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Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
09.01.2017, 22:53
Beitrag: #44
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Hmmmmm,

also Spanien hat niemals zum Reich gehört. Die spanischen Südamerika-Kolonien dem HRR in die Schuhe zu schieben, das dürfte nun doch absolut neu zu sein.
Devil
Da fällt mir echt nicht viel dazu ein. Thumbs_downThumbs_downThumbs_downThumbs_downThumbs_down
ds haben sie nicht mal zu des Adolfen Zeiten zum HRR deutscher Nation reklamiert........Rolleyes

Ich wollte hier nur darauf hinweisen, dass Karl V gleichzeitig Kaiser des HRR und König von Spanien war. Das war für das Mittelalter völlig in Ordnung - aber wenn Du solche Zustände im 18. Jahrhundert hättest haben wollen, hättest Du eben einen Kaiser gehabt, der mit "seinem anderen Staat" in Kolonien aktiv gewsen wäre - und das HRR wäre dann zwangsläufig auch in Eroberungskriege involviert worden

Bezüglich der tatsächlichen Eroberungskriege des HRR ist das natürlich kein Beispiel - deshalb ein anderes Beispiel um die Problematik aufzuzeigen: Die Markgrafschaft Brandenburg (Askanier) expandierte in slawische Gebiete (mit Eroberungskriegen). Die so vergrösserte Margkgrafschaft war danach aber immer noch Bestandteil des HRR, aber die Eroberungskriege zählen zu den Kriegen der Askanier und nicht zu denen des HRR.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Burgund wurde nicht erobert, es wurde ererbt.
Der Erbanspruch war nicht eindeutig und musste mit Waffengewalt durchgesetzt werden. Der letzte König von Burgund, Rudolf III der Faule, hatte keine Kinder und auch keine ehelichen Brüder. Eine Schwester von ihm war mit Heinrich II dem Zänker, Herzog von Bayern und aus dem "Kaisergeschlecht" der Ottonen stammend verheiratet, eine andere Schwester mit dem französischen König Robert II dem Frommen. Die Erblage war alles andere als klar.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Die Ostgebiete, auch Schlesien und Böhmen haben sich freiwillig dem Reich angeschlossen. Der letzte slawische Pommernherzog starb im 30jährigen Krieg. Die slawischen Mecklenburger Großherzöge gingen mit ihren Standesgenossen 1918 unter.
Die Habsburgichen Eroberungen auf dem Balkan gegörten nicht zum HRR. Die baltischen Ordensstaaten einschl. Preußen gehörten nie zum HRR die wollten wohl zeitweilig sogar, aber man hat dankend verzichtet.

Selbstverstänlich hat Böhmen sich dem Reich mehr oder weniger freiwillig angeschlossen. Die böhmischen Herzöge (damals noch nicht Könige) brauchten immer wieder mal die Hilfe des HRR, um sich gegen ihre konkurrienden Familienmitglieder, die ebenfalls Ansprüche auf die Herrschaft erhoben, durchsetzen zu können. Diese Hilfe (militärischer Art selbstverständlich) war natürlich nicht gratis zu haben, weshalb sie die Lehnshoheit der deutschen Könige und Kaiser anerkennen mussten. Nun waren diese Hilfeleistungen ja tatsächlich nicht unbedingt Eroberungskriege, man hat schliesslich ja nur den "legitimen Herrschern" beigestanden - auch wenn sich das HRR dadurch nicht unerheblich vergrössert hat (wohlverstanden: nach mittelalterlicher Rechts- und Moralaufassung war das absolut nicht verwerflich).

Wie Ungarn, der Balkan, der Ordenstaat der Deutschritter in Ostpreussen etc. war auch Schlesien nie Bestanteil des HRR. Es war polnisches Teilherzogtum, wurde dann böhmisch, dann österreichisch und dann preussisch (aber nie Bestanteil des HRR).

Es fallen mir folgende Kriege des HRR ein:
Kaiser Otto IV. hat im "angevinischen Krieg" (Ende 12.; Anfang 13. Jahrhundert) Partei für seinen Onkel, König Johann von England, gegen Frankreich genommen. In der Schlacht bei Bouvines 1214 hat er dann gegen Philip II. von Frankreich eine Niederlage einstecken müssen.

Zuvor hatte im 12. Jahrhundert Kaiser Heinrich V. einen Feldzug gegen Frankreich geplant, aber Ludwig VI. der Dicke war mit dem französischen Reichsheer schon bis in die Nähe von Metz gezogen, worauf sich das kaiserliche Heer aufgelöst hatte und weitere Feindseligkeiten darauf eingestellt wurden. Zwischen Kapetingern und Staufern haben dann hervorragende politische Beziehungen geherrscht.

