Untergang der Hethiter
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03.06.2012, 12:00
Beitrag: #1
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Untergang der Hethiter
Möchte hier eine Diskussion neu eröffnen die schon im G/Geschichteforum für sehr lesenswerte Beiträge sorgte, die Grundfrage lautet:
-Warum sind die Hethiter untergegangen? -Was hat es mit den "geheimnissvollen" Seevölkern auf sich? -Sind diese die hauptschuldigen oder gabs noch andere Faktoren? -Wer waren diese Seevölker? Freue mich auf interessante Diskussionen mit euch. |
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04.06.2012, 11:41
Beitrag: #2
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RE: Untergang der Hethiter
(03.06.2012 12:00)WDPG schrieb: Möchte hier eine Diskussion neu eröffnen die schon im G/Geschichteforum für sehr lesenswerte Beiträge sorgte, die Grundfrage lautet:Lieber WDPG, wegen Auseinandersetzungen im Inneren des Reiches. Der Zerfall wurde durch den Durchzug der Seevölker noch beschleunigt. Es gab mehrere Faktoren für den Untergang der Hethiter, die Seevölker waren nur ein Teil des Grundes für den Untergang. Offiziell handelt es sich bei den Seevölkern um die Ergebnisse der Ägäischen Wanderung, die aber sicherlich aus dem Balkanraum angestoßen wurde. Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
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04.06.2012, 12:34
Beitrag: #3
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RE: Untergang der Hethiter
(04.06.2012 11:41)dieter schrieb: Offiziell handelt es sich bei den Seevölkern um die Ergebnisse der Ägäischen Wanderung, die aber sicherlich aus dem Balkanraum angestoßen wurde. "Wahrscheinlich", oder "Vielleicht" oder "auch" , aber nicht "sicherlich". Es gibt andere Möglichkeiten. Ich denke auch nicht, daß der untergang der Hetither nur eine Ursache hat. Das ist beim zerbrechen eines großen Reiches selten der Fall. Meistens hat es vorher schon hier mal eine Schwäche, da mal eine Schwäche gegeben, wie innere Streitereien um die Thronfolge, vielleicht aber auch Mißernten und sozial bedingte Unruhen, vielleicht war das Reich auch über die Grenzen seiner Möglichkeiten hinaus gewachsen und kollabierte wie ein Luftballon, als dann von außen Widerstand herankam, so wie es etliche tausend Jahre später mit dem römsichen Reich passierte. Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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05.06.2012, 09:45
Beitrag: #4
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RE: Untergang der Hethiter
(04.06.2012 12:34)Bunbury schrieb:Lieber Bunbury,(04.06.2012 11:41)dieter schrieb: Offiziell handelt es sich bei den Seevölkern um die Ergebnisse der Ägäischen Wanderung, die aber sicherlich aus dem Balkanraum angestoßen wurde. nichts Genaues weiß man nicht, dewegen muß man mit den von Dir angegebenen Möglichkeiten arbeiten. Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
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05.06.2012, 14:19
Beitrag: #5
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RE: Untergang der Hethiter
(04.06.2012 12:34)Bunbury schrieb: Ich denke auch nicht, daß der untergang der Hetither nur eine Ursache hat. Das ist beim zerbrechen eines großen Reiches selten der Fall. Meistens hat es vorher schon hier mal eine Schwäche, da mal eine Schwäche gegeben, wie innere Streitereien um die Thronfolge, vielleicht aber auch Mißernten und sozial bedingte Unruhen, vielleicht war das Reich auch über die Grenzen seiner Möglichkeiten hinaus gewachsen und kollabierte wie ein Luftballon, als dann von außen Widerstand herankam, so wie es etliche tausend Jahre später mit dem römsichen Reich passierte. Das ist der gegenwärtige Forschungsstand. Während man früher annahm, allein der Seevölkersturm bzw. die Ägäische Wanderung hätten den Untergang des Hethiterreichs verursacht, geht man heute von einer komplexeren Lage aus. Innere Unruhen, Bürgerkrieg und Thronwirren hatten das Reich bereits vor den seevölkern stark geschwächt. Ausgrabungen und Datierungen haben bestätigt, dass z.B. die Hauptstadt Hattusa schon vor dem Eintreffen fremder Eroberer zerstört und verlassen war. Es ist also gut möglichm, dass der über Kleinasien reichende Zweig der Seevölkerbewegung bereits ein sterbendes Reich antraf, dem lediglich der Todesstoß versetzt wurde. |
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06.06.2012, 10:50
Beitrag: #6
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RE: Untergang der Hethiter
(05.06.2012 14:19)Dietrich schrieb: Es ist also gut möglichm, dass der über Kleinasien reichende Zweig der Seevölkerbewegung bereits ein sterbendes Reich antraf, dem lediglich der Todesstoß versetzt wurde. Das ist sogar (fast) gesichert: Anscheinend haben die letzten Bewohner Hattusas sich darauf konzentriert, die Oberburg (Büyükkaya) zu verteidigen - hier waren die Getreidespeicher. Auch andere Indizien (Augrabungen in der Umgebung) deuten darauf hin, dass der "Wasserkopf des Großreichs" (Zitat Brandau/Schikert: Hethiter. Die unbekannte Weltmacht. S.329) von den Dörfern außenrum nicht mehr ernährt werden konnte, dass es eine Hungersnot gab und daher Hattusa aufgegeben werden musste. Der Seevölkersturm, der Abfall von Vasallen und Kämpfe zwischen Thronprätendenten kamen dazu, auch die Tatsache, dass aufgrund des zusammengebrochenen Fernhandels kaum noch Zinn für die Fertigung von Bronze aufzutreiben war. Folge: Das Großreich fiel in sich zusammen. Wobei interessant ist, dass Hattusa nicht ganz verlassen wurde, sondern wieder besiedelt wurde (Brandau/Schickert S.330). Urplötzlich tauchen hier wieder Keramiken auf, die VOR der Hethiterzeit in der Gegend schon einmal typisch waren. Vorhethitische Bevölkerung hatte sich also die ganze Hethiterzeit hindurch ihre Traditionen bewahrt - inklusive fehlender Töpferscheibe - und rückte jetzt in die von den Hethitern verlassenen "Stellungen" ein. Die Hethiter waren also wohl nur eine ganz dünne Herrschaftsschicht gewesen, die aber über Jahrhunderte die Einheimischen derart unterdrücken konnten, dass sie in der archäologischen Überlieferung nicht auftauchten! Immerhin erschien jetzt, nach dem Ende der Hethiterzeit, ein Eisenschmied in Hattusa - obwohl die Hethiter ihre Großmachtrolle u.a. auf die Kenntnisse der Eisenbearbeitung stützten! VG Christian |
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06.06.2012, 15:11
Beitrag: #7
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RE: Untergang der Hethiter
(06.06.2012 10:50)913Chris schrieb: Vorhethitische Bevölkerung hatte sich also die ganze Hethiterzeit hindurch ihre Traditionen bewahrt - inklusive fehlender Töpferscheibe - und rückte jetzt in die von den Hethitern verlassenen "Stellungen" ein. Die Hethiter waren also wohl nur eine ganz dünne Herrschaftsschicht gewesen, die aber über Jahrhunderte die Einheimischen derart unterdrücken konnten, dass sie in der archäologischen Überlieferung nicht auftauchte. Dass eine Bevölkerung mit vorhetihitischer Identität überdauert hat, halte ich für sehr spekulativ. Die Hethiter herrschten rund 600 Jahre in Kleinasien und in dieser Zeit vollzog sich vermutlich ein kompletter Sprachwechsel der Bevölkerung zum Hethitischen bzw. Luwischen. Bekannt sind uns zu Beginn der hethitischen Herrschaft die autochthonen Hattier, von denen die Hethiter zahlreiche kulturellen Elemente (z.B. Götter und Göttinnen) übernahmen. Allerdings verschwinden die Hattier als eigenständige Gruppe bereits sehr früh und weder während noch nach der hethitischen Herrschaft gibt es Schriftzeugnisse autochthoner Bevölkerungsteile in Kleinasien, einmal abgesehen von den Hurritern im Kaukasus. Ich stelle mir fogendes Szenario vor: Als die Hethiter ab etwa 2200 v. Chr. allmählich nach Kleinasien einwanderten, trafen sie auf eine zahlenmäßig weit überlegene autochthone kleinasiatische Bevölkerung. Frühhetitische Keramikfunde vom Schwarzen Meer bis zum Halysbogen belegen die Ankunft dieser neuen Bevölkerungsgruppe bereits im 19. Jh. v. Chr. Über das Verhältnis zu der alteingesessenen Bevölkerung schweigen die Quellen, doch wird allgemein vermutet, dass der Prozess der Akkulturation der Neuankömmlinge weitestgehend friedlich verlaufen ist (vgl. Jörg Klinger, Die Hethiter, München 2007, S. 33 f.). Nachdem es den Hethitern gelungen war, die einheimischen hattischen Fürsten zu verdrängen und die Macht zu übernehmen, vollzog sich im Lauf der Jahrhunderte ein Sprachwechsel der Bevölkerung. Sie vermischte sich mit den eingewanderten Hethitern und übernahm hethitische oder luwische Dialekte. An ethnischen Zuordnungen orientierte Vorstellungen spielten keine Rolle, wie die Einheitlichkeit des materiellen Befundes unterstreicht. Inwieweit die Bevölkerung Kleinasiens am Ende des Hethiterreichs eine hethitische Identät angenommen hatte, ist schwer zu sagen. Vielleicht war eine solche Identität im Kernbereich der Hethiter stark ausgeprägt, an den Rändern dann schwächer. Aber das ist Spekulation. Als die Phryger ab dem 12./11. Jh. v. Chr. nach Kleinasien einwanderten und ihr Reich gründeten, mussten alte Identitäten sicher neuen Platz machen, auch wenn die Bevölkerung, die seit Jahrtausenden den Boden bebaute, die gleiche blieb. Danach kamen dann noch Lyder, Perser, Griechen und schließlich Turkvölker, die die Bevölkerung Kleinasiens immer aufs neue überschichteten, assimiliert wurden und anderen Eroberern Platz machten. Bestimmte kulturelle Bräuche blieben vermutlich über alle neuen Herren hinweg erhalten. So z.B. die mediterrane bzw. altanatolische Bauweise und bestimmte Motive in der Töpferei. |
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06.06.2012, 18:19
Beitrag: #8
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RE: Untergang der Hethiter
(06.06.2012 15:11)Dietrich schrieb: Bestimmte kulturelle Bräuche blieben vermutlich über alle neuen Herren hinweg erhalten. So z.B. die mediterrane bzw. altanatolische Bauweise und bestimmte Motive in der Töpferei. Wieso aber wechselte die Bevölkerung rund um (und in) Hattusa nach Jahrhunderten wieder ZURÜCK zu einem völlig veralteten Töpfereistil?!? Notabene: Die Hethiter hatten den Namen der unterworfenen Hatti-Bevölkerung adaptiert, nicht umgekehrt! Ich geb zu, mich fasziniert die Vorstellung einer Hatti-Bevölkerung, die über Jahrhunderte der Hethiter-Herrschaft "ihrem" Stil treu blieb. Ich hab aber für die obigen Fakten auch noch keine andere zufriedenstellende Begründung gefunden als die, die bei Brandau/Schikert - immerhin einem Standardwerk zur Hethitergeschichte - präsentiert wird. VG Christian |
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07.06.2012, 13:51
Beitrag: #9
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RE: Untergang der Hethiter
(06.06.2012 18:19)913Chris schrieb: Wieso aber wechselte die Bevölkerung rund um (und in) Hattusa nach Jahrhunderten wieder ZURÜCK zu einem völlig veralteten Töpfereistil?!? Über die Hattier, die zu den altkleinasiatischen Völkern und den vorindoeuropäischen Populationen zählen, wissen wir leider nur sehr wenig. Der Name dieses Volkes ist unbekannt und sie wurden erst später nach der historischen Landschaft Chatti (akkadisch: Hatti) benannt, dem Kernland ihrer Siedlung. Hattusa, die spätere Hauptstadt des Hethiterreichs, ist eine Gründung der Hattier, deren Könige bis etwa 2000 v. Chr. regierten. Die indoeuropäischen Hethiter avancierten zwar zu den neuen Herren, doch wurden die Hattier nicht vertrieben und ihre Sprache wurde nicht unterdrückt. Im Verlauf des 15. Jh. v. Chr. ging das Hattische unter und bis dahin hatten sich die Hattier an das Hethitische assimiliert. Als Ritualsprache im Kultleben der Hethiter lebte das Hattische aber weiter. Wie ich schon schrieb, hatten die Hattier einen bedeutenden Einfluss auf die Kultur der Hethiter und die religiösen Vorstellungen der Herren von Hattusa waren von hattischen Vorbildern geprägt. Die höchsten Gottheiten im hethitischen Staatskult waren solche des hattischen Götterpanrheons. Das waren der Wettergott Taru und die Sonnengöttin Wurusemu. Dass die Hattier nach dem Untergang des hethitischen Reichs noch eine eigene hattische Identität besaßen, ist daher zu bezweifeln. Nach meiner Meinung hatte sich zwischen beiden Völkern - den Hethitern und Hattiern - nach ihrer Verschmelzung eine neue Identität entwickelt, die sowohl indoeuropäische als auch altkleinasiatische Züge enthielt - also im Grunde genommen ein neues Volk. Man kann das gut vergleichen mit der Eroberung des römischen Galliens durch die germanischen Franken. Sie verschmolzen als dünne Herrenschicht im Verlauf von etwa 300 Jahren mit der weitaus größeren gallo-romanischen Bevölkerung, setzten allerdings ihre germanische Sprache durch. Kulturell verschwanden nahezu alle germanischen Attribute, im Norden weniger, im Süden Frankrechs nahezu vollständig. |
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07.06.2012, 13:55
Beitrag: #10
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 13:51)Dietrich schrieb: Kulturell verschwanden nahezu alle germanischen Attribute, im Norden weniger, im Süden Frankrechs nahezu vollständig. Und genau das ist augenscheinlich in Anatolien nicht passiert, sonst hätten die Neubesiedler Hattusas nicht plötzlich wieder jahrhundertealte Keramiktraditionen gepflegt... VG Christian |
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07.06.2012, 14:43
Beitrag: #11
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 13:55)913Chris schrieb: Und genau das ist augenscheinlich in Anatolien nicht passiert, sonst hätten die Neubesiedler Hattusas nicht plötzlich wieder jahrhundertealte Keramiktraditionen gepflegt... Es mag sein, dass nach dem Untergang des hethitischen Reichs neue keramische Traditionen entstanden, die sich wiederum an alten Vorbildern orientierten. Dennoch war die Bevölkerung um 1100 v. Chr. mit Sicherheit nicht identisch mit der Jahrhunderte zuvor. Die Überschichtungs- und Assimilationsvorgänge schufen eine Population mit anderer Identität. Dass ältere Verzierungsmuster und Formen wiederkehrten, heißt ja nicht, dass eine Bevölkerungskontinuität bestand, die 1000 Jahre zurückreichte. |
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07.06.2012, 15:31
Beitrag: #12
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 14:43)Dietrich schrieb: Dass ältere Verzierungsmuster und Formen wiederkehrten, heißt ja nicht, dass eine Bevölkerungskontinuität bestand, die 1000 Jahre zurückreichte. Was denn dann? Ist übrigens auch der Schluss, den Brandau/Schickert aus der posthethitischen Keramik Hattusas ziehen: "Das heißt, rund 800 Jahre lang wurden andernorts altanatolische Traditionen gepflegt, die in der Hethiter-Hauptstadt nicht mehr gepflegt wurden, und jetzt sozusagen reimportiert. Es muss also eine Art Urbevölkerung gegeben haben, die ihre Identität über diese ungeheure Zeitspanne hatte wahren können." (S.330) VG Christian |
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07.06.2012, 15:47
Beitrag: #13
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 15:31)913Chris schrieb: Was denn dann? Ist übrigens auch der Schluss, den Brandau/Schickert aus der posthethitischen Keramik Hattusas ziehen: "Das heißt, rund 800 Jahre lang wurden andernorts altanatolische Traditionen gepflegt, die in der Hethiter-Hauptstadt nicht mehr gepflegt wurden, und jetzt sozusagen reimportiert. Es muss also eine Art Urbevölkerung gegeben haben, die ihre Identität über diese ungeheure Zeitspanne hatte wahren können." (S.330) Auch eine Bevölkerung mit anderer Identität kann alte Formen erneut aufgreifen. Es ist stets problematisch, sachliche Überreste mit bestimmten Ethnien oder Völkern zu verbinden. Im kleinasiatischen Raum beliebte Formen und Muster können von ganz unterschiedliche Populationen verwendet worden sein. Nach den Hethitern kamen die Phryger, die Lyder, die Perser und die Griechen. Mit Sicherheit wandelten sich Identitäten in diesem langen Zeitraum, wobei dennoch altanatolische Traditionen lebendig geblieben sein können. Die Hethiter überschichteten eine autochthone anatolische Bevölkerung und verschmolzen mit ihr. Niemand kann sicher sagen, welche Traditionen und/oder ethnischen Identitäten nach dem Zusammenbruch des Hethiterreichs lebendig waren. Man muss doch davon ausgehen, dass sich das in Verlauf von 1000 Jahren und mehr wandelt. Die hattische Sprache verschwindet um 1500 v. Chr. und man kann vermuten, dass damit auch eine hattische Identität erlischt, während keramische Traditionen dennoch fortdauern. Sie sind nicht an bestimmte Ethnien gebunden. |
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07.06.2012, 17:16
Beitrag: #14
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 15:47)Dietrich schrieb: man kann vermuten, dass damit auch eine hattische Identität erlischt, während keramische Traditionen dennoch fortdauern. Sie sind nicht an bestimmte Ethnien gebunden. Warum taucht dann nach dem VErlassen Hattusas durch die Hethiter plötzlich diese vorhethitische Keramik wieder auf und nicht eine, die etwa aus der hethitischen entwickelt wurde? VG Christian |
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07.06.2012, 17:25
Beitrag: #15
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 17:16)913Chris schrieb: Warum taucht dann nach dem VErlassen Hattusas durch die Hethiter plötzlich diese vorhethitische Keramik wieder auf und nicht eine, die etwa aus der hethitischen entwickelt wurde. Weil altanatolische Motive während der gesamten Antike beliebt waren und von den verschiedensten Bevölkerungsgruppen verwendet wurden. Das Volk der Hattier hat es jedenfalls 1100 v. Chr. nicht mehr gegeben, sondern eine altanatolische Bevölkerung mit Identitäten, die wir heute nicht mehr ermitteln können. Die altkleinasiatische Geschichte ist leider immer noch nicht ausreichend erforscht, um darüber Auskunft zu geben. |
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10.06.2012, 11:08
Beitrag: #16
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RE: Untergang der Hethiter
Nachdem ich mich ein bisschen über das Thema informiert habe, denke ich folgendes:
Der Grund für den Untergang der Hethiter war einerseits innere Probleme und Instabilitäten, andererseits diese geheimnisvollen Seevölker. Die Seevölker mögen dem Reich den Todesstoß gegeben haben, doch das gelang ihnen nur, weil das Reich schon vorher von innen instabil gemacht worden war und nicht mehr genügend Abwehrkräfte besaß. Vielleicht waren Probleme zwischen verschiedenen sozialen Schichten oder verschiedenen Ethnien, die sich nicht vermischt hatten, der Grund. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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10.06.2012, 11:09
Beitrag: #17
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RE: Untergang der Hethiter
(04.06.2012 11:41)dieter schrieb: Lieber WDPG, Dito. Genau das meine ich. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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10.06.2012, 21:43
Beitrag: #18
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RE: Untergang der Hethiter
(07.06.2012 17:16)913Chris schrieb: Warum taucht dann nach dem VErlassen Hattusas durch die Hethiter plötzlich diese vorhethitische Keramik wieder auf und nicht eine, die etwa aus der hethitischen entwickelt wurde? Hm, da geht gerade mal meine Phantasie mit mir durch und ich spinne mal ein Szenario zusammen. Also, angenommen, ein paar vorhetitische Einwohner haben sich der Anpassung an die Hetitischen Sitten- aus welchen Gründen auch immer- verweigert und ihren alten, weniger modernen Stil beibehalten, vergleichbar (Achtung: Quantensprung) den Amish in Amerika. Nach dem Zusammenbruch des Hetitherreiches ist es gar nicht mehr möglich, hetitische Keramik herzustellen, weil irgendetwas fehlt oder nicht funktioniert etc. Vielleicht ist das Heizmaterial, das nötig ist, um eine bestimmte Temperatur zu erzeugen nicht mehr verfügbar oder so etwas in der Art.. Keramik wird aber benötigt, und deswegen greift man auf das Wissen dieser kleinen Gruppe von Exzentriker zurück, die ihrer Identität treu geblieben sind. (Man stelle sich einfach vor, in Amerika blieb der Strom weg...) Nein, es gibt natürlich keinen Hinweis auf diese These, sie ist gerade eben in meiner Phantasie entstanden, aber vielleicht ist das ja eine kurze Überlegung wert... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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11.06.2012, 16:23
Beitrag: #19
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RE: Untergang der Hethiter
(10.06.2012 21:43)Bunbury schrieb: Hm, da geht gerade mal meine Phantasie mit mir durch und ich spinne mal ein Szenario zusammen. Das könnte gut sein. Man kann viel spekulieren, warum viel auf alte Keramiktypen zurückgegriffen wurde 1.) Lange wurde ein Volk unterdrückt, das nach dem Zusammenbruch des Hethiterreiches wieder seine Identität aufnehmen konnte. 2.) In der Krise erfolgte unter den Hethitern eine Rückbesinnung auf alte Identität (und Keramik), wie auch im römischen Reich in der Krise des 3. Jahrhunderts wieder auf urrömische Traditionen zurückgegriffen wurde. 3.) Oder eben deine These. Sicherlich gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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11.06.2012, 16:43
Beitrag: #20
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RE: Untergang der Hethiter
(11.06.2012 16:23)Maxdorfer schrieb: Sicherlich gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten. Ob sich nach einer 500jährigen Herrschaft der Hethiter und einem kompületten Sprachwechsel zum Hethitischen und Luwischen - andere Sprachen sind nicht überliefert - noch parallele Identitäten halten konnten, ist sehr spekulativ. Irgendwelche Schriftzeugnisse oder Hinweise in hethitischen Quellen sind jedenfalls nicht bekannt. Was ich mir allerdings vorstellen könnte: Vor, parallel und auch nach dem Zusammenbruch des Hethiterreichs wurde eine uralte traditionelle Keramik gefertigt, die während der Hethiterzeit aus der Mode kam und nach ihrem Untergang wieder auflebte. Vermutlich war diese altanatolische Keramik vorwiegend in der unteren Volksschicht verankert, weniger bei der herrschenden Elite. |
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11.06.2012, 17:28
Beitrag: #21
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RE: Untergang der Hethiter
(11.06.2012 16:43)Dietrich schrieb:(11.06.2012 16:23)Maxdorfer schrieb: Sicherlich gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten. Jupp, so kanns sein. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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09.07.2012, 11:54
Beitrag: #22
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RE: Untergang der Hethiter
Der groeßte Konstruktionsfehler des Hethiterreiches war das Vasallensystem. Der weitaus groesste Teil der Fläche des Reiches wurde von Vasallenfuersten beherrscht. In Krisenzeiten konnten diese abfallen und das taten sie dann auch.
Einer der Vasallenstaaten war das homerische Troja, dessen hethitischen Namen man inzwischen auch kennt. Als die Achaeer Troja Angriffen, bekam es Hilfe von seinen Nachbarn, aber diese war völlig unzureichend. Entsprechend gering ist dann auch die Loyalität, die Vasallen dem Reich,das sie nicht schützen kann, entgegenbringt. Unweit von Hattusa lebten im Gebirge nichtindogermanische Stämme, die jede Gelegenheit nutzten, bei einer Schwäche des Reiches Hattusa und seine Umgebung zu plündern. Das Großreich, das Ägypten und Assyrien besiegen konnte, war nicht in der Lage, diese Halbwilden zu unterwerfen und ruhigzustellen. |
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09.07.2012, 14:01
Beitrag: #23
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RE: Untergang der Hethiter
(09.07.2012 11:54)Harald schrieb: Der groeßte Konstruktionsfehler des Hethiterreiches war das Vasallensystem. Der weitaus groesste Teil der Fläche des Reiches wurde von Vasallenfuersten beherrscht. In Krisenzeiten konnten diese abfallen und das taten sie dann auch. Vermutlich reichte die Kraft der Hethiter nicht aus, ganz Kleinasien zu unterwerfen und es zentralistisch zu regieren. Die Form eines föderalistischen Reichs mit einem hethitischen Kernstaat und verschiedenen Vasallenstaaten ist somit das Ergebnis dieser machtpolitischen Lage. Das Bestreben, die unter hethitischem Einfluss stehenden Gebiete durch ein Herrschaftssystem zu sichern, das einerseits auf direkter hethitischer Präsenz beruhte, sowie andererseits auf einem System von Verträgen zwischen dem hethitischen König und lokalen Dynastien, funktionierte einige Jahrhunderte sehr gut. Ein Nachteil bestand allerdings darin. dass durch die persönliche Bindung der Vasallen an die Person des jeweils herrschenden Königs nicht automatisch eine langfristige Kontinuität gewähleistet war. Problematisch waren daher immer die Phasen des Herrschaftsübergangs in der Hauptstadt Hattusa. Im Verlauf ihrer rund 500-jährigen Herrschaft haben die Hethiter nie eine Zwangsherrschaft über ganz Kleinasien ausgeübt, sodass es neben ihnen stets Regionalmächte gab, die in einzelnen Phasen stärker, in anderen schwächer in das Großreich integriert waren. Auch gab es noch altkleinasiatische Völker wie die Kaskäer im Norden. die einen ständigen Unruheherd bildeten und niemals gänzlich unterwprfen werden konnten. Das zeigt sehr deutlich, dass die Hethiter eher eine lockere Oberherrschaft über Kleinasien ausübten - nicht so sehr, weil sie das als ideal empfanden, sondern weil ihre politische und militärische Kraft eine solche Herrschaftsform bedingte. Ob eine straffere Form der Herrschaft den Untergang des Hethiterreichs hätte verhindern können, sei dahingestellt und ist eher unwahrscheinlich. (09.07.2012 11:54)Harald schrieb: Einer der Vasallenstaaten war das homerische Troja, dessen hethitischen Namen man inzwischen auch kennt. Als die Achaeer Troja Angriffen, bekam es Hilfe von seinen Nachbarn, aber diese war völlig unzureichend. Entsprechend gering ist dann auch die Loyalität, die Vasallen dem Reich,das sie nicht schützen kann, entgegenbringt. Einige Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass die in zeitgenössischen Quellen genannte Stadt Wilusa im äußersten NW von Kleinasien mit dem antiken Troja identisch ist. Diese Diskussion wird wird seither noch immer intensiv geführt und eine endgültige Klärung steht noch aus. Sehr schön nachlesen lässt sich das in einer Publikation, die parallel zu einer großen Troja-Ausstellung im Jahr 2001 erschien, und wo der Verfechter der Wilusa-Hypothese, der Archäologe Manfred Korfmann, mit einem Aufsatz vertreten ist: - Troja. Traum und Wirklichkeit, Stuttgart 2001 |
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11.07.2012, 14:36
Beitrag: #24
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RE: Untergang der Hethiter
Nachdem ich einmal in Karatepe war, habe ich mich mit der Geschichte der Hethiter beschäfftigt,
Der Untergang des Reiches mag in seiner Endphase vor 1200 v. Chr dadurch erfolgt sein, weil sich die in der Endphase des Reiches gebildeten Vasallen nun gegen Hattuscha erhoben, das Reich war aber nicht als Staat von Vasallen konstruiert worden. Erst Suppiluliumas I 1375 - 1335 machte die Besiegten zu Vasallen, durch eine kluge Heiratspolitik (Anchesen pa Amon (warscheinlich) nach dem Tod ihres Mannes , wenn nicht Nefteta (was ich für eher unwahrscheinlich halte, weil sie Mitregentin von Amenophis IV war ) erbat von Hethiterkonig eine Ehemann) Kam Nefteta nicht aus Mitani ? Auch entging Ramses II 1296 in der Schlacht bei Quadesch rd. 35 Jahre später einer Niederlage unter Muwatallis , nicht unbedingt ein Beweis der Schwäche für die Hethiter. Der Niedergang spielte sich dann innerhalb von rd. 100 Jahren ab, in der Amtszeit von 4 Königen (obwohl Hattusilis III noch eine der Töchter von Ramses geheiratet hat und einen ewigen Friedensvertrag mit Ramses II schloss. 1200 brannte Hattuscha, die Hauptstadt. Ich denke, dass der Niedergang des Reiches mit den aufständichen Vasallen zusammenhängt die sich mit den Hyksos vereint hatten. und die weit nach Süden bis ins Niltal vordrangen. Die hethitische Kultur hält sich aber in Nordsyrien bei Carkemisch, Stadtkönigtümer bis 700 v.chr. beweisen. In Commagene lassen sich hethitische Kultureinflüsse (Hieroglyphen) noch is ins das 2. Jahrhundert nach Chr, nachweisen. Die Hethiter schufen die erste indoeuropäische Schrift, obwohl erst 1947 mit dem Auffinden einer Bilingue (ähnlich dem Stein von Rosetta) alle Könige des Hethiterreiches ihre Sprache wiedergefunden haben. . Und das fiel in eine Zeit, als die Hethiter auf Augenhöhe mit Ägypten standen. Es ist nicht so recht nachvollziehbar, dass das Reich seit seiner Grundung unter Labarnas über 450 Jahre so einfach unterging, auch dass es durch Seevölker niederging, obwohl Ramses III sie in einer Darstellung bekämpft. Hattuscha am Halysbogen liegt mitten in Anatolien, für Seevölker wohl nicht im focus. Im Focus sicher Karatepe und Ugarit (von dort übrigens die erste Darstellung eines Alphabets). |
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13.07.2012, 13:47
Beitrag: #25
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RE: Untergang der Hethiter
(09.07.2012 14:01)Dietrich schrieb:(09.07.2012 11:54)Harald schrieb: Der groeßte Konstruktionsfehler des Hethiterreiches war das Vasallensystem. Der weitaus groesste Teil der Fläche des Reiches wurde von Vasallenfuersten beherrscht. In Krisenzeiten konnten diese abfallen und das taten sie dann auch.Vermutlich reichte die Kraft der Hethiter nicht aus, ganz Kleinasien zu unterwerfen und es zentralistisch zu regieren. Die Form eines föderalistischen Reichs mit einem hethitischen Kernstaat und verschiedenen Vasallenstaaten ist somit das Ergebnis dieser machtpolitischen Lage. [...] I. Dass das lockere Vasallensystem der Hauptgrund für den Untergang des Hethiterreiches war, glaube ich nicht. Es wird eher dazu beigetragen haben, dass die schon ausdiskutierten Faktoren, die das taten, schneller wirksam oder weniger unwirksam gemacht werden konnten. Anders ausgedrückt: Als die Gründe für den Niedergang des Hethiterreiches eintraten, konnte man dagegen wenig machen. Und daran wiederum war das Vasallensystem nicht gerade unbeteiligt, wenn nicht sogar hauptsächlich schuld. II. Die Römer hatten in ihrer Frühzeit auch ein Vasallensystem, den Latiner-Bund, der ehemals ihr Gegner war. Nun, da sie die darin enthaltenen Städte zu untergeordneten Verbündeten (ich vermeide für die Frühzeit des latinischen Bundes bewusst das Wort "Vasallen") gemacht hatten, konnten sie sich um ihre anderen Feinde und um ihre inneren Konflikte kümmern. Danach waren sie ausreichend gestärkt, um aus den untergeordneten Verbündeten erst Vasallen zu machen und sie dann ganz zu unterwerfen. Es kann sein, dass das Hethiterreich einfach nicht die Kraft, die militärisch-politischen Ressourcen bessaß, um diese Unterwerfung durchzuführen. Mit den Folgen, die im Abschnitt I. dargestellt sind. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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13.07.2012, 14:12
Beitrag: #26
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RE: Untergang der Hethiter
(13.07.2012 13:47)Maxdorfer schrieb:Lieber Maxdorfer,(09.07.2012 14:01)Dietrich schrieb: Vermutlich reichte die Kraft der Hethiter nicht aus, ganz Kleinasien zu unterwerfen und es zentralistisch zu regieren. Die Form eines föderalistischen Reichs mit einem hethitischen Kernstaat und verschiedenen Vasallenstaaten ist somit das Ergebnis dieser machtpolitischen Lage. [...] ich glaube schon, dass das Vasallensystem die Ursache für den Untergang der Hethiter war. Die Vasallen wollte eben keine Vasallen mehr sein. Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
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13.07.2012, 17:12
Beitrag: #27
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RE: Untergang der Hethiter
(13.07.2012 14:12)dieter schrieb:(13.07.2012 13:47)Maxdorfer schrieb:Lieber Maxdorfer, Wir wissen, dass du das glaubst (und dass 2 Pfund Rindfleisch eine gute Suppe geben). Ich bin trotzdem anderer Meinung. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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13.07.2012, 20:27
Beitrag: #28
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RE: Untergang der Hethiter
(13.07.2012 13:47)Maxdorfer schrieb: [size=medium]Dietrich dateline='[...' schrieb: |
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14.07.2012, 07:48
Beitrag: #29
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RE: Untergang der Hethiter
(13.07.2012 20:27)Harald schrieb: Lies doch nochmal durch, was du geschrieben hast. In Satz 2 bis 4 widersprichst du völlig deiner Aussage in Satz 1. Warum du dann Dieter widersprichst ist mir unverständlich. Das habe ich gestern zwei Mal und gerade eben noch einmal. Um meine Position deutlicher zu machen: Das Vasallensystem war nicht die URSACHE für den Untergang der Hethiter. Das wäre sie gewesen, wenn die untergebenen Städte und Völker einen Aufstand gemacht hätten und dieser das Reich zerschmettert hätte. Ich schrieb vielmehr, dass das Vasallensystem den Untergang der Hethiter BESCHLEUNIGTE. Das heißt, dass der Untergang an sich durch andere Gründe hervorgerufen wurde wie zum Beispiel die Seevölker oder innere Instabilitäten zwischen den sozialen Schichten. Aber hätten die Hethiter eine bessere Methode gehabt, eroberte Gegenden mit einzubeziehen (und diese Art des Vasallensystems verhindert), dann hätten diese Gründe vielleicht nicht oder viel langsamer den Untergang bewirkt. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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14.07.2012, 09:35
Beitrag: #30
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RE: Untergang der Hethiter
Im 2. Jtsd BC gab es in der bekannten Welt überwiegend Vasallensysteme, denn was ist dieses System anderes, als eine vorübergehende Vorherrschaft eines Kleinstaates gegenüber seinen Nachbarn.
Solche Konstrukte sind nicht besonders stabil, vor allem wenn sich die Kleinstaaten von Ressourcen, Wirtschaftskraft und Militärausstattung wenig unterscheiden, wie in Mesopotamien und eben auch in Anatolien. Dafür hat sich die hethitische Hegemonie lange gehalten. Die einzige Ausnahme bildet eigentlich Ägypten, obwohl es auch dort Konflikte und zeitweise Trennungen zwischen Oberlauf und Delta gab. |
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14.07.2012, 14:07
Beitrag: #31
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RE: Untergang der Hethiter
(14.07.2012 07:48)Maxdorfer schrieb:Lieber Maxdorfer,(13.07.2012 20:27)Harald schrieb: Lies doch nochmal durch, was du geschrieben hast. In Satz 2 bis 4 widersprichst du völlig deiner Aussage in Satz 1. Warum du dann Dieter widersprichst ist mir unverständlich.Das habe ich gestern zwei Mal und gerade eben noch einmal. Um meine Position deutlicher zu machen: ohne Vasallen hatten sie aber sicherlich weniger Steuereinnahmen. Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
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14.07.2012, 15:54
Beitrag: #32
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RE: Untergang der Hethiter
(14.07.2012 14:07)dieter schrieb:(14.07.2012 07:48)Maxdorfer schrieb: Das habe ich gestern zwei Mal und gerade eben noch einmal. Um meine Position deutlicher zu machen:Lieber Maxdorfer, Stimmt, aber es geht hier um den Nachteil, den das Vasallensystem gegenüber einer festen Bindung als untergebene Provinz hat. Dass ein Vasallensystem immer noch besser als gar keine unterworfene Gegend ist, ist ja wohl klar. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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15.07.2012, 09:34
Beitrag: #33
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RE: Untergang der Hethiter
(14.07.2012 15:54)Maxdorfer schrieb:Lieber Maxdorfer,(14.07.2012 14:07)dieter schrieb: Lieber Maxdorfer, es hat eben alles seine Vor- und Nachteile. Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
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19.07.2012, 14:06
Beitrag: #34
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RE: Untergang der Hethiter
(13.07.2012 13:47)Maxdorfer schrieb: Was nun genau die Ursache dafür war, dass das Hetihiterreich unterging, wissen wir nicht. Während früher allein der Seevölkersturm dafür verabtwortlich gemacht wurde, werden heute auch ein Bürgerkrieg bzw. interne Unruhen als Auslöser gesehen, die das Reich aushöhlten und so zu einer leichten Beute für den Zweig der seevölker machten, die von Vorderasien aus Richtung Palästina und Ägypten zogen. Auf jeden Fall haben Archäologen festgestellt, dass die Hauptstadt Hattusa bei Ankunft der Seevölker bereits zerstört und verlassen war. Das deutet darauf hin, dass massive bürgerkriegsähnliche Unruhen das Hethiterreich erschütterten, noch bevor die Scharen der Ägäischen Wanderung Kleinasien erreichten. |
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19.07.2012, 15:10
Beitrag: #35
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RE: Untergang der Hethiter
(19.07.2012 14:06)Dietrich schrieb: Was nun genau die Ursache dafür war, dass das Hetihiterreich unterging, wissen wir nicht. Das klingt mir mal plausibel. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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19.07.2012, 16:05
Beitrag: #36
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RE: Untergang der Hethiter
(14.07.2012 09:35)Renegat schrieb: Im 2. Jtsd BC gab es in der bekannten Welt überwiegend Vasallensysteme, denn was ist dieses System anderes, als eine vorübergehende Vorherrschaft eines Kleinstaates gegenüber seinen Nachbarn. Im 2. Jahrtsd. v. Ch. gab es verhältnismäßig wenige Großreiche, von denen wir wissen. Eher zentralistische Staaten waren das von dir genannte Ägypten, ferner Assyrien oder auch Babylon. Sumer, Mykene, die Minoer oder Hethiter waren hingegen eher föderalistisch aufgebaut. Föderalistische Reiche konnten eine durchaus lange Lebensdauer haben, wie die Reiche der Parther und Sassaniden oder das Kalifenreich aus anderen Zeitepochen zeigen. |
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05.08.2012, 10:42
Beitrag: #37
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RE: Untergang der Hethiter
Eine Dokumentation über die Hethiter:
http://www.youtube.com/watch?v=n6eXzNzEvIo&feature=plcp Dort werden auch Gründe für den Untergang aufgelistet:
VG Der Maxdorfer Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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05.08.2012, 12:15
Beitrag: #38
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 10:42)Maxdorfer schrieb: Dort werden auch Gründe für den Untergang aufgelistet: Ich habe mir die Doku jetzt noch nicht angesehen (wie ernst ist sie eigentlich zu nehmen? Ist das ein Mitschnitt einer offiziellen Doku? Bei YouTube kann man ja nie wissen), aber an der Liste habe ich meine Zweifel. Die Seevölker haben sicherlich dem Hetithitischen Reich den Todesstoß versetzt, aber am Boden lagen sie schon vorher. Durch auswärtige Kriege? Ich weiß nicht... Daß ein Volk jemals so viel von seiner Nahrung und seinen Nutztieren geopfert hat, daß es dadurch in Not geriet, klingt wenig plausibel. In Zeiten, in denen es den Menschen gut ging, haben sie den Göttern ihren Teil abgegeben, aber das war nicht wirklich bedrohlich. Nur in größter Verzweiflung wurde das wertvollste, beste, kostbarste geopfert- also muss die Notsituation schon vorher da gewesen sein. Der verhererende Großbrand in Hattusa dürfte dann auch eher Folge der Notsituation als Ursache derselbigen gewesen sein, so daß die Möglichkeiten 3 und 4 als "untergangsverursachend" am ehesten in Betracht kommen, 2 und 5 als Sargnägel einer Krisensitution gelten können und 1 dann dem Todestoß gleichkommt.... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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05.08.2012, 12:49
Beitrag: #39
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb: (wie ernst ist sie eigentlich zu nehmen? Ist das ein Mitschnitt einer offiziellen Doku? Bei YouTube kann man ja nie wissen) Also ich fand sie nicht schlecht gemacht. Und während mir bei Terra X, selbst wenn ich keine Ahnung von dem Thema habe, historische Ungenauigkeiten, schlampige Arbeitsweisen und völlig unangebrachte, stümperhafte Schlussfolgerungen auffallen, ist diese Sendung ziemlich informativ und interessant. Lediglich die angegebenen Gründe für den Niedergang des Reiches sind fragwürdig, aber dafür auch lobenswerter Weise als Hypothesen gekennzeichnet. Ein Kanallogo ist nicht eingeblendet, aber sie lief wohl im Fernsehen, da zu Beginn auf eine Teletext-Seite verwiesen wird (über das Design des Verweises kann man sicherlich den Sender herausfinden, ich kann es nicht). (05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb: Ich habe mir die Doku jetzt noch nicht angesehen , aber an der Liste habe ich meine Zweifel. Ich habe sie ja gerade wiedergegeben, um sie hier zur Diskussion zu stellen. (05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb: Daß ein Volk jemals so viel von seiner Nahrung und seinen Nutztieren geopfert hat, daß es dadurch in Not geriet, klingt wenig plausibel. In Zeiten, in denen es den Menschen gut ging, haben sie den Göttern ihren Teil abgegeben, aber das war nicht wirklich bedrohlich. Nur in größter Verzweiflung wurde das wertvollste, beste, kostbarste geopfert- also muss die Notsituation schon vorher da gewesen sein. Na ja. Fakt ist, dass intensive Opferungen für jede Volkswirtschaft erhebliche Verluste bedeuten. Denn während man aus dem Verzehr der Nahrungsmittel wirtschaftlichen Nutzen in Form von Arbeitskraft ziehen kann, ist die Verbrennung von Obst und Getreide ein völliges Verlustgeschäft. Und in der Endzeit, als eine krisenähnliche Lage über die Hethiter hereinbrach, wurde sicherlich öfter das beste Tier einer Herde geopfert, bis nur noch schlechte Tiere übrig blieben. Und in der Endzeit kann das wirklich zu Mangel an Lebensmitteln geführt haben, zumal zusammen mit den Opferungen von nicht tierischer Nahrung. (05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb: Der verhererende Großbrand in Hattusa dürfte dann auch eher Folge der Notsituation als Ursache derselbigen gewesen sein, Wie ich schrieb: Vielleicht zogen ja König, Hofstaat, Verwaltung und Bevölkerung planmäßig aus der Stadt aus. Bemerkenswert ist an Hattusa, dass es weder an Flüssen noch am Meer liegt, der nächste Schiffahrtsweg ist 70 km entfernt (Quelle: eben diese Doku). Die Lage machte die Stadt uneinnehmbar, sorgte aber gleichzeitig für wirtschaftliche Schwierigkeiten. (05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb: so daß die Möglichkeiten 3 und 4 als "untergangsverursachend" am ehesten in Betracht kommen, 2 und 5 als Sargnägel einer Krisensitution gelten können und 1 dann dem Todestoß gleichkommt.... Die Gewichtung kann man unterschiedlich interpretieren, und gerade sie ist auch am wenigsten sicher festzumachen. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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05.08.2012, 13:22
Beitrag: #40
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Bemerkenswert ist an Hattusa, dass es weder an Flüssen noch am Meer liegt, der nächste Schiffahrtsweg ist 70 km entfernt (Quelle: eben diese Doku). Die Lage machte die Stadt uneinnehmbar, sorgte aber gleichzeitig für wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Doku habe ich mir noch nicht angesehen, solche besonderen Lagen machen mich aber hellhörig. Kann es sein, dass Hattusa an einem wichtigen Handelsweg lag und von diesem profitierte? Ich meine, mich daran zu erinnern, dass Hattusa von nesilischsprechenden Leuten aus Kanesch übernommen wurde. Kanesch war ein weiter südlich gelegener Handelsort. Wenn die Handelsströme sich später auf andere Wege verlagerten, etwa an die Küsten, könnte das vielleicht auch zum Niedergang Hattusa beigetragen haben, zumindest würde es den Abgang der Eliten erklären. |
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05.08.2012, 13:22
Beitrag: #41
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Also ich fand sie nicht schlecht gemacht. Und während mir bei Terra X, selbst wenn ich keine Ahnung von dem Thema habe, historische Ungenauigkeiten, schlampige Arbeitsweisen und völlig unangebrachte, stümperhafte Schlussfolgerungen auffallen, ist diese Sendung ziemlich informativ und interessant. Mußt du auch nicht. Mir reicht es, wenn du sagst, daß sie okay ist- sollte ich die nächsten vier Wochen dafür Zeit haben, werde ich sie mir ansehen. Nach Schrankausräumen, Wäschewaschen und Berichte über den Urlaub schreiben.... (05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:(05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb: Daß ein Volk jemals so viel von seiner Nahrung und seinen Nutztieren geopfert hat, daß es dadurch in Not geriet, klingt wenig plausibel. In Zeiten, in denen es den Menschen gut ging, haben sie den Göttern ihren Teil abgegeben, aber das war nicht wirklich bedrohlich. Nur in größter Verzweiflung wurde das wertvollste, beste, kostbarste geopfert- also muss die Notsituation schon vorher da gewesen sein. Pfui, bist du materialistisch. Aber jetzt mal im Ernst- so etwas kann man doch nicht nur nach rein ökonomischen Maßstäben messen. Natürlich ist es rein ökonomisch gesehen unsinnig, Lebensmittel zu verbrennen. Rein ökonomisch gesehen ist es übrigens auch unsinnig, stundenlang im Forum zu sitzen und Beiträge zu schreiben, statt Geld zu verdienen oder es auszugeben... Gott sei Dank ist der Mensch kein Homo Ökonomicus... Mögen intensive Opferungen auch materielle Verluste für eine Gesellschaft bedeuten,haben sie doch ihren (nicht messbaren) Nutzen, da sie den sozialen Zusammenhalt steigern und dergleichen mehr. Ich bezweifle, daß es in Nicht-Notzeiten so war, daß der materielle Verlust höher war als der nichtmaterielle Nutzen dieser Opferungen... (05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Und in der Endzeit, als eine krisenähnliche Lage über die Hethiter hereinbrach, wurde sicherlich öfter das beste Tier einer Herde geopfert, bis nur noch schlechte Tiere übrig blieben. Und in der Endzeit kann das wirklich zu Mangel an Lebensmitteln geführt haben, zumal zusammen mit den Opferungen von nicht tierischer Nahrung. Und woher weiß man, daß ein Tier das beste ist? Bei einem männlichen tier weiß man, daß es das beste ist, wenn es viele gesunde Nachkommen zeugt. Und bei einem weiblichen Tier, wenn es viele gesunde Nachkommen zur Welt bringt und sie auch nähren kann... Von daher muss die Notlage schon sehr verzweifelt sein, wenn man alle diese Nachkommen opfert, bevor die selbst Nachkommen haben- und wenn es so ist, dann ist die Notsituation schon da und entsteht nicht erst dadurch. Also dann eher ein Punkt, der das Ende der Hetither beschleunigt, aber nicht herbeigeführt hat... (05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Wie ich schrieb: Vielleicht zogen ja König, Hofstaat, Verwaltung und Bevölkerung planmäßig aus der Stadt aus. Oh, das erinnert mich daran, daß ich einmal dachte, daß es möglicherweise die Lage war, die Hattusa von vornehrein zum Scheitern verurteilte. Die lage war nur Ideal für Kriegs- und (kriegsbedingte)Krisenzeiten, als Festung, aber nicht wirklich Ideal für friedlichere Zeiten. Interessanter Gedanke, daß das vielleicht hauptsächlich dafür verantwortlich war, daß das Hetitherreich sich einfach nicht richtig an sich ändernde Umstände anpassen konnte... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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05.08.2012, 15:36
Beitrag: #42
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 13:22)Bunbury schrieb:(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Na ja. Fakt ist, dass intensive Opferungen für jede Volkswirtschaft erhebliche Verluste bedeuten. Denn während man aus dem Verzehr der Nahrungsmittel wirtschaftlichen Nutzen in Form von Arbeitskraft ziehen kann, ist die Verbrennung von Obst und Getreide ein völliges Verlustgeschäft. Das mag auch wieder sein. (05.08.2012 13:22)Bunbury schrieb:(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Und in der Endzeit, als eine krisenähnliche Lage über die Hethiter hereinbrach, wurde sicherlich öfter das beste Tier einer Herde geopfert, bis nur noch schlechte Tiere übrig blieben. Und in der Endzeit kann das wirklich zu Mangel an Lebensmitteln geführt haben, zumal zusammen mit den Opferungen von nicht tierischer Nahrung. Mehr hab ich ja auch gar nicht gesagt. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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05.08.2012, 15:37
Beitrag: #43
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 13:22)Renegat schrieb:(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb: Bemerkenswert ist an Hattusa, dass es weder an Flüssen noch am Meer liegt, der nächste Schiffahrtsweg ist 70 km entfernt (Quelle: eben diese Doku). Die Lage machte die Stadt uneinnehmbar, sorgte aber gleichzeitig für wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das kann sein und wäre sicherlich ein interessanter Grund. Leider geben weder die Doku noch mein sonstiges Wissen darüber etwas her. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
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05.08.2012, 15:58
Beitrag: #44
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RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 15:36)Maxdorfer schrieb: Mehr hab ich ja auch gar nicht gesagt. Hast du eigentlich nicht. Ich dachte, du hättest diese Liste zur Diskussion gestellt... Und da habe ich halt mal angefangen, mit der Liste zu spielen.... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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28.11.2013, 16:09
Beitrag: #45
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RE: Untergang der Hethiter
(03.06.2012 12:00)WDPG schrieb: Möchte hier eine Diskussion neu eröffnen die schon im G/Geschichteforum für sehr lesenswerte Beiträge sorgte, die Grundfrage lautet: Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich? Nach der Chronologie von H.J. Nissen zur Geschichte Altvorderasiens (München 1999) würde man einen Zeitraum von 1650 bis 1200 v. Chr. annehmen. Wir haben es also mit einer Entwicklung zu Tun, die sich parallel zur mykenischen Kultur (Beginn der Palastzeit um ca. 1400 v. Chr. entwickelt hat. Krise und Untergang der mykenischen Palastherrschaft fallen zusammen mit dem Zusammenbruch der hethitischen Staatlichkeit. Für den Kultureinbruch werden verschiedene Ursachen diskutiert: Erdbeben, Einbruch neuer Völker (dorische Wanderung) oder - mit hoher Wahrscheinlichkeit - der Seevölkersturm, der vermutlich aus nördlicher Richtung über den östlichen Mittelmeerraum einbrach. Dadurch zerriss das Austauschnetz, das für die Palastkultur mit ihrer weit entwickelten und daher anfälligen Organisation und Zirkulation von Herrschaft, Gütern und Wissen unverzichtbar ist (Ploetz). Aber noch einmal die Frage: Kann das Hethiterreich als "die Wurzel der alten Welt" bezeichnet werden? |
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28.11.2013, 16:42
Beitrag: #46
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RE: Untergang der Hethiter
Bezeichnen kann man viel. Die hethiter hatten das erste indogermanische Großreich, wenn man Indien beiseite läßt, ein Reich das "auf Augenhöhe" mit Ägyptern und Assyrern verhandelte. Sein Untergang ist etwas mysteriös. Fragt man nach der kulturellen Hinterlassenschaft, ist wenig zu sehen.
Den Minoern und Griechen, auf die unsere Kultur zurückgeht, haben sie nichts vererbt. |
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28.11.2013, 17:11
Beitrag: #47
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RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:42)Harald schrieb: Den Minoern und Griechen, auf die unsere Kultur zurückgeht, haben sie nichts vererbt. Kann man so nicht sagen. Die frühgriechische Kultur hat sich in Koexistenz mit der hethitischen entwickelt. Ohne Hethiter kein Troja, bspw. Die Konkurrenz durch westanatolische Staaten, die mow intensiv mit den Hethitzern verbandelt waren, förderte das Hochkommen der mykenischen Staatenwelt. Nicht zu vergessen die Handelskontakte: Schon Minoer und Mykener waren primäer Handelsvölker. Die Hethiter beherrschten die meiste Zeit ihrer Existenz den Zwischenhandel zwischen der Ägäis und Mesopotamien. Diese Kontakte rissen griechischerseits nie mehr ab; nach dem Wegfall der Hethiter und der Erholung der Griechen in den sog. "Dark Ages" stritten sich Griechen und Phönizier - letztere Kulturerben von Ugarit, einem hethitischen Vasall - um die Vorherrschaft im Mittelmeerhandel. Wäre so ohne die Hethiter auch nicht möglich gewesen. Der indirekte Einflsus der Hethiter auf die Griechen war also nicht unerheblich, ums vorsichtig auszudrücken... VG Christian |
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28.11.2013, 17:31
Beitrag: #48
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RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 17:11)913Chris schrieb:(28.11.2013 16:42)Harald schrieb: Den Minoern und Griechen, auf die unsere Kultur zurückgeht, haben sie nichts vererbt. Wie sah denn der Einfluss bei der Entwicklung der Schrift aus? Also die mykenische Kultur hat die Linear-B-Schrift hervorgebracht. In den Dark Ages (1100-800) kam es dann zu einem Verschwinden der Schriftlichkeit und erst ab 800 zur Entwicklung des griechischen Schrift nach westsemitisch-phönikischem Modell durch den Austausch griechischer Händler mit Phönikern, zB in Zypern. Lässt sich ein derartiger Einfluss auch für die mykenische Schrift feststellen? |
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29.11.2013, 11:16
Beitrag: #49
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RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:09)Marco schrieb: Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich? (28.11.2013 16:42)Harald schrieb: Bezeichnen kann man viel. Die hethiter hatten das erste indogermanische Großreich,..... Haralds Formulierung ist ziemlich schräg, deshalb gibt sie ganz gut die diffuse Gefühlswelt wieder, die heute lebende Menschen dazu veranlaßt, sich besonders für die Hethiter zu interessieren. Außerdem lag der hethitische Machtbereich in Anatolien, eine Gegend, über die fast immer der Einfluss aus Nahost nach Europa kam. Griechenland hing da nur dran. Die hethitische Keilschrift war eine Adaption der akkadischen aus Mesopotamien. Merkwürdigerweise wurde diese Keilschrift nach dem Zusammenbruch nicht mehr verwendet, jedenfalls hat man bisher mW. keine jüngeren Tontafeln mit heth. Keilschrift gefunden. Die luwische Hieroglyphenschrift hat sich dagegen länger gehalten, wie überhaupt luwisch, eine weitere indoeuropäische Sprache länger verbreitet gewesen zu sein scheint. |
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29.11.2013, 11:59
Beitrag: #50
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RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:09)Marco schrieb: Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich? Das Hetitherreich geriet für 3000 Jahre in Vergessenheit, obwohl es einst ein großes Reich war und die Kultur der Ägäis und Anatoliens stark beeinflusst hat- ich denke, das führt schon dazu, daß man sich mit der Frage nach den Hethitern beschäftigt. Heute fragt man sich ja auch immer wieder danach, was Forscher in etlichen tausenden Jahren mal von unserer Gesellschaft noch finden werden- und die Tatsache, daß das Hethiterreich so lange aus dem Bewußtsein der Menschen verschwunden war, sorgt schon für eine gewisse Beunruhigung. (Die man auch gerade an der Annahme bemerkt, daß die Hethiter ja eh keinen Einfluss hatten...) (28.11.2013 16:09)Marco schrieb: Für den Kultureinbruch werden verschiedene Ursachen diskutiert: Erdbeben, Einbruch neuer Völker (dorische Wanderung) oder - mit hoher Wahrscheinlichkeit - der Seevölkersturm, der vermutlich aus nördlicher Richtung über den östlichen Mittelmeerraum einbrach. Dadurch zerriss das Austauschnetz, das für die Palastkultur mit ihrer weit entwickelten und daher anfälligen Organisation und Zirkulation von Herrschaft, Gütern und Wissen unverzichtbar ist (Ploetz). Das sollten wir lieber an anderer Stelle diskutieren. bzw haben wir auch schon getan. (28.11.2013 16:09)Marco schrieb: Aber noch einmal die Frage: Kann das Hethiterreich als "die Wurzel der alten Welt" bezeichnet werden? Nein, definitv nicht. Es gibt nicht nur eine Wurzel, sondern mehrere. Die Bronzezeit wäre ohne das Hethiterreich ganz anders verlaufen, der anatolische Kulturkreis hätte sich ganz anders entwickelt. Aber es ist nicht davon auszugehen, daß er sich nicht entwickelt hätte, wenn es das Hethiterreich nicht gegeben hätte. Wie hätte sich das mykenische Griechenland entwickelt, wenn es die Hethiter nicht gegeben hätte, sondern nur kleine Stadtstaaten? Wären die Mykener vielleicht auf einer anderen Stufe stehen gebleiben? Oder hätte es ein anderes anatolisches Großreich gegeben, an dem die Mykener hätten wachsen können? Schwer zu sagen... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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