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Hohe Arbeitslosenrate:
05.02.2015, 10:38
Beitrag: #21
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(05.02.2015 00:07)Renegat schrieb:  Du hast ja recht mit dem Vergleich, trotzdem klingt Dienst am Kapital vs Dienst am Menschen etwas "klassenkämpferisch".

Ja ich weiß, und das finde ich selbst entsetzlich. Aber es ändert nichts daran, daß es nun mal genau so ist. Und ich hoffe, daß das Thema noch nicht so tabu behaftet ist, daß man auch hier das Kind nicht beim Namen nennen darf...
Man muss es ganz klipp und klar sagen: Die Anforderungen, die die Wirtschaft an den Menschen von heute stellt, gehen ganz klar an den Bdürfnissen des menschen vorbei.
Und wenn den Bedürfnissen der Wirtschaft weiter in diesem Maße nachgegeben wird, dann kann sich kein Staat der Welt die sozialen Folgekosten leisten.
Evolutionsbiologisch sind in der menschlichen Natur nun einmal ein paar Parameter verankert, die sich nicht in 25 Jahren Globalisierung vreändern lassen...


(05.02.2015 00:07)Renegat schrieb:  Verständnis brauchen wir nicht sondern Alternativen.
Wer kann, will und soll die Neuorganisation der Arbeitswelt, das Erstarken und die Reform des Staates denn durchsetzen? Und wollen wir sie gleich als Umsturz und mit dem Risiko, dass es hinterher schlimmer ist als vorher oder haben wir die Geduld beim langsamen Drehen der Schraube zuzuschauen?

Eine sehr gute und entscheidende Frage. Da wir alle darauf warten, daß irgendjemand kommt und das dann endlich in Angriff nimmt, wird da gar nichts passieren. In unserer Passiven Erwartungshaltung zu verharren ist nun mal einfacher als einfach im Rahmen seiner eigenen persönlichen Möglichkeiten anzufangen. Die sind nicht sehr groß, zugegeben. Aber vielleicht muss man auch mal von dem Vorsatz herunterkommen, gleich die Welt retten zu müssen. Vielleicht reicht es ja schon aus, sie ein ganz, ganz klein wenig besser zu machen als sie ist.

Mit jedem Tag, an dem nichts passiert, wächst die Wahrscheinlichkeit,daß es irgendwann irgendwo knallt.Wer einen massiven Umsturz oder eine Revolte verhindern will, der muss halt jetzt aktiv werden.

Eine konkrete Möglichkeit wäre schon mal, in Deutschland die verkrusteten Strukturen der Sozialversicherungssysteme aufzubrechen. Aber dazu schreibe ich später noch etwas. Da hat mir die Begegnung mit den 50 Frauen nämlich auch viel gezeigt...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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05.02.2015, 13:05
Beitrag: #22
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(05.02.2015 10:38)Bunbury schrieb:  Da wir alle darauf warten, daß irgendjemand kommt und das dann endlich in Angriff nimmt, wird da gar nichts passieren.

Alle warten auf irgendjemand? ????

Nee, auf den großen Führer, der alle Probleme löst, warten nur die blö..... Schafe.


(05.02.2015 10:38)Bunbury schrieb:  In unserer Passiven Erwartungshaltung zu verharren ist nun mal einfacher als einfach im Rahmen seiner eigenen persönlichen Möglichkeiten anzufangen. Die sind nicht sehr groß, zugegeben. Aber vielleicht muss man auch mal von dem Vorsatz herunterkommen, gleich die Welt retten zu müssen. Vielleicht reicht es ja schon aus, sie ein ganz, ganz klein wenig besser zu machen als sie ist.

Da hast du vollkommen recht, doch ich sehe es gar nicht so pessimistisch, denn es wurde schon angefangen. Man muß nur genauer hingucken, denn die Vielzahl der kleinen Schritte an den verschiedensten Stellen beschäftigen keine professionelle PR-Abteilung, die gegen die Profiwerbung anschreien kann.

Tauschringe, Gebrauchtwarenläden, Repair-Cafes, urban gardening und vieles andere mehr, zeigen ein anderes Umgehen mit Besitz und Konsum. Vieles davon läuft ehrenamtlich, auch notgedrungen, denn in dieser Szene sammeln sich u.a. die einkommensschwachen Schichten.

(05.02.2015 10:38)Bunbury schrieb:  Mit jedem Tag, an dem nichts passiert, wächst die Wahrscheinlichkeit,daß es irgendwann irgendwo knallt.Wer einen massiven Umsturz oder eine Revolte verhindern will, der muss halt jetzt aktiv werden.

Stimmt und wir müssen gar nicht weit gucken, um festzustellen, wo es schon ordentlich grummelt http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...p?tid=6622
Noch kann der Knall abgewendet werden.....


(05.02.2015 10:38)Bunbury schrieb:  Eine konkrete Möglichkeit wäre schon mal, in Deutschland die verkrusteten Strukturen der Sozialversicherungssysteme aufzubrechen. Aber dazu schreibe ich später noch etwas. Da hat mir die Begegnung mit den 50 Frauen nämlich auch viel gezeigt...

Ja, schreib mal, das würde auch zu Ehrenamt und den anderen Punkten aus deinem Beitrag von gestern passen. Wahrscheinlich müssen wir zu einer anderen Bewertung der gesamten persönlichen Lebensleistung kommen. Im Moment haben wir ein Mischsystem, dass Kindererziehung und Altenpflege irgendwo zwischen Ehrenamt und freiberufliche Tätigkeit stellt. Ehrenamt muß man sich aber leisten können oder mit Hartz IV-Niveau auskommen können.
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05.02.2015, 16:41
Beitrag: #23
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
Gut, dann zu der These, daß die bestehende Struktur der Sozialversicherungssysteme es fast unmöglich macht, Wege abseits des "normalen" Arbeitsmarktes zu suchen.
Was die Vereinbarkeit von Job und Familie angeht, ist Deutschland in den Möglichkeiten sehr eingeschränkt. Einen halbwegs befridigenden Job mit Kindern zu vereinbaren, geht eignetlich fast nur auf dem Weg der Selbständigkeit.
Und da legt dann die Sozialversicherung große Stolpersteine in den Weg. Denn- während die nichtarbeitende Ehefrau beim Gesetzlich-Versicherten kostenlos mitversichert ist, wird der Frau, die sich selbstständig machen möchte, gleich unterstellt, sie erziele ein Einkommen von 2200 € monatlich, auf daß sie dann 15 % Krankenversicherung bezahlen muss.
Viele Firmen lagern z.B. Buchhaltungstätigkeiten mittlerweile aus und lassen sie ganz gerne von Selbstständigen erledigen. Das wäre eigentlich eine gute Gelegenheit für Mütter, die zunächst nur ein paar Stunden die Woche arbeiten wollen. Aber für 8-10 Stunden die Woche Buchhaltung gibt es nicht so viel Geld, wie die Krankenkasse unterstellt- der Stundensatz, der gezahlt wird, liegt bei 20,00 bis 25,00 €. Da kann sich jeder ausrechnen, daß die Krankenversicherung mehr als die Hälfte der Einnahmen ausmacht.
Dazu kommt noch, daß, wenn man mit nur einem Kunden anfangen will, der das gar nicht mitmacht, weil man, wenn man nur einen Kundne hat, nämlich gleich der Scheinselbständigkeit verdächtigt wird- und der Kunde dann die volle Sozialversicherungsbeiträge bezahlt.
Nicht wenige der Frauen, mit denen ich gesprochen habe, hatten Ideen für selbstständige Tätigkeiten- wollten aber erst einmal klein und bescheiden anfangen und dann sehen, wie es sich entwickelt. Das wird allerdings durch die Sozialversicherung torpediert. Die Mitarbeiter der Krankenkassen erzählen einem dann am Tleefon auch noch so nett "Naja irgendwo muss das Geld für die ganzen kostenlos versicherten Ehefrauen und Kinder ja herkommen."
Wie schön, daß man es sich dann bei Alleinerziehenden holen will. Warum nicht bei denen, die über der Beitragsbemssungsgrenze verdienen?

Andere Situation: Ich verdiene im sozialversicherungspflichtigen Job nicht viel. Aber- ich vermiete 2 Parkplätze. Ist nicht viel, davon kann man nicht nach Brasilien durchbrennen oder so, aber- das interessiert die Krankenversicherung nicht. Solange ich sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer bin, spielt es keine Rolle. Wahrhscheinlich könnte ich nebenbei eine Luxusvilla vermieten- es ist vollkommen schnuppe. In dem Augenblick, in dem ich mich aber selbstständig mache, interessiert das ganze schon.
Also wäre es doch blöd, sich selbstständig zu machen.
Und somit wird die Schaffung von Arbeitsplätzen auch schon wieder ein Stück weit verhindert....

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08.02.2015, 12:24
Beitrag: #24
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(04.02.2015 18:24)Bunbury schrieb:  Ja, aber genau da liegt ja auch ein Problem. Es gibt immer weniger Menschen, die zeit haben, die ganzen ehrenamtlichen Jobs zu übernehmen. Schwer, bei der Feuerwehr zu sein, wenn man bis 20.00 Uhr im Büro hockt. Schwer, bei den Grünen Damen zu helfen, wenn man im Call-Center Schichtdienst hat und immer nur eine Woche im Vorraus planen kann. Es gibt keine Fußballtrainer für Jugendliche und Kinder mehr, weil die Väter, die das früher gemacht haben, eben nicht mehr um 17.00 UIhr von der Arbeit nach Hause kommen.
Das Problem bei den Ehrenamtlichen ist doch mittlerweile auch schon, daß die Arbeit von immer weniger Schultern getragen wird. Und weil es immer weniger werden, müssen die, die es tun, immer mehr machen. Aber- wie mir eine Dame sagte, die bei 15 Wochenstunden Ehrenamt das Handtuch warf- 15 Stunden sind schon kein Ehrenamt mehr. Dafür bekommt sie keine Rente und kann sich nichts zu essen kaufen...

Was das Ehrenamt betrifft habe ich den Eindruck das es in Österreich etwas anders aussieht als in Deutschland. Was ich so von Bekannten höre sind es sogar Rekordzahlen die sich bei Rotem Kreuz usw. engagieren wollen. Gilt natürlich nicht für alle Vereine und Sparten. Viele verlieren Ehrenamtliche die sich engagieren, hat aber verschiedene Gründe.

Aber du hast recht, wenn die Belastung derjenigen die Arbeiten extrem hoch ist, ist es gar nicht so einfach noch was nachzugehen, das betrifft auch das Ehrenamt. Aber da haben wir ja wieder das traurige: Die, die arbeiten müssen immer mehr arbeiten und für andere ist keine Arbeit da. Das passt doch was absolut nicht.
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08.02.2015, 13:45
Beitrag: #25
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(08.02.2015 12:24)WDPG schrieb:  Aber da haben wir ja wieder das traurige: Die, die arbeiten müssen immer mehr arbeiten und für andere ist keine Arbeit da. Das passt doch was absolut nicht.
Ja, da passt was nicht, da stimmt was nicht mit dem Prinzip der Arbeitsteilung.

Wissenschaft und Technik sind heute sehr weit, die menschliche Arbeitskraft kann in vielen Tätigkeitsfeldern ersetzt werden. Meist ist der Maschinenersatz für den Unternehmer günstiger, besser kalkulierbar etc.
Andererseits kann man Arbeit nicht nur unter dem ökonomischen Aspekt betrachten. Arbeit, das Gefühl gebraucht zu werden, ist auch wichtig für die persönliche Würde und Identität, vom Einkommen mal abgesehen.
Irgendwo oben hatte ich die Statistik über die 3-4 Sektoren der Arbeit verlinkt. Vor 50-60 Jahren waren noch ca 20 % der Menschen im primären Sektor, also u.a. der Nahrungsmittelproduktion beschäftigt. Es waren weit mehr, denn die Verarbeitung der Lebensmittel fand in der Regel noch im privaten Haushalt statt. Also regten geschätzte 50 % der Menschen damals ihre Hände, um sich mit Nahrung zu versorgen.
Heute sind nur noch 1,5 % im primären Sektor beschäftigt und zu Hause kommt oft ein schnelles Convienence Food auf den Tisch.

Wenn man es nicht gleich bringen lässt oder in den Imbiss geht, letzteres schafft immerhin eine Menge Arbeitsplätze. Insofern hat eine Verschiebung stattgefunden in den 3. Sektor. Wenn man jetzt noch die Produktion humanisieren würde, wäre viele Probleme gelöst. Die verödenden, ländlichen Gebiete würden wieder besiedelt, die Situation in den Ballungsräumen würde entzerrt. Und unsere Lebensmittel würden zwar nicht billiger aber gesünder.
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08.02.2015, 21:50
Beitrag: #26
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(08.02.2015 13:45)Renegat schrieb:  ... Heute sind nur noch 1,5 % im primären Sektor beschäftigt und zu Hause kommt oft ein schnelles Convienence Food auf den Tisch.

Wenn man es nicht gleich bringen lässt oder in den Imbiss geht, letzteres schafft immerhin eine Menge Arbeitsplätze.

Tut es das wirklich? Werden wirklich eine Menge Arbeitsplätze dadurch geschaffen, daß man für das vielfache des Preises, den man für ein zu Hause gekochtes Essen aufwenden muss, in einen Imbiss geht?
Oder ist es nicht einfach so, daß die Arbeit umverteilt wird? Aus den Haushalten abgezogen, an anderer Stelle konzentriert- und das zu einem höheren Preis?
Letztendlich muss der Verbraucher am Ende für das Essen mehr Geld aufwenden, wenn es ein anderer zubereitet hat. Genau diese Jobs, die eigentlich keinen höheren Wert erwirtschaften, weil Arbeit nur umverteilt wird, sind die, die sauschlecht bezahlt sind.
Und wie seiht die Konsequenz aus? Die, die für relativ wenig Geld in der Imbussbude arbeiten, müssen mehr arbeiten. Und können wiederum zu Hause nicht mehr richtig kochen. Sie müssen sich so ernähren, damit das Essen, das sie zu sich nehmen, weniger kostet als sie selbst verdienen...
Verfolge den Gedanken mal weiter...

Arbeit wird umverteilt- und auf diesem Weg immer billiger. Einfach mal drüber nachdenken. So betrachtet ist es dann kein Wunder mehr, daß die Schere immer weiter auseinandergeht...

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10.02.2015, 12:19
Beitrag: #27
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
Wirtschaftstheoretisch ist es eigentlich zwangsläufig, daß die Arbeitslosigkeit zunimmt.
Wohlstand erwächst nämlich nicht durch Mengenwachstum (wie vielfach propagiert) sondern durch einen Produktivitätszuwachs. Der wird allerdings nicht nur dadurch bestimmt, daß die produzierten und bereitgestellten Güter an Menge zunehmen, sondern ein wirklicher Wohlstandszuwachs wird nur dann erzielt, wenn sich durch die produzierten und bereitgestellten Güter auch der Nutzen der Konsumenten erhöht.

Und das passiert gerade nicht. Wir haben zwar ständig quantitative Wachstumsraten, aber daß sich die Lebensqualität tatsächlich verbessert hat, glaubt letztendlich kaum jemand.

Um bei dem Essensbeispiel zu bleiben- den höchsten Nutzen für den Konsumenten stiftet ein aus frischen Nahrungsmitteln zubreitetes vollwertiges Essen.
Ein solches Essen zuzubereiten, kostet aber Zeit. Zeit, die viele eben nicht haben, weil sie im Arbeitsprozess für Arbeit eingesetzt werden, die eben keinen qualitativen Nutzen hat. Werbung zum Beispiel. Ein Bereich, in dem viele Menschen arbeiten, der viele Resspurcen verschlingt, ohne daß der Verbraucher am Ende irgendeinen Nutzen davon hat. (Im gegenteil- Werbung schadet dem Verbraucher am Ende, weil sie ihn desinformiert und davon abhält, rational richtige Entscheidungen zu treffen). Geplanter verschleiss ist ein anderer.
Arbeitskraft, die dafür eingesetzt wird, unproduktive Arbeit zu leisten (also nicht nutzenstiegernde Arbeit), fehlt nicht nur anderer Stelle, sondern da auch diejenigen, die unproduktive Arbeit verrichten, ja irgendwie leben müssen, müssen strengegenommen die, die produktiv arbeiten, für diese Mitarbeiten.

