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Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
08.01.2017, 22:56
Beitrag: #36
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Der Beweis, dass Nationalstaaten stabiler seien als multiethnische Staaten steht aus

Mein Beweis heißt Empirie. Die von dir gebrachten Beispiele zeigen das sehr deutlich.



(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  - und ist auch nicht zu führen. Allerdings auch nicht das Gegenteil, denn es lassen sich für beide Variante Beispiele und Gegenbeispiele finden.
Ich kann zum Beispiel nicht finden, dass Jugoslawien weniger stabil gewesen wäre als die heutigen Staaten Kosovo, Bosnien, Mazedonien etc. - eher umgekehrt.


Diese Beispiele stützden nicht deinen Standpunkt, sondern den meinigen:

Kosovo: Hier gibt's vor allem deshalb Probleme, weil die Nordgrenze nicht kongruent mit der ethnischen Grenze verläuft.
Nördlich von Mitrovica sind die Serben in der Mehrheit, sind aber gegen ihren Willen Kosovaren.
Eine Verlegung der Grenze nach Süden würde den serbisch-kosovarischen Konflikt deutlich entschärfen.

Mazedonien: Dito. An der Grenze zum Kosovo haben die Kosovaren die Mehrheit. Auch hier könnte eine Grenzverschiebung nach einem Plebiszit die Situation verbessern.

Bosnien: Ist ein multiethnischer Staat und eben deshalb instabil.


Jogoslawien war nur deshalb vordergründig stabil, weil Tito als einigende Klammer den Deckel auf den Druckkochtopf drückte. Als der Deckel wegfiel, explodierte der Kessel, in dem es schon zu Titos Zeiten gebrodelt hatte.

Eine gewisse Parallele zur Donaumonarchie und Kaiser Franz Joseph ist hier nicht zu übersehen.





(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb:  Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw...

Es gibt Völker, die keine Probleme haben mit anderen Ethnien in einem Staat zu leben und solche, die extrem nationalistisch und chauvinistisch eingestellt sind [...]

Also dieser dichotomische Zugang ist mit Sicherheit falsch. Warum sollen z.B. die Tibeter "extrem chauvinistisch" eingestellt sein, bloß weil sie nicht von China beherrscht werden wollen?
Warum sind die Slowaken "extem nationalistisch" weil sie sich friedlich von Tschechien trennten?






(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Unabhängig von den Ursachen: Das Problem des Nationalstaates liegt darin, dass die Durchmischung der Ethnien regional schon immer vielfältig war. Wenn man konsequent "reine Nationalstaaten", genau auf eine Ethnie zugeschnitten, bauen will, werden diese so klein ausfallen, dass man genau wieder bei Verhältnissen wie dem angesprochenen deutschen Flippenteppich landen würde.


Das kann man so pauschal überhaupt nicht sagen. Manchmal gibt es eine Durchmischung, z.B. Bosnien, manchmal auch nicht.
Kleine autochthone Minderheiten, besonders wenn sie kein Heimatland unmittelbar jenseits der Grenze haben, sind oft zufriedener und konfliktfreier Teil der Mehrheitsgesellschaft (z.B. Sorben oder Ladiner).

Natürlich gibt es kaum konsequent "reine Nationalstaaten". Ich ziele lediglich auf weitgehende ethnische Homogemität ab, soweit das mit entsprechender Verhältnissmäßigkeit verwirklichbar ist.










(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Jugoslawien wurde in Serbien, Kroatien, Bosnien, Slowenien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo aufgeteilt, was aber offenbar immer noch nicht genügt: Mazedonien hat eine albanische Minderheit, Serbien hat eine ungarische Minderheit, Bosnien und Kosovo haben eine serbische Minderheit ...


Das liegt (abgesehen von Bosnien, wo aufgrund der Durchmischung eine sinnvolle Grenzziehung unmöglich ist), daran, dass die Grenzziehung nicht ausreichend auf die ethnischen Gegebenheiten Rücksicht genommen hatte.

Auf die von dir genannten Beispiele bin ich schon eingegangen.
Und was Serbien betrifft, ist's wieder dasselbe:
Die ungarische Minderheit die an der Grenze zu Ungarn z.T die Mehrheit stellt, geht auf die unglückliche Grenzziehng von Trianon zurück, welche die ethnische Grenze zwischen Serben und Ungern rund um Subotica ignorierte. Die Amerikaner und Briten wollten die nördliche Vojvodina bei Ungarn belassen, aber das war mit Frankreich und der "kleinen Entente" nicht zu machen.






(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Und wenn man in Europa so weitermacht: Schotten, Wallonen, Flamen, Katalanen bekommen einen eigenen Staat - jetzt lebt aber auch im kleinen Katalonien eine Minderheit von Spanier, Galiciern und Basken, die auch wiederum diskriminiert werden könnten und dann auch wieder einen eigenen Staat ...

Kleine Minderheiten wird's immer geben, das ist ja nicht das Thema. Es geht um große Minderheiten oder ganze Völker (Kurden, Tibeter) deren Recht auf Selbstbestimmung missachtet wird.

ad Katalonien:
Das wäre ein absolut lebensfähiger Staat mit rund 7 Mio Einwohnern und einer sehr ansehnlichen Wirtschaftskraft - schließlich ist Katalonien die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens, was ein Mitgrund ist, warum Spanien eine Sezession um jeden Preis verhindern will.







