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Ab wann gibt es "Deutschland"?
21.10.2016, 14:03
Beitrag: #28
RE: Ab wann gibt es "Deutschland"?
(20.10.2016 12:49)Aguyar schrieb:  Hinsichtlich "deutschem Bewusstsein" bin ich mit Dir einverstanden (mittelalterliche Verhältnisse). Was aber "fränkisch" angeht nicht. "Fränkisch" war die Sprache der Franken, die Ottonen aber beispielsweise, die Könige des "ostfränkischen" Reiches, sprachen "sächsisch" - d.h. ich bin der Ansicht, dass sich Karl der Grosse und Widukind nicht so ohne weiteres verstanden (sprachlich) hatten.

Natürlich sprachen die Sachsen im Mittelalter "sächsisch", und bezeichneten das auch so. Kein Sachse wäre auf die Idee gekommen, er spräche "fränkisch". Das gilt ebenso für die Baiern oder Alemannen (Schwaben). Gerade die sächsische Ottonendynastie war stolz auf ihr Sachsentum, auch wenn sie den neuen Staat als "Ostfränkisches Reich" bezeichnete. Dass dort nicht überall "Franken" wohnten, dürfte den damaligen Zeitgenossen klar gewesen sein.

(20.10.2016 12:49)Aguyar schrieb:  Nun hatten aber bereits die deutschen Könige - auch wenn sie es nicht zum Kaiser geschafft hatten - Anspruch auf Oberitalien erhoben.

Italien war Teil des HRR und wurde somit von seinen Herrschern als "Reichsitalien" bezeichnet.

(20.10.2016 12:49)Aguyar schrieb:  Und mich würde ja schon interessieren, was das Mittelalter-Lexikon unter "deutschem Bewusstsein" versteht.

Dazu sagt das Lexikon des Mittelalters:

"Ein deutsches Bewusstsein setzt kaum vor 1000, voll erst im 11. und 12. Jahrhundert ein." (Lexikon des Mittelalters, Bd. III, Sp. 785)

(20.10.2016 12:49)Aguyar schrieb:  Hutten und Luther meinten, da bin ich überzeugt, mit "deutschem Volk" die Sprache und zwar analog zu "welschem Volk", mit welchem wahlweise französisch- oder italiensprachiges "Volk" gemeint war.

Wenn Luther oder Hutten vom "deutschen Volk" sprachen, so meinten sie Menschen mit deutscher Sprache im Gegensatz zu Italienern oder Franzosen, zeitgenössisch gern als "Welsche" bezeichnet.

(20.10.2016 12:49)Aguyar schrieb:  PS: Was ich nicht ganz verstehe, in deinen obigen Beiträgen gehst Du ja auch von einer "lokalen Identität" (Landesherr) und höchstens "nebulös" von einer deutschen Identität aus.

Es gab gespaltene Identitäten. An erster Stelle stand der Landesherr, der über Wohl und Wehe seiner Untertanen bestimmte, die Hohe Gerichtsbarkeit besaß und zahlreiche andere Rechte, die seine Landeshoheit ausmachten. Daneben gab es aber auch ein zunächst sehr schattenhaftes Bewusstsein, dem deutschen Volk anzugehören. Gegenüber Franzosen, Italienern, Dänen oder Tschechen war das "deutsche Volk" eine eigene Einheit, die sich von diesen Völkern absetzte. Daran kann kein Zweifel bestehen, denn die Unterschiede waren auch für den "gemeinen Mann" offensichtlich.

(20.10.2016 12:49)Aguyar schrieb:  Was ich in diesem Zusammenhang noch hinzufügen möchte: Für das Mittelalter ähnelten sich m.M diese "Flickenteppich-Verhältnisse" und sind keine spezifischen Merkmale des HRR. Auch in Frankreich beispielsweise war es nich anders (Herzogutm Aquitanien, Grafschaft Anjou, Königreich Navarra, Herzogtum Bretagne, Grafschaft Foix, Grafschaft Albret).


Da gibt es zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich einen gewaltigen Unterschied.

Im HRR waren die Reichsfürsten Landesherren mit Landeshoheit. Die Landeshoheit gab dem Landesherrn die Gewalt über alle Einwohner, die auf seinem Territorium ansässig waren, über die Untertanen und Landstände. Diese Herrschaftsgewalt war grundsätzlich allumfassend und wurde nur beschränkt durch die Reichsgrundgesetze. Die Begriffe Landesherrschaft und Landeshoheit sollen also das Phänomen beschreiben, dass im römisch-deutschen Reich die Staatsgewalt zu einem guten Teil nicht vom König ausgeübt wurde, sondern von adeligen und geistlichen Reichsfürsten

Eine solche Macht übte der hohe Adel in Frankreich nie aus, ganz abgesehen davon, dass sich die französische Königsdynastie am Ende des Mittelalters aller französischen Territorien bemächtigt hatte. Sie waren nur noch Sekundogenituren, bzw. im Besitz von Nebenlinien des Königshauses.
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RE: Ab wann gibt es "Deutschland"? - Dietrich - 21.10.2016 14:03

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