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Revolution, der finanzielle Faktor - Diskussion zum G/Geschichteheft 7/2014:
26.07.2014, 16:03
Beitrag: #9
RE: Revolution, der finanzielle Faktor - Diskussion zum G/Geschichteheft 7/2014:
Nun zum Thema: Wie wurde die Finanzlage Frankreichs während der Revolution verändert?

Nach einem Antrag des ehemaligen Bischofs und späteren napoleonischen Außenministers Talleyrand zog die Konstituante am 2. November 1789 alle Kirchengüter zugunsten der Nation ein, deshalb wurden diese Güter als Nationalgüter bezeichnet. Das eingezogene Kirchengut umfasste etwa 8 % (+/- 2 %) der Gesamtfläche Frankreichs. Am 19. Dezember 1789 wurde der Verkauf beschlossen, nachdem der Gesamtwert des ehemaligen Kirchenguts auf 2 Milliarden Livre taxiert wurde. Die Regierung erwartete durch den Verkauf der Nationalgüter eine Besserung der Finanzlage und vor allem die Möglichkeit, die staatliche Schuldenlast zu verringern. Im Vorgriff auf den Verkauf wurden Assignaten ausgegeben, die bald darauf auch als Papiergeld fungierten.

Am 14. Mai 1790 beschloss die Konstituante ein Gesetz, in dem die Gemeindebehörden angewiesen wurden, die Nationalgüter in den Hauptorten ihres Distrikts verkauft oder versteigert werden. Die ehemaligen Kirchengüter wurden parzelliert, konnten aber auch im Ganzen verkauft werden. Käufer waren vor allem Bürgerliche, denen das Ançien Regime den Kauf von Grundstücken verweigerten. Aber auch viele Bauer erwarben Land, oft legten die Bauern eines Dorfes ihr Erspartes zusammen, um gemeinsam Land zu erwerben. Der Verkauf der Nationalgüter ging jedoch nicht immer reibungslos über die Bühne, konservative Bauern im Westen Frankreichs versuchten den Verkauf bzw. die Versteigerung der ehemaligen Kirchengüter zu verhindern.

Insgesamt war die Veräußerung der Nationalgüter für die Revolutionäre ein Erfolg. Begünstigt wurde dies auch durch die großzügigen Modalitäten, die sie potentiellen Käufern gewährten. Zuerst musste man nur 12 % der Kaufsumme hinterlegen, die Restschuld musste mit zwölf Jahresraten beglichen werden, wobei eine Verzinsung von 5 % pro Jahr festgelegt wurde. Ende 1790 erschwerten sich die Bedingungen, man musste seitdem 20 % der Kaufsumme hinterlegen und die Restschuld innerhalb von 4,5 Jahren begleichen. Ebenso wurde das ehemalige Kirchengut nicht mehr parzelliert, man musste es als Ganzes kaufen. Diese Maßnahme richtete sich ganz bewusst gegen Klein- und Mittelbauern und lag im Interesse des Großbürgertums.

Nachdem das Kirchengut größtenteils verkauft war, beschloss der neue Gesetzgeber, die Legislative, im Februar 1792 die Güter der Emigranten zu konfiszieren. Die konfiszierten Güter nannte man Nationalgüter zweiten Ursprungs, die zuerst auch in kleineren Parzellen verkauft wurden, so dass dörfliche Gemeinschaften wieder Land erwerben konnten, ehe der Konvent am 24. April 1793 Kollektivkäufe gesetzlich verbot. Nach dem Sturz der liberal-großbürgerlichen Girondisten ordnete die neue jakobinische Regierung die Versteigerung der Emigrantengüter in kleinen Losen an. Dies führte dazu, dass die Klein- und Mittelbauer erneut Grundstücke kaufen konnten, oft waren diese jedoch nur 2. Wahl, die „Filetstücke“ fielen nach wie vor dem Großbürgertum zu. Seit Februar 1794 gestatteten die Jakobiner auch die Nutzung der Nationalgüter gegen Errichtung einer Pacht.

Während des Direktoriums fanden die Versteigerungen in den Hauptstädten der Departements statt. Im Gegensatz zu den Versteigerungen von 1790 bis 1795 mussten die Käufer ihren Erwerb mit Hartgeld bezahlen, da Assignaten und Territorialmandate nicht mehr als Zahlungsmittel gültig waren.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Revolution, der finanzielle Faktor - Diskussion zum G/Geschichteheft 7/2014: - Sansavoir - 26.07.2014 16:03

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