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die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
31.08.2016, 18:39
Beitrag: #47
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(10.08.2016 19:53)Suebe schrieb:  Meine Geburtsstadt war ein kleines Pressezentrum.
Vor Ort erschienen 2 Tageszeitungen, ein konservatives Blatt und eine traditionell streng liberale Zeitung.

Außerdem seit 1931 eine Zeitung der Kommunistischen Partei des Bezirks, sie erschien 2mal wöchentlich, war Hektographiert. kostete 10 Pfennige pro Ausgabe. Die "Rote Bombe".
Noch 1980 ging der damalige Stadtarchivar davon aus, dass kein Exemplar der "Roten Bombe" die Zeitläufe überdauert hätte. Die Einschätzungen des Blattes ab 33 sind klar, "übles Hetzblatt" die Aussagen von Zeitzeugen in den 1960/70 Jahren bei anderer Wortwahl auch nicht viel besser.
Inzwischen sind aber etliche Ausgaben, auch kpl. Jahrgänge aufgetaucht.
Hintergrund dieses "späten Auftauchens" ist mMn das 1956er Verbot der KPD, das ja weitgehend auf Ermittlungen der 30er Jahre fusste.

Gut, heute kann man sich jedenfalls ein Bild über dieses damalige Presseerzeugnis machen. Das "Ding" hatte, aus jetziger Sicht richtig Schmackes,
es gab eine Rubrik, "aus den Betrieben" in der internas die der "Redaktion" zugetragen wurden richtig fetzig beschrieben wurden. Die Firmenchefs haben sich darüber natürlich mächtig aufgeregt, die Betroffenen jedenfalls, die Nichtbetroffenen sollen sich laut Zeitzeugenberichten eines gegrinst haben. Die "Informanten" wurden ausgibig gesucht, aber mW keiner gefunden. Die Sachen haben wohl auch alle gestimmt.
Jedenfalls war es zweifellos eine Bereicherung für die Zeitungslandschaft.
In einer der letzten Nummern hat noch ein Leserbriefschreiber zum Generalstreik gegen die "Hitlerbrut" aufgerufen, er ist natürlich umgehend im KZ gelandet.
Aber mit dem Reichstagsbrand war es aus mit der "Roten Bombe" es wird niemanden wundern.

Das liberale Blatt, der "Neue Albbote" seit 1834 wurde im Frühjahr 1933 mehrfach für ein paar Tage verboten, wegen "Verächtlichmachung der Reichsregierung" Beleidigung von Ministern und Reichskanzler usw. usf.
Im November 1933 wurde der Wortlaut des Wahlzettels zur Volksabstimmung über den Austritt aus dem Völkerbund "entstellt" wiedergegeben. Absichtlich oder Schluderei, mit letzter Sicherheit weiß man es natürlich nicht, aber der Text bekam so eine recht lustige Note.
Der Schriftleiter un der Setzer landeten jedenfalls im KZ, und die Zeitung wurde endgültig verboten.
Sie durfte noch einmal erscheinen, 1934 aus Anlass des 100jährigen Jubiläums.

Teil II morgen.

(11.08.2016 19:04)Suebe schrieb:  Selbstzitat:
Zitat:Das liberale Blatt, der "Neue Albbote" seit 1834 wurde im Frühjahr 1933 mehrfach für ein paar Tage verboten, wegen "Verächtlichmachung der Reichsregierung" Beleidigung von Ministern und Reichskanzler usw. usf.
Im November 1933 wurde der Wortlaut des Wahlzettels zur Volksabstimmung über den Austritt aus dem Völkerbund "entstellt" wiedergegeben. Absichtlich oder Schluderei, mit letzter Sicherheit weiß man es natürlich nicht, aber der Text bekam so eine recht lustige Note.
Der Schriftleiter und der Setzer landeten jedenfalls im KZ, und die Zeitung wurde endgültig verboten.

Da muss ich mich korrigieren, bin ich einer Quelle aufgesessen.
Da wurde die Zeitung für 2 Wochen verboten.
Aber ein paar Tage nach dem Ende des Verbots wurde sie, da ein Artikel den "Kreisleiter bloßstellte", bis auf weiteres verboten.
Zeitungsverbote wurden idR in Berlin ausgesprochen, vorbei an der württ. Verwaltung, die zdZ dafür noch zuständig gewesen wäre.
Wobei der Anstoss für die Verbote natürkich von den Nazis vor Ort kamen.
Der Neue Albbote gehörte einer Genossenschaft, nachdem sich keine Hoffnungen mehr ergaben, die ein "Wiederaufleben" der Zeitung in Aussicht stellte, wurde im Frühjahr 1934 der Geschäftszweck im Register geändert "Druckerei und Verlag"

Der Albbote, konservative Zeitung, genau genommen längst braun angehaucht, hatte seit 1931 im Blatt eine "Ecke der Nationalsozialisten" eingerichtet. Genutzt hat es aber auch nichts, denn im April 1934 wurde diese Zeitung mit der NS-Zeitung "Der Wille" vereinigt. Auf grund der "Verdienste um die Bewegung" wurde der Wille von dem Tag an den Untertitel "Albbote".

