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Normale Version: Phryger = Seevölker in Anatolien?
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(01.05.2013 20:46)Bunbury schrieb: [ -> ]Aber warum hälst du es für ausgeschlossen, daß andere, die dem ganzen nicht die religiöse Bedeutung beigemessen haben, das "Ritual" eben aus medizinischen Gründen durchgeführt haben? Wenn es medizinische Gründe hatte, war es nicht Bestandteil der Kultur und somit nicht identitätsstiftend- und somit nicht erwähnenswert...
War im übrigen für dein Argument gedacht, daß niemand gesagt hätte, die Mykener wären nicht beschnitten gewesen...Wink

E shat aber auch niemand gesagt, dass sie es gewesen wären. Und ich denke, wenn die Mykener beschnitten gewesen wären, die Trojaner jedoch nicht, dann hätte Homer das irgendwie einfließen lassen.

Wenn die Ekwesch aber beschnitten waren, die homerischen Achäer jedoch nicht, dann schließe ich mehreres daraus:
Irgendwas stimmt mit der Kette Ekwesch-Ahhijawa-Achäer nicht.
Oder die Ekwesch waren eben keine Ahhijawa/Achäer.
Oder die Ekwesch waren zwar Ahhijawa, aber diese keine Achäer.
Oder die Ekwesch stellten eben nicht alle Ahhijawa/Achäer dar (sofern letztere doch identisch waren), sondern nur einen Teil dieses Volkes, den Teil eben, der mit den Ägyptern in engerem Kontakt stand.

Ich denke für mich persönlich, dass es am wahrscheinlichsten so war, dass die Ahhijawa tatsächlich Vorfahren der Achäer waren, dass aber die homerzeitlichen Achäer, die ja v.a. in der Nordwestpeloponnes lebten, nur einen Teil der Ahhijawa als Vorfahren hatten, die die nördliche Peloponnes (wo eben auch Mykene, Tyrins etc. lagen) unter Kontrolle bekommen hatten, vorzugsweise nach oder während des Niedergangs der Palastkultur. Das könnte dann der Grund gewesen sein, dass wir aus den Palasttäfelchen keine Infos über einen Oberkönig haben. Aus diesen "Auslands-Ahhijawa" hätten sich dann die homerzeitlichen Achäer entwickelt.
Die beschnittenen Ekwesch könnten Ahhijawa gewesen sein, die es - analog zu den Schardana etwa - etliche Zeit vor dem Niedergang der mykenischen Kultur schon Richtung Ägypten oder/und Libyen verschlagen hatte und die dort einen "Seitenzweig" der Ahhijawa "eröffneten". Dieser eine Seitenzweig könnte dann die Beschneidung von den Ägyptern übernommen haben.

Alles pure Spekulation, ich weiß, aber so könnte ich mir wenigstens die ganzen Widersprüche zusammenreimen.

Achja, die Frage nach dem Grund für die Beschneidung:
Wenn die Ägypter die Leitkultur des südlichen Alten Orients gewesen sind - und das waren sie - dann war der Anreiz, sich ihnen anzugleichen, indem man eben z.B. die Beschneidung übernahm, wesentlich größer als der medizinische Nutzen, wie groß oder klein er auch gewesen sein mag. Bei solchen Dingen spielt immer die Vorbildfunktion der "größeren" Kultur sowie der Wille des "Dazugehörens" eine größere Rolle als irgendwelche tatsächlichen oder eingebildeten praktischen Nutzen.

VG
Christian
(02.05.2013 13:28)WDPG schrieb: [ -> ]Ich vermute mal man konnte das ähnlich sehen wie bei den Germanen und anderen Völkern in der Völkerwanderungszeit. Ägypten muss (ähnlich wie Rom den Germanen) als extrem Reiches und fruchtbares Gebiet erschienen sein, dessen Reichtum hat sich sicherlich relativ weit hin herumgesprochen (im östlichen Mittelmeer sowieso). Das man da einen Anteil am Reichtum haben wollte ist relativ logisch - und die Militärmacht hatte man ja um etwas zu unternehmen - also griff man es an, ob nun mit Eroberungs- oder Plünderungsabsichten spielt denke ich gar keine so große Rolle, weiß nicht ob man das vorher so groß geplant hat. Weiß auch nicht ob man Ägypten als das Endziel gesehen hat, ich denke eher nicht. Man sah es eben als Reich in dem es sich lohnte einzufallen.

Ich denke schon, daß man ein land unterschiedlich angreift, wenn man es nur plündern oder aber ob man es besetzen will. Wer plündert, will möglichst viel mitnehmen und kümmert sich nicht um das, was er vielleicht zerstört.
Wer dagegen ein Land erobern und längerfristig halten will, der wird sich schon Mühe geben, nicht allzuviel verbrannte Erde zu erzeugen.

Ich denke nicht, daß die Seevölker Ägypten länger halten wollten....
(02.05.2013 15:56)913Chris schrieb: [ -> ]E shat aber auch niemand gesagt, dass sie es gewesen wären. Und ich denke, wenn die Mykener beschnitten gewesen wären, die Trojaner jedoch nicht, dann hätte Homer das irgendwie einfließen lassen.

