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Untergang Ostroms. Warum?
16.06.2012, 09:27
Beitrag: #1
Untergang Ostroms. Warum?
Welche Gründe waren eurer Meinung nach für den Untergang Ostroms verantwortlich?

Hier waren wir schon ein bisschen abgeschweift:
http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...p?tid=106&

Aber hier könnt ihr nach Herzenslust diskutieren.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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16.06.2012, 13:13
Beitrag: #2
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(16.06.2012 09:27)Maxdorfer schrieb:  Welche Gründe waren eurer Meinung nach für den Untergang Ostroms verantwortlich?

Die Byzantiner waren dem ständigen Druck arabischer Heere und Vorstöße und seit dem 11. Jh. denen turkstämmiger Reiterkrieger irgendwann nicht mehr gewachsen. Hinzu kam, dass sie vielfach einen Zweifrontenkrieg führen mussten, denn neben arabischen und später turkstämmigen Feinden an der Ostgrenze traten bulgarische und andere slawische Gegner an der Westgrenze des Byzantinischen Reichs. Fatal war, dass Kleinasien von jeher eine Völkerbrücke war und jeder Staat, der sich dort etablierte, einen schweren Stand hatte.

Als im Jahr 1204 sogar noch christliche Kreuzfahrer das christliche Konstantinopel plünderten und eine - wenn auch kurze - Machtstellung erwarben, war Byzanz in seinen Grundfesten erschüttert. Man muss sich wundern, dass es angesichts seiner zahlreichen Feinde an den West- und Ostgrenzen - Slawen, Langobarden, Waräger, Goten, Araber, Perser, Türken - überhaupt so lang existierte.
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16.06.2012, 17:06
Beitrag: #3
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Danke für deine Meinung, mal sehen, was die anderen sagen.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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18.06.2012, 11:07
Beitrag: #4
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Der Untergang von Ostrom hat im Gegensatz zu manchen anderen Reichsuntergängen eigentlich nichts geheimnissvolles. Dennoch halte ich die Frage für sehr interessant.

Langfristig würde ich sagen musste man einfach zu viele Fronten Verteidigen. Byzanz war im Laufe seiner Geschichte ständig von mehreren Seiten bedroht. Im Osten etwa von den Sassaniden, Arabern, Seldschuken und später Osmanen. Am Balkan immer wieder von den Bulgaren, aber auch von einfallenden Völkern und aus dem Westen (Europa) kamen immer wieder mächtige Feinde, hier sehr oft aus Unteritalien etwa der Normannen oder Karl von Anjou.

Byzanz erlebte immer wieder Stärke und Schwächephasen. Ab dem 11. Jahrhundert erlebte es immer wieder Schläge von denen man sich nie komplett erholen konnte. Z.B. die Schlacht von Mantzikert und der Verlust Anatoliens, der 4. Kreuzzug und auch der Bürgerkrieg Mitte des 14. Jahrhunderts. Irgendwann war es zuviel.

Gebe zu die Analyse ist wohl etwas zu einfach, es gibt sicher noch den einen oder anderen Faktor, aber ich denke das waren wohl die Hauptursachen.
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18.06.2012, 11:10
Beitrag: #5
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(16.06.2012 13:13)Dietrich schrieb:  Fatal war, dass Kleinasien von jeher eine Völkerbrücke war und jeder Staat, der sich dort etablierte, einen schweren Stand hatte.

Da muss ich dir widersprechen. Kleinasien war nach dem Verlust von Syrien und Ägypten an die Araber ein Kerngebiet von Byzanz geworden. Man hielt diese Gebiet immerhin vom Beginn des Byzantischen Reichs bis Ende des 11. Jahrhunderts. Also doch eine sehr lange Zeit lang.
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18.06.2012, 11:11
Beitrag: #6
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(16.06.2012 13:13)Dietrich schrieb:  Man muss sich wundern, dass es angesichts seiner zahlreichen Feinde an den West- und Ostgrenzen - Slawen, Langobarden, Waräger, Goten, Araber, Perser, Türken - überhaupt so lang existierte.

In diesem Punkt hast du absolut recht. Das kann man auch als eine große Leistung von Byzanz sehen
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18.06.2012, 17:32
Beitrag: #7
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Ich denke auch, dass die militärische Unterlegenheit, also außenpolitische Aspekte, ausschlaggebend waren.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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18.06.2012, 19:55
Beitrag: #8
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(18.06.2012 17:32)Maxdorfer schrieb:  Ich denke auch, dass die militärische Unterlegenheit, also außenpolitische Aspekte, ausschlaggebend waren.

Das kann man so nicht sagen.

Als die Arabr Vorderasien und Ägypten besetzten, ging Byzanz ein grpßer Teil der Steuereinnahmen, der Nahrungsbasis und Wirtschaftsleistung verloren. Als dann die Seldschuken Ende des 11. Jh. weite Teile Kleinasiens besetzten, waren die Byzantiner wegen des Wegbruchs der noch gebliebenen Steueinnahmen nicht oder kaum noch in der Lage, Heere auszurüsten oder größere Militärunternehmen durchzuführen. Wo das dennoch einmal gelang, brachte es den Staat an den Rand des Bankrotts oder trieb ihn sogar in die Zahlungsunfähigkeit.

Vordergründig war es also die militärische Lage, die Byzanz in den Untergang trieb. Der eigentliche Grund war aber die desolate Finanzlage, da erst 50% und dann nahezu 80% des Staatsgebiets weggebrochen waren und die wirtschaftliche Lage daher zunehmend aussichtslos wurde.

Man muss sich davon freimachen, nur immer die äußere Bedrohung zu betrachten. Es ist ebenso wichtig, gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen im Auge zu behalten, die oft ursächlich für eine desolate militärische Lage verantwortlich waren.
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18.06.2012, 21:18
Beitrag: #9
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(18.06.2012 17:32)Maxdorfer schrieb:  Ich denke auch, dass die militärische Unterlegenheit, also außenpolitische Aspekte, ausschlaggebend waren.

Als militärische Unterlegenheit würde ich das Ganze nicht unbedingt bezeichnen. Denn militärisch Unterlegen war man keineswegs immer, aber es ist eben kaum möglich über so lange Zeit ständig einen 2-3 Frontenkrieg zu führen-Byzanz hat das geschafft, aber irgendwann gings eben nicht mehr.
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18.06.2012, 21:20
Beitrag: #10
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(18.06.2012 19:55)Dietrich schrieb:  brachte es den Staat an den Rand des Bankrotts oder trieb ihn sogar in die Zahlungsunfähigkeit.

Man muss aber auch eines sehen: Damals waren Staaten noch schneller Bankrott als heute. Damals war es noch nicht möglich in so großem Stil wie heute Kredite aufzunehmen.
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19.06.2012, 15:16
Beitrag: #11
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(18.06.2012 21:20)WDPG schrieb:  Man muss aber auch eines sehen: Damals waren Staaten noch schneller Bankrott als heute. Damals war es noch nicht möglich in so großem Stil wie heute Kredite aufzunehmen.

So lange die Wirtschaft blühte, entsprechende Steuereinnahmen vorhanden und die Gesellschaft in der Balance war, konnten Staaten wie das Weströmische Reich und Ostrom einen nachhaltigen Militärhaushalt garantieren und effektive Armeen ausrüsten. Als dieses Gleichgewicht in Unordnung geriet, nahm die Widerstandsfähigkeit rapide ab mit der Folge, dass Gegner, die früher leicht hätten besiegt werden können, zur lebensbedrohenden Gefahr wurden.

Ich schrieb weiter oben schon: Man muss sich davon freimachen, nur immer die äußere Bedrohung zu betrachten. Es ist ebenso wichtig, gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen im Auge zu behalten, die oft ursächlich für eine desolate militärische Lage verantwortlich waren.
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20.06.2012, 12:47
Beitrag: #12
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(19.06.2012 15:16)Dietrich schrieb:  So lange die Wirtschaft blühte, entsprechende Steuereinnahmen vorhanden und die Gesellschaft in der Balance war, konnten Staaten wie das Weströmische Reich und Ostrom einen nachhaltigen Militärhaushalt garantieren und effektive Armeen ausrüsten. Als dieses Gleichgewicht in Unordnung geriet, nahm die Widerstandsfähigkeit rapide ab mit der Folge, dass Gegner, die früher leicht hätten besiegt werden können, zur lebensbedrohenden Gefahr wurden.

Da hast du vollkommen recht. Ein Beispiel: Das Kaiserreich von Nikea funktionierte vom finanziellen und wirtschaftlichen Gesichtspunkt her sehr gut. Es war aber ein regionaler Staat, einer der nach der Rückeroberung von Konstantinopel Großmachtspolitik betreiben musste. Diese Politik (von Kaiser Michael Palaiologos) ermöglichte Byanz kurzfristig das Überleben, aber es überforderte die Ressourcen des kleinen Staates.
In folge dessen musste Michaels Nachfolger Andronikos II sparen. Das tat er vor allem beim Heer. Die Folge: In Kleinasien taten sich die türkischen Kleinfürsten (darunter die Osmanen) leicht Territorium für sich zu gewinnen. Der Aufstieg der Osmanen begann also unter sehr günstigen Bedingungen.

Finde nicht das sich unsere Postings (oder Posts) widersprechen. Ich wollte nur mal darauf hinweisen, das ein Staat früher schnelle Bankrott war als heute. Denn wenn das Geld aus war, war es schwer groß neues Geld aufzutreiben.
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20.06.2012, 12:52
Beitrag: #13
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(19.06.2012 15:16)Dietrich schrieb:  Ich schrieb weiter oben schon: Man muss sich davon freimachen, nur immer die äußere Bedrohung zu betrachten. Es ist ebenso wichtig, gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen im Auge zu behalten, die oft ursächlich für eine desolate militärische Lage verantwortlich waren.

Wollte dir da sowieso noch drauf antworten, kam aber noch nicht dazu.

Im Falle von Byzanz würde ich sagen, das die langfristige Hauptursache des Untergangs schon von außen kam. Sich in einem jahrhunderte dauernden Mehrfrontenkrieg zu behaupten ist eine große Leistung, war aber irgendwann nicht mehr zu bestehen.

Neben dieser Hauptursache gab es auch noch einige andere Faktoren, wo wir wieder dort sind, was du geschrieben hast. Natürlich sind es oft innere Entwicklungen (manchmal auf den ersten Blick sogar versteckt) die zu den Niederlagen gegen äußere Mächte führen, was oft wieder gewisse innere Entwicklungen zur Folge hat.
Ich würde z.B. sagen das innere Probleme ein sehr wichtiger Grund waren, warum man die Schlacht bei Mantzikert verloren hat.
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20.06.2012, 14:13
Beitrag: #14
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.06.2012 12:47)WDPG schrieb:  Es war aber ein regionaler Staat, einer der nach der Rückeroberung von Konstantinopel Großmachtspolitik betreiben musste. Diese Politik (von Kaiser Michael Palaiologos) ermöglichte Byanz kurzfristig das Überleben, aber es überforderte die Ressourcen des kleinen Staates.

Das war ja ein zentrales Problem von Byzanz: Obwohl der Staat immer mehr zusammenschrumpfte, hielt die Regierung an einer Großmachpolitik fest, die die Kräfte des nunmehr zur Mittelmacht abgesunkenen Reichs völlig überforderte.

Wie allerdings eine Lösung hätte aussehen können, weiß ich nicht. Die Feinde bedrohten die Reichsgrenzen von Ost und West, sodass militärische Antworten zwingend erforderlich waren. Ob eine Friedenspolitik gegenüber Bulgarien und den Arabern und Türken gefruchtet hätte, ist überaus zweifelhaft. Mit dem Seldschukenreich an der Ostgrenze hätte Byzanz noch längere Zeit überleben können, denn zwischen beiden Staaten hatte sich im 12./13. Jh. eine Machtbalance ergeben - die seldschukischen Emire waren territorial saturiert, pflegten Künste und Wissenschaft und hatten sich im status quo eingerichtet.

Aber dann kam ein oghusischer Emir namens Osman - leider! Sad
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20.06.2012, 15:21
Beitrag: #15
RE: Untergang Ostroms. Warum?
An sich waren es außenpolitische Probleme wie der Zweifrontenkrieg und einige Niederlagen, die schließlich zum Untergang Ostroms führten. Man darf aber als weitere Ursachen die innenpolitischen Probleme nicht unterschätzen, die teilweise außenpolitische Probleme zur Folge hatten.

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20.06.2012, 20:27
Beitrag: #16
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.06.2012 14:13)Dietrich schrieb:  Das war ja ein zentrales Problem von Byzanz: Obwohl der Staat immer mehr zusammenschrumpfte, hielt die Regierung an einer Großmachpolitik fest, die die Kräfte des nunmehr zur Mittelmacht abgesunkenen Reichs völlig überforderte.

Man muss aber sagen Michael Palaiologos hatte kaum eine andere Wahl, denn wie außer mit diplomatischem Geschick, Zahlungen, Aufstandsunterstüzungen und internationalen Bündnissen hätte er sonst äußere Gefahren, vor allem die durch Karl von Anjou in den Griff bekommen haben.

Bei Karl von Anjou und Michael Palaiologos gab es eine Paralelle. Beide Herrscher pressten ihre Länder finanziell aus. Karl verlor diese Duell, die Bevölkerung Siziliens hatte seine Großmachtspolitik, die ihr teuer zu stehen kam satt, es kam zum (von Byzanz unterstüzten) Aufstand.

Auch wenn Michael Palaiologos diesen Kampf gewonnen hatte, langfristig trieb auch seine Politik das Reich in den Ruin. Spätestens unter Andronikos II war sparen angesagt, wie gesagt mit verheerenden Folgen.

Eine großartige Alternative wie sich Byzanz sonst hätte wehren können fällt mir nicht ein.
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20.06.2012, 20:32
Beitrag: #17
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.06.2012 14:13)Dietrich schrieb:  die seldschukischen Emire waren territorial saturiert, pflegten Künste und Wissenschaft und hatten sich im status quo eingerichtet.

Aber dann kam ein oghusischer Emir namens Osman - leider! Sad

Würde ich so nicht sagen. Wären nicht die Osmanen gekommen, wäre es wohl ein anderes türkisches Kleinfürstentum gewesen, das in ihre Rolle geschlüpft wäre.
Am Untergang des Rum-Seldschukenreichs waren im wesentlichen die Mongolen schuld, sie hatte das Rum-Seldschukenreich bei Köse Dag besiegt. Danach wurde es ein tributpflichtiger Vasall der Mongolen. Auch in die innere Politik mischten sich die Mongolen immer wieder ein, wohl um das Rum-Seldschukenreich bewusst schwach zu halten. Eine solche Schwäche führt oft zum Aufstieg von was neuem, in diesem Fall etliche türkische Kleinfürstentümer.
Von diesem setzten sich die Osmanen durch. Wie gesagt sonst hätte es wohl ein anderer getan, Byzanz war in Anatolien bereits zu schwach um sich verteidigen zu können.
Kurz: Die Osmanen spielten bei der Eroberung von Byzanz eine wichtige Rolle, aber ursprünglich nutzten sie auch nur die Gelegenheiten die sich ihnen boten aus.
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20.06.2012, 23:26
Beitrag: #18
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Es wird immer unterschätzt, welche Bedeutung Ostrom für die Weltgeschichte hatte. Mehrere Belagerungen der Araber, Awaren, Slawen, Türken etc. pp, ausgehalten, quasi den Zugang nach Europa für den Islam jahrhundertelang geblockt. Karl Martells Sieg bei Tours war dagegen nur die Vertreibung einer Räuberbande,

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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21.06.2012, 14:54
Beitrag: #19
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.06.2012 23:26)Arkona schrieb:  Es wird immer unterschätzt, welche Bedeutung Ostrom für die Weltgeschichte hatte. Mehrere Belagerungen der Araber, Awaren, Slawen, Türken etc. pp, ausgehalten, quasi den Zugang nach Europa für den Islam jahrhundertelang geblockt. Karl Martells Sieg bei Tours war dagegen nur die Vertreibung einer Räuberbande,

Die Existenz des Byzantinischen Reichs hatte auf jeden Fall für Europa eine immense Bedeutung. Das wird allerdings von der modernen Geschichtsforschung durchaus erkannt und gewürdigt: vor allem, was die Abwehr der Araber betrifft, die einen schwächeren Staat sicher überrannt hätten und nach Europa vorgestoßen wären. Wie weit sie dabei gekommen wären, lässt sich nur spekulativ beabtworten. Ein gutes Beispiel ist die Iberische Halbinsel, die die Araber nach der Schlacht bei Jerez im Jahr 711 innerhalb kürzester Zeit nahezu komplett besetzten und noch bis ins Frankenreich vorstießen. Allerdings hatten sie dabei wenig Glück - ganz abgesehen von Karl Martell - und ich bezweifle, ob die arabischen Unternehmungen über den Charakter von Plünderungs- und Raubzügen hinausgingen.

Es ist allerdings richtig, dass uns Mitteleuropäern die Geschichte von Byzanz ferner liegt als diejenige des (West)Römischen Reiches. Das mag daran liegen, dass große Teile des heutigen Deutschlands Jahrhunderte von Römern besetzt waren und in dieser Zeit eine beträchtliche Romanisierung erfuhren.
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21.06.2012, 15:54
Beitrag: #20
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.06.2012 23:26)Arkona schrieb:  Es wird immer unterschätzt, welche Bedeutung Ostrom für die Weltgeschichte hatte. Mehrere Belagerungen der Araber, Awaren, Slawen, Türken etc. pp, ausgehalten, quasi den Zugang nach Europa für den Islam jahrhundertelang geblockt. Karl Martells Sieg bei Tours war dagegen nur die Vertreibung einer Räuberbande,
Da hast du vollkommen recht. Schon erstaunenswert wie lange Byzanz aushielt.

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21.06.2012, 15:57
Beitrag: #21
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(21.06.2012 14:54)Dietrich schrieb:  Die Existenz des Byzantinischen Reichs hatte auf jeden Fall für Europa eine immense Bedeutung. Das wird allerdings von der modernen Geschichtsforschung durchaus erkannt und gewürdigt: vor allem, was die Abwehr der Araber betrifft, die einen schwächeren Staat sicher überrannt hätten und nach Europa vorgestoßen wären. Wie weit sie dabei gekommen wären, lässt sich nur spekulativ beabtworten. Ein gutes Beispiel ist die Iberische Halbinsel, die die Araber nach der Schlacht bei Jerez im Jahr 711 innerhalb kürzester Zeit nahezu komplett besetzten und noch bis ins Frankenreich vorstießen. Allerdings hatten sie dabei wenig Glück - ganz abgesehen von Karl Martell - und ich bezweifle, ob die arabischen Unternehmungen über den Charakter von Plünderungs- und Raubzügen hinausgingen.
Die moderne Forschung behandelt Byzanz tatsächlich, aber lange galt seine Geschiche als ein einziger Verfallsprozess.

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21.06.2012, 23:52
Beitrag: #22
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(21.06.2012 14:54)Dietrich schrieb:  [Die Existenz des Byzantinischen Reichs hatte auf jeden Fall für Europa eine immense Bedeutung.

Das Stimmt absolut, nicht nur wegen der Abwehr der Araber, die du bereits erwähnt hast. Man muss bedenken das Byzanz über weite Teile seiner Geschichte dem Westen zivilisatorisch (städtebauerisch, kulturell usw.) überlegen war.
Byzanz hatte auf viele Völker, Gebiete und Staaten vor allem im Süden und Osten Europas Einfluss und beeinflusste somit auch ihre Geschichte.

Die beiden Kaiser die wohl den größten Einfluss auf die Weltgeschichte hatten waren wohl Justinian I, dem es kurzfristig gelang das Römische Reich wiederherzustellen und Alexios I Komnenos, dadurch das er die Kreuzzüge auslöste. Das soll jetzt nicht heißen das nicht andere auch von Bedeutung waren (würde z.B. Heraklaios als mindestens genauso bedeutend sehen, wie die beiden) aber ich denke das sind die Kaiser, auf die man am ehesten stößt, wenn man sich mit der allgmeinen Geschichte Europas beschäftigt.
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22.06.2012, 13:49
Beitrag: #23
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Viele geschichtsinteressierte Leute haben ein Byzanz-Bild, das von den alten Mosaikheften ("Ritter Runkel") geprägt wurde. Da stellt sich das Reich samt Kaiser (Andronikos II.) als eine Karikatur dar, machtlos und dekadent.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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22.06.2012, 14:04
Beitrag: #24
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 13:49)Arkona schrieb:  Viele geschichtsinteressierte Leute haben ein Byzanz-Bild, das von den alten Mosaikheften ("Ritter Runkel") geprägt wurde. Da stellt sich das Reich samt Kaiser (Andronikos II.) als eine Karikatur dar, machtlos und dekadent.