(12.08.2016 15:45)Suebe schrieb:  Zurück zu den Provinz-Adolfen und hier zur Regional-Presse.

Die Presse war 1933 das Informations-Medium überhaupt. Rundfunkhörer waren nur ein paar Prozent, aber um die hat man sich, siehe Volkdempfänger sehr bemührt.
Aber natürlich noch wichtiger war es den NS die Zeitungen in die Hände zu bekommen.

Hier ging man mit drei Strategien vor.
1. Siehe "Rote Bombe" nach dem Reichstagsbrand umstandslos verboten.
2. Siehe Neuer Albbote. Immer neue befristete Verbote, dann ein Verbot "bis auf weiteres", es erscheint ein SS-Rollkommando demontiert die Zeitungsdruckmaschine, die dann auf Befehl des Kreisleiters verschrottet wird.
3. Siehe Albbote: Behörden, Beamte werden gedrängt, statt den bisherigen Zeitungen die NS-Presse zu abbonieren. Rentnern wird mit dem Rentenentzug gedroht, sollten sie nicht zukünftig NS-Zeitungen lesen.
Annoncen von Behörden nur noch in NS-Blättern geschalten, auch Firmen mit öffentlichen Aufträgen werden nachhaltig unter Druck gesetzt nur noch "braun" zu inserieren. Bis die Zeitungs-Eigentümer vor der immer schmaleren wirtschaftlichen Basis entnervt aufgeben.


Um den Faden nicht zu verlieren.

Wie weiter oben geschrieben. Den NS war die Presse als Propagandamittel sehr wichtig.
Man bemühte sich sehr, die direkte Kontrolle zu bekommen.Den bürgerlichen Zeitungen wurden die gesamten amtlichen Mitteilungen entzogen, Abbonenten wurden gedrängt die NS-Presse zu abbonieren ansonsten keine Winterhilfswerkunterstützung usw. usf.
Dann trat man an die noch selbständigen, freien Zeitungen heran, und forderte die Verleger auf 51% der Geschäftsanteile auf die NS-Presse GmbH zu übertragen. Wohlgemerkt, zu übertragen ohne jeden finanziellen oder anderen Ausgleich. Blanke Enteignung unter massiven Drohungen.
Und die meisten Verleger "nahmen das Angebot an".

Mir ist iM als größere Regional-Zeitung lediglich der Schwarzwälder Bote bekannt, der den Forderungen widerstand. Der Schwarzwälder Bote erschien als selbständige Zeitung bis in den März 1945 hinein. Und als "Schwarzwälder Post" von der Franzosen zugelassen, ab November 1945 wieder. Während der NS-Zeit wurden die amtlichen Mitteilungen und Nachrichten vom Schwabo ohne Bezahlung veröffentlich, was einen Verlust von ca. RM 200.000 ausgemacht haben soll.

Wie das der Schwabo geschafft hat, weiß ich nicht. Es ist allerdings so, dass bei Ausnutzung der verschiedenen Todfeindschaften unter den Regional-Hitlern manches gegangen ist, was so nicht zu erwarten wäre.
Auch scheint mir unter den Demokraten und anderen dem Regime eher kritisch gegenüberstehenden eine Taktik des "Überwinterns" gepflegt worden zu sein. Unter dem Motto: "Ewig kann es mit diesem Hitler ja nicht gehen, und es wird auch mal ein 4. Reich geben.".
Auch scheint mir der eine oder andere Lokal-Fürst der NS ein wenig so gedacht zu haben, und sich den einen oder anderen "Fürsprecher" für den Fall der Fälle gesichert zu haben.
Zu Daimler-Benz zB ist bekannt, dass ab Jahresende 1944 Vorbereitungen für eine künftige Friedensproduktion, verdeckt getroffen wurden.
Und ich würde stark vermuten, dass dies auch bei verschiedenen anderen Unternehmungen so war. Ohne, dass es bis heute groß publiziert worden wäre.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz - Suebe - 31.08.2016 18:39

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