelle Missverständnisse in der Diskussion. Was ein Ullrich von Hutten schwadronierte, war dem Bäuerlein doch egal.

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19.12.2014, 19:10
Beitrag: #49
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(19.12.2014 10:06)Arkona schrieb:  
(19.12.2014 09:19)Suebe schrieb:  Was natürlich wieder wenig über das Empfinden im volk aussagt.
Wie wäre es mal mit einer Begriffsklärung.
Was wird unter "Volk" verstanden?

Ich glaube, das ist die Schlüsselfrage und auch die Ursache für eventuelle Missverständnisse in der Diskussion. Was ein Ullrich von Hutten schwadronierte, war dem Bäuerlein doch egal.

Der Duden kennt 3 für uns relevante Begriffs-Erklärungen

Zitat:durch gemeinsame Kultur und Geschichte [und Sprache] verbundene große Gemeinschaft von Menschen
Masse der Angehörigen einer Gesellschaft, der Bevölkerung eines Landes, eines Staatsgebiets
die [mittlere und] untere Schicht der Bevölkerung

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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22.12.2014, 13:23
Beitrag: #50
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
Nationalbewusstsein im 10.Jahrhundert-das halte ich dann doch eher für eine wilde Fiktion.
da gab es das im gesamten kontinentaleuropäischen Raum noch nicht.
Was man damals hatte war die "lingua" als reines Unterscheidungsmerkmal, ohne dass daraus jedoch weitergehende Loyalitäten oder Identifikationen erwuchsen.Die gab es eher auf lokaler und regionaler Ebene
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22.12.2014, 17:28
Beitrag: #51
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(22.12.2014 13:23)zaphodB. schrieb:  Nationalbewusstsein im 10.Jahrhundert-das halte ich dann doch eher für eine wilde Fiktion

So ist es. Von einem "Narionalbewusstsein" im Mittelalter zu sprechen, ist unhistorisch. Die Regel waren multiethnische Staaten, wo sich erst zu Beginn der Neuzeit ganz allmählich ein solches Bewusstsein entwickelte. Am frühesten erfolgte das in Frankreich und England, während Deutschland und Italien zu den Nachzüglern zählen. Die alte Tante Wiki schreibt dazu korrekt:

"Als Selbstbezeichnung für ein Volk mit politisch-staatlicher Einheit und einer durch gemeinsame Vorfahren und Geschichte begründeten Eigenart gewinnt der Begriff nation im Französischen seit dem 16. Jahrhundert an Bedeutung, die sich im 18. Jahrhundert dann mit der Französischen Revolution unter Betonung der Gesamtheit und Souveränität des Staatsvolkes gegenüber ständischen und partikularen Ansprüchen auf staatliche Hoheit auch in den übrigen europäischen Sprachen verbreitet."
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22.12.2014, 17:43
Beitrag: #52
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
@Dietrich, worüber haben wir dann die ganze Zeit diskutiert?

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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22.12.2014, 17:47
Beitrag: #53
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(22.12.2014 17:28)Dietrich schrieb:  
(22.12.2014 13:23)zaphodB. schrieb:  Nationalbewusstsein im 10.Jahrhundert-das halte ich dann doch eher für eine wilde Fiktion

So ist es. Von einem "Narionalbewusstsein" im Mittelalter zu sprechen, ist unhistorisch. Die Regel waren multiethnische Staaten, wo sich erst zu Beginn der Neuzeit ganz allmählich ein solches Bewusstsein entwickelte. Am frühesten erfolgte das in Frankreich und England, während Deutschland und Italien zu den Nachzüglern zählen. Die alte Tante Wiki schreibt dazu korrekt:

"Als Selbstbezeichnung für ein Volk mit politisch-staatlicher Einheit und einer durch gemeinsame Vorfahren und Geschichte begründeten Eigenart gewinnt der Begriff nation im Französischen seit dem 16. Jahrhundert an Bedeutung, die sich im 18. Jahrhundert dann mit der Französischen Revolution unter Betonung der Gesamtheit und Souveränität des Staatsvolkes gegenüber ständischen und partikularen Ansprüchen auf staatliche Hoheit auch in den übrigen europäischen Sprachen verbreitet."


