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Ab wann gibt es "Deutschland"?
24.10.2016, 13:30
Beitrag: #42
RE: Ab wann gibt es "Deutschland"?
(23.10.2016 18:09)Aguyar schrieb:  Wenn wir vom Mittelalter sprechen (sagen wir bis zu etwa 1550) so ist das Bild von "Landesherren mit Gewalt über alle Einwohner" m. W. nach falsch.
Auch die Macht eines mittelalterlichen Landesherrn war nicht einheitlich und meistens äusserst kompliziert. Der grösste Teil eines mittelalterlichen Landesherrn bestand auch innerhalb "seines Territoriums" aus unterschiedlichen Herrschaftsrechten.

Das ist ja alles unbestreitbar, was du da sagst.

Die Territorien der reichsunmittelbaren Herren waren durchsetzt von zahlreichen anderen Gewalten und Herrschaften. Dennoch waren die Inhaber dieser kleinen und kleinsten Territorien unumschränkte Herrscher über ihre Untertanen. Somit war die Identität eines Bauern in der Grafschaft Schaumburg, der Grafschaft Oettingen oder im Fürstentum Hohenzollern zuerst und unmittelbar mit dem Territorium und seinem Herrscher verknüpft. Er bestimmte über das Wohl und Wehe seiner Untertanen, lenkte die wirtschaftliche Entwicklung seines Territoriums, hatte die Blutgerichtsbarkeit, beaufsichtigte Aufbau und Wirken der Landesinstitutionen, sodass das Schicksal der Bewohner seiner Grafschaft oder seines Fürstentums in seiner Hand lag.

Auisgangspunkt der föderalen Entwicklung im deutschen Herrschaftsraum war das "Statutum in favorem principum", das Kaiser Friedrich II. 1231 seinen Reichsfürsten gewährt hatte. Darin verzichtete er auf zentrale herrschaftliche Rechte und übertrug sie seinen Fürsten. Die Urkunde war eine Garantieerklärung der aufgeführten Privilegien für die Zukunft, wie Selbstständigkeit bei der Verwaltung des eigenen Territoriums, Gerichtsbarkeit und Erhebung von Zöllen. Gemeinsam mit der Confoederatio cum principibus ecclesiasticis von 1220 bildete die Abtretung zentraler königlicher Rechte den Ausgangspunkt der föderalistischen Entwicklung im Reich und seinen Nachfolgestaaten.

Das Heilige Römische Reich gelangte durch diesen verfassungsrechtlichen Verzicht seiner Herrscher zu einer föderalen Ordnung und ging einen anderen Weg als die übrigen europäischen Reiche, die sich – mit Ausnahme Italiens, dessen Reichseinigung erst im 19. Jahrhundert erfolgte – zentralisierten.

Obwohl die Reichsfürsten und die übrigen reichsunmittelbaren Herren über die Jahrhunderte bestrebt waren, ihre Territorien zu geschlossenen Herrschaftsgebieten auszubauen, ist ihnen das bis zum Untergang des Heiligen Römischen Reichs nie völlig gelungen.
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RE: Ab wann gibt es "Deutschland"? - Dietrich - 24.10.2016 13:30

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