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Der Untergang der Hohenstaufen
15.02.2018, 22:43
Beitrag: #74
RE: Der Untergang der Hohenstaufen
Ein Problem ist für uns heute, dass wir vielleicht nicht einmal wirklich die Hintergründe kennen, oder tatsächlich im Nachhinein beurteilen können, ob Konradin zumindest überhaupt in Italien eine Chance gehabt hätte, das Einzige, was wir wirklich sicher wissen, ist, wie es ausgegangen ist.

Dass Konradin überhaupt keine Wahl hatte, als nach Italien zu ziehen - ich glaube, er hätte sich auch anders entscheiden können. Er hätte in Verona zumindest umkehren können. Was wäre, wenn es ihm gelungen wäre, nach der Schlacht von Tagliacozzo zu entkommen oder wenn er nicht verraten worden wäre (wobei die Hintergründe von diesem Verrat auch nicht wirklich geklärt sind beziehungsweise es zumindest vorstellbar wäre, dass es keinen Verrat, sondern nur ein paar unglückliche Zufälle gab.

War er schlecht beraten, hatte er Ratgeber, die ihn mit Absicht schlecht beraten haben oder war er selbst nicht bereit, auf gute Ratschläge zu hören, was mit Blick auf sein Alter auch vorstellbar ist? (Die Geschichte kennt eine ganze Reihe von jungen Leuten, die unbedingt die Welt verbessern oder ihre Ideale / Ziele verwirklichen wollten und das mit dem Leben bezahlt haben.)

Wäre er nicht nach Italien gegangen oder umgekehrt oder zumindest mit dem Leben davon gekommen, was hätte sein können? Ich würde vermuten, dass alles möglich gewesen wäre. Die Staufer hätten weiter bestanden, vielleicht wären sie eine bedeutungslose Familie geblieben. Vielleicht wäre sein Ansehen durch den gescheiterten Italienzug so beschädigt gewesen, dass er gar nicht mehr die Möglichkeit gehabt hätte, eine Familie zu gründen und wenigstens den Weiterbestand der Staufer zu sichern.

Wir sollten nicht übersehen, dass die Zeitgenossen und auch die späteren Generationen mit Besiegten und Verlierern meistens nicht besonders positiv verfahren sind und dies vor allem dann, wenn sich die Gegenspieler und Sieger über eine längere Zeit (wenigstens über eine zweite Generation) etablieren konnten (und damit selbst eher "unfaires" oder zweifelhaftes Handeln de facto wenigstens von späteren Generationen als "gerechtfertigt" und positiv (klug, vorausblickend etc.) gewertet wird). Am schwersten aber dürften es doch die Verlierer gehabt haben, die ihre Niederlage noch überlebt haben (und diese Schande nicht wenigstens irgendwie anders wettmachen konnte).

Karl und seine Nachfahren konnten jedenfalls ihre Herrschaft über das Königreich Neapel behaupten, das über einige Generationen.

Andererseits könnte es vielleicht nicht nur um die Wiedergewinnung der Herrschaft gegangen sein, sondern in erster Linie darum, Konradin mit seinem Italienfeldzug vielleicht "aufzubauen", ein erster Versuch, sich als zukünftiger Herrscher zu etablieren, in dem er eben in Italien ein wenig "Kriegsruhm" bei einem Versuch, dass Königreich Neapel-Sizilien zurückzuerobern, gewinnt. Das Ganze scheiterte in diesem Fall furchtbar. Konradin war immerhin noch sehr jung. Zum Zeitpunkt, als er nach Italien zog, waren seine Chancen im Heiligen Römischen Reich seiner Familie nachzufolgen, sicher kurzfristig betrachtet, nicht ideal. Andererseits, wenn er nicht nach Italien gegangen wäre oder die ganze Unternehmen hätte "ehrenvoll" abbrechen können, und in der Folge eine geschickte Politik geführt und eine für die damalige Zeit übliche Lebensdauer gehabt hätte (oder sogar ein hohes Alter erreicht hätte, was für einige in seiner Familie zutrifft), hätte er vielleicht langfristig betrachtet als reifer und bewährter Politiker spätestens nach dem Ableben von Rudolf von Habsburg (oder eines anderen Fürsten, der vielleicht statt Rudolf gewählt worden wäre) doch noch zum Zug kommen können.

Italien hätte er dann vermutlich verloren beziehungsweise aufgeben müssen, aber eine Rolle in der Reichspolitik wäre durchaus möglich gewesen ...

Eines ist sicher, damit, dass er mit Italien hingerichtet wurde, schaffte er jene endgültige Voraussetzung dafür, dass die Staufer später die große tragische Dynastie und im 19. Jahrhundert (zumindest bei den "Preußen") die "Kaiserdynastie" des Mittelalters werden konnten.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Der Untergang der Hohenstaufen - Teresa C. - 15.02.2018 22:43

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