Immer ein schwieriges Argument, wie ich finde. Erstens könnte Homer dem keine Aufmerksamkeit geschenkt haben, und zweitens könnte dieses Detail im laufe der Jahrhunderte verloren gegangen sein...

(02.05.2013 15:56)913Chris schrieb: [ -> ]Wenn die Ekwesch aber beschnitten waren, die homerischen Achäer jedoch nicht, dann schließe ich mehreres daraus:
Irgendwas stimmt mit der Kette Ekwesch-Ahhijawa-Achäer nicht.
Oder die Ekwesch waren eben keine Ahhijawa/Achäer.
Oder die Ekwesch waren zwar Ahhijawa, aber diese keine Achäer.
Oder die Ekwesch stellten eben nicht alle Ahhijawa/Achäer dar (sofern letztere doch identisch waren), sondern nur einen Teil dieses Volkes, den Teil eben, der mit den Ägyptern in engerem Kontakt stand.

Ich denke für mich persönlich, dass es am wahrscheinlichsten so war, dass die Ahhijawa tatsächlich Vorfahren der Achäer waren, dass aber die homerzeitlichen Achäer, die ja v.a. in der Nordwestpeloponnes lebten, nur einen Teil der Ahhijawa als Vorfahren hatten, die die nördliche Peloponnes (wo eben auch Mykene, Tyrins etc. lagen) unter Kontrolle bekommen hatten, vorzugsweise nach oder während des Niedergangs der Palastkultur. Das könnte dann der Grund gewesen sein, dass wir aus den Palasttäfelchen keine Infos über einen Oberkönig haben. Aus diesen "Auslands-Ahhijawa" hätten sich dann die homerzeitlichen Achäer entwickelt.
Die beschnittenen Ekwesch könnten Ahhijawa gewesen sein, die es - analog zu den Schardana etwa - etliche Zeit vor dem Niedergang der mykenischen Kultur schon Richtung Ägypten oder/und Libyen verschlagen hatte und die dort einen "Seitenzweig" der Ahhijawa "eröffneten". Dieser eine Seitenzweig könnte dann die Beschneidung von den Ägyptern übernommen haben.

Alles pure Spekulation, ich weiß, aber so könnte ich mir wenigstens die ganzen Widersprüche zusammenreimen..

Es ist aber eine schöne Argumentationskette, bei der alles ziemlich gut zusammenpaßt, von daher können wir sie ruhig mal so stehen lassen- auch wenn ich finde, daß du einige Haken schlägst, um den Griechen ihre Vorrangstellung zu lassen.Wink

(02.05.2013 15:56)913Chris schrieb: [ -> ]Achja, die Frage nach dem Grund für die Beschneidung:
Wenn die Ägypter die Leitkultur des südlichen Alten Orients gewesen sind - und das waren sie - dann war der Anreiz, sich ihnen anzugleichen, indem man eben z.B. die Beschneidung übernahm, wesentlich größer als der medizinische Nutzen, wie groß oder klein er auch gewesen sein mag. Bei solchen Dingen spielt immer die Vorbildfunktion der "größeren" Kultur sowie der Wille des "Dazugehörens" eine größere Rolle als irgendwelche tatsächlichen oder eingebildeten praktischen Nutzen.

Was solche Überlegungen angeht, werde ich dir nicht widersprechen. Daß man Leitkulturen kopiert, ist ja schon fast zwangsläufig.
Wenn die Seevölker die Ägypter als Leitkultur gesehen haben, dann hast du sicher recht.
Ich halte es nur nicht für erwiesen, daß sie es taten. Vielleicht haben die Seevölker ja aus irgendwelchen Gründen auf die Ägypter herabgesehen und sie als verweichlichte und dekadente Kultur betrachtet, wofür sich sicherlich auch einige Gründe finden ließen. Dann würde vielleicht doch ein anderer Grund auch eine Rolle spielen.
Beweisen kann man natürlich gar nichts. Ich finde es halt nur gut, die ganzen Möglichkeiten einfach mal durchzuspielen, weil man dann flexibler bleibt, wenn Fakten auftauchen, die nicht in das starre Gerüst der strikten Lehrmeinung passen... Nur weil heute von allen Kulturen der damaligen zeit die ägyptische als die strahlenste erscheint, müssen das die zeitgenossen nicht genauso gesehen haben...
Schardana waren unter Ramses II. eine Elitetruppe der Ägypter, Ekwesch gehörten unter Ramses III. zur Palastgarde. Meschwesch und Luba hatten Ägypten schon oft überfallen.
Für die Seevölker, die aus dem Ägäisraum stammten, war Ägypten selbst mit Hattuscha verglichen, und noch mehr mit Mykene oder Troja verglichen ein Wunderland.

Ich denke schon, dass die Ägypter eine Leitkultur darstellten, allenfalls noch in Konkurrenz mit dem mesopotamischen Gebiet. Das minoische Kreta oder die nordsyrischen Städte waren ja schon alle wieder verschwunden, zumindest als der ägyptischen und mesopotamischen ebenbürtigen Hochkulturen.

VG
Christian
Das ist alles sicher richtig, aber um es mal ganz salopp zu sagen- man überfällt doch nicht jemanden, den man verehrt und den man als Leitbild ansieht.
Irgendwann muss bei den Seevölkern ein "Gesinnungswandel" stattgefunden haben. Aus irgendwelchen Gründen müssen sie zu dem Schluss gekommen sein, daß sie das Recht oder die Möglickeit haben, den Ägyptern eines auf die Mütze zu hauen. In dem Augenblick aber waren die Ägypter keine Leitkultur mehr. Und da zwischen den beiden erwähnten Seevölkerangriffen doch einige Jährchen lagen, hätte genügend Zeit bestanden, eine Sitte, die nur aus der Verehrung des ägyptischen übernommen wurde, auch wieder abzulegen...

WDPG

(02.05.2013 17:08)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich denke schon, daß man ein land unterschiedlich angreift, wenn man es nur plündern oder aber ob man es besetzen will. Wer plündert, will möglichst viel mitnehmen und kümmert sich nicht um das, was er vielleicht zerstört.
Wer dagegen ein Land erobern und längerfristig halten will, der wird sich schon Mühe geben, nicht allzuviel verbrannte Erde zu erzeugen.

Ich denke nicht, daß die Seevölker Ägypten länger halten wollten....

Da wäre ich mir nicht ganz so sicher. Oft wurden erfolgreiche Plünderungszüge zu Eroberungszügen, z.B. der, der Araber in Spanien. Oft waren Eroberungen sehr zerstörerisch, obwohl das Gebiet dann langfristig gehalten wurde, ein Beispiel das mir hier einfällt ist das der Mongolen in China.
Ja, wenn sich die Gelegenheit bietet, warum nicht? Daß aus einer Plünderung eine Eroberung wird, wenn man dann vielleicht auf erstaunlich wenig Widerstand trifft, glaube ich wohl.

Aber hier ging es darum, ob eine Eroberung oder eine Plünderung Ägyptens vorgesehen war. Eine Eroberung halte ich für unwahrscheinlich. Chris weist ja gerne darauf hin, daß die Seevölker mit der ägyptischen Kultur sehr vertraut waren- also mußte ihnen auch bekannt sein, daß fruchtbares Land in Ägypten nun mal nur entlang des Nils zu finden ist- und daß da auch schon Ägypter lebten, die sich auch nicht so einfach vertreiben lassen würden. Einen Eroberungsfeldzug hätte man entlang des Nils durchführen müssen- ich denke, es hat schon seinen (geologischen und geographischen) Grund, warum Ägypten nie wirklich erobert wurde und die ägyptische Kultur letztendlich einer der, wenn nicht die konstanteste der Weltgeschichte ist. Es gab Fremdherrschaften, aber die waren nie von langer Dauer und ließen die bäuerliche Schicht eigentlich unberührt.

Aber Ägypten eignet sich aufgrund seiner Reichtümer dennoch hervorragend zum Überfallen und Plündern...
(02.05.2013 20:47)913Chris schrieb: [ -> ]Schardana waren unter Ramses II. eine Elitetruppe der Ägypter, Ekwesch gehörten unter Ramses III. zur Palastgarde. Meschwesch und Luba hatten Ägypten schon oft überfallen.
Für die Seevölker, die aus dem Ägäisraum stammten, war Ägypten selbst mit Hattuscha verglichen, und noch mehr mit Mykene oder Troja verglichen ein Wunderland.

Das heißt aber nicht zwangsläufig, daß die Seevölker die Ägypter bewunderten. Man findet es häufig, daß Menschen die verachten, für die sie arbeiten. Nur weil Seevölker als Söldner in Ägypten dienten und vielleicht aus Opportunismus die eine oder andere Sitte übernahmen, heißt das noch lange nicht, daß sie die Kultur bewunderten. Warum sollen sie nicht gedacht haben "Ihr verdammten Weicheier- laßt euch bejubeln und beweihräuchern, aber in eurem Volk gibt es nicht genug Kerle mit Eiern in der Hose, so daß ihr euch richtige Männer zum Schutz aus dem Ausland holen müßt?" Gut, die Ausdrucksweise ist sehr den modernen Verhältnissen angepaßt, aber ...
Vielleicht war Ägypten ja für sie kein Wunderland, sondern eher "Neidfaktor" nach dem Motto "Wie kommen diese verweichlichsten Volldeppen bloß an so viel Gold?"
Nun nehmen wir mal in gegenseitigem Einverständnis an, Schardana und Ekwesch hätten sich aus Opportunismus beschneiden lassen - zwischen dem Angriff zu Zeiten Merneptahs und dem zu Zeiten Ramses III. lagen etwa 30 Jahre.
Wer zu Merneptahs Zeiten schon beschnitten war, war bei Ramses III. aus Altersgründen wohl nicht mehr dabei. Aber dessen Kinder.
Und wenn die Kinder schon beschnitten waren, dann war´s das: Einmal beschnitten, immer beschnitten.
Zwei Dinge kommen hinzu:
Eine Abwendung von den Ägyptern kann nicht das ganze Volk umfasst haben, sonst hätte Ramses III. keine Ekwesch in seiner Garde gehabt.
Und: Wenn sich die Beschneidung bei den Schardana und Ekwesch schon so richtig eingebürgert hatte, bestand nicht zwangsläufig ein zwingender Grund, das Ritual wieder abzulehnen.

Drittens: Die Nachricht von den beschnittenen Ekwesch und Schardana stammt von den Ägyptern. Die waren erstens sehr konservativ, was sie einmal über ein Nachbarvolk "wussten", das "wussten" sie auch dann noch, wenn sich der Aspekt beim Nachbarvolk schon längst geändert hatte. Oder die Ägypterm hatten noch gar nicht mitbekommen, dass die Schwardana und Ekwesch die Sitte der Beschneidung abgelegt hatten. Vielleicht sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand eine so kulturell hochstehende Errungenschaft einfach wieder ablehnen könnte?

VG
Christian
(03.05.2013 08:17)WDPG schrieb: [ -> ]
(02.05.2013 17:08)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich denke schon, daß man ein land unterschiedlich angreift, wenn man es nur plündern oder aber ob man es besetzen will. Wer plündert, will möglichst viel mitnehmen und kümmert sich nicht um das, was er vielleicht zerstört.
Wer dagegen ein Land erobern und längerfristig halten will, der wird sich schon Mühe geben, nicht allzuviel verbrannte Erde zu erzeugen.

Ich denke nicht, daß die Seevölker Ägypten länger halten wollten....

Da wäre ich mir nicht ganz so sicher. Oft wurden erfolgreiche Plünderungszüge zu Eroberungszügen, z.B. der, der Araber in Spanien. Oft waren Eroberungen sehr zerstörerisch, obwohl das Gebiet dann langfristig gehalten wurde, ein Beispiel das mir hier einfällt ist das der Mongolen in China.

Bei den Seevölkern kam noch dazu, dass nur ein Teil der Seevölker tatsächlich ältere Verbindungen zu Ägypten hatten. Diese Völker machten zwar zahlenmäßig die meisten aus (Schardana und Ekwesch), aber es gab zahlreiche Gruppen, die Ägypten wohl in erster Linie (zumindest erst einmal) nur überfallen wollten. Anshcließend konnte man immer noch sehen. Teile der Seevölker kamen vermutlich aus Kreta pder Südanatolien, die hatten´s nicht allzu weit nach Hause. Andere siedelten sich nachweislich auf ägyptischem Gebiet an - siehe Peleset und Tjekker. Die libyschen Stämme würde ich unter anderem Blickwinkel sehen wollen, die hatten eine alte Tradition des Überfalls wie auch der Ansiedlung im Nildelta.

VG
Christian
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Nun nehmen wir mal in gegenseitigem Einverständnis an, Schardana und Ekwesch hätten sich aus Opportunismus beschneiden lassen - zwischen dem Angriff zu Zeiten Merneptahs und dem zu Zeiten Ramses III. lagen etwa 30 Jahre.

Es gibt auch Schätzungen, die von 45 Jahren ausgehen- das macht bei der damaligen Lebenswerwartung schon fast zwei Generationen aus...

(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Wer zu Merneptahs Zeiten schon beschnitten war, war bei Ramses III. aus Altersgründen wohl nicht mehr dabei. Aber dessen Kinder.
Und wenn die Kinder schon beschnitten waren, dann war´s das: Einmal beschnitten, immer beschnitten.

Nun, gelegentlich soll es schon mal vorkommen, daß sich Sitten ändern...Wink

Aber darum ging es mir ja auch gar nicht- mir ging es hier darum, daß die Ekwech vielleicht als sie in ägyptischen Diensten standen, diese Sitte aus opportunismus übernahmen, sie aber später vielleicht aus anderen Gründen, die wir so vielleicht auch gar nicht nachvollziehen können- beibehalten haben.

Du gehst mir einfach viel zu sehr von unserer heutigen Betrachtungsweise auf die ägyptische Kultur aus.

(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Zwei Dinge kommen hinzu:
Eine Abwendung von den Ägyptern kann nicht das ganze Volk umfasst haben, sonst hätte Ramses III. keine Ekwesch in seiner Garde gehabt.

Ich rede nicht von einer Abwendung. Ich rede davon, daß die Ekwesch sich zwar vielleicht von Ramses III bezahlen ließen, aber ihn vielleicht insgeheim verachteten. Ein Verhalten, das nun auch nicht wirklich ungewöhnlich ist.

(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Und: Wenn sich die Beschneidung bei den Schardana und Ekwesch schon so richtig eingebürgert hatte, bestand nicht zwangsläufig ein zwingender Grund, das Ritual wieder abzulehnen.

Es gibt erst einmal keinen Grund anzunehmen, daß sich das schon richtig eingebürgert hatte. es ist weder überleifert, wann sich der erste Ekwesh beschneiden ließ noch, wann der letzte damit aufhörte. Von daher würde ich dem ganzen ohnehin nicht die Bedeutung verleihen.


(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Drittens: Die Nachricht von den beschnittenen Ekwesch und Schardana stammt von den Ägyptern. Die waren erstens sehr konservativ, was sie einmal über ein Nachbarvolk "wussten", das "wussten" sie auch dann noch, wenn sich der Aspekt beim Nachbarvolk schon längst geändert hatte. Oder die Ägypterm hatten noch gar nicht mitbekommen, dass die Schwardana und Ekwesch die Sitte der Beschneidung abgelegt hatten. Vielleicht sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand eine so kulturell hochstehende Errungenschaft einfach wieder ablehnen könnte?

na endlich, darauf habe ich gewartet.Wink Jetzt weiß ich, daß ich mir keine Sorgen mehr machen muss- du verherrlichst die Ägytper dann doch nicht.
ja, warum sollte es nicht so gewesen sein....
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Oder die Ägypterm hatten noch gar nicht mitbekommen, dass die Schwardana und Ekwesch die Sitte der Beschneidung abgelegt hatten. Vielleicht sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand eine so kulturell hochstehende Errungenschaft einfach wieder ablehnen könnte?

Das hätten sie sehr wohl mitgekommen, weil es im Alten Orient üblich war, das entsprechende Teil des getöteten Gegners als "bodycounting" zu sammeln. Ohren eignen sich da nicht so gut, weil doppelt und auch bei Frauen vorhanden.
Die Frage ist nur, ob sie es auch vermerkt hätten. Wenn ich mir ansehe, wie bereitwillig Menschen heute noch Tatsachen völlig und 100 % ignorieren können, wenn sie nicht in ihr Weltbild passen, dann habe ich nicht gerade das Gefühl, daß der Homo Sapiens diese Eigenschaft erst in den letzten Jahren erworben hat...Wink
(03.05.2013 21:47)Bunbury schrieb: [ -> ]Die Frage ist nur, ob sie es auch vermerkt hätten. Wenn ich mir ansehe, wie bereitwillig Menschen heute noch Tatsachen völlig und 100 % ignorieren können, wenn sie nicht in ihr Weltbild passen,

und bei sowas waren die Ägypter ganz groß, gerade bei Angeber-Inschriften wie es die von Karnak und Medinet Habu nun mal sind.

Ich halte es für gut möglich, dass Schardana und Ekwesch mittlerweile traditionell als Beschnittene bezeichnet wurden, auch wenn sie es gar nicht waren.

Von der heimlichen Verachtung der Ekwesch/Schardana für die Ägypter halte ich insofern nicht viel, weil sie ja immerhin zur Garde der Pharaonen gehörten - das ist innerhalb des Militärs so eine Art Vetrauensstellung, da passten die Pharaonen wie jeder andere Herrscher bestimmt auf, ob die Leute auch vertrauenswürdig waren.
Wie die Ekwesch/Schardana zum gemeinen Volk der Ägypter standen, steht wieder auf einem ganz anderen Blatt. Denn wenn schon das ägyptische Militär von den Bauern so gut wie gar nichts hielt (dafür haben wir schriftliche Beweise), warum sollten sich da die Söldner anders verhalten?

VG
Christian
Weitere Seevölker:

Karkischa

Die Karkischa werden in allen Quellen immer nur quasi „nebenher“ erwähnt, sie scheinen keine große Seevölker-Gruppe gewesen zu sein. Zuerst tauchen sie in ägyptischen Quellen der Zeit Ramses II. auf und in hethitischen Quellen, die unter Muwatalli II. verfasst wurden, also jeweils um 1274 v.Chr., dem Datum der Schlacht von Kadesch zwischen beiden Monarchen.
In beiden Quellen erscheinen die Karkischa als Verbündete der Hethiter. In der Namensliste des Amenope tauchen die Karkischa in geographischer Verbindung mit den Lukka auf, der hethitischen Bevölkerung Lykiens. Eine Verbindung zur Stadt Karkemisch läge zwar nahe, ist aber nirgendwo belegt. Immerhin müssen die Karkischa in Südwestanatolien lokalisiert werden, manche Autoren bringen sie auch in Verbindung mit der Landschaft Karien, die westlich von Lykien an der Ägäisküste liegt.

VG
Christian
Lukka

Die Lukka werden zwar in antiken Listen öfter aufgeführt, aber nähere Informationen erhalten wir auch über dieses Volk nicht, außer, dass es in Verbindung mit einigen anderen Seevölkern gestanden haben muss,
Das „Lukka-Land“, worunter das spätere Lykien verstanden werden muss, befand sich nie unter direkter hethitischer Herrschaft, Lukka waren dennoch auch auf hethitischer Seite an der Schlacht von Kadesch beteiligt, immerhin war das hethitische Klientel-Königreich Arzawa in Westanatolien ein Lukka-Königreich. Wir haben allerdings keinerlei Nachricht von Verträgen zwischen Lukka und Hethitern, sehr wohl aber Nachrichten davon, dass die Lukka von den Hethitern als rebellisch gesehen wurden. Mitte des 15.Jhs.v.Chr. waren die Lukka Teil einer antihethitischen Allianz aus 22 Völkern, die als „Bund von Assuwa“ bekannt war. Das Bündnis wurde von den Hethitern unter Tudhalija I. besiegt. Von Angriffen der Lukka auf das hethitische Kernland in Zentralanatolien inklusive weitreichender Zerstörungen berichtet auch ein hethitisches Gebet, das aber gleichwohl erwähnt, die Lukka hätten die hethitischen Götter verehrt.
Auch bezeichnen die hethitischen Quellen die Lukka als Seefahrer. Jährliche Überfälle auf Alasia gehörten bei den Lukka offenbar zur „Tradition“, weswegen sie allgemein als Piraten angesehen wurden. In einem Brief des Königs von Ugarit an seinen Kollegen von Alasia (Zpern) berichtet ersterer, dass er eine Flotte an die Küste von Lukka schicke, um dort den Kampf des Hethiterkönigs gegen die Seevölker zu unterstützen. Ob die ugaritische Flotte dabei nur die Engstelle zwischen Zypern und dem Festland blockieren sollte oder gegen Lukka kämpfen sollte, bleibt dabei offen.
Einer der Könige von Alasia schrieb an den ägyptischen Pharao, dass sich Alasia auf keinen Fall mit den Lukka gegen ihn verbünden würde, sondern im Gegenteil auf ägyptische Hilfe gegen die Lukka hoffe.
1208 v.Chr. griff eine Koalition aus libyschen und anderen Völkern Ägypten unter Pharao Merneptah an und wurde in der Schlacht von Sais zurückgeschlagen. In der Karnak-Inschrift berichtet Merneptah davon, dass auch Lukka unter den Verbündeten des libyschen Königs Meryre waren. Von den insgesamt etwa 6500 getöteten Libyern waren nur 200 Lukka, diese stellten also nur eine kleine Gruppe innerhalb der Angreifer. Vielleicht deshalb haben wir keine bildlichen Darstellungen von Lukka. Die Karnak-Inschrift berichtet auch, dass die Angreifer ihre Familien bei sich gehabt hätten, sich also wohl in Ägypten hätten ansiedeln wollen (vgl. die Beiträge zu den Luba und Meschwesch). Am zweiten Angriff der Seevölker auf Ägyptenunter Ramses III. waren die Lukka aber offenbar nicht beteiligt, zumindest werden sie in Medinet Habu nicht erwähnt.
Auch Homer berichtet von den Lukka, allerdings nennt er sie bereits Lykier. Sie waren Verbündete der Trojaner, und der lykische Held Bellerophon soll zwar aus Korinth gestammt haben, er kam aber nach Lykien, dessen König der Schwiegervater des Königs von Tiryns war und vollbrachte hier Heldentaten. Bellerophon hieß eigentlich Hipponoos („Pferdeversteher“) und war der Enkel des Aiolos, des Stammvaters der Aiolier, die Thessalien, Böotien und die nördliche Ägäis bewohnten und dabei teilweise das Erbe der Mykener antraten. Im Auftrag des lykischen Königs, der ihn aus dem Weg schaffen wollte, besiegte Bellerophon mit Hilfe des Pegasus die Chimäre, die in Karien ihr Unwesen trieb. Die zweimalige Verbindung des Bellerophon mit Pferden (Name, Pegasus) könnte bedeuten, dass der Held eine ursprünglich lykisch-karische Helden- oder sogar Göttergestalt gewesen sein könnte, denn die Landschaft war für ihre Pferdezucht berühmt. Auch Herodot berichtet von Verbindungen zwischen Griechen und Lykiern, allerdings erstellt er eine Herkunft der Lykier aus Kreta. Allerdings konstruiert Herodot auch eine fragwürdige Ethymologie des Namens der Lykier, die er auf den Athener Lykos zurückführt…
Der erste lykische König soll laut Herodot nichtsdestotrotz ein Bruder des Minos gewesen sein. In diesen Sagen haben sich offenbar Erinnerungen von frühen und relativ engen Beziehungen zwischen Minoern und mykenischen Griechen erhalten.
Denkbar ist etwa, dass sich kretische und/oder griechische Einwanderer mit den Lukka vermischten und sich im Lauf der Zeit assimilierten, denn das Lykische ist eindeutig eine mit dem Luwischen verwandte anatolische Sprache gewesen.
Die Lukka waren ein offenbar recht kriegerisches Volk in Westanatolien, denn sie konnten weder von Hethitern noch von Lydiern erobert werden und konnten auch griechische Kolonisationsversuche erfolgreich verhindern. Erst die Perser schafften es, die Lykier wirklich zu besiegen, auch wenn die Lykier weiterhin eine relativ weitreichende Autonomie genossen. In der Folgezeit standen sie teils im Bündnis mit griechischen Staaten, häufiger als mit den Griechen waren sie aber mit den Persern verbündet.
Erst mal wieder vielen Dank für diese Informationen.
Wieder taucht hier eine Verbindung zwischen (einem der/) den Seevölkern und Troja auf, so daß es letztendlich der trojanische Krieg wahrscheinlich wirklich irgendwie in diesen Zusammenhang hineingehört.
Aber ich vermute, ich bin jetzt erst mal Wochen, wenn nicht Monate damit beschäftigt, die ganzen Informationen zusammenzusetzen...
(04.05.2013 08:39)913Chris schrieb: [ -> ]Von der heimlichen Verachtung der Ekwesch/Schardana für die Ägypter halte ich insofern nicht viel, weil sie ja immerhin zur Garde der Pharaonen gehörten - das ist innerhalb des Militärs so eine Art Vetrauensstellung, da passten die Pharaonen wie jeder andere Herrscher bestimmt auf, ob die Leute auch vertrauenswürdig waren.

