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Richard III und seine Darstellung in der Literatur
22.09.2016, 03:05
Beitrag: #28
RE: Richard III und seine Darstellung in der Literatur
(21.09.2016 06:52)Teresa C. schrieb:  Wir dürfen auch nicht übersehen, dass ein Henry VII. zwar kein illegaler Sohn war, aber seine Herkunft als Lancaster bzw. als Erbe der Lancaster (mit der spätere Generationen in der Legende der "Tudor-Rose" seinen Thronanspruch erklärt, womit übrigens die "Rosenkriege" auch ein versöhnliches Ende bekamen: Erbe der Lancaster heiratet die Erbin der York, so z. B. bei Shakespeare) stand eindeutig auf wackligen Füßen, wie es so schön heißt.
Über seine Mutter Margaret Beaufort war Henry VII. ein Nachfahre von König Edward III. bzw. John of Gaunt (Gent) (dem Vater von Henry IV., Großvater von Henry V. und Urgroßvater von Henry VI.), allerdings aus dessen Ehe mit Katherine Swynford, bei der nicht so ganz klar ist, ob es sich tatsächlich um eine gültige Ehe handelt.
Eine weitere Legitimierung wird gewöhnlich von Vaterseite dadurch gesehen, dass sein Vater Edmund Tudor ein Halbbruder von Henry VI. war. Allerdings war dieser Vater kein Sohn von Henry V., sondern stammte aus der Verbindung von dessen Witwe Katharina von Frankreich (Valois) mit dem (keineswegs standesgemäßen) Waliser Adeligen Owen Tudor.

Wenn man die Beziehungen der englischen Könige und des englischen Hochadels im 14. und 15. Jahrhundert betrachtet, stellt man fest, dass einerseits die alten feudalen Strukturen formal noch bestanden, andererseits neue Partnerschaften, Abhängigkeiten usw. entstanden sind. Deshalb kann man die einzelnen Personen nicht nur als Einzelpersonen, sondern auch als Vertreter von Interessengruppen oder Personenverbänden sehen. Deswegen möchte ich zuerst einige Zeilen zu John of Gaunt, Duke of Lancaster schreiben. Seinen politischen Aufstieg verdankte er nicht nur der Tatsache, dass er der drittälteste Sohn Edwards III., sondern seiner ersten Ehe mit Blanche von Lancaster, der Tochter von Henry of Grosmont, Duke of Lancaster. Dieser wiederum war ein Enkel von Edwards I. jüngeren Bruder Edmund Crouchback, 1. Earl of Lancaster.

Edmund Crouchback erhielt nach der Niederlage von Simon de Montfort im Jahr 1265 (Schlacht bei Evesham) dessen Vermögen und auch das Vermögen des Earls of Derby und anderer Rebellen. So besaß er nicht nur Ländereien und Burgen in England, sondern auch in Wales, wie die Burgen in Grosmont oder Monmouth. Diese Besitzungen in Wales könnten ein Grund sein, dass später Henry IV. Krieg gegen Wales führte, aber auch die Parteinahme der Tudor für die Lancaster könnte damit im Zusammenhang liegen. Edmund führte jedoch nicht die Titel der ehemaligen Aufständischen, sondern er nannte sich Earl of Lancaster. Dieses Earldom war der Vorläufer des späteren Herzogtums. Solange der Earl oder Herzog von Lancaster loyal waren, bestand keine Gefahr für den König. Allerdings konnte ein Lancaster dem König gefährlich werden, wenn er sich Aufständischen anschloss oder sich gar an die Spitze des Aufstandes stellte. Bereits die Söhne des 1. Earls Thomas, der 2. Earl und Henry, der 3. Earl of Lancaster rebellierten gegen König Edward II. Thomas musste zwar seine Rebellion mit dem Leben bezahlen, aber anders als die Rebellen um Montfort wurde er nicht enteignet, so dass sein Bruder Henry seine Politik fortsetzen konnte und sich später mit der Königin Isabella und deren Liebhaber Roger Mortimer verband.

