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Der Untergang der Hohenstaufen
17.02.2018, 04:59
Beitrag: #76
RE: Der Untergang der Hohenstaufen
(15.02.2018 22:43)Teresa C. schrieb:  Dass Konradin überhaupt keine Wahl hatte, als nach Italien zu ziehen - ich glaube, er hätte sich auch anders entscheiden können. Er hätte in Verona zumindest umkehren können. Was wäre, wenn es ihm gelungen wäre, nach der Schlacht von Tagliacozzo zu entkommen oder wenn er nicht verraten worden wäre (wobei die Hintergründe von diesem Verrat auch nicht wirklich geklärt sind beziehungsweise es zumindest vorstellbar wäre, dass es keinen Verrat, sondern nur ein paar unglückliche Zufälle gab.

Konradins Italienfeldzug war nicht die Aktion eines jugendlichen Hitzkopfes. 1266 wurde Konradin auf dem Augsburger Reichstag mit dem Italienfeldzug beauftragt. Konradin wurde in Rom von der Bevölkerung willkommen geheißen und zum Senator ernannt. Allerdings wurde er auch vom Papst Clemens IV. gebannt. Dieser Papst, der nie Rom betrat, stammte aus der Provence - also aus einer Grafschaft, in der Karl von Anjou seit 1246 herrschte. Der Vorgänger von Clemens IV. Urban IV. stammte ebenfalls aus Frankreich. Von 1268 bis 1271 wurde das Papstamt nicht besetzt.

Die meisten nachfolgenden Päpste waren pro-französisch eingestellt, sieht man von Gregor X. (1271–1276) - ein Visconti - oder Nikolaus III. (1277-1280) - ein Orsini - ab. Gregor X. verhinderte z.B. die beabsichtigte Wahl des französischen Königs Philipp III. zum deutschen König. Konradins Italienfeldzug kann auch als Versuch gewertet werden, das Erstarken der Kapetinger zu verhindern.

(15.02.2018 22:43)Teresa C. schrieb:  Karl und seine Nachfahren konnten jedenfalls ihre Herrschaft über das Königreich Neapel behaupten, das über einige Generationen.

Karl war ein Profiteur des Bündnisses zwischen dem Papstum und dem französischen Königtum, dass seit Innozenz III. und Philipp II. August bestand und sich im Albigenserfeldzug "bewährte". Unter Innozenz III. war sogar Friedrich II. ein Nutznießer dieses politischen Bündnisses. Genauso wichtig ist aber, dass die Albigenser besiegt und vernichtet wurden und der Okzident seine Eigenständigkeit verlor. Die jüngeren Brüder Ludwigs IX. bekamen in den 1240er Jahren Gebiete wie die Grafschaft Toulouse, das Poitou (und im Norden das Artois) übertragen. Karl von Anjou wurde 1246 Graf der Provence. Unterstützt wurde diese Übertragung vom Papst Innozenz IV., der Karl gestattete, Beatrix von Provence zu heiraten.

Beatrix war zwar die jüngste Tochter von Raimund Berengar V. - aber ihr Vater bestimmte sie zur Erbin. Ihre älteren Schwestern Margarethe, Eleonore und Sancha waren bereits verheiratet - Margarethe mit Ludwig IX. von Frankreich, Eleonore mit Heinrich III. von England und Sancha mit Richard von Cornwallis, dem späteren deutschen Gegenkönig. Potentielle Ehemänner für Beatrix waren zuerst der spätere Konrad IV., der aufgrund des 1245 ausgesprochenen Kirchenbanns über seinen Vater sich nicht behaupten konnte. Ein weiterer Kandidat war Peter III. von Aragon - der wie Beatrix ein Angehöriger des Hauses Barcelona-Aragon war. Dessen Ehewünsche wurden aufgrund der nahen Verwandschaft - letztlich nur ein Vorwand - vom Papst verhindert.

Das Verdrängen der Aragonesen aus der Provence ist eine der Ursachen des Konflikts der beiden Dynastien Aragon und Anjou. Dass Peter III. 1262 Konstanze von Sizilien, die Tochter Manfreds, heiratete, kann auch als ein gegen Karl von Anjou gerichtetes Bündnis zwischen Peter III. und Manfred betrachtet werden. Manfred unterstützte sogar den letzten Lateinischen Kaiser Balduin II. von Courtenay und gewährte ihm nach 1261 in Sizilien Exil. Balduin II. wechselte später aber die Fronten und verband sich mit Karl von Anjou.

Interessant ist auch, dass Karl von Anjou z.T. eine andere Politik als sein Bruder Ludwig IX. betrieb. Ludwig führte z.B. 1270 den 7. Kreuzzug nach Tunis, Karl schloss Frieden mit den Mamluken. Ludwig hatte kein Interesse an Byzanz, Karl wollte das Lateinische Kaisertum erneuern. Er unterstützte die Ansprüche des letzten Lateinischen Kaisers Balduin II. von Courtenay - ebenfalls ein Kapetinger. Dessen Sohn Peter von Courtenay heiratete später Karls Tochter Beatrix. Beide hatten eine Tochter Katharina, die Karl von Valois, den jüngeren Bruder Philipps IV., heiratete. Karl erbte den Anspruch auf das Lateinische Kaisertum. Katharinas und Karls Sohn war der später König Philipp VI., der die Dynastie der Valois begründete. Ihre Tochter war Katharina II., die das Titularkaisertum erbte. Sie wurde mit Philipp von Tarent, einen Enkel Karls von Anjou, verheiratet, ihre Nachkommen führten noch bis 1383 den Kaisertitel.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Der Untergang der Hohenstaufen - Sansavoir - 17.02.2018 04:59

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