Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Der Untergang der Hohenstaufen
30.01.2018, 08:24
Beitrag: #39
RE: Der Untergang der Hohenstaufen
Ehe wir von ursprünglichen Thema zu weit wegkommen, gibt es noch zwei Punkte, die interessant sind, was den Untergang der Hohenstaufen betrifft.

1.)
Unzusammenhängende Herrschaften:

Als Kaiser Friedrich I. Barbarossa mit König Wilhelm II. aus der Dynastie der Hauteville die Eheschließung zwischen seinem Sohn Heinrich (dem späteren Kaiser Heinrich VI.) und dessen Halbschwester Konstanze aushandelte, dürfte seine Ziele ein Bündnis gegen den Papst und eine Stärkung seiner Dynastie auf der Appeninnenhalbinsel gewesen sein. (In den wissenschaftlichen Arbeiten wird das gewöhnlich anders gesehen, aber mit Blick auf das Alter von Wilhelm (der auch noch relativ jung war, als er starb) und seiner Ehefrau halte ich es für glaubwürdiger, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar war, dass die Heinrich VI. einmal das Königreich Neapel Sizilien als Erbe seiner Ehefrau beanspruchen würde.

Friedrich II. wuchs jedenfalls dort auf, während dieser Zeit wurde die Herrschaft über das Heilige Römische Reich von seinem Onkel Philipp und Otto von Braunschweig beansprucht. (Da Philipp ermordet wurde und keine männlichen Nachkommen hatte, lässt sich heute nicht mehr eindeutig entscheiden, was seine eigene Ziele waren. Beabsichtigte er seine eigene Dynastie dort als Herrscher zu etablieren, also eine eigene Herrschaft für sich und seine Nachkommen oder sah er sich doch als "Platzhalter" für seinen Neffen.)

Zu dem Zeitpunkt, als Friedrich behauptete, war er jedenfalls de facto der (männliche) Erbe seiner Familie. In der Folge beherrschte er nun ein Reich, das sich vom Mittelmeer bis zur Nord- und Ostsee erstreckte. Der einzige Herrscher, für den sich das noch beobachten und der Friedrich in der Ausdehnung noch übertrifft, war später der Habsburger Karl V. Der allerdings konnte sich im Unterschied zu Friedrich II. dabei auf ein recht zuverlässiges "Familien-Netzwerk" stützen. Dennoch weder das Reich von Friedrich noch von Karl hatte in diesen Dimensionen über dessen Lebensdauer hinaus bestand. (Als weiterer Vergleich würde sich hier noch Napoleon I. anbieten.)

Friedrichs Ehepolitik würde heute unter international fallen. Abgesehen von Bianca Lancia, die erst in der neueren Forschung als seine Ehefrau gesehen wird, waren seine drei anderen Ehefrauen alle nicht aus seinem eigenen Herrschaftsgebiet. (Ganz anders die Eheschließungen seiner Söhne.) Die einzige Ausnahme wäre die Babenbergerin Gertrud gewesen, diese Ehe kam allerdings nicht zustande, sie scheiterte, soweit hier die Überlieferung glaubwürdig ist, am Widerstand der Auserwählten.

Friedrich hatte zudem seinen Hauptherrschaftssitz, soweit sich das heute beurteilen lässt, in den südlichen Teilen von Neapel und auf Sizilien, also eigentlich nicht im Zentrum seines Herrschaftsgebietes, was zumindest aus heutiger Sicht mehr Sinn gemacht hätte. (Und es war sein Königreich Sizilien, in dem er jene Reformen verwirklichte, wegen denen er heute noch bewundert wird.)

Selbst heute wäre es ziemlich schwer ein solches Reich sozusagen im Alleingang zu beherrschen, und schon zu Friedrichs Lebzeiten dürfte das nur mit Einschränkungen funktioniert haben. Der Versuch, seinen ältesten Sohn Heinrich (VII.) als seinen Stellvertreter nördlich der Alpen aufzubauen (der wiederum mit einer Babenbergerin verheiratet wurde), scheiterte. (Ob Friedrich zu dem Zeitpunkt, als er starb, so etwas noch mit seinem nächsten Sohn Konrad geplant hatte, bleibt offen.)
Nördlich der Alpen, selbst wenn er dort seine Macht behauptete, war Friedrich also, gerade, weil er nicht überall sein konnte, auf Unterstützung der dort mächtigsten Reichsfürsten angewiesen. Seine Abwesenheiten dürften ihre Stellung entschieden gestärkt haben und wohl auch den Grundstein dafür gelegt haben, dass sich die Herrschaftsstruktur im Heiligen Deutschen Reich ganz anders entwickelte, als sich dies für andere Reiche beobachten lässt.

In Oberitalien war Friedrich lebenslang in Kriege verwickelt, doch gerade dieses Gebiet wird für ihn als Brücke zum Norden strategisch von enormster Wichtigkeit gewesen sein. Hier dürfte Friedrich eindeutig gescheitert sein, letztlich waren sein Kriege ein Fall Sisiphus. Seine Konflikte mit dem Päpsten dürften zwar nicht auf ihn zurückgeführt sein, aber zumindest als fürstliche Machthaber, die sie damals auch waren, dürfte er, selbst wenn das gar nicht von ihm beabsichtigt war, tatsächlich der gefährlichste Konkurrent gewesen sein, den sie je gehabt haben. Der Wiedererstehung des Römischen Reiches mit einem neue Rom als Mittelpunkt dürfte Friedrich II. näher gekommen sein, als je ein weiterer Herrscher.

Nach Friedrichs Tod hinterließ er ein sehr schwieriges Erbe, das zudem (Sizilien ausgenommen) von außen stark bedroht und innerlich nicht wirklich gefestigt war. Seine Nachfolger hatten zwar eine ganze Reihe Möglichkeiten, aber was fehlte, war wohl eine Linie, auf die sie ihre Politik konsequent hätten ausrichten können.

Ich vermute einmal, dass hier das Grundproblem seiner Erben war. (Hinzu kommen dann noch weitere Fakten.)

Im Vergleich dazu hatte Friedrich selbst wahrscheinlich Glück, dass die, welche nach dem Tod seines Vaters über sein weiteres Leben entschieden, letztlich, auch wenn das ursprünglich von ihnen gar nicht so geplant war, Prioritäten setzen konnten. Indem Friedrich letztlich erst einmal auf Sizilien beschränkt war und dort als Herrscher aufgebaut wurde, während sein Onkel Philipp im Heiligen Römischen Reich den Kampf um die Herrschaft führte (ob für sich oder seinen Neffen ist da nicht wichtig), wurden jene Voraussetzungen geschaffen, die es Friedrich letztlich ermöglichten, ein Reich zu haben, dessen Dimensionen eindeutig beachtlich waren.

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Der Untergang der Hohenstaufen - Teresa C. - 30.01.2018 08:24

Möglicherweise verwandte Themen...
Thema: Verfasser Antworten: Ansichten: Letzter Beitrag
  Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen? Teresa C. 33 53.836 27.02.2018 22:39
Letzter Beitrag: Sansavoir

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds