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King Arthur - das ungelöste Rätsel...
21.05.2018, 19:31
Beitrag: #17
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
(21.05.2018 13:35)Aguyar schrieb:  Was mich an der ganzen Arthur-Forschung stört, ist die Nichtberücksichtigung resp. Ignoranz gegenüber der Eigenleistung der höfischen Troubadoure und Minnesänger. Für jede auftauchende Thematik der Artus-Erzählungen wird ein keltisch-walisischer Ursprung gesucht: Man traut den mittelalterlichen Minnesängern – als Vertreter resp. Künstler des «dunklen Zeitalters» – offenbar einfach nicht zu, dass sie genügend kreative Fantasie aufbringen könnten, eine eigene Dramaturgie zu entwickeln.

So würde ich das gar nicht sehen. Die eigene Dramaturgie entwickeln sie durchaus, aber ob die Idee für ihre Geschichten immer reine Phantasie sind, weiß ich nicht- dazu blitzt viel zu vieles auf, das ein mittelalterlicher Minnesänger nicht unbedingt gewußt haben kann. Wie die eher ungewöhnlichen Vorlieben der Königin Guinevere, die sich mit dem mittelalterlichen Vorstellungen ja nicht unbedingt in Einklang bringen lassen.


(21.05.2018 13:35)Aguyar schrieb:  Bei der Suche nach der Vorlage – besser den Vorlagen – für die Artus-Epik müsste man sich nach meinem Dafürhalten als Basis auf Geoffrey von Monmouth (und die davorliegenden Zeitpunkte) als Basis resp. als Ausgangslage beschränken. Erzählungen die nach Monmouth auftauchen, sind m. M. tatsächlich Erfindungen der Minnesänger/Troubadoure, denen möglicherweise – gelegentlich – ebenfalls ältere Mythologien zugrunde liegen könnten. Diese müssten dann aber nicht zwingend keltischen Ursprungs sein – z.B. im Falle der Troubadoure wäre eine okzidanische Herkunft wahrscheinlicher..

Lorre Goodrich setzt im übrigen tatsächlich bei Geoffrey von Monmouth an und vermutet als eine seiner Quellen die Annalen des Nordens, von deren Existenz man weiß, die man aber nicht kennt.
Was die keltische Mythologie anbetrifft, gebe ich dir ein Stück weit recht- man beruft sich heute bei einigen Dingen darauf, dass sie in der Artus Mythologie vorkommen und deswegen keltisch seien- dabei können sie auch wo anders herkommen. Allerdings gibt es Elemente, die eindeutig keltisch sind- von daher gehe ich davon aus, dass die Troubadoure verschiedene mythische Elemente miteinander verwoben haben - im übrigen ähnlich wie Shakespeare das später tat...


(21.05.2018 13:35)Aguyar schrieb:  Ich halte die Lancelot-Thematik für eine ureigene Schöpfung der höfischen Literatur und insofern tatsächlich als eine reine Erfindung von Chrétien von Troyes. Nicht nur der Name «Lancelot» spricht dafür, sondern auch die ganze Thematik der Affäre mit Gunivere, welche eine Krise auslöst, die das Reich in den Abgrund zu reissen droht. Die ganze Dramaturgie entspricht derart offensichtlich den Idealen des Minnekults (z.B. die Vorstellung, dass der Liebe auf jeden Fall den Vorzug vor den Eheverpflichtungen zu geben ist, aber auch der Konflikt zwischen Liebe und ritterlicher Ehre) und kaum den wohl eher patriarchalen Vorstellungen der Keltenmythologie.

Du solltest dir Lorre goodrichs Ausführungen zu diesem Thema ruhig mal zu Gemüte führen. Ich will ja gar nicht abstreiten, dass die ganze Geschichte, wie sie Chretien erzählt, tatsächlich den Idelaen des Minnekultes folgt, aber das heißt noch lange nicht, dass Chretien nicht eine ältere Geschichte entsprechend der Ideale des Minnenkultes interpretiert hat.
Vielleicht, weil die Geschichte für ihn derartig fremartig war, dass er nach Erklärungen gesucht hat. Und das würde dann auch bedeuten, dass die Gschichte eben nicht rein keltisch gewesen ist. Wenn Guinevere tatsächlich Piktin gewesen ist, kann es gut sein, dass sie von den mittelalterlichen Vorstellungen nicht erfaßt werden konnte.


(21.05.2018 13:35)Aguyar schrieb:  Im Weiteren muss darauf hingewiesen werden, dass in Chrétiens Lancelot-Roman erstmals auch der Gral auftaucht, eine Thematik, die sich nach meinem Dafürhalten überhaupt nicht in die keltisch-walisische Tradition einreihen lässt (@Bunburry: Wir hatten diese Thematik in anderem Zusammenhang schon mal kurz angeschnitten).

Was mit dem Gral gemeint ist, war ja schon den Zeitgenossen und sogar ihren möglichen Erfindern nicht klar. Bei Chrétien von Troyes ist er ein Kelch (später machte Robert von Boron aus dem Kelch den Kelch mit Jesus’ Blut, den Joseph von Arimathäa nach England … etc), bei Wolfram von Eschenbach aber ein Stein. Wolfram von Eschenbach stützt sich dabei in seinem «Parzival» (wie «Lancelot» ein höfisch-literarischer Name) auf einen gewissen «Kyôt» und wirft Chrétien vor, die Erzählung dieses «Kyôts» verfälscht zu haben.

Manche Historiker meinen nun offenbar, dass «Kyôt» eine literarische Figur sei – derjenige der mir davon erzählt hat, stellt allerdings die These auf, dass es sich bei «Kyôt» um den zeitgenössischen Minnesänger Guiot von Provins gehandelt haben könnte. Die These scheint mir passend – Guiot von Provins war in Byzanz, Jerusalempilger (nahm vielleicht am 3. Kreuzzug teil) und war am Schluss Mönch in Cluny. Er war nicht nur ein Zeitgenosse von Chrétien sondern stammte wie dieser aus der Champagne.
Wie dem auch sei, bestärkt mich dieser zeitgenössische Streit um den Gral, dass es sich dabei – und damit auch bei Lancelot – die Ansicht, um eine eigenständige, originäre Erfindung der Minnekultur handeln muss..

Auch hier neige ich dazu, mit "teils,Teils" zu antworten. Die Ausgestaltung der Idee des Grals könnte tatsächlich eine Erfindung der Minnekultur sein bzw hier könnten sehr stark andere mythologische Elemente mit eingeflossen sein.
Dennoch bleibt unbestreitbar, dass dem Gral Eigenschaften zugeschrieben werden, die aus keltischen Sagen über heilige Gefäße überliefert sind.
Aber genau hier ergibt sich auch die Diskrepanz: Die Gefäße, die in der keltischen Mythologie mit derartigen Eigenschaften auftauchen, sind immer Kessel, niemals Kelche oder Becher. Andere Elemente, die in den Gralsschilderungen auftauchen, finden sich allerdings durchaus auch in anderen keltischen Sagen wieder.
Was mich nun wiederum in der Annahme bestärkt, dass die Troubadoure sich eine ältere, vielleicht nur in Rudimenten überlieferte Geschichte vorgenommen und entsprechend ihrer Vorstellungen erzählt haben. Dass sie dabei etwas höchst eigenes geschaffen haben, ist dabei unbestreitbar. Es würde ja auch niemand auf den Gedanken kommen zu sagen, Shakespeare habe nichts eigenes geschaffen, nur weil er auf alte Geschichten zurückgriff...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel... - Bunbury - 21.05.2018 19:31

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