Bleiben wir also beim Essen. Die werbefachfrau also arbeitet Vollzeit und muss dann ihre Familie ernähren. Die Zeit, ein gesundes Essen zuzubereiten, hat sie nicht, sie kauft also ein Fertiggericht und schnippelt für das gute Gewissen ein bißchen frisches Gemüse hinein.

Das Fertiggericht wird irgendwo in einer Produktionsanlage gefertigt, von jemandem, der eien deutlich geringeren Stundenlohn erhält als die Werbefachfrau.
Für die Werbefachfrau kommt das Essen aber letztenlich nicht billiger als wenn sie frisch gekocht hätte.
Es wird also mehr Geld für weniger Nutzen ausgegeben und die Arbeit wurde nicht mehr, sondern nur anders verteilt...

Nö, mich wundern hohe Arbeitslosenraten und die Zunahme von Billiglohnsektoren keineswegs...

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10.02.2015, 13:02
Beitrag: #28
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 12:19)Bunbury schrieb:  Nö, mich wundern hohe Arbeitslosenraten und die Zunahme von Billiglohnsektoren keineswegs...
Mich wundern die auch nicht und ich muss auch nicht auf´s Drübernachdenken hingewiesen werden, denn das tue ich schon.
Geschichtlich betrachtet, komme ich allerdings zu etwas anderen Schlüssen.
Verglichen mit der Zeit vor 50 - 80 Jahren ist die Verschiebung des Arbeitskräftebedarf auf die Bereiche Nahrungszubereitung, Pflege und Kindererziehung schon eine Veränderung. Die Löhne, der dort Beschäftigten sind gering und das gefällt mir auch nicht. Damals gab es dafür aber gar keinen geldwerten Lohn. Diese Arbeiten wurde im Haushalt erledigt. Diejenigen, die sie erledigten, waren vom Einkommen desjenigen abhängig, der ein sozialversicherungspflichtiges oder sonstiges Einkommen von außen hatte.
Würden wir zu einem solchen Modell zurückkehren, wäre die Arbeitslosigkeit noch viel, viel höher.

Über die anderen Punkte Werbung, Verschleiß können wir diskutieren. Mir ist noch wichtig, müssen wir wirklich alles automatisieren, industriealisieren, nur weil wir es können, weil es technisch möglich ist?
Oder ist es vielleicht humaner, zu sagen, das kann zwar eine Maschine schneller und billiger erzeugen aber die Menschen sitzen dann nur rum und müssen mit Hartz IV alimentiert werden, dann ist es doch besser, auf die Maschine zu verzichten und manches wieder von Hand zu produzieren.
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10.02.2015, 13:55
Beitrag: #29
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 13:02)Renegat schrieb:  
(10.02.2015 12:19)Bunbury schrieb:  Nö, mich wundern hohe Arbeitslosenraten und die Zunahme von Billiglohnsektoren keineswegs...
Mich wundern die auch nicht und ich muss auch nicht auf´s Drübernachdenken hingewiesen werden, denn das tue ich schon.

Nicht sauer sein, es geht einfach darum, mal von einer anderen Seite darauf zu schauen. Hier ist etwas ganz gehörig schiefgelaufen- und solange man versucht, es von den alten Bahnen aus umzulenken, wird es nicht besser.

(10.02.2015 13:02)Renegat schrieb:  Geschichtlich betrachtet, komme ich allerdings zu etwas anderen Schlüssen.
Verglichen mit der Zeit vor 50 - 80 Jahren ist die Verschiebung des Arbeitskräftebedarf auf die Bereiche Nahrungszubereitung, Pflege und Kindererziehung schon eine Veränderung. Die Löhne, der dort Beschäftigten sind gering und das gefällt mir auch nicht. Damals gab es dafür aber gar keinen geldwerten Lohn. Diese Arbeiten wurde im Haushalt erledigt. Diejenigen, die sie erledigten, waren vom Einkommen desjenigen abhängig, der ein sozialversicherungspflichtiges oder sonstiges Einkommen von außen hatte.
Würden wir zu einem solchen Modell zurückkehren, wäre die Arbeitslosigkeit noch viel, viel höher.

Zu so einem Modell will keiner zurück, das steht außer Frage. Aber um neue Wege gehen zu können, muss man auch ernsthaft darüber nachdenken, wo auf dem Weg, auf dem man jetzt ist, der Fehler liegt.

Um die Schwächen des alten Modells auszugleichen, würde es schon genügen, wenn derjenige, der auswärts arbeiten ginge, die Hälfte dessen, was nach Abzug der Fixkosten übrig bliebe, an den anderen überweisen würde, wenn die erworbenen Rentenansprüche gleichmäßig auf beide verteilt würden usw- der haushalt also gewissermaßen als Einheit betrachtet würde, dessen Mitglieder gleichberechtigte Teilhaber wären. Und wenn einer nur ein paar Stundne außer Haus arbeitet, dann beide Einkommen zusammengezählt und dann halbiert würden. Damit wäre die Abhängigkeit auch aufgehoben. Oder ist man wirklich unabhängiger, wenn man für € 8,50 in der Frittenbude zu Stunden arbeitet, die der Chef vorgibt, und nicht zu Hause sein kann, wenn die Kinder einen brauchen?

(Ich verstehe ehrlich gesagt auch den Standpunkt nicht, daß es wertvolle Arbeit ist, für die man Anerkennung erntet, wenn man für ein geringes Entgeld in der Frittenbude Pommes frittiert, während es eine Herabwürdigung meiner person sein soll, wenn ich zu Hause Gemüse schnippel und meine Familie vollwertig ernähre.)

Volkswirtschaftlich gesehen ist es absolut unsinnig, die Zubereitung eines ausgewogenen Essens in der breiten Masse durch Fast Food zu ersetzen.
Stress ist bekanntermaßen Ursache für viele Krankheiten, deren Kosten die Allgemeinheit zu tragen hat. Mangelhafte Ernährung zieht auch wieder Folgen nach sich, die die Allgemeinheit zu tragen hat. Eine Allgemeinheit, die wohlgemerkt bei der derzeitigen Gestaltung der Sozialsysteme, die reichsten Mitglieder der Gesellschaft nicht einschließt. Volkswirtschaftlich ist das Modell der Frittenbude statt Heimkochen absoluter Unfug. es erzeugt Kosten bei einem abnehmenden Nutzen.

Ich glaube nebenbei gesagt nicht, daß die Arbeitslosigkeit viel höher wäre, wenn ein Teil der Arbeit wieder so verrichtet würde, daß die Gesamtgesellschaft davon profitieren würde. Einhergehen müßte dies natürlich mit einer Arbeitszeitverkürzung für alle.

John Maynard Keynes, der vielzitierte, schrieb 1930 einen sehr bemerkenswerten Artikel über die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Keynes war davon überzeugt, daß die Menschen im Jahr 2030 nur noch 15 Stunden in der Woche arbeiten müßten, um ein Vielfaches des Wohlstandes von 1930 zu genießen. Er erklärte dies mit dem Anstieg der Arbeitsproduktivität. Die ja auch in vollem Maße eingetroffen ist.
Ergänzend muss man aber auch vielleicht dazu sagen, daß für Keynes die Liebe zum Geld eine üble Geisteskrankheit war, die dringend der psychiatrischen Hilfe bedürfe. Er konnte sich einfach, als er seine Artikel schrieb, nicht vorstellen, daß die Steigerung der Arbeitsproduktivität nur einigen wenigen zu Gute kommen sollte, während die Allgemeinheit nicht davon profitierte.


(10.02.2015 13:02)Renegat schrieb:  Über die anderen Punkte Werbung, Verschleiß können wir diskutieren. Mir ist noch wichtig, müssen wir wirklich alles automatisieren, industriealisieren, nur weil wir es können, weil es technisch möglich ist?
Oder ist es vielleicht humaner, zu sagen, das kann zwar eine Maschine schneller und billiger erzeugen aber die Menschen sitzen dann nur rum und müssen mit Hartz IV alimentiert werden, dann ist es doch besser, auf die Maschine zu verzichten und manches wieder von Hand zu produzieren.

Wir technisieren nicht deshalb, weil es möglich ist. Wir technisieren, weil es im Sinne der streng betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise das einzig sinnvolle ist. Das Ziel allen betriebswirtschaftlichen Denkens ist die Gewinnmaximierung.
Jeder Unternehmer wird danach streben, seinen Gewinn zu maximieren. Gewinn = Umsatz -Kosten. Also lohnt es sich, immer mehr zu immer geringeren Kosten zu produzieren. Und das geht nun mal nur über die Automatisierung der Arbeitsprozesse.

Und solange wir an diesen "Wahrheiten" festhalten- Gewinnmaximierung ist ein lohnendes Zie in einer gesllschaft und muss staatlich geschützt werden; Arbeit, die unentgeldlich erfolgt, ist nichts wert- wirklich unabhängig ist nur der, der nicht vom Ehe- oder Haushaltspartner abhängig ist, Abhängikeit vom Arbeitgeber ist keine Abhängigkeit etc- wird sich am gesamten System nichts ändern.
Die Arbeitslosigkeit wird steigen, immer mehr Menschen werden von dem, was sie verdienen nicht mehr leben können...

Was wir brauchen, ist ein breit gestreuter Bewußtseinswandel.
Ich empfehle die Bücher von Christian Kreiss "Geplanter Verschleiß" und "Profitwahn"...

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10.02.2015, 14:48
Beitrag: #30
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 13:02)Renegat schrieb:  Mich wundern die auch nicht und ich muss auch nicht auf´s Drübernachdenken hingewiesen werden, denn das tue ich schon.

(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Nicht sauer sein, es geht einfach darum, mal von einer anderen Seite darauf zu schauen. Hier ist etwas ganz gehörig schiefgelaufen- und solange man versucht, es von den alten Bahnen aus umzulenken, wird es nicht besser.

(10.02.2015 13:02)Renegat schrieb:  Geschichtlich betrachtet, komme ich allerdings zu etwas anderen Schlüssen.
Verglichen mit der Zeit vor 50 - 80 Jahren ist die Verschiebung des Arbeitskräftebedarf auf die Bereiche Nahrungszubereitung, Pflege und Kindererziehung schon eine Veränderung. Die Löhne, der dort Beschäftigten sind gering und das gefällt mir auch nicht. Damals gab es dafür aber gar keinen geldwerten Lohn. Diese Arbeiten wurde im Haushalt erledigt. Diejenigen, die sie erledigten, waren vom Einkommen desjenigen abhängig, der ein sozialversicherungspflichtiges oder sonstiges Einkommen von außen hatte.
Würden wir zu einem solchen Modell zurückkehren, wäre die Arbeitslosigkeit noch viel, viel höher.

(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Zu so einem Modell will keiner zurück, das steht außer Frage. Aber um neue Wege gehen zu können, muss man auch ernsthaft darüber nachdenken, wo auf dem Weg, auf dem man jetzt ist, der Fehler liegt.

Um die Schwächen des alten Modells auszugleichen, würde es schon genügen, wenn derjenige, der auswärts arbeiten ginge, die Hälfte dessen, was nach Abzug der Fixkosten übrig bliebe, an den anderen überweisen würde, wenn die erworbenen Rentenansprüche gleichmäßig auf beide verteilt würden usw- der haushalt also gewissermaßen als Einheit betrachtet würde, dessen Mitglieder gleichberechtigte Teilhaber wären. Und wenn einer nur ein paar Stundne außer Haus arbeitet, dann beide Einkommen zusammengezählt und dann halbiert würden. Damit wäre die Abhängigkeit auch aufgehoben.

Naja, das haben wir ja annähernd mit unserem Steuerklassensystem und auch bei der Rente und das seit Jahrzehnten. Hin und wieder wird an der Schraube etwas nachjustiert, wie kürzlich bei der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten bei der Rente. So richtig fair und auskömmlich ist das System aber immer noch nicht, der gesetzliche Übergang von einem Modell zum andern hinkt eben meist der Realität hinterher.

(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Oder ist man wirklich unabhängiger, wenn man für € 8,50 in der Frittenbude zu Stunden arbeitet, die der Chef vorgibt, und nicht zu Hause sein kann, wenn die Kinder einen brauchen?
(Ich verstehe ehrlich gesagt auch den Standpunkt nicht, daß es wertvolle Arbeit ist, für die man Anerkennung erntet, wenn man für ein geringes Entgeld in der Frittenbude Pommes frittiert, während es eine Herabwürdigung meiner person sein soll, wenn ich zu Hause Gemüse schnippel und meine Familie vollwertig ernähre.)

Volkswirtschaftlich gesehen ist es absolut unsinnig, die Zubereitung eines ausgewogenen Essens in der breiten Masse durch Fast Food zu ersetzen.
Stress ist bekanntermaßen Ursache für viele Krankheiten, deren Kosten die Allgemeinheit zu tragen hat. Mangelhafte Ernährung zieht auch wieder Folgen nach sich, die die Allgemeinheit zu tragen hat.

Außer-Haus-Essen muß nicht fettige Pommes an der Frittenbude sein. Und längst nicht jedes selbst gekochte Essen zu Hause ist gesünder. Kochen, die gesamte Verarbeitung von guten Nahrungsmitteln zu hochwertigen, wohlschmeckenden Gerichten, ist eine Arbeit, die man auch können muß.
Betrachtet man diese Arbeit als Teil des Austausches von Fähigkeiten und Begabungen, kann es genauso attraktiv und effektiver sein, wenn sich einer hinstellt und ordentlich für 20 - 40 Leute kocht. In vielen Ländern oder auch in der Frühzeit der Industriealisierung sind Garküchen in der Nähe des Arbeitsplatzes oder am Markt die Regel.

(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Eine Allgemeinheit, die wohlgemerkt bei der derzeitigen Gestaltung der Sozialsysteme, die reichsten Mitglieder der Gesellschaft nicht einschließt. Volkswirtschaftlich ist das Modell der Frittenbude statt Heimkochen absoluter Unfug. es erzeugt Kosten bei einem abnehmenden Nutzen.

Ich glaube nebenbei gesagt nicht, daß die Arbeitslosigkeit viel höher wäre, wenn ein Teil der Arbeit wieder so verrichtet würde, daß die Gesamtgesellschaft davon profitieren würde. Einhergehen müßte dies natürlich mit einer Arbeitszeitverkürzung für alle.

John Maynard Keynes, der vielzitierte, schrieb 1930 einen sehr bemerkenswerten Artikel über die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Keynes war davon überzeugt, daß die Menschen im Jahr 2030 nur noch 15 Stunden in der Woche arbeiten müßten, um ein Vielfaches des Wohlstandes von 1930 zu genießen. Er erklärte dies mit dem Anstieg der Arbeitsproduktivität. Die ja auch in vollem Maße eingetroffen ist.
Ergänzend muss man aber auch vielleicht dazu sagen, daß für Keynes die Liebe zum Geld eine üble Geisteskrankheit war, die dringend der psychiatrischen Hilfe bedürfe. Er konnte sich einfach, als er seine Artikel schrieb, nicht vorstellen, daß die Steigerung der Arbeitsproduktivität nur einigen wenigen zu Gute kommen sollte, während die Allgemeinheit nicht davon profitierte.

Den Gegensatz VWL - BWL hatten wir ja schon öfter. Das Problem heute ist, dass wir gar keine geschlossenen Volkswirtschaften mehr haben. Komplett geschlossen waren Volkswirtschaften zwar nie aber so global wie heute, waren Arbeit und Kapital zu keiner Zeit verteilt. Das lag an den Transportsystemen. Früher war es z.B. nicht möglich, Nordseekrabben zum Pulen nach Marokko zu bringen.

(10.02.2015 13:02)Renegat schrieb:  Über die anderen Punkte Werbung, Verschleiß können wir diskutieren. Mir ist noch wichtig, müssen wir wirklich alles automatisieren, industriealisieren, nur weil wir es können, weil es technisch möglich ist?
Oder ist es vielleicht humaner, zu sagen, das kann zwar eine Maschine schneller und billiger erzeugen aber die Menschen sitzen dann nur rum und müssen mit Hartz IV alimentiert werden, dann ist es doch besser, auf die Maschine zu verzichten und manches wieder von Hand zu produzieren.

(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Wir technisieren nicht deshalb, weil es möglich ist. Wir technisieren, weil es im Sinne der streng betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise das einzig sinnvolle ist. Das Ziel allen betriebswirtschaftlichen Denkens ist die Gewinnmaximierung.
Jeder Unternehmer wird danach streben, seinen Gewinn zu maximieren. Gewinn = Umsatz -Kosten. Also lohnt es sich, immer mehr zu immer geringeren Kosten zu produzieren.

Und solange wir an diesen "Wahrheiten" festhalten- Gewinnmaximierung ist ein lohnendes Zie in einer gesllschaft und muss staatlich geschützt werden; Arbeit, die unentgeldlich erfolgt, ist nichts wert- wirklich unabhängig ist nur der, der nicht vom Ehepartner abhängig ist, Abhängikeit vom Arbeitgeber ist keine Abhängigkeit etc- wird sich am gesamten System nichts ändern.
Die Arbeitslosigkeit wird steigen, immer mehr Menschen werden von dem, was sie verdienen nicht mehr leben können...

was wir brauchen, ist ein Bewußtseinswandel.

Den gibt es teilweise schon. Ändert das was? Denn es wird weiter viel Geld verdient mit dem System auf der BWL-Seite, die Frage ist nur, wo das Geld ist und wem es nützt?
Man könnte ja einfach das Kapital, also auch Maschinen, Roboter und Computersysteme höher besteuern, so dass es auch auf der BWL-Seite nicht mehr attraktiv ist, Arbeit durch Kapital zu ersetzen. Das wird aber nichts nützen, weil wir eben keine geschlossenen Volkswirtschaften haben und das Kapital dann woanders hingeht.


(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Ich empfehle die Bücher von Christian Kreiss "Geplanter Verschleiß" und "Profitwahn"...
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10.02.2015, 15:05
Beitrag: #31
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  
(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  Um die Schwächen des alten Modells auszugleichen, würde es schon genügen, wenn derjenige, der auswärts arbeiten ginge, die Hälfte dessen, was nach Abzug der Fixkosten übrig bliebe, an den anderen überweisen würde, wenn die erworbenen Rentenansprüche gleichmäßig auf beide verteilt würden usw- der haushalt also gewissermaßen als Einheit betrachtet würde, dessen Mitglieder gleichberechtigte Teilhaber wären. Und wenn einer nur ein paar Stundne außer Haus arbeitet, dann beide Einkommen zusammengezählt und dann halbiert würden. Damit wäre die Abhängigkeit auch aufgehoben.

Naja, das haben wir ja annähernd mit unserem Steuerklassensystem und auch bei der Rente und das seit Jahrzehnten. Hin und wieder wird an der Schraube etwas nachjustiert, wie kürzlich bei der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten bei der Rente. So richtig fair und auskömmlich ist das System aber immer noch nicht, der gesetzliche Übergang von einem Modell zum andern hinkt eben meist der Realität hinterher.

Eigentlich war das System schon besser und fairer. Heute wird ein ungeheurer Druck auf den erziehenden Anteil ausgeübt, sich auch einen Job zu suchen, weil es einfach zu leicht ist, diese Gemeinschaft einseitig aufzulösen. Das Steuerklassensystem berücksichtigt die Kinder nicht ausreichend, und ein ganz großes Problem ist, daß es für das Innenverhältnis keine Regelungen gibt. Ja, ich weiß, da ist das Geschrei ganz groß, daß der Staat ja schließlich nicht in alles eingreifen kann, aber Arbeitsverhältnisse sind auch durch Regeln geschützt und unterliegen nicht der Willkür. Warum nicht auch bei gemeinsamen Haushalten?
Gewollt ist das aber nicht. Die politischen Bestrebungen gehen in die völlig andere Richtung, weil die Arbeitskraft aller erwünscht wird. Jeder soll seine Arbeitskraft in den Produktionsprozess einbringen, um Dinge her- und zur Verfügugn zu stellen, die letztendlich gar nicht gebraucht werden, weil es dann doch immer jemanden gibt, der davon profitiert...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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10.02.2015, 15:13
Beitrag: #32
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  Außer-Haus-Essen muß nicht fettige Pommes an der Frittenbude sein. Und längst nicht jedes selbst gekochte Essen zu Hause ist gesünder. Kochen, die gesamte Verarbeitung von guten Nahrungsmitteln zu hochwertigen, wohlschmeckenden Gerichten, ist eine Arbeit, die man auch können muß.
Betrachtet man diese Arbeit als Teil des Austausches von Fähigkeiten und Begabungen, kann es genauso attraktiv und effektiver sein, wenn sich einer hinstellt und ordentlich für 20 - 40 Leute kocht. In vielen Ländern oder auch in der Frühzeit der Industriealisierung sind Garküchen in der Nähe des Arbeitsplatzes oder am Markt die Regel.

Das ist mit Sicherheit richtig, obwohl die Garküchen in der Nähe des Arbeitsplatzes in Deutschland mit Sicherheit gegen geltendes Recht verstoßen würden und angesichts der innenpreismieten gar nicht bezahlbar wären.
Im großen und Ganzen setze ich auch auf solche Alternativen, wenn es um einen Bewußtseinswandel geht. Allerdings muss man dann auch bereit sein, mehr für so ein Essen auszugeben. Und daran hapert es dann am Ende doch.
Weil man ja doch für die ganzen überflüssigen Konsumgüter mehr bezahlen will als fürs Essen. (Und da wären wir wieder beim geplanten Verschleiss und bei der Werbung...)

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10.02.2015, 15:20
Beitrag: #33
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  Den Gegensatz VWL - BWL hatten wir ja schon öfter. Das Problem heute ist, dass wir gar keine geschlossenen Volkswirtschaften mehr haben. Komplett geschlossen waren Volkswirtschaften zwar nie aber so global wie heute, waren Arbeit und Kapital zu keiner Zeit verteilt. Das lag an den Transportsystemen. Früher war es z.B. nicht möglich, Nordseekrabben zum Pulen nach Marokko zu bringen.

Womit schon wieder erwiesen ist, daß hier wieder der Profit einzelner auf Kosten der Allgemeinheit erwirtschaftet wird.
Das Problem ist, daß sich die einzelnen Volkswirtschaften ja selbst immer mehr betriebswirtschaftlich verhalten. Man überbietet sich ja förmlich, um die bessern sprich günstigeren Bedingungen für die Unternehmen zu verhandeln- und somit tragen die Regierungen dazu bei, die Arbeit in ihrem Land immer billiger zu machen. Die daraus erzielten Steuern werden dann häufig nicht dazu genutzt, Bildung und Infrastruktur zu verbessern, sondern
naja, sagen wir mal Elb-Philharmonie, Stuttgart 21 oder der berliner Flughafen.

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10.02.2015, 15:32
Beitrag: #34
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  
(10.02.2015 13:55)Bunbury schrieb:  was wir brauchen, ist ein Bewußtseinswandel.

Den gibt es teilweise schon. Ändert das was? Denn es wird weiter viel Geld verdient mit dem System auf der BWL-Seite, die Frage ist nur, wo das Geld ist und wem es nützt?

Die Frage ist eigentlich leicht zu beantworten- das Geld ist bei und nützt dem reichsten Prozent der Menschheit. Es sind diese Menschen, denen die großen Unternehmen gehören, die die globale Politik bestimmen. Und das nicht nur über Lobbyismus. Es sind diese reichsten menschen der Welt, die die Lehrstühle für Wirtschaftswissenschaften finanzieren. Sie besitzen die Medienunternehmen, die Einfluss auf die Meinungsbildung haben. Diese Menschen bezahlen dafür, daß wir die an diesen ganzen Dogmen festhalten, die weiter vorne genannt habe- eben weil sie verdammt gut daran verdienen, daß wir so viel unnötige und unproduktive Arbeit leisten.


(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  Man könnte ja einfach das Kapital, also auch Maschinen, Roboter und Computersysteme höher besteuern, so dass es auch auf der BWL-Seite nicht mehr attraktiv ist, Arbeit durch Kapital zu ersetzen. Das wird aber nichts nützen, weil wir eben keine geschlossenen Volkswirtschaften haben und das Kapital dann woanders hingeht.

Das reichste Prozent der Menschheit hat seine Interessen global verteilt. In einem einzelnen Staat zu beginnen, würde nichts bringen, da hast du recht.
Die zündende Idee, was man genaugenommen tun könnte, ist mir auch noch nicht gekommen. Ich finde es erst einmal wichtig, die Zusammenhänge zu durchschauen und vielleicht das Handeln zu verändern. Im kleinen Rahmen- ich habe keine feste Stelle, nur 8-10 Stunden die Woche, und nicht viel Geld- bin ich dabei, vieles selbst zu machen. Und ich habe festgestellt, daß man gar nicht so wahnsinnig viel Geld braucht, wie man immer denkt, wenn man sich mal überlegt, was man wirklich braucht...

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10.02.2015, 19:15
Beitrag: #35
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 15:05)Bunbury schrieb:  
(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  Naja, das haben wir ja annähernd mit unserem Steuerklassensystem und auch bei der Rente und das seit Jahrzehnten. Hin und wieder wird an der Schraube etwas nachjustiert, wie kürzlich bei der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten bei der Rente. So richtig fair und auskömmlich ist das System aber immer noch nicht, der gesetzliche Übergang von einem Modell zum andern hinkt eben meist der Realität hinterher.

Eigentlich war das System schon besser und fairer. Heute wird ein ungeheurer Druck auf den erziehenden Anteil ausgeübt, sich auch einen Job zu suchen, weil es einfach zu leicht ist, diese Gemeinschaft einseitig aufzulösen. Das Steuerklassensystem berücksichtigt die Kinder nicht ausreichend, und ein ganz großes Problem ist, daß es für das Innenverhältnis keine Regelungen gibt. Ja, ich weiß, da ist das Geschrei ganz groß, daß der Staat ja schließlich nicht in alles eingreifen kann, aber Arbeitsverhältnisse sind auch durch Regeln geschützt und unterliegen nicht der Willkür. Warum nicht auch bei gemeinsamen Haushalten?
Gewollt ist das aber nicht. Die politischen Bestrebungen gehen in die völlig andere Richtung, weil die Arbeitskraft aller erwünscht wird. Jeder soll seine Arbeitskraft in den Produktionsprozess einbringen, um Dinge her- und zur Verfügugn zu stellen, die letztendlich gar nicht gebraucht werden, weil es dann doch immer jemanden gibt, der davon profitiert...
Gut, dass du die verschiedenen Beiträge in Themen geteilt hast, das macht das Zitieren und Antworten in Etappen einfacher.

Ob die Haushaltsbetrachtung und entsprechende Berücksichtigung der innerfamiliären Leistungen heute in den westlichen Ländern noch was bringen würde, ich weiß nicht. Sie bildet eine vergangene, sehr spezielle Epoche ab und das auch nur in wenigen Staaten. Die Hausfrauenehe mit steuerlicher Begünstigung ist geschichtlich betrachtet ein Sondermodell. Während der frühen Phase der Industriealisierung haben alle gearbeitet, selbst Kinder. Davor sowieso, nur war Arbeit und Leben nicht so getrennt wie heute.
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10.02.2015, 22:07
Beitrag: #36
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 19:15)Renegat schrieb:  Ob die Haushaltsbetrachtung und entsprechende Berücksichtigung der innerfamiliären Leistungen heute in den westlichen Ländern noch was bringen würde, ich weiß nicht.

Es ist einfach ein Gebot der Notwendigkeit. Es gibt nicht mehr genügend Arbeit, damit alle einen Vollzeitjob bei ausreichendem oder guten Einkommen erzielen können.
Gehen jetzt beide Ehepartner arbeiten, und bezahlen von dem Geld eine Haushaltshilfe, scheint es zwar auf den ersten Blick, als sei ein Arbeitsplatz geschaffen worden. Das stimmt aber letztendlich nicht, weil einfach nur Arbeit umverteilt wurde. Diese umverteilte Arbeit ist besonders teuer, weil letztendlich zweimal Sozialagaben und Steuer dafür aufgewendet werden, während derjenige, der das Geld für die Hausarbeit erhält, nicht wahnsinnig viel bekommen kann. Vom netto des Arbeitenden muss das Brutto der Haushaltshilfe bezahlt werden.
Langfristig wird an einer Verkürzung der Arbeitszeit kein Weg vorbei führen.

(10.02.2015 19:15)Renegat schrieb:  Sie bildet eine vergangene, sehr spezielle Epoche ab und das auch nur in wenigen Staaten. Die Hausfrauenehe mit steuerlicher Begünstigung ist geschichtlich betrachtet ein Sondermodell. Während der frühen Phase der Industriealisierung haben alle gearbeitet, selbst Kinder. Davor sowieso, nur war Arbeit und Leben nicht so getrennt wie heute.

Nur weil es früher mit massiver Ungerechtigkeit verbunden war, heißt das noch lange nicht, daß es in der Zukunft nicht Modelle geben kann, in denen das irgendwie anders geregelt ist. Daß die eine dem anderen die Pantoffeln hinterher trägt, ist sicherlich kein Modell der Zukunft.
Ich persönlich präferiere die Teilzeitarbeit für beide Elternteile. Das ist auch für die kindliche Entwicklung das beste Modell. Dem Gedanken, daß Kinder so früh wie möglich in der Krippe am besten aufgehoben sind, kann ich einfach aus der Beobachtung heraus nicht viel abgewinnen. Aber das ist wieder ein anderes Thema....

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11.02.2015, 13:50
Beitrag: #37
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 19:15)Renegat schrieb:  Ob die Haushaltsbetrachtung und entsprechende Berücksichtigung der innerfamiliären Leistungen heute in den westlichen Ländern noch was bringen würde, ich weiß nicht.

(10.02.2015 22:07)Bunbury schrieb:  Es ist einfach ein Gebot der Notwendigkeit. Es gibt nicht mehr genügend Arbeit, damit alle einen Vollzeitjob bei ausreichendem oder guten Einkommen erzielen können.
Gehen jetzt beide Ehepartner arbeiten, und bezahlen von dem Geld eine Haushaltshilfe, scheint es zwar auf den ersten Blick, als sei ein Arbeitsplatz geschaffen worden. Das stimmt aber letztendlich nicht, weil einfach nur Arbeit umverteilt wurde. Diese umverteilte Arbeit ist besonders teuer, weil letztendlich zweimal Sozialagaben und Steuer dafür aufgewendet werden, während derjenige, der das Geld für die Hausarbeit erhält, nicht wahnsinnig viel bekommen kann. Vom netto des Arbeitenden muss das Brutto der Haushaltshilfe bezahlt werden.
Langfristig wird an einer Verkürzung der Arbeitszeit kein Weg vorbei führen.

Was du über die geteilte Kindererziehungszeit schreibst, ist ja richtig. Und viele möchten gerade bei den Kindern dieses Modell gerne leben. Die Möglichkeiten, Kinder und Beruf zu vereinbaren, sind aber nicht wirklich besser geworden. Rechtlich und betreuungstechnisch ist inzwischen vieles möglich, ob man dann die Kraft und die Nerven hat, das durchzusetzen und langfristig durchzuziehen, ist die Frage.
Leider muß ich immer wieder auf die getrennten Welten von Arbeit und Leben zurückkommen, die das so kompliziert und die Menschen damit oft krank machen. Dabei müßte es gerade bei der Kindererziehung nicht so sein, denn die Zeit in der Babys und Kleinkinder die Rundumbetreuung nur ihrer Eltern brauchen, ist relativ kurz. Schon Kleinkinder sind soziale Wesen, die bei aufgebautem Grundvertrauen, vielfältige, soziale Kontakte brauchen, das berühmte afrikanische Dorf. Was heute leider oft mit einem effizienten Angebot an professioneller und bezahlter Förderung und Betreuung mit Rundumkontrolle verwechselt wird. Technisch gesteuert von "Helikoptereltern", was denen natürlich auch wieder Stress macht.

(10.02.2015 19:15)Renegat schrieb:  Sie bildet eine vergangene, sehr spezielle Epoche ab und das auch nur in wenigen Staaten. Die Hausfrauenehe mit steuerlicher Begünstigung ist geschichtlich betrachtet ein Sondermodell. Während der frühen Phase der Industriealisierung haben alle gearbeitet, selbst Kinder. Davor sowieso, nur war Arbeit und Leben nicht so getrennt wie heute.

(10.02.2015 22:07)Bunbury schrieb:  Nur weil es früher mit massiver Ungerechtigkeit verbunden war, heißt das noch lange nicht, daß es in der Zukunft nicht Modelle geben kann, in denen das irgendwie anders geregelt ist. Daß die eine dem anderen die Pantoffeln hinterher trägt, ist sicherlich kein Modell der Zukunft.
Ich persönlich präferiere die Teilzeitarbeit für beide Elternteile. Das ist auch für die kindliche Entwicklung das beste Modell. Dem Gedanken, daß Kinder so früh wie möglich in der Krippe am besten aufgehoben sind, kann ich einfach aus der Beobachtung heraus nicht viel abgewinnen. Aber das ist wieder ein anderes Thema....

Zu den Kindern habe ich bereits oben geschrieben, für mich geht es nicht nur um eine Verkürzung von Arbeitszeiten, sondern um ein humanere Arbeitswelt. Der Mensch als Faktor Arbeit ist keine Maschine, kein Roboter und kein Computerprogramm, Mensch ist anders effizient als ein Gerät. Was nützt es, die Arbeitszeit auf 4-6 Stunden zu verkürzen, wenn in diese Zeit dann alles reingepackt wird und Mensch völlig ausgelaugt nach Hause kommt. Effizienz mag ein wichtiges BWL-Kriterium sein, ob es aber zum Menschen und der menschlichen Arbeitsteilung passt, müsste man diskutieren. Evtl in einem Extrathema, denn mich würde die Effizienz auch geschichtlich interessieren.
Zu den verkürzten Arbeitszeiten bzw zu deiner Rechnung, dass von 2 Nettoeinkommen ein kleines Bruttoeinkommen für die Haushaltshilfe/Kinderbetreuung bezahlt werden muß, möchte ich den in Zukunft evtl. viel häufigeren Fall der Altenbetreuung hinzufügen. Auch hier haben wir zunehmend entweder eine teure, industriealisierte Betreuung in Heimen oder bezahlte Hilfskraft zu Hause, weil man sich um Alte, durch die getrennten Welten auch nicht mehr nebenher kümmern kann. Und bei den Alten geht es nicht um wenige Jahre sondern im Extremfall um Jahrzehnte.
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11.02.2015, 14:10
Beitrag: #38
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(11.02.2015 13:50)Renegat schrieb:  Was du über die geteilte Kindererziehungszeit schreibst, ist ja richtig. Und viele möchten gerade bei den Kindern dieses Modell gerne leben. Die Möglichkeiten, Kinder und Beruf zu vereinbaren, sind aber nicht wirklich besser geworden. Rechtlich und betreuungstechnisch ist inzwischen vieles möglich, ob man dann die Kraft und die Nerven hat, das durchzusetzen und langfristig durchzuziehen, ist die Frage.
Leider muß ich immer wieder auf die getrennten Welten von Arbeit und Leben zurückkommen, die das so kompliziert und die Menschen damit oft krank machen. Dabei müßte es gerade bei der Kindererziehung nicht so sein, denn die Zeit in der Babys und Kleinkinder die Rundumbetreuung nur ihrer Eltern brauchen, ist relativ kurz. Schon Kleinkinder sind soziale Wesen, die bei aufgebautem Grundvertrauen, vielfältige, soziale Kontakte brauchen, das berühmte afrikanische Dorf. Was heute leider oft mit einem effizienten Angebot an professioneller und bezahlter Förderung und Betreuung mit Rundumkontrolle verwechselt wird. Technisch gesteuert von "Helikoptereltern", was denen natürlich auch wieder Stress macht.

Auch hier habe ich kürzlich ein sehr intreesssantes Buch gelesen, dessen Autor sich fragt, warum wir auf so breiter Basis für eine artgerechte Tierhaltung eintreten, nicht aber für eine artgerechte Kinderziehung...

Technisch wäre die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vielerorts durchaus möglich. ich arbeite auch von Zu Hause aus. Gelgenegtlich muss ich mal ins Büro, um Unterlagen zu holen oder das eine oder andere durchzusprechen. Für viel Arbetisplätze heutzutage wäre das problemlos machbar. Es würde das Verkehrsaufkommen reduzieren, sinnlose Fahrzeit würde wegfallen, die an anderer Stell genutzt werden können.
Aber viele Firmen spielen nich (mehr?) mit. Denn schließlich- der Mirtarbeiter wird für xyz Stunden bezahlt- wer garntiert denn, daß er diese Stunden auch arbeitet?
Und außerdem ist ein Mitarbeiter, der im Büro unter der Nase des Vorgesetzten arbeitet, natürlich immer auch kurzfristig für andere Arebiten einsetzbar. Und vielleicht braucht man auf 15 Sachbearbeiter einen mehr, wenn die von zu Hause aus arbeiten. Hier ist aber ein klassisches Beispiel dafür, daß Arbeitnehmer an der Steigerung der Produktivität nicht beteiligt werden.

(11.02.2015 13:50)Renegat schrieb:  Zu den Kindern habe ich bereits oben geschrieben, für mich geht es nicht nur um eine Verkürzung von Arbeitszeiten, sondern um ein humanere Arbeitswelt. Der Mensch als Faktor Arbeit ist keine Maschine, kein Roboter und kein Computerprogramm, Mensch ist anders effizient als ein Gerät. Was nützt es, die Arbeitszeit auf 4-6 Stunden zu verkürzen, wenn in diese Zeit dann alles reingepackt wird und Mensch völlig ausgelaugt nach Hause kommt. Effizienz mag ein wichtiges BWL-Kriterium sein, ob es aber zum Menschen und der menschlichen Arbeitsteilung passt, müsste man diskutieren.

Das interessiert den Shareholder nicht. Ihm ist es völlig egal, wie der Mensch zurechtkommt, er wioll nur die Kohle sehen. Und da er es sich lesiten kann, sich völlig von der normalen Welt abzuschotten, ist es ihm auch egal, wie diese aussieht.
Aber auch das ist sicherlich ein Extrathema wert.

(11.02.2015 13:50)Renegat schrieb:  Zu den verkürzten Arbeitszeiten bzw zu deiner Rechnung, dass von 2 Nettoeinkommen ein kleines Bruttoeinkommen für die Haushaltshilfe/Kinderbetreuung bezahlt werden muß, möchte ich den in Zukunft evtl. viel häufigeren Fall der Altenbetreuung hinzufügen. Auch hier haben wir zunehmend entweder eine teure, industriealisierte Betreuung in Heimen oder bezahlte Hilfskraft zu Hause, weil man sich um Alte, durch die getrennten Welten auch nicht mehr nebenher kümmern kann. Und bei den Alten geht es nicht um wenige Jahre sondern im Extremfall um Jahrzehnte.

Stimmt, den Aspekt habe ich nicht bedacht, vielleicht, weil meine Eltern schon früh gestorben sind und ich auch keine Großeltern hatte.

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11.02.2015, 14:24
Beitrag: #39
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(10.02.2015 14:48)Renegat schrieb:  Außer-Haus-Essen muß nicht fettige Pommes an der Frittenbude sein. Und längst nicht jedes selbst gekochte Essen zu Hause ist gesünder. Kochen, die gesamte Verarbeitung von guten Nahrungsmitteln zu hochwertigen, wohlschmeckenden Gerichten, ist eine Arbeit, die man auch können muß.
Betrachtet man diese Arbeit als Teil des Austausches von Fähigkeiten und Begabungen, kann es genauso attraktiv und effektiver sein, wenn sich einer hinstellt und ordentlich für 20 - 40 Leute kocht. In vielen Ländern oder auch in der Frühzeit der Industriealisierung sind Garküchen in der Nähe des Arbeitsplatzes oder am Markt die Regel.

(10.02.2015 15:13)Bunbury schrieb:  Das ist mit Sicherheit richtig, obwohl die Garküchen in der Nähe des Arbeitsplatzes in Deutschland mit Sicherheit gegen geltendes Recht verstoßen würden und angesichts der innenpreismieten gar nicht bezahlbar wären.

Gegen welches geltende Recht sollten die verstoßen? Außerdem gibt es die doch überall, auch der effizienteste BWL-ler muss essen.Dodgy
Die heißen natürlich nicht Garküche, sondern Dönerkiosk, Bäcker mit Brötchen + Imbissangebot, Salatbar, Frischeimbiss, Sushistand, Asiaimbiss usw.
Um jeden Bürostandort gibt es diese Angebote und mittags sind die gut besucht. Dazu kommen noch die diversen Restaurants mit Mittagstischen, meist preislich unter dem Abendangebot. Dann gibt es noch die diversen Bringdienste. Und wenn es um den Arbeitsplatz so gar nichts gibt, deckt man sich bei den Versorgern auf dem Weg ein, im Bahnhof, an der U-Bahnstation oder an der Einfallstraße.

Früher hatten mittlere und größere Firmen fast alle eigene Kantinen mit Koch und Küchenpersonal, da wurde noch ordentlich gekocht.
Soll es vereinzelt auch heute noch geben. Läge Firma mit Kantine in der Nähe des Wohnortes oder wäre Kind in der Firmenkrippe/Hort wäre das gemeinsame Mittagessen von Kindern und Eltern in der Kantine möglich. Die Kinder würden die Kollegen kennenlernen und umgekehrt und schon wären die Welten ein Stückchen näher gerückt.


(10.02.2015 15:13)Bunbury schrieb:  Im großen und Ganzen setze ich auch auf solche Alternativen, wenn es um einen Bewußtseinswandel geht. Allerdings muss man dann auch bereit sein, mehr für so ein Essen auszugeben. Und daran hapert es dann am Ende doch.
Weil man ja doch für die ganzen überflüssigen Konsumgüter mehr bezahlen will als fürs Essen. (Und da wären wir wieder beim geplanten Verschleiss und bei der Werbung...)

Naja, essen muss Mensch, egal ob er viel oder wenig verdient. Man kann sich auch von 3,-€ gesund (Vollkornbrot + Quark + Gemüse) oder ungesund (Fertigpizza etc) ernähren.
Die überflüssigen Konsumgüter werden doch eher selten vom Munde abgespart sondern durch vermeintlich billige Kredite finanziert. Was wieder ein anderes Thema ist.
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11.02.2015, 22:26
Beitrag: #40
RE: Hohe Arbeitslosenrate:
(11.02.2015 14:24)Renegat schrieb:  Gegen welches geltende Recht sollten die verstoßen? Außerdem gibt es die doch überall, auch der effizienteste BWL-ler muss essen.Dodgy

Dann war es ein Mißverständnis- ich dachte du meinst eine Garküche nach asisatischem Vorbild. Die sind mit den Hgienevorschriften in Deutschland nicht zu vereinbaren.

(11.02.2015 14:24)Renegat schrieb:  Die heißen natürlich nicht Garküche, sondern Dönerkiosk, Bäcker mit Brötchen + Imbissangebot, Salatbar, Frischeimbiss, Sushistand, Asiaimbiss usw.
Um jeden Bürostandort gibt es diese Angebote und mittags sind die gut besucht. Dazu kommen noch die diversen Restaurants mit Mittagstischen, meist preislich unter dem Abendangebot. Dann gibt es noch die diversen Bringdienste. Und wenn es um den Arbeitsplatz so gar nichts gibt, deckt man sich bei den Versorgern auf dem Weg ein, im Bahnhof, an der U-Bahnstation oder an der Einfallstraße.

Ehrlich gesagt, bin ich jetzt doch ein bißchen schockiert und frage mich, ob ich dich jetzt richtig verstanden haben. Du findest es also völlig okay, wenn Menschen in der Gastronomiebranche ausgebeutet werden, nur damit zu Hause keiner mehr kochen muss?
Habe ich das so richtig verstanden?

Wenn ja, dann muss ich ehrlich sagen, daß ich diese Auffassung defintiv nicht teilen kann. Meine Schwägerin ist Thailänderin, die von ihrer Tante nach Deutschland geholt wurde, um im Asia Restaurant- iclusive Mittagstisch- arbeiten zu könne. Über Jahre hinweg hat sie dort 12-14 Stunden am Tag gearbeitet, 6 Tage die Woche, für rund 700,00 € im Monat und einer 8 qm großen Dachkammer zu ihrer Verfügung. Das ist beileibe kein Einzelfall- sieh dir einfach mal an, wieviele der Imbißbetriebe entweder Familienbetriebe ausländischer Herkunft oder Teil einer Kette sind.

Die Gastronomiebranche ist bekannt für miese Arbeitsbedingungen und schlechte Löhne. Und was mir meine Schwägerin über die die Nahrungsmittelzubereitung verraten hat... nun sagen wir mal so- auch da wird gespart, wo immer es nur geht. Warum sollten die Betriebe auch anders rechnen? Auch hier gilt es den Gewinn zu maximieren, in dem die Kosten gesenkt werden.

Nein, ich fürchte, hier kommen wir zu keiner Übereinstimmung. Für mich ist es nicht hinnehmbar, daß Menschen schlecht behandelt und ausgebeutet werden, damit ich mir mein Mittagessen außer Haus leisten kann.


(11.02.2015 14:24)Renegat schrieb:  Früher hatten mittlere und größere Firmen fast alle eigene Kantinen mit Koch und Küchenpersonal, da wurde noch ordentlich gekocht.

Stimmt. Wurde es. Früher. Meine Ex- Schwiegermutter hat jahrelang in der Küche eines Versicherungsunternehmens gearbeitet. zwei Jahre, bevor sie in Rente gegangen ist, wurde die Küche geschlossen. Zwei Mitarbeiter von 15 durften bleiben. Das Essen wurde jetzt vom Caterer gebracht. Morgens um 7.30 angeliefert, um 12.30 öffnete die Kantine.
Über die Qualität des Essens braucht nicht geredet werden... Wer wert auf gesunde Ernährung legt, kommt dann nicht umhin, abends doch noch etwas gesundes selbst zu kochen...

(11.02.2015 14:24)Renegat schrieb:  Soll es vereinzelt auch heute noch geben. Läge Firma mit Kantine in der Nähe des Wohnortes oder wäre Kind in der Firmenkrippe/Hort wäre das gemeinsame Mittagessen von Kindern und Eltern in der Kantine möglich. Die Kinder würden die Kollegen kennenlernen und umgekehrt und schon wären die Welten ein Stückchen näher gerückt.

Papa und Mama arbeiten also in der gleichen Firma? Und die kinderlosen Kollegen stören sich nicht an den Kindern?Wink
Da glaube ich eher an Teilzeitarbeit für Mama und Papa...



(11.02.2015 14:24)Renegat schrieb:  Naja, essen muss Mensch, egal ob er viel oder wenig verdient. Man kann sich auch von 3,-€ gesund (Vollkornbrot + Quark + Gemüse) oder ungesund (Fertigpizza etc) ernähren.

Stimmt. Das Geld ist für gesunde Ernährung auch nicht unbedingt hauptausschlaggebend. Sondern die Zeit. Vollwertig und abwechlsungsreich zu kochen braucht Zeit. Ist einfach so. Wobei- wer viel Geld für Ernährung ausgeben kann, der kann auch zeit sparen. Tiefkühlgemüse ist schon geputzt, aber wesentlich teurer. Ein qualitativ hochwertiger Metzger bereitet das Fleisch schon küchenfertig zu etc. In Großbritannien gibt es in den Supermärkten bereits gesputztes und zerkleinertes Gemüse zu kaufen, für das doppelte dessen, was man für ungeputztes Gemüse bezahlt. Aber wenigstens hat man die Möglichkeit...

(11.02.2015 14:24)Renegat schrieb:  Die überflüssigen Konsumgüter werden doch eher selten vom Munde abgespart sondern durch vermeintlich billige Kredite finanziert. Was wieder ein anderes Thema ist.

Ja, ist das so? Kenne ich eigentlich nicht. Ist vielleicht von Gegend zu Gegend unterschiedlich. Hier werden viele Konsumgüter als Statussymbole angeschafft- aber nicht auf Kredit. Eher dadurch, daß man zu Aldi einkaufen geht, mit Ryan Air fliegt und bei ebay stöbert...

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