Stimmt, da gebe ich dir recht. Ich hatte jetzt nur an die Ekwesch- Sichtweise gedacht. Es mag zwar Menschen geben, die sich auch von anderen bewachen lassen, von denen sie wissen, daß sie sie verachten, aber alles, was wir über die ägyptische Kultur wissen, schließt das so ziemlich aus.

Allerdings bezweifle ich sehr stark, daß die Ekwesch, die Ägypten im Rahmen der Seevölkerkriege überfielen, die Ägypter als Leitkultur anerkannten.
Von daher gehe ich eher davon aus, daß die Bezeichnung "Ekwesch" oder "Schardana" etc, die die Ägypter verwendeten, eher als Rückschluss verstanden waren. Die Ägypter kannten die Ekwesch und hielten deswegen die Angreifer für welche.
Ich denke nicht, daß es sich um revoltierende Söldner handelte, oder siehst du das anders?


Um noch mal auf die Beschneidung zurückzukommen- vielleicht hat der erste Pharao, der einen Ekwesh als Söldner anheuerte, die Beschneidung zur Bedingung gemacht, weil er nicht von einem Unbeschnittenen bewacht werden wollte?
(04.05.2013 21:06)Bunbury schrieb: [ -> ]Allerdings bezweifle ich sehr stark, daß die Ekwesch, die Ägypten im Rahmen der Seevölkerkriege überfielen, die Ägypter als Leitkultur anerkannten. (...)Die Ägypter kannten die Ekwesch und hielten deswegen die Angreifer für welche.
Ich denke nicht, daß es sich um revoltierende Söldner handelte, oder siehst du das anders?

Sie werden ihre Eigenheiten behalten haben, warum sonst unterschieden sich die Ekwesch vom Äußeren her nach wie vor von den Ägyptern? Das war im Übrigen bei allen Söldnern der Ägypter der Fall.
Deine Aussage beinhaltet darüber hinaus, dass es sich bei den angreifenden Ekwesch um andere handelte als um die Ekwesch, die in ägyptischen Diensten standen.
Das kann sein. Waren die Ekwesch wirklich Ahhijawa, dann ist schon denkbar, dass sich einige Ekwesch in ägyptische Dienste begaben, während andere die Ägypter angriffen.
Ich denke da aber eher an ein anderes Szenario:
Die Ägypter hielten Teile der Angreifer nicht nur für Ekwesch oder Schardana, sondern es waren tatsächlich welche dabei. Für eine Verwechslung mit ähnlich ausstaffierten anderen Völkern kannten die Ägypter "ihre" Söldner zu gut.
Wenn die Ekwesch in ägyptische Dienste getreten sind, dann wahrscheinlich für längere Zeit und dann wurden sie auch in irgendeiner Form in Ägypten angesiedelt. Nach ägyptischer Tradition eher am Rand des ägyptischen Gebietes. Die Habiru/Hebräer wurden ja auch am Ostrand des Deltas angesiedelt, quasi zur Bewachung, denn über die "Königsstrasse", die von der Levante her in den Osten des Deltas führte, kamen immer wieder auch Angreifer.
Die Ekwesch könnten im Westen des Deltas angesiedelt worden sein oder auch in der Levante (vgl. die Peleset und Tjekker). Als die Seevölker kamen, schlossen sich die Ekwesch zum Teil diesen an, während andere "ägyptentreu" blieben, schließlich hatte man in der Vergangenheit wahrscheinlich nicht schlecht davon gelebt, eine Elitetruppe der Ägypter zu sein. Die anderen Ekwesch lockte die zu erwartende reiche Beute eben mehr als das sichere Einkommen durch den Dienst am Pharao...

(04.05.2013 21:06)Bunbury schrieb: [ -> ]Um noch mal auf die Beschneidung zurückzukommen- vielleicht hat der erste Pharao, der einen Ekwesh als Söldner anheuerte, die Beschneidung zur Bedingung gemacht, weil er nicht von einem Unbeschnittenen bewacht werden wollte?