Hallo ihr Lieben Shade

das "Nationalempfinden" ist aber wieder etwas anderes.
Wobei da die vielberufene Tante wiki mit Sicherheit Unrecht hat, denn die Bezeichnung "Heiliges römisches Reich deutscher Nation" ist seit dem 16. Jahrhundert gebäuchlich und macht nur Sinn, wenn dahinter auch ein Begriff siehe oben verstanden wird.

Aber das Empfinden "Deutscher" zu sein, ist noch lange kein Nationalempfinden.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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23.12.2014, 17:35
Beitrag: #54
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
Hallo,mein lieber Suebe,Angel
diesen Unterschied sehe ich sehr wohl, und auch der Begriff "Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicæ" ist mir nicht ganz unbekannt
Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang der Begriff Nation wohl eher als abstrakter staatsphilosophischer Begriff zu sehen ,der der territorialen Beschränkung auf die deutschsprachigen Reichsteile Rechnung trug, nachdem die Reichsteile Italien und Burgund sich faktisch immer mehr vom Reichsverband gelöst hatten
Der Begriff "Nationis" war in diesem Zusammenhang also nur ein Synonym des älteren Begriffs der "Lingua":lightbulb:
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23.12.2014, 21:38
Beitrag: #55
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
Der Zusatz "deutsche Nation" wird seit Ende des 15. Jh., m.E. auf Veranlassung von Maximilian I. seit dem Reichstag von 1495 verwendet. Man kann davon ausgehen, dass der Begriff "Nation" noch nicht so verstanden wurde, wie es seit dem 19. Jh. üblich ist. Ich denke, der Zusatz "deutscher Nation" wurde gewählt, um sich von Italien bzw. Rom und dem Papsttum abzugrenzen. D.h. der Begriff zeigt an, dass das Zentrum des HRR einschließlich seiner Traditionen um 1500 nördlich der Alpen verlagert wurde und im deutschen Sprachraum verwurzelt ist.

Vergleichbar ist der Begriff "Nation" mit der Zuordnung der Studenten an den Universitäten nach ihrer Herkunft. So hatte die Universität in Prag um 1400 Studenten aus vier Nationen: Böhmen, Bayern, Deutsche und Polen. Diese Klassifizierung beweist aber nicht, dass es bereits um 1400 ein böhmische, bayrische, deutsche oder polnische Nation gegeben hatte. Der Begriff Nation wurde nur für eine grobe Zuordnung nach der Herkunft der Studenten verwendet. Ein "Pole" konnte ein Litauer oder Schlesier sein, ein "Deutscher" konnte aus den Ländern der Kalmarer Union kommen usw. Ein weiteres Beispiel für die Verwendung des Begriffes ist der Landtag von Siebenbürger, in dem Nationen tagten. Das bedeutete in der Praxis das Ungar/Adliger oder Deutscher/Städter synonym waren.

Deshalb gehe ich davon aus, dass der Zusatz "deutscher Nation" eher einen staatsrechtlichen Aspekt (siehe oben) hatte, als das er das Vorhandensein einer deutschen Nation oder ein deutsches Gemeinsamkeitsgefühl belegt. Zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörten noch die Gebiete der heutigen Beneluxstaaten, die seit der Reichsreform von 1495 dem burgundischen Kreis zugeordnet waren. Zwar wurde bereits das Meißnische als Kanzleisprache verwendet, es existierte aber trotzdem noch keine gemeinsame Hochsprache und die wäre aber Bedingung für eine moderne Nation gewesen. Ich denke, dass der Bauer aus Norddeutschland nur platt sprach und dass er sich nicht groß mit seinem Kollegen aus Oberösterreich unterhalten konnte. Wozu auch? Die Wahrscheinlichkeit, sich zu treffen, war halt recht gering.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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24.12.2014, 15:53
Beitrag: #56
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(23.12.2014 17:35)zaphodB. schrieb:  Hallo,mein lieber Suebe,Angel
diesen Unterschied sehe ich sehr wohl, und auch der Begriff "Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicæ" ist mir nicht ganz unbekannt
Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang der Begriff Nation wohl eher als abstrakter staatsphilosophischer Begriff zu sehen ,der der territorialen Beschränkung auf die deutschsprachigen Reichsteile Rechnung trug, nachdem die Reichsteile Italien und Burgund sich faktisch immer mehr vom Reichsverband gelöst hatten
Der Begriff "Nationis" war in diesem Zusammenhang also nur ein Synonym des älteren Begriffs der "Lingua":lightbulb:

(23.12.2014 21:38)Sansavoir schrieb:  Der Zusatz "deutsche Nation" wird seit Ende des 15. Jh., m.E. auf Veranlassung von Maximilian I. seit dem Reichstag von 1495 verwendet. Man kann davon ausgehen, dass der Begriff "Nation" noch nicht so verstanden wurde, wie es seit dem 19. Jh. üblich ist. Ich denke, der Zusatz "deutscher Nation" wurde gewählt, um sich von Italien bzw. Rom und dem Papsttum abzugrenzen. D.h. der Begriff zeigt an, dass das Zentrum des HRR einschließlich seiner Traditionen um 1500 nördlich der Alpen verlagert wurde und im deutschen Sprachraum verwurzelt ist.

Vergleichbar ist der Begriff "Nation" mit der Zuordnung der Studenten an den Universitäten nach ihrer Herkunft. So hatte die Universität in Prag um 1400 Studenten aus vier Nationen: Böhmen, Bayern, Deutsche und Polen. Diese Klassifizierung beweist aber nicht, dass es bereits um 1400 ein böhmische, bayrische, deutsche oder polnische Nation gegeben hatte. Der Begriff Nation wurde nur für eine grobe Zuordnung nach der Herkunft der Studenten verwendet. Ein "Pole" konnte ein Litauer oder Schlesier sein, ein "Deutscher" konnte aus den Ländern der Kalmarer Union kommen usw. Ein weiteres Beispiel für die Verwendung des Begriffes ist der Landtag von Siebenbürger, in dem Nationen tagten. Das bedeutete in der Praxis das Ungar/Adliger oder Deutscher/Städter synonym waren.

Deshalb gehe ich davon aus, dass der Zusatz "deutscher Nation" eher einen staatsrechtlichen Aspekt (siehe oben) hatte, als das er das Vorhandensein einer deutschen Nation oder ein deutsches Gemeinsamkeitsgefühl belegt. Zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörten noch die Gebiete der heutigen Beneluxstaaten, die seit der Reichsreform von 1495 dem burgundischen Kreis zugeordnet waren. Zwar wurde bereits das Meißnische als Kanzleisprache verwendet, es existierte aber trotzdem noch keine gemeinsame Hochsprache und die wäre aber Bedingung für eine moderne Nation gewesen. Ich denke, dass der Bauer aus Norddeutschland nur platt sprach und dass er sich nicht groß mit seinem Kollegen aus Oberösterreich unterhalten konnte. Wozu auch? Die Wahrscheinlichkeit, sich zu treffen, war halt recht gering.


Begriffe ändern sich inhaltlich. Kine Frage.
Nur, glaubt doch bloß nicht, dass das nur im deutschsprachigen so ist.
Die von Euch oben genannten Verhältnisse sind so reihum 1:1 auf alle Völkerschaften zu übertragen.

Deutschland oder Italien sind doch keine "zu spät gekommenen" Nationen.

Meine These:
Es ist im Gegenteil so, dass das westeuropäische Kulturmodell des Nationalstaates, im 19. Jahrhundert zum Nonplusultra hochstilisiert,
die fürchterlichsten Auswirkungen für die Europäer, Anwender und Angewendete, hatte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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25.12.2014, 10:16
Beitrag: #57
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(23.12.2014 21:38)Sansavoir schrieb:  Ich denke, dass der Bauer aus Norddeutschland nur platt sprach und dass er sich nicht groß mit seinem Kollegen aus Oberösterreich unterhalten konnte. Wozu auch? Die Wahrscheinlichkeit, sich zu treffen, war halt recht gering.

Schon, nur "die Deutschen" bestanden ja nicht nur aus Bauern. Wie verständigten sich bspw. die Händler, die ja sehr wohl das ganze Reichsgebiet abdeckten, mit ihren Mittelsmännern? Wie verständigten sich die Angehörigen der verschiedenen Hansestädte? Die Diplomaten nutzten Latein und Französisch, die Händler anfangs sicher auch z.T. Latein, soweit sie es beherrschten, aber was machten die anderen?