Während des hundertjährigen Krieges und des abendländischen Schismas haben diverse Kaiser zwar Bündnisse gegen Frankreich geschmiedet, aber zu grösseren Kampfhandlungen war es nie gekommen.

Im Spätmittelater hat es um Italien mehrere Feldzüge zwischen dem Reich und Frankreich (Habsburg vs. Valois) gegeben.

Kaiser Otto III kämpfte zusammen mit dem polnischen Herzog Boleslaw Chrobry gegen die Lutizen

Im Norden war das HRR m 12. / 13. Jahrhundert in die Kriege des dänischen Königs Waldemar II des Siegers in der Ostsee-Region verwickelt.

Ansonsten: Die offiziellen Reichskriege, welche als solche ausgerufen wurden, und wenn Du nur diese als Kriege des HRR gelten lässt, dann waren dies im Grunde tatsächlich keine Eroberungskriege sondern eher "innenpolitische Aktionen". Dennoch lässt sich darüber streiten - mir fallen auf die Schnelle nur folgende Reichskriege ein:

Die zahlreichen Feldzüge des HRR gegen die oberitalienischen Städte (einmal hat Barbarossa Mailand sogar komplett platt gemacht).
Die zahrleichen Interventionen sind verständlich (und fanden nicht nur wegen der Kaiserkrönung statt) - Florenz beispielsweise war bis in das Spätmittelalter hinein der beste Steuerzahler des HRR.

Der Reichskrieg gegen Ottokar von Böhmen (Strafaktion weil Ottokar den amtierenden König nicht wählen wollte und seine Erbansprüche auf Österreich nicht anerkannt wurden)

Der Reichskrieg gegen die Hussiten (das waren Ketzer, da musste die Kirche das HRR bemühen)

Der Reichskrieg gegen die Eidgenossen (nun ja, die haben das selbst provoziert)

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Wieland schreibt konkret, dass die Franzosen die Freiheiten die die Deutschen schon länger hatten, erst durch ihre Revolution erkämpfen mussten.

Das kann aber nur in einzelnen Beispielen der Fall sein. Die Französische Revolution hat (zum Mindesten bis Napoleon kam) für die sogenannten Aktiv-Bürger (Bürger mit einem gewissen Minimaleinkommen) das Wahlrecht erkämpft.
Es gab hingegen kein einziges Fürstentum im HRR, in welchem die Bürger (die nicht ganz armen) das Wahlrecht hatten - aufgeklärter Absolutismus hin oder her. Plakativ gesagt: Der Müller von Sanssouci z.B. konnte nicht zum König von Preussen gewählt werden und der Müller von Sanssouci selbst konnte auch nicht irgendjemand zum König von Preussen wählen. Der Müller vom Pont du Gard aber konnte seinen Nachbar, den Schreinermeister Meunier in die Regierung wählen (der König war nicht mehr vorgesehen).
Und die freien Reichsstädte, in welchen es zaghafte Ansätze eines Wahlrechts für einige Bürger gab, haben zum grössten Teil die nachmittelalterliche Zeit nicht überlebt - dafür hatten die absolutistisch gewordenen Fürsten gesorgt.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Was Schiller gegenteiliges schreibt, wäre interessant. Was, wo ?????

Der Schiller hat sich meist nur in Form von Dramen darüber ausgelassen. Über die Subsidienverträge der Landgrafen von Hessen-Kassel hat er sich jedenfalls so echaffiert, dass er "die Räuber" schreiben musste.

(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Für mich gibt es nur ein Fazit: Das HRR hätte sehr wohl überleben können.
Natürlich reformiert und "modernisiert" dass es aber dazu fähig war, hat es oft genug bewiesen.

Diese Modernisierung hätte dann aber so ausgesehen, dass man auch den Absolutismus innerhalb des HRR hätte abschaffen müssen. Dann hätte es sicher noch etwas überleben können - allerdings hätte man auf dem Weg zur Demokratie später - wie den "Kaiser von Deutschland" - auch den Kaiser des HRR abschaffen müssen. Und ein HRR ohne Kaiser oder auch nur ein HRR mit einem konstitutionellen Kaiser als Grüss-August wäre eben auch kein HRR mehr gewesen, wohingegen ein Deutscher Bund auch ohne Kaiser, König oder Fürst noch ein Deutscher Bund gewesen wäre.
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RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können? - Aguyar - 09.01.2017 22:53

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