(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Und schliesslich, auch die Deutschen könnten auf die Idee kommen, sich nicht als Deutsche sondern als Ethnie zu verstehen d.h anfangen sich auf ihre "ethnische Identität" oder ihre "Stammesidentität" als Sachsen oder Hessen zu definieren. [...]

Das ist absurd. Es gibt ethnische Deutsche, aber keine ethnischen Sachsen oder Hessen. Auch sind mir in Deutschland keinerlei sezessionistische Bewegungen bekannt.





(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Es gäbe dann auch zwei neue Staaten Südtirol mit Bozen und Welschtirol mit Trient als Hauptstädte - in beiden Staaten würden sich dann aber die Ladiner (Gröden, Gadertal, Fassata) melden, dass sie auch ihren Nationalstaat wollten ...

Auch das ist total unrichtig.

Ein nennenswerter Teil der Südtiroler (ob's noch die Mehrheit ist, weiß ich nicht) hätte gerne eine Wiedervereinigung mit Nordtirol und damit mit Österreich. Als Italiener fühlen sich die wenigsten. Die Ladiner fühlen sich als Teil der Südtiroler und nicht Italiens.
Welschtirol ist hingegen unbestritten ethnisch Teil Italiens, politisch sowieso. Da gibt's auch keine sezessionistischen Bewegungen.






(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Oder wie wäre das in Österreich ? - da kannst Du mir sicher weiterhelfen.
Die Tiroler wollten sich dann wohl auch von den "Ostösterreicher" trennen, denn schon bei Andreas Hofer ...
[....]

Hofer agierte noch vor dem Aufkommen der Nationalstaaten.
Österreich als Nation ist sehr jung, sie entstand erst nach 1945.
Davor waren die deutschsprachigen Österreicher Teil der deutsche Nation und fühlten sich auch so. Tiroler fühlten sich vor dem zweiten WK zunächst mal als Tiroler und dann als Deutsche.
Heute gibt's in Österreich keine deutsche Identität mehr. Es gibt Lokalpatriotismus, tendenziell im Westen deutlich mehr als im Osten, und eine österreichische Identität.





(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Ich selbst als Basler könnte mich für einen Staat Dreieckland (Basel, Jura, Schwarzwald, Breisgau, Elsass, Vogesen, Belfort) begeistern, denn "meine Ethnie" lebt hier und nicht jenseits des Juras in Zürich oder Bern.

Selbstverständlich gibt es Doppel- oder Dreifachidentitäten und Verfassungspatriotismus. Nichtsdestotrotz hätten die Basler wohl keine Freude damit, plötzlich zu Frankreich oder Deutschland zu gehören.




(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Die Idee des Nationalstaates ist letztendlich zum Scheitern verurteilt weil er gerade zu Flickenteppich-Staaten einlädt. Die fehlende Toleranz ist zudem auch dem Nationalstaat hinderlich: Ein Individuum einer Ethnie, das nicht mit anderen Ethinien zusammenleben kann wird auch mit seinem Nachbar derselben Ethnie aber mit anderen Ansichten nicht zusammenleben können.

Ein glatter Fehlschluss. Fehlende Toleranz hat mit dem eigenen Zugehörigkeitsgefühl a priori mal gar nichts zu tun.
Ich gehe sogar noch weiter und sage, dass es mit einer gefestigten eigenen Identität wesentlich leichter fällt, Toleranz zu üben.




(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Der m.E. am besten funktionierende Staat ist der, der sich nicht auf eine einheitliche Nation / Volk oder auf einen bestimmten Herrscher als Grundlage beruft, sondern auf eine Verfassung welche sich dem unbedingten Erhalt der persönlichen Freiheitsrechte resp. Individualrechte und der kompromisslosen Umsetzung der Menschenrechte verpflichtet hat.

Absolutismus und und Diktaturen haben mit einem Nationalstaat grundsätzlich gar nichts zu tun. Nach dieser Logik wären die meisten europäischen Staaten Diktaturen. Absurd. Es gibt jede Menge Demokratien in Nationalstaaten.
Selbiges gilt für die von dir thematisierten humanistischen Werte.

Staaten, die ihre Identätit auf gemeinsamen Ideen und Werten, sprich einer Verfassung gründen, sind ein gangbarer Gegenentwurf zum Konzept des Nationalstaates, aber nichts desto trotz eine Minderheitenprogramm, das sich bis dato nur in der Schweiz, Kanada und den USA richtig gut bewährt hat.
Diese drei Staaten haben eine lange historische Genese hinter sich, die dieses Resultat mit sich begracht hat.
Von außen bzw. von oben ad hoc oktroyieren lässt sich das Konzept der Willensnation jedenfalls nicht, auch wenn das viele der EU-Apologeten gerne hätten.




(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Und meiner Erfahrung nach gibt es in jeder Ethnie, jeder Religion und Nicht-Religion und in jedem Kutlurkreis (sogar bei den Moslems) Individuen, die einen solchen Staat favorisieren. Alles andere sind nationalstaatliche Autoritätsstaaten oder gleich Diktaturen.


Da Belarus das einzige europäische Land ist, auf das die Bezeichnung Diktatur noch uneingeschränkt zutrifft und die übrigen europäischen (National)Staaten Demokratien sind, entbehrt deine Argumentation jeglicher Grundlage.Exclamation

MfG, Titus Feuerfuchs
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können? - Titus Feuerfuchs - 08.01.2017 22:56

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