Die werden es schon gemerkt haben, dass ab einer gewissen Übergangszone die Menschen eine ganz andere Sprache sprachen als sie selber. Die 3d-Frage lautete ja, ab wann es ein Bewusstsein dafür gab, dass man zur Gemeinschaft "der Deutschen" gehörte.
Ab wann es überhaupt den Begriff "Deutscher" sowie eine deutsche Sprache gab, das haben wir ja glaub ich geklärt. Ab wann der Begriff "deutsch" und der Begriff "Nation" verbunden wurden, is auch geklärt. Ab wann aber hat sich dieses Sammelsurium an Begriffen so ausgewirkt, dass sich tatsächlich auch die Bauern und die anderen "niederen" Schichten damit identifizierten und sich klar machten, dass z.B. in Südtirol ab einer gewissen Grenze keine Deutschen bzw. Bayern/Tiroler mehr lebten, sondern Italiener oder in Böhmen keine "Sudetendeutschen" (also im südlichen Teil Bayern/Österreicher und im nördlichen Teil Sachsen) mehr, sondern Tschechen oder keine Deutschen (Rheinländer, Schleswiger, Brandenburger...) mehr, sondern Dänen oder Holländer oder Franzosen oder Polen, und ab wann es den Leuten klar war, dass sie zwar Bayern, Rheinländer, Sachsen usw. waren, aber darüber hinaus auch noch Deutsche, das ist doch hier die Frage.

VG
Christian
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25.12.2014, 11:28
Beitrag: #58
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(25.12.2014 10:16)913Chris schrieb:  Wie verständigten sich die Angehörigen der verschiedenen Hansestädte? Die Diplomaten nutzten Latein und Französisch, die Händler anfangs sicher auch z.T. Latein, soweit sie es beherrschten, aber was machten die anderen?

Bei der Hanse war es Niederdeutsch, übrigens eine eigene Sprache und kein Dialekt. Das war die Lingua franca, die in den "besseren Kreisen" auch in Skandinavien verbreitet war. Viele Spuren davon finden sich noch heute besonders im Schwedischen.
Es liegt auf der Hand, das man sich dort eher als eigener Kulturkreis ansah und mit Süddeutschland hatten selbst Kaufleute eher weniger zu tun.
Zu den Niederlanden. Die waren mit den übrigen Regionen Norddeutschlands eng verflochten. Es hätte durchaus passieren können, selbst zu Bismarcks Zeiten noch, dass sie sich dem Deutschen Reich angeschlossen hätten. Bei einer "großdeutschen Lösung" mit Österreich erst recht.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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25.12.2014, 17:08
Beitrag: #59
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
(25.12.2014 11:28)Arkona schrieb:  Bei der Hanse war es Niederdeutsch, übrigens eine eigene Sprache und kein Dialekt.

Der Status des Niederdeutschen ist umstritten. Es gibt Sprachwissenschaftler, die lediglich einen Dialekt sehen, und andere, die Niederdeutsch als eigenständige Sprache betrachten.

(25.12.2014 11:28)Arkona schrieb:  Es liegt auf der Hand, das man sich dort eher als eigener Kulturkreis ansah und mit Süddeutschland hatten selbst Kaufleute eher weniger zu tun.

Norddeutschland und Süddeutschland waren im Mittelalter zwei getrennte Welten. Das hatte sowohl wirtschaftliche als auch sprachliche und kulturelle Gründe.

(25.12.2014 11:28)Arkona schrieb:  Es hätte durchaus passieren können, selbst zu Bismarcks Zeiten noch, dass sie sich dem Deutschen Reich angeschlossen hätten. Bei einer "großdeutschen Lösung" mit Österreich erst recht.

Das halte ich für überaus unwahrscheiblich. Die Niederlande haben nach ihrer Loslösung vom Reich 1648 ein unverkennbares eigenständiges Profil gewonnen und eine niederländische Identität ausgebildet.
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01.01.2015, 22:55
Beitrag: #60
RE: Seit wann gibt es im Volk das Bewusstsein "Deutscher" zu sein?
Dieser Vers

Zitat:Halt't euch brav, ihr deutschen Brüder,
Greift den Feind nur herzhaft an!

soll schon in der allerältesten Fassung von 1719 des "Prinz Eugen der Edle Ritter"

drinstehen

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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