Kann ich mir jetzt nicht vorstellen. Wer Söldner einstellt, stellt sie erst einmal deswegen ein, damit er eine Dienstleistung von ihnen bekommt. Stellt er eine so "einschneidende" Forderung, werden es sich die Söldner erst einmal zweimal überlegen, ob es das wert ist. Söldner werden auch nicht sofort in die Leibgarde des Pharaos übernommen, da steht dann noch so eine Art "Beförderung" mit vorhergehender Bewährung dazwischen. Das setzt aber voraus, dass die Söldner eine Zeitlang in ägyptischen Diensten waren, und während dieser Zeit kann es dann schon zu einer mow weitreichenden Übernahme von Lebensgewohnheiten seitens der Söldner kommen, noch dazu, wenn diese zwischen den Ägyptern leben.
Ich denke also nach wie vor, dass die Ekwesch und Schardana, die in ägyptischen Diensten standen, die Beschneidung mow freiwillig übernommen haben. Dass die Peleset, die ja auch so eine art nahöstliche Söldnertruppe waren (vgl. die Kereset und Peleset/Kreti und Pleti der Bibel, die angeblich Salomo zu Diensten waren und auch hier die Leibgarde des Königs stellten; ich kann mir gut vorstellen, dass kleinere Einheiten auch in ägyptischen Diensten standen, aber halt nicht so große Kontingente wie bei den Ekwesch und Schardana, die ja unter den Seevölkern mit die größten Anteile stellten), die Beschneidung NICHT übernommen hatten, zeigt, dass die Ekwesch und Schardana beileibe nicht gezwungen worden sein können, sich beschneiden zu lassen. Es war in ihren Augen halt vorteilhaft und gehörte dann auch irgendwann zu ihrer Identität.

VG
Christian
(05.05.2013 09:13)913Chris schrieb: [ -> ]Sie werden ihre Eigenheiten behalten haben, warum sonst unterschieden sich die Ekwesch vom Äußeren her nach wie vor von den Ägyptern? Das war im Übrigen bei allen Söldnern der Ägypter der Fall.
Deine Aussage beinhaltet darüber hinaus, dass es sich bei den angreifenden Ekwesch um andere handelte als um die Ekwesch, die in ägyptischen Diensten standen.
Das kann sein. Waren die Ekwesch wirklich Ahhijawa, dann ist schon denkbar, dass sich einige Ekwesch in ägyptische Dienste begaben, während andere die Ägypter angriffen.
Ich denke da aber eher an ein anderes Szenario:
Die Ägypter hielten Teile der Angreifer nicht nur für Ekwesch oder Schardana, sondern es waren tatsächlich welche dabei. Für eine Verwechslung mit ähnlich ausstaffierten anderen Völkern kannten die Ägypter "ihre" Söldner zu gut.
Wenn die Ekwesch in ägyptische Dienste getreten sind, dann wahrscheinlich für längere Zeit und dann wurden sie auch in irgendeiner Form in Ägypten angesiedelt. Nach ägyptischer Tradition eher am Rand des ägyptischen Gebietes. Die Habiru/Hebräer wurden ja auch am Ostrand des Deltas angesiedelt, quasi zur Bewachung, denn über die "Königsstrasse", die von der Levante her in den Osten des Deltas führte, kamen immer wieder auch Angreifer.
Die Ekwesch könnten im Westen des Deltas angesiedelt worden sein oder auch in der Levante (vgl. die Peleset und Tjekker). Als die Seevölker kamen, schlossen sich die Ekwesch zum Teil diesen an, während andere "ägyptentreu" blieben, schließlich hatte man in der Vergangenheit wahrscheinlich nicht schlecht davon gelebt, eine Elitetruppe der Ägypter zu sein. Die anderen Ekwesch lockte die zu erwartende reiche Beute eben mehr als das sichere Einkommen durch den Dienst am Pharao...

Also siehst du es eher so, daß diejenigen, die unter den "Seevölkern" aufgeführt waren und in Ägypten als Söldner angeheuert waren, sich den aus Norden kommenden Seevölkern angeschlossen haben und nicht Teil des kompletten Seevölkersturmes waren?

Hm. ich weiß nicht. Ich finde das irgendwie nicht stimmig. Du hast ein Volk, das aus Anantolien oder der Ägaäis stammt, wo der Seevölkersturm begann. Und dieses Volk hat sich aber erst in ägypten den Seevölkern angeschlossen, wo es jahrelang in Diensten stand und soweit ägyptisiert war, daß sie sogar das Beschniedungsritual übernahmen?
Irgendwie klingt das nicht sehr überzeugend.

Dann halte ich es doch eher für wahrscheinlich, daß die Ekwesch, die zu den Seevölkern gehörten, eben nicht die aus ägyptischen Diensten waren, sondern eben doch aus der Ägäis kamen, wo der Seevölkersturm seinen Anfang nahmen. Und die wurden von den Ägyptern als "beschnitten" beschrieben, weil die Ägypter wußten, daß die Ekwesch, die in ihren Diensten standen, beschnitten wurden... Ich denke, man sollte da von ägyptischen tempelinschriften nicht allzuviel an Differenzierungsbereitschaft verlangen...
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