Dass die byzantinische Kultur im Verlauf der Jahrhunderte tatsächlich einem Prozess der Erstarrung unterlag, kann jeder Kunsthistoriker bestätigen. Das mindert den Wert der byzantinischen Kunst keineswegs, ist aber insofern interessant, als die wachsende "Bunkermentalität" des byzantinischen Staates damit zusammenfällt. Umgeben von existenzbedrohenden Feinden und einem ständig schrumpfenden Territorium waren alle Kräfte des Staates darauf gerichtet, das vorhandene zu bewahren. Das brachte diese sprichwörtliche Erstarrung in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht hervor.

Man muss immer wieder den Hut vor der Leistung dieses Staates ziehen, der unter solchen Umständen Jahrhunderte überlebte und sogar noch am Ende seiner staatlichen Existenz das Reich der Rum-Seldschuken, die Eroberung von Konstantinopel und das Lateinische Kaiserreich überstand.

Erst nach einem kleinen Emir namens Osman war Schluss - leider. Sad
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22.06.2012, 15:48
Beitrag: #25
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Sehr dicht mit dieser "Bunkermentalität" zusammen hängt aber noch ein andereres, positives Wesen von Byzanz. Es sah sich ja bekanntlich als DAS römische Reich und bewahrte, ohne allzu viele Einflüsse von außen aufzunehmen, das antike Erbe / Kulturgut für die Neuzeit. Teilweise wurde es übrigens auch von den Arabern übernommen.

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22.06.2012, 16:18
Beitrag: #26
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 15:48)Maxdorfer schrieb:  Sehr dicht mit dieser "Bunkermentalität" zusammen hängt aber noch ein andereres, positives Wesen von Byzanz. Es sah sich ja bekanntlich als DAS römische Reich und bewahrte, ohne allzu viele Einflüsse von außen aufzunehmen, das antike Erbe / Kulturgut für die Neuzeit. Teilweise wurde es übrigens auch von den Arabern übernommen.

Der byzantinische Staat sah sich immer als das fortlebende Imperium Romanum und bekanntlich ist der Name "Byzantinisches Reich" lediglich eine Erfindung der Neuzeit. Der Staat nannte sich offiziell stets Βασιλεία τῶν Ῥωμαίων, also "Kaiserreich der Römer".

Kulturell beeinflusst wurde zunächst der gesamte Balkan, sei es religiös durch die byzantinisch-orthodoxe Reichskirche oder kulturell in den Bereichen Architektur, Malerei sowie der Kunst des Mosaiks.

Ein starker kultureller Einfluss berührte nach dem Untergang des Reichs Italien, wohin zahlreiche byzantinische Wissenschaftler und Künstler geflohen waren.
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22.06.2012, 16:31
Beitrag: #27
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 16:18)Dietrich schrieb:  Der byzantinische Staat sah sich immer als das fortlebende Imperium Romanum und bekanntlich ist der Name "Byzantinisches Reich" lediglich eine Erfindung der Neuzeit. Der Staat nannte sich offiziell stets Βασιλεία τῶν Ῥωμαίων, also "Kaiserreich der Römer".
Das schrieb ich ja.
(22.06.2012 16:18)Dietrich schrieb:  Kulturell beeinflusst wurde zunächst der gesamte Balkan, sei es religiös durch die byzantinisch-orthodoxe Reichskirche oder kulturell in den Bereichen Architektur, Malerei sowie der Kunst des Mosaiks.

Ein starker kultureller Einfluss berührte nach dem Untergang des Reichs Italien, wohin zahlreiche byzantinische Wissenschaftler und Künstler geflohen waren.
Das sowieso...

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25.06.2012, 12:00
Beitrag: #28
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 13:49)Arkona schrieb:  Da stellt sich das Reich samt Kaiser (Andronikos II.) als eine Karikatur dar, machtlos und dekadent.

Machtlos und Schwach war Kaiser Andronikos II tatsächlich. Noch unter seinem Vater konnte es Großmachtspolitik betreiben und auch die Geschichte andere Länder beeinflussen.
Unter ihm gings extrem bergab. OK man muss sehen, das die Rahmenbedingungen sehr schwierig waren, es war kein Geld mehr da, aber Einsparungen mussten dem Byzantinischen Reich fast schaden. Andronikos II agierte in dieser Sitution ziemlich Hilflos und total erfolglos. Ein Schlag folgte auf den anderen, viele Gebiete (vor allem in Anatolien gingen verloren).

Andronikos III (Enkel des Andronikos II) agierte in einer ähnlich schwierigen Lage, finde ich, wesentlich geschickter.

Die von dir erwähnten Hefte kenne ich leider nicht.
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25.06.2012, 12:34
Beitrag: #29
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 15:48)Maxdorfer schrieb:  Sehr dicht mit dieser "Bunkermentalität" zusammen hängt aber noch ein andereres, positives Wesen von Byzanz.

Was genau meint ihr eigentlich mit Bunkermentalität?

Ich sehe das Byzantinische Reich als gar nicht mal so extrem starr an. Unter Heraklaios und seinen Nachfolgern gelang etwas was gar nicht so einfach ist, man stellte den Staat auf neue Beine. Unter Alexios I Komnenos wurden Reformen durchgeführt, die Byzanz das überleben sicherten und in die Spätzeit passte man sich (wohl unbewusst) dem Feudalwesen in Europa etwas an.
Einen Staat total zu reformieren ist schwierig, starr sind da wohl auch viele heutige Staaten.

Als Bunkermentalität würde ich eine Abschottung vom Ausland bezeichnen. Also ungefähr das was China eine Zeit lang versuchte. Würde nicht sagen das man so eine insgesamt betrieb. Die Araber standen zwar als direkte Feinde vor der Türe, aber man stand ihrer Kultur oft aufgeschlossener gegenüber als in Europa. Gegenüber Europa verhielt man sich skeptisch, zuerst sah man sich wohl als überlegen an (nicht ganz zu unrecht), später wurde das Verhältnis durch Ereignisse wie den 4. Kreuzzug getrübt. Doch selbst da würde ich Byzanz nicht als Bunkerhaft verschlossen sehen. Man muss z.B. bedenken das Venedig und Genua als See und Handelsmächte ständig in der Gegend präsent waren (oft nicht gerade zu Gunsten des Byzantinischen Reichs).
Betrachte man die Geschichte von Byzanz muss man sagen manchmal war man dem Westen gegenüber offener (z.B. unter Manuel I Komnenos), manchmal verschlossener. Gesamt sehe ich aber keine Bunkermentalität.

Und das zivilisatorischen Anpassen an das Europa des 14. oder 15. Jahrhunderts hätte Byzanz wohl kaum gerettet.

Oder verstehe ich da den Begriff: Bunkermentalität falsch?
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25.06.2012, 12:36
Beitrag: #30
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 15:48)Maxdorfer schrieb:  Teilweise wurde es übrigens auch von den Arabern übernommen.

Kein Wunder, große Teile der Araberreiche erstreckten sich ja über früher Oströmisches Territiorium.
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25.06.2012, 12:40
Beitrag: #31
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 16:18)Dietrich schrieb:  Kulturell beeinflusst wurde zunächst der gesamte Balkan, sei es religiös durch die byzantinisch-orthodoxe Reichskirche oder kulturell in den Bereichen Architektur, Malerei sowie der Kunst des Mosaiks.

Stimmt vollkommen, aber da gibt es noch andere Gebiete, etwa Russland (damals Kiewer Reich) und auch bei Italien sehe ich schon vor dem Ende von Byzanz einen gewissen Einfluss. So war Venedig, bei seiner Gründung eigentlich ja ein Teil von Byzanz. Gerade in Süditalien war man lange Zeit ein wichtiger Machtfaktor und selbst lange Zeit danach spiele man auf dem Politischen Gebiet nochmals ein Rolle, da man ja die Sizilianische Vesper gegen Karl von Anjou im Hintergrund unterstützte.
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25.06.2012, 12:49
Beitrag: #32
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(25.06.2012 12:34)WDPG schrieb:  Ich sehe das Byzantinische Reich als gar nicht mal so extrem starr an.

Dazu sagte ich bereits in einem anderen Thread:

Auch bei positiver Betrachtung ist eine gewisse Erstarrung der byzantinischen Institutionen sowie der byzantinischen Kunst und Gesellschaft nicht zu übersehen. Sie wurzelt in einem ideologischen Beharrungsvermögen, das um so stärker wurde, je mehr sich gegnerische Fronten um das Byzantinische Reich schlossen. Staatsräson war somit der Rückgriff auf das antike Rom und die Beharrung auf den überkommenen politischen, künstlerischen, geistigen und gesellschaftlichen Strukturen.

Ein guter Kenner der byzantinischen Geschichte, der Byzantinist Ralph-Johannes Lilie, sagt dazu:

Zitat:So wirkt Byzanz, trotz aller Änderungen im einzelnen, insgesamt statisch; es blieb zeit seiner Existenz auf die Vergangenheit fixiert. Die wenigen Versuche, Erstarrung und Verkrustung zu durchbrechen - etwa der Bilderstreit (Ikonoklasmus) im 8. Jh, die angestrebte Westöffnung des Reiches unter Manuel Komnenos im 12. oder die Bemühungen während des 14. Jahrhunderts, das westliche Denkgebäude der Scholastik für Byzanz zu erschließen - brachten nicht den gewünschten Erfolg und führten im Gegenteil eher zu einem härteren Widerstand gegen solche Neuerungen: Byzanz versuchte um so verzweifelter, die Vergangenheit wiederzubeleben, um sich seiner Identität zu versichern, je trostloser die zeitgenössische Realität wurde. [...]

Dieses ideologische Beharrungsvermögen wird durch die Kontinuität der staatlichen Institutionen erleichtert: Byzanz hat nie eine echte Revolution erlebt, sondern seine Entwicklung vollzog sich in winzigen, unmerklichen Schritten. Die Trägheit dieser Prozesse förderte das Weiterbestehen und die Erstarrung in Tradition bis hin zum Selbstbetrug ... Unbestreitbar ist, dass die Begrenztheit und Langsamkeit der Entwicklung den Eindruck von Statik vermittelt. Die Fassade von Byzanz blieb gleich, und zwar deshalb, weil die Byzantiner wollten, dass sie gleich blieb.

(Ralph-Johannes Lilie, Byzanz. Geschichte des Oströmischen Reiches, München 1999, S. 10 f.)

Der letzte Satz dieser Einschätzung fasst den Tatbestand gut zusammen: Angesichts der bedrohlichen äußeren Entwicklung war Byzanz nur noch ein kleiner römischer Vorposten inmitten eines Meers von Arabern, Türken und Slawen. Deshalb koppelte es seine Identität fest an das antike Rom und die byzantinische Gesellschaft folgte diesem Staatskonzept bis zur Erstarrung - und zwar bewuss!
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25.06.2012, 17:23
Beitrag: #33
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(25.06.2012 12:34)WDPG schrieb:  
(22.06.2012 15:48)Maxdorfer schrieb:  Sehr dicht mit dieser "Bunkermentalität" zusammen hängt aber noch ein andereres, positives Wesen von Byzanz.

Was genau meint ihr eigentlich mit Bunkermentalität?

Ich sehe das Byzantinische Reich als gar nicht mal so extrem starr an. Unter Heraklaios und seinen Nachfolgern gelang etwas was gar nicht so einfach ist, man stellte den Staat auf neue Beine. Unter Alexios I Komnenos wurden Reformen durchgeführt, die Byzanz das überleben sicherten und in die Spätzeit passte man sich (wohl unbewusst) dem Feudalwesen in Europa etwas an.
Einen Staat total zu reformieren ist schwierig, starr sind da wohl auch viele heutige Staaten.

Als Bunkermentalität würde ich eine Abschottung vom Ausland bezeichnen. Also ungefähr das was