Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Der Untergang der Hohenstaufen
27.01.2018, 12:07
Beitrag: #23
RE: Der Untergang der Hohenstaufen
(27.01.2018 00:55)Aguyar schrieb:  
(26.01.2018 04:04)Teresa C. schrieb:  In diesem Zusammenhang wäre zum Beispiel sehr interessant, warum er es überhaupt zuließ, dass jemand seine Kurstimme, da er offensichtlich nicht anwesend war, verwenden konnte und noch dazu nicht in seinem Sinn. (Oder war er in Wirklichkeit bei der Wahl dabei und seine Abwesenheit ist eine Erfindung späterer Chronisten. Auffallend ist immerhin, dass die negative Berichterstattung der Chronisten recht bald nach seinem Sturz einsetzte und sich doch sehr von der unterscheidet, die er zuvor gehabt hatte.

Ottokar war tatsächlich nicht anwesend - d.h. seine Kurstimme wurde gar nicht abgegeben. Rudolf wurde nur von den Sechs gewählt. Im Übrigen stand mit Ludwig II dem Strengen ein zweiter Kurfürst für die Königswahl zur Debatte. Aber der war den anderen auch zu mächtig/einflussreich.

Ich habe gelesen, dass Ottokar bei Königswahl nicht anwesend war und daher einer der Kurfürsten in Vertretung für ihn mit seiner Kurstimme ebenfalls Rudolf gewählt haben soll, was allerdings nicht mit Ottokar abgesprochen war.

Allerdings halte ich es für möglich, dass das vielleicht nur eine später entstandene Legende ist.
-------------------

Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass die übrigen Kurfürsten zumindest bei dieser Wahl selbst Interesse hatten, sich auf einen Kandidaten zu verständigen, offensichtlich wollten sie diese Mal zumindest einen König, der als solcher anerkannt ist und somit jene Zeit, die später als das Interregnum bezeichnet wurde, endlich beendet.

Mich würde nicht wundern, wenn sie selbst inzwischen befürchtet hätten, dass es sonst noch zu einer Auflösung des Reiches kommt und sie dabei ebenfalls ihre legalen "Grundlagen" für ihre eigene Machtposition verlieren konnten. (Wozu werden eigentlich Reichsfürsten beziehungsweise Kurfürsten benötigt, wenn es ohnehin kein Reich oder keinen König mehr gibt?) Daneben dürfte die damalige Lage nicht nur die Machtposition der Städte, sondern auch den "niedrigen" Adel gefördert haben.

Was die Ehen von Rudolfs Töchtern im Zusammenhang mit seiner Wahl zum König betrifft, so heiratete Mathilde (1254-1304) Herzog Ludwig (II.) dem Strengen von Bayern. (Beide waren die Eltern von Kaiser Ludwig dem Bayern.) Ihre Schwester Agnes (bis 1273 Gertrud) heiratete Herzog Albert (II.) von Sachsen. (Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass offensichtlich eine weitere Tochter einen Herzog von (Nieder-)Bayern einen weiteren Wittelsbacher heiratete und eine andere Tochter mit dem Markgrafen von Brandenburg einen weiteren Askanier.)
Quelle: http://regiowiki.at/wiki/Rudolf_I._(HRR)

Rudolf wurde also nicht nur zum römisch-deutschen König gewählt, sondern die Kurfürsten (beziehungsweise die Wittelsbacher und Askanier unter den Kurfürsten) hatten außerdem auch Interesse daran, ihn in ihr (kur- bzw. reichsfürstliches) "Kontakt- beziehungsweise Heiratsnetzwerk" einzubinden. Wenn wir seinen Rang als Graf (nicht gefürstet) bedenken, hatten sie offensichtlich auch Interesse daran, ihm hier ein wenig Verbesserung anzubieten, was zumindest ein Indiz ist, dass er nicht nur gewählt wurde, sondern dass bei dieser Wahl auch Interesse bestand, dass der Kandidat sich behaupten kann.

Es mag also sein, dass Ottokars Fehler nicht nur darin bestanden hat, dass er seine eigene Machtposition für stabiler hielt, als sie tatsächlich war, sondern mit Blick auf seine Erfahrungen während des Interregnums nicht erwartete hätte, dass die Kurfürsten (und vermutlich auch weitere Reichsfürsten) tatsächlich den Zustand des Interregnums beenden wollten.

In diesem Zusammenhang wäre auch zu die geographische Lage zu bedenken.
Die Staufer kamen aus der Reichslandschaft Schwaben und hatten ihre ursprüngliche Machtbasis im Westen des Reiches. (Dort sind auch die Wurzeln des Grafen Rudolf IV. von Habsburg zu finden, dem es gelang, den Grundstein für ein Herrschaftsgebilde zu legen, das in den folgenden Jahrhundert entstehen sollte und immerhin so etwas wie eine Ost-Westachse bildete. Eine Entwicklung, die er sicher nicht vorhersehen konnten).

Einen Machtbereich zwischen dem Osten und Westen im südlichen Teil des Reiches beziehungsweise in dessen Zentrum finden wir bei den Wittelsbachern (das Herzogtum Bayern wäre für den römisch-deutschen König später die ideale Position gewesen), während die Askanier eher im Norden und Osten des Reiches lokalisiert werden können.

Kurköln und Kurmainz sind im Zentrum zu finden, Kurtrier ebenfalls, aber bereits im Westen.

Ottokars Machtpolitik dürfte auf dem Osten und Süden des Reiches ausgerichtet gewesen sein (mit Ausblick auf Italien). Ich halte es daher auch für vorstellbar, dass er mit den politischen Entwicklungen im Westen des Reiches weniger vertraut war, was ebenfalls letztlich entscheidend gewesen sein könnte.
-----------------

Die Staufer jedenfalls dürften ihre Hauptmachtbasis im Zentrum und im Westen des Reiches gehabt haben, wobei sich ihre Politik unter Friedrich I. und Heinrich VI. und besonders unter Friedrich II. letztlich auf die Herrschaft über Italien ausrichtete. Das obere Italien war für Kaiser Friedrich II. jener Teil, der sein Königreich Sizilien zum Reich trennte, wenn er dort nicht seine Herrschaft als Herrscher über das Heilige Römische Reich behauptete. Zum Verhängnis dürfte den Staufern letztlich geworden sein, dass es Friedrich II. letztlich nicht gelungen ist, dort eine dauerhafte Herrschaft aufzubauen. Friedrich II. gelang es letztlich nicht, die dortigen Machthaber durch Eroberung endgültig durch Eroberung unter seine Herrschaft zu bringen.

Hier dürfte sich der Konflikt mit den Papstum verhängnisvoll ausgewirkt haben, das sich den oberitalienischen Machthabern als Alternative zu ihm anbot. Das wäre vielleicht anders gewesen, wenn es Friedrich II. statt mit den Päpsten, also gewählten Herrscher mit jeweils unterschiedlichen Familienhintergründen nur mit einer anderen Herrscherdynastie zu tun gehabt hätte. Eine andere Herrscherdynastie hätte er vielleicht durch eine gemeinsame politische Zusammenarbeit, unterstützt durch Eheschließungen, dauerhaft in seine Politik einbinden können. Mit den Päpsten war eine solche Politik nicht möglich.

Nicht entscheiden lässt sich vermutlich, ob es Friedrich II. mit dem damaligen Verständnis von Herrschaft beziehungsweise mit Blick auf die Ambitionen der dortigen Machthabenden (Stadtherrschaften , lokaler Adel) tatsächlich möglich gewesen wäre, eine Lösung zu finden, die für ihn und für diese ein tragbarer Kompromiss gewesen wäre.

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Der Untergang der Hohenstaufen - Teresa C. - 27.01.2018 12:07

Möglicherweise verwandte Themen...
Thema: Verfasser Antworten: Ansichten: Letzter Beitrag
  Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen? Teresa C. 33 53.833 27.02.2018 22:39
Letzter Beitrag: Sansavoir

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds