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Die slawische Expansion - Druckversion

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Die slawische Expansion - Suebe - 03.08.2012 14:57

(03.08.2012 12:33)Arkona schrieb:  
(03.08.2012 11:46)Suebe schrieb:  [quote='dieter' pid='6019' dateline='1343985696']
Ich würde auch die These wagen, dass die rasche Ausbreitung der Slawen weniger mit deren "Fruchtbarkeit" zu tun, sondern eher mit dem erfolgreichen Kulturmodell, das übernommen wurde.
Die "slawische Ausbreitung" über halb Europa im frühen Mittelalter wäre einen eigenen Thread wert, zumal im europäischen "Kernrussland" Finno-Ugrier und Balten siedelten.

Der Meinung bin ich auch.


RE: Die slawische Expansion - Dietrich - 03.08.2012 15:34

Von politischer und demografischer Bedeutung ist besonders die Ausbreitung der Westslawen und Südslawen, während die Ostslawen - vor allem Russen - erst später bedeutsam wurden und Wanderungen unternahmen. Als Urheimat der Slawen gilt der Raum zwischen Weichsel, Dnjepr und Dnjestr, von wo aus die West- und Südslawen zwischen dem 5. und 7. Jh. ihre Wanderungen antraten bzw. sich sukzessive ausbreiteten.

Die Westslawen sickerten allmählich ab dem 5. Jh. n. Chr. in die Gebiete zwischen Elbe und Weichsel ein, die die germanischen Stämme im Zuge der Völkerwanderung verlassen hatten und die somit siedlungsarm waren. Die vermutlich noch vorhandene germanische Restbevölkerung wurde assimiliert und zwischen Elbe-Saale und Oder entstanden die slawischen Stämme der Liutizen, Obodriten, Heveller, Sorben usw. Gleichzeitig wanderten westslawische Gruppen in den Raum des heutigen Polen und der Tschechoslowakei ein, wo eine Ethnogenese begann, aus der die Völker der Polen, Tschechen, Mährer, Slowaken usw. hervorgingen.

Komplizierter verhält es sich mit der Ausbreitung der Südslawen ab dem 6./7. Jh. n. Chr. auf den Balkan, da diese Gebiete von romanisierten Illyrern und Thrakern sowie Griechen besiedelt waren und Byzanz die politische Oberherrschaft ausübte.

Ich will deshalb die Ausbreitung der Südslawen etwas detaillierter darstellen:

Nach der Auflösung Westroms, den Wirren der Völkerwanderung, mehreren Vorstößen der Hunnen und Awaren sowie weiteren Kriegen und Krisen waren große Gebiete des Balkans und Griechenlands entvölkert. In diesen Raum wanderten seit dem 6./7. Jh. allmählich Slawen ein, deren Vordringen auch byzantinische Feldherren und Kaiser nicht aufhalten konnten. So drangen z.B. 577/78 nach antiken Berichten 100 000 (?) Slawen in Hellas ein und verwüsteten das Land. Nach einem Zeugnis des syrischen Kirchenhistorikers Johannes von Ephesos ließen sie sich nieder, erwarben reichen Besitz und lerntrn Krieg zu führen. 581 wurde Konstantinopel erneut belagert und auch in den folgenden Jahren hatte Griechenland unter ständigen Raubzügen zu leiden.

Ich beschreibe das so ausführlich, um einen Eindruck davon zu geben, wie dezimiert die griechische Bevölkerung war, was erklärt, warum Slawen in großer Zahl das Land besetzen und dort siedeln konnten. In der folgenden Zeit breiteten sich Slawen über ganz Griechenland und die Peloponnes aus. Mitte des 8. Jh. entvölkerte zudem eine Pestepidemie weite Landstriche, die nunmehr ebenfalls neu besiedelt wurden. Damit wuchs der slawische Einfluss weiter gegenüber dem geschwächten griechischen Bevölkerungsanteil, der vor allem in den Städten lebte.

Diese Situation veranlasste im 19. Jh. den Historiker Jakob Philipp Fallmerayer zu seiner heftig umstrittenen These, bei den modernen Griechen handele es sich um "hellenisierte Slawen". Diese These wiesen jedoch Byzantinisten und Slawisten als unhaltbar zurück.

Im Laufe des 9.-11. Jh. wurden die Slawen von der überlegenen griechischen Kultur jedoch hellenisiert. Wie ich oben beschrieben habe, führten die Annahme des orthodoxen Christentums sowie die kulturelle Assimilation zur restlosen Integration im Raum des heutigen Griechenland, sodass es nahezu unmöglich ist, Zahlen für den ursprünglichen slawischen Bevölkerungsteil innerhalb der originären griechischen Bevölkerung anzugeben. Ohne dafür einen Beweis zu haben, könnte ich mir jedoch denken, dass das Verhältnis bei 50 : 50 liegen könnte.

Andere Ethnien wie z.B. die Albaner oder Aromunen spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle und scheinen sich mit der griechischen Bevölkerung auch wenig vermischt zu haben. Das zeigen einstige und z.T. noch heute bestehende aromunische und albanische Sprachinseln.Ebenfalls keine Vermischung gab es später mit den muslimischen Türken, die als eigenständige ethnische Einheit von rund 500 000 Menschen bis zur Aussiedlung im 20. Jh. existierten.

Was die Kroaten und Serben angeht, so kamen sie nicht als fertige Völker in ihre heutigen Sitze. Sie entwickelten sich aus den im 6./7. Jh. eingewanderten Südslawen, d.h. ihre Ethnogenese erfolgte erst auf dem Balkan. Im Zuge dieser Entwicklung assimilierten sie die romanisierte illyrische und thrakische Restbevölkerung, deren Sprache sich heute nur noch als Substrat im serbischen und kroatischen findet.

Eine andere Entwicklung nahm Bulgarien. Ende des 7. Jh. wanderten turkstämmige Protobulgaren in den Raum des heutigen Bulgarien und unterwarfen die dortige slawische Bevölkerung. Da die turkstämmigen Eroberer nur eine ganz dünne Oberschicht bildeten, verschmolzen sie schon bald mit der slawischen Mehrheitsbevölkerung und gaben ihre Sprache und Identität auf. Bereits im 9./10. Jh. findet sich von ihnen keine Spur mehr, sodass die Bulgaren zu einem slawischen Volk wurden, in dessen Sprache sich so gut wie keine türkischen Spuren mehr finden. Das deutet darauf hin, dass die türkischen Ereoberer nur eine äußerst kleine Elite gebildet haben. - Wie sehr Völker aus unterschiedlichen Ethnien entstanden, zeigt beispielhaft Bulgarien: Zunächst wurde die dort lebende thrakische Bevölkerung romanisiert, dann verschmolzen die Thraker mit den eindringenden Slawen, die ihrerseits die turkstämmigen Protobulgaren assimilierten.

Wer also "Rassereinheit" predigen will, der ist völlig auf dem Holzweg, denn das gibt es nicht.


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 03.08.2012 15:49

(03.08.2012 15:34)Dietrich schrieb:  Von politischer und demografischer Bedeutung ist vor allem die Ausbreitung der Westslawen und Südslawen, während die Ostslawen - vor allem Russen - erst später bedeutsam wurden und vor allem keine Wanderungen unternahmen.

Die Westslawen sickerten allmählich ab dem 5. Jh. n. Chr. in die Gebiete zwischen Elebe und Weichsel ein, die die germanischen Stämme im Zuge der Völkerwanderung verlassen hatten und die somit siedlungsarm waren. Die vermutlich noch vorhandene germanische Restbevölkerung wurde assimiliert und zwischen Elbe-Saale und Oder entstanden die slawischen Stääme der Liutizen, Obodriten, Heveller, Sorben usw. Gleichzeitig wanderten westslawische Gruppen in den Raum des heutigen Polen und der Tschechoslowakei ein, wo eine Ethnogenese begann, aus der die Völker der Polen, Tschechen, Mährer, Slowaken usw. hervorgingen.
./.


In meinem Putzger Geschichtsatlas, den ich 1961 zu Weihnachten bekam, Wink wird von einer Urheimat der Slawen in den Pribjet-Sümpfen ausgegangen, von der sie sich Sternförmig ausgebreitet haben sollen.

Neulich las ich von dem "erstaunlich erfolgreichen, sozial wenig differenzierten slawischen Kulturmodell".
Erfolgreich auf alle Fälle, Dietrich hat die Ausbreitung der Jugoslawen eindrucksvoll beschrieben.
Die Ausbreitung über Ost- und bis weit nach Mitteleuropa ist nicht weniger Eindrucksvoll.
Wobei das "Kulturmodell" evt. wegen seiner geringen sozialen Differenziertheit so erfolgreich war?

Zitat:
Wer also "Rassereinheit" predigen will, der ist völlig auf dem Holzweg, denn das gibt es nicht.

Volle Zustimmung, das ist der Punkt. Auch hier "Beitrittserklärung"


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 03.08.2012 17:05

Zitat: ...während die Ostslawen - vor allem Russen - erst später bedeutsam wurden und vor allem keine Wanderungen unternahmen.
Dass stimmt einfach nicht, auch wenn darüber wenig überliefert ist.
Moskau ist eigentlich mordwinischer Boden. Die Russen, wie man sie kennt, sind eigentlich "angemalte Finno-Ugrier".


RE: Die slawische Expansion - Dietrich - 03.08.2012 17:35

(03.08.2012 17:05)Arkona schrieb:  Dass stimmt einfach nicht, auch wenn darüber wenig überliefert ist.
Moskau ist eigentlich mordwinischer Boden. Die Russen, wie man sie kennt, sind eigentlich "angemalte Finno-Ugrier".

Du wirst mir zustimmen, dass Russisch und Mordwinisch zwei unterschiedliche Sprachen sind und zu gänzlich verschiedenen Sprachfamilien zählen, nämlich zur indoeuropäischen und uralischen.

Und somit sind die Russen keine Mordwinen und die Mordwinen keine Russen, egal welche ethnischen Gruppen bei der Ethnogenese beider Völker noch eine Rolle spielen.

Folgt man deiner Logik, wären die Mecklenburger angemalte Slawen, die Türken angemalte Griechen und die Bayern angemalte Kelten. Es gilt daher: Alle Völker haben im Verlauf ihrer Existenz andere ethnische Gruppen assimiliert. Wenn das dominierende Volk seine sprachliche und kulturelle Identität behält, dann sind die absorbierten Gruppen nur noch durch ein sprachliches Substrat fassbar, denn die Identität ist untergegangen. Zuweilen bleibt ein Rest des kulturellen Erbes der assimilierten Population erhalten, dss dann Ethnologen beschäftigt


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 03.08.2012 17:44

(03.08.2012 17:35)Dietrich schrieb:  Folgt man deiner Logik, wären die Mecklenburger angemalte Slawen, die Türken angemalte Griechen und die Bayern angemalte Kelten. Es gilt daher: Alle Völker haben im Verlauf ihrer Existenz andere ethnische Gruppen assimiliert. Wenn das dominierende Volk seine sprachliche und kulturelle Identität behält, dann sind die absorbierten Gruppen nur noch durch ein sprachliches Substrat fassbar, denn die Identität ist untergegangen. Zuweilen bleibt ein Rest des kulturellen Erbes der assimilierten Population erhalten, dass dann Ethnologen beschäftigt
Damit hast du eigentlich eine Generalsaussage gemacht, die sich alle Nationalisten hinter die Ohren schreiben sollten. Genauso meinte ich das.


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 03.08.2012 18:40

(03.08.2012 17:44)Arkona schrieb:  
(03.08.2012 17:35)Dietrich schrieb:  Folgt man deiner Logik, wären die Mecklenburger angemalte Slawen, die Türken angemalte Griechen und die Bayern angemalte Kelten. Es gilt daher: Alle Völker haben im Verlauf ihrer Existenz andere ethnische Gruppen assimiliert. Wenn das dominierende Volk seine sprachliche und kulturelle Identität behält, dann sind die absorbierten Gruppen nur noch durch ein sprachliches Substrat fassbar, denn die Identität ist untergegangen. Zuweilen bleibt ein Rest des kulturellen Erbes der assimilierten Population erhalten, dass dann Ethnologen beschäftigt
Damit hast du eigentlich eine Generalsaussage gemacht, die sich alle Nationalisten hinter die Ohren schreiben sollten. Genauso meinte ich das.


Nachdem das geklärt ist.

Hat einer eine These parat, warum das "slawische Kulturmodell" im beginnenden Mittelalter so erfolgreich war?


RE: Die slawische Expansion - Dietrich - 03.08.2012 18:48

(03.08.2012 18:40)Suebe schrieb:  Hat einer eine These parat, warum das "slawische Kulturmodell" im beginnenden Mittelalter so erfolgreich war?

Dazu müsstest du erst einmal exakter definieren, was unter einem "slawischen Kulturmodell" zu verstehen ist.


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 03.08.2012 20:56

Es ist sicher, dass die östlich der Elbe noch ansässigen Germanen im 6/7. Jahrhundert "slawisiert" wurden. Menschenleer war die Gegend jedenfalls auch damals nicht.


RE: Die slawische Expansion - Dietrich - 04.08.2012 11:06

(03.08.2012 20:56)Arkona schrieb:  Es ist sicher, dass die östlich der Elbe noch ansässigen Germanen im 6/7. Jahrhundert "slawisiert" wurden. Menschenleer war die Gegend jedenfalls auch damals nicht.

Das hat auch niemand behauptet. Aber sicherlich war der Raum zwischen Elbe und Weichsel nach Abzug der germanischen Völker im Zuge der Völkerwanderung siedlungsarm. Dass die germanische Restbevölkerung von den vorrückenden Slawen assimiliert wurde, ist eine logische Folge dieser Entwicklung.


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 04.08.2012 16:20

(04.08.2012 11:06)Dietrich schrieb:  
(03.08.2012 20:56)Arkona schrieb:  Es ist sicher, dass die östlich der Elbe noch ansässigen Germanen im 6/7. Jahrhundert "slawisiert" wurden. Menschenleer war die Gegend jedenfalls auch damals nicht.

Das hat auch niemand behauptet. Aber sicherlich war der Raum zwischen Elbe und Weichsel nach Abzug der germanischen Völker im Zuge der Völkerwanderung siedlungsarm. Dass die germanische Restbevölkerung von den vorrückenden Slawen assimiliert wurde, ist eine logische Folge dieser Entwicklung.
Nein, aber so wird es oft dargestellt. In Berlin-Marzahn hat man Belege gefunden, dass die neu eintreffenden Slawen die vorhandene Infrastruktur (Brunnen) einfach übernahmen. Dabei gab es wohl 2 Wellen, eine aus Osteuropa, die andere mehr vom Balkan her. Man kann das an der Keramik erkennen. Möglicherweise ist die "Erbfeindschaft" von Lutizen und Obotriten schon von daher.


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 04.08.2012 17:09

(03.08.2012 18:48)Dietrich schrieb:  
(03.08.2012 18:40)Suebe schrieb:  Hat einer eine These parat, warum das "slawische Kulturmodell" im beginnenden Mittelalter so erfolgreich war?

Dazu müsstest du erst einmal exakter definieren, was unter einem "slawischen Kulturmodell" zu verstehen ist.

Eine bäuerliche Kultur, sozial wenig differenziert.
Die heidnische Alternative
Zum römisch/germanisch christlichen Modell.


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 04.08.2012 17:47

(04.08.2012 16:20)Arkona schrieb:  
(04.08.2012 11:06)Dietrich schrieb:  Das hat auch niemand behauptet. Aber sicherlich war der Raum zwischen Elbe und Weichsel nach Abzug der germanischen Völker im Zuge der Völkerwanderung siedlungsarm. Dass die germanische Restbevölkerung von den vorrückenden Slawen assimiliert wurde, ist eine logische Folge dieser Entwicklung.
Nein, aber so wird es oft dargestellt. In Berlin-Marzahn hat man Belege gefunden, dass die neu eintreffenden Slawen die vorhandene Infrastruktur (Brunnen) einfach übernahmen. Dabei gab es wohl 2 Wellen, eine aus Osteuropa, die andere mehr vom Balkan her. Man kann das an der Keramik erkennen. Möglicherweise ist die "Erbfeindschaft" von Lutizen und Obotriten schon von daher.

Die Slawen sind im im Hinterland der Ostseeküste frühestens in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts angekommen. Sicher nachgewiesen ab ca. 700.
In überaus kurzer Zeit hat sich dort die bereits recht hochentwickelte "Feldberger Kultur" entwickelt.
Schon in den 780er Jahren hat sich Karl genötigt gesehen, eine Feldzug gegen sie anzuführen.


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 04.08.2012 18:54

Eigentlich sind die Slawen dort schon um 600 "eingesickert". Karl nahm sie als Macht wahr, als es gegen die Sachsen ging. Ansonsten ist das Schicksal der Elbslawen ein Beispiel, dass friedliche Koexistenz auf Dauer doch nicht funktioniert. Man hat den Adel korrumpiert und das Volk unterworfen. Preußens Generalsnamen sagen alles...


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 05.08.2012 14:06

(04.08.2012 18:54)Arkona schrieb:  Eigentlich sind die Slawen dort schon um 600 "eingesickert". Karl nahm sie als Macht wahr, als es gegen die Sachsen ging.

Laut AiD in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts nachgewiesen ab ziemlich genau 700. Wohlgemerkt Ostseeküste und Hinterland, Brandenburg und Lausitz entsprechend früher.

Zitat:Ansonsten ist das Schicksal der Elbslawen ein Beispiel, dass friedliche Koexistenz auf Dauer doch nicht funktioniert. Man hat den Adel korrumpiert und das Volk unterworfen. Preußens Generalsnamen sagen alles...

Das ist 1. Hochmittelalter. Und 2. wird es kaum möglich sein, den Adel zu korrumpieren und das Volk zu unterwerden.


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 06.08.2012 12:34

(05.08.2012 14:06)Suebe schrieb:  Das ist 1. Hochmittelalter. Und 2. wird es kaum möglich sein, den Adel zu korrumpieren und das Volk zu unterwerden.
Die Herkunft des ostelbischen Junkertums im lokalen slawischen Adel ist unbestreitbar. Sogar der letzte Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin war ein direkter Nachkomme in männlicher Linie des Obotritenanführers Niklot.


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 06.08.2012 12:51

(06.08.2012 12:34)Arkona schrieb:  
(05.08.2012 14:06)Suebe schrieb:  Das ist 1. Hochmittelalter. Und 2. wird es kaum möglich sein, den Adel zu korrumpieren und das Volk zu unterwerden.
Die Herkunft des ostelbischen Junkertums im lokalen slawischen Adel ist unbestreitbar. Sogar der letzte Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin war ein direkter Nachkomme in männlicher Linie des Obotritenanführers Niklot.

Das bestreite ich auch gar nicht, habe ich auch nie bestritten.
Die "Doppel-Wurzel" des Ostelbischen Adels ist mir wohlbekannt.

Der Vorgang:
Korrumpierung des Adels und Unterwerfung des Volkes will mir nicht einleuchten.


RE: Die slawische Expansion - Arkona - 06.08.2012 13:14

Zitat:Der Vorgang:
Korrumpierung des Adels und Unterwerfung des Volkes will mir nicht einleuchten.

Ja, wie denn sonst? Die einheimische Oberschicht hat sich ganz pragmatisch ergeben und ihr Lehen dann halt von Heinrich dem Löwen oder wem auch immer wieder bekommen. Natürlich ist das Korruption. Wer nicht mitmachte und sich bei einer gewissen Zeremonie sich als "wasserscheu" erwies, endete wie Wertislaw, der Bruder des großherzöglichen Stammvaters am Galgen. Und das einfache Volk wurde eh nicht gefragt, die nagelten höchstens mal ein allzu missionseifriges Mönchlein oder einen besonders gierigen Grafen ans Kreuz.


RE: Die slawische Expansion - Dietrich - 06.08.2012 13:28

(04.08.2012 17:09)Suebe schrieb:  
(03.08.2012 18:48)Dietrich schrieb:  Dazu müsstest du erst einmal exakter definieren, was unter einem "slawischen Kulturmodell" zu verstehen ist.

Eine bäuerliche Kultur, sozial wenig differenziert.
Die heidnische Alternative
Zum römisch/germanisch christlichen Modell.


Die Ausbreitung der West- und Südslawen war nur deshalb besonders erfolgreich, weil sie in Räume mit einem demografischen Vakuum vorstießen oder einwanderten.

Der Raum zwischen Elbe und Weichsel war nach Abzug germanischer Stämme - Silingen, Asdingen, Burgunder, Goten - im Zuge der Völkerwanderung siedlungsarm, sodass die Westslawen ungehindert einsickern konnten. Erst die Elbe-Saale-Linie war zur fraglichen Zeit die Grenze anderer Völker und Staaten; zunächst der Sachsen, später des Frankenreichs.

Was die Südslawen angeht, so war der Balkanraum im 6./7. Jh. durch Kriegszüge der Hunnen und Awaren, durch durchziehnde Germanenstämme und schließlich durch Seuchen und Erntekatastrophen demografisch stark dezimiert und in einigen Landstrichen sogar entvölkert. Somit füllten die Südslawen ein Vakuum und assimilierten dabei die dezimierte romanisierte Restbevölkerung von Illyrern und Thrakern.

Es handelt sich also keineswegs um ein besonders erfolgreiches "Kulturmodell" der Slawen, sondern lediglich um eine günstige demografische Konstellation, die für die Inbesitznahme größerer Räume historisch vorteilhaft war.


RE: Die slawische Expansion - Suebe - 06.08.2012 14:36

(06.08.2012 13:28)Dietrich schrieb:  
(04.08.2012 17:09)Suebe schrieb:  Eine bäuerliche Kultur, sozial wenig differenziert.
Die heidnische Alternative
Zum römisch/germanisch christlichen Modell.
Es handelt sich also keineswegs um ein besonders erfolgreiches "Kulturmodell" der Slawen, sondern lediglich um eine günstige demografische Konstellation, die für die Inbesitznahme größerer Räume historisch vorteilhaft war.


Deine Meinung?

Ich kenne mich mit den Slawen nicht so sehr aus, und habe dies so vor einiger Zeit im AiD Sonderheft "Völkerwanderung" gelesen, da mir dies überaus interessant, vom Bericht her auch schlüssig erschien, habe ich dies hier in die Diskussion eingeführt.
Zitat:http://www.aid-magazin.de/Sonderheft-2005.451.0.html

das Heft ist leider vergriffen, aber ich kann die entsprechenden Seiten dir gerne als Scan mailen.