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Existenz-Probleme des Kleinadels im Spätmittelalter
21.01.2017, 11:47
Beitrag: #18
RE: Existenz-Probleme des Kleinadels im Spätmittelalter
(21.01.2017 10:00)Suebe schrieb:  Sehr interessant.

Das ganze erinnert mich an Ganghofers "Ochsenkrieg" der sich an der Frage entzündet ob auf einer bestimmten Weide Ochsen aufgetrieben werden dürfen, oder nicht.
Schlussendlich Salzburg, Berchtesgaden, Reichenhall die baierischen Herzogtümer und schließlich Kaiser und Reich drin verwickelt sind.
Ganghofer noch gleich ein paar pikante Details über Kaiserin und Kaiser zum besten gibt.
Meine Frage an die Mittelalter-Cracks hier, hat der "Ochsenkrieg" eine reale Basis oder entstand der Roman ohne konkretes Vorbild?

Der Krieg zwischen Ludwig VII dem Bärtigen (der Gebartete) von Bayern-Ingolstadt und Heinrich XVI dem Reichen von Bayern-Landshut hat es natürlich gegeben. Die sonstigen Protagonisten des Romans, Ernst der Gottselige von Bayern-München, Friedrich IV von Hohenzollern (Berater des Kaisers), Ludwig VIII der Höckrige von Bayern-Ingolstadt (Prinz Höckerlein) etc. sind nicht nur historisch sondern ihre Handlungen und ihr Auftreten im Roman lassen sich mehr oder weniger auch mit den historischen Gegebenheiten in Einklang bringen. Sogar der aussereheliche Sohn von Ludwig VII, der nach Ludwigs Niederlage auftaucht, Wieland von Freyberg, ist historisch.

Die pikanten Details betr. Kaiser und Kaiserin sind zum Mindesten auch nicht völlig aus der Luft geriffen. Barbara von Cilli, die zweite Frau Sigismunds, galt zum Mindesten als äusserst lebenslustig - Teresa ist in einem anderen Thread darauf eingegangen.
Und Sigismund war insofern ein typischer Vertreter des Spätmittelalters. Beim Staatsbesuch von Sigismund in Bern gehörte jedenfalls ein Besuch des städtischen Freudenhauses zum offiziellen Empfangsprotokoll. Er soll es dreimal besucht haben und sein Kompliment über die Qualität des Bordells vom Balkon herunter dem Volk verkündet haben.

Den Ochsenkrieg selbst, der als Fehde der Genossenschaft Ramsau und des Stifts St. Zeno von Reichenhall mit dem Chorherrenstift Berchtesgaden als Auslöser für den Krieg zwischen Bayern-Ingolstadt und Bayern-Landshut verantwortlich ist, hat es so nicht gegeben.
Dennoch hat Ganghofer auch hier sehr gut recherchiert. Es gab im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Ludwig VII von Ingolstadt und Heinrich XVI von Landshut tatsächlich einen Ochsenkrieg. Georg von Fraunberg, Graf von Haag (in der Nähe von München bei Mühldorf), nutzte die Gelegenheit, um sein Territiorum auf Kosten Heinrichs XVI etwas auszubauen. Seine Fehde verzeichnete sogar einige militärsiche Erfolge, aber sein Ziel des "Landesausbau" blieb ein Ziel. Er wurde 1422 - und hier kommt wieder eine Verbindung zu Ganghofers Ochsenkrieg - gefangengenommen, als er, gewappnet und gerüstet, in einem Sumpf geriet. Ich meine mich zu erinnern, dass der Graf von Haag als "Fraunberger" im Roman sogar ein kurzes Auftreten hat.

Nebenbei: Das sumpfige Gebiet "Hängmoos" des Ganghofer-Romans, auf welchem nur Ochsen und keine Kühe weiden dürfen und welches die Ursache für den Krieg ist, wird am Schluss in "Mordau" umgetauft. Diese Mordau gibt es in Berchtesgaden (lässt sich mit Google-Maps finden -Smile).

Der Ochsenkrieg als teil der Fehde zwische Bayern-Ingolstadt und Bayern-Landshut ist, allerdings eher rudimentär und dürftig, im Wiki beschrieben. Wobei es verschiedene "Ochsenkriege" gab, derjenige von Ganhofer ist dieser:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ochsenkrie...%80%931422

Weshalb die Fehde des Georg von Fraunberg als "Ochsenkrieg" bezeichnet wird, weiss ich nicht. Im Lexikon des Mittelalters dürfte dies zu finden sein, leider ist dieses im Internet nicht verfügbar und schon gar nicht gratis.
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RE: Existenz-Probleme des Kleinadels im Spätmittelalter - Aguyar - 21.01.2017 11:47

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