Der Sturz Edwards II. und dessen darauffolgende Ermordung ist m.E. das Vorbild für den Sturz von Richard II. und Heinrich VI. und wenn man will, kann man die Ereignisse um 1483/85 auch dazu rechnen. Inwieweit sich dann noch Verbindungen zu den Hinrichtungen Maria Stuarts oder Charles I. ziehen lassen, ist sicher interessant zu diskutieren, würde aber vom Thema zu weit abgleiten. Fakt ist, dass 1400 ein Chef eines Personenverbands einen legitimen König entmachten konnte. Da Henry IV. in den späten 1390er Jahren verbannt war und letztlich 1399/1400 keinen direkten Zugriff auf das Erbe seines Vaters hatte, kann sein Erfolg nur mit der Loyalität und den Erwartungshaltungen der in diesem Personenverband wirkenden Menschen zu erklären sein.

John of Gaunt heiratete nach dem Tod der Blanche von Lancaster († 1368) Konstanze von Kastilien († 1394). Gleichzeitig führte er eine langjährige Beziehung mit Catherine Swynford, die er 1397 auch heiratete. Erst zu diesem Zeitpunkt legitimierte er die bereits erwachsenen Kinder aus dieser Beziehung. Diese legitimierten Kinder bekamen den Namen Beaufort verliehen. Die jüngste Tochter Joan heiratete Ralph Neville, Earl of Westmoreland. Beide sind die Vorfahren aller Nevilles im 15. Jahrhundert (Earl of Warwick, Cecily, Anne usw.). Die Lancasters (Plantagenets) stammten aus der 1. Ehe, während aus der 2. Ehe nur Katharina von Lancaster das Erwachsenenalter erreichte. Sie war die direkte Vorfahrin der 1. Ehefrau Heinrichs VIII. Katharina von Aragon.

Die Person Henry VI. bzw. dessen Untauglichkeit zum Herrschen stellte für die Lancaster-Beaufort-Fraktion ein großes, letztlich nicht zu lösendes Problem dar. Ihr Herrschaftsanspruch begründete sich u.a. auch darauf, dass sie die besseren Könige waren oder dessen Regenten (in Frankreich) wie evtl. John of Bedford es waren. Aber schon die Regentschaft (in England) von Bedfords Bruder Humphrey of Gloucester und die militärischen Niederlagen gegen die Franzosen, stellte die Herrschaft der Lancaster in Frage. Da ist es kein Wunder, dass sich Richard von York sich als Alternativkandidat profilieren konnte. Auch hinter ihm standen ein Personenverband und natürlich das entsprechende Vermögen.

Edmund of Langley, der 1. Duke of York war mit Isabella von Kastilien, Konstanzes Schwester, verheiratet. Diese Ehe diente der Stärkung des Bündnisses zwischen England und Kastilien sowohl im Krieg gegen Frankreich als auch im kastilischen Thronfolgekrieg zwischen Legitimisten und den Anhängern des (illegitimen) Hauses Trastamara. Edmunds Söhne starben jung im Jahr 1415, der kinderlose Ältere, der 2. Duke of York fiel bei Azincourt, der Jüngere Richard, Earl of Cambridge, wurde als Verräter hingerichtet. Richard of Cambridges Sohn – der vierjährige Richard – wurde Erbe des Titels 3. Duke of York – zu diesem Zeitpunkt völlig bedeutungslos. Entscheidend für Richard of York war, dass er 1425 seinen Onkel Edmund Mortimer, 5. Earl of March beerben konnte. Er und seine Schwester Anne (Richards Mutter) waren die Kinder von Roger Mortimer, 4. Earl of March und der Eleonore Holland, einer Enkelin der Joan of Kent. Roger Mortimers Eltern waren Edmund Mortimer, 3. Earl of March und Philippine Plantagenet, die wiederum eine Tochter von Edwards III. zweiten Lionel of Antwerpen und dessen Ehefrau Elizabeth of Burgh war.

Ähnlich wie John of Gaunt verfügte Richard of York aufgrund seines Erbes, vor allem dem Mortimer-Erbe, eine königsgleiche Stellung. Seinen Anspruch auf die Krone konnte er auf seine Abstammung von Lionel of Antwerpen, John of Gaunts älteren Bruder, begründen. Die Ehe zwischen Richard of York und Cecily Neville führte zu einem Bündnis, das schließlich den Aufstand oder den Kampf gegen die Krone aufnehmen konnte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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Darstellung bei Shakespeare - Bunbury - 18.09.2016, 17:02
Fazit - Bunbury - 18.09.2016, 18:18
RE: Richard III und seine Darstellung in der Literatur - Sansavoir - 22.09.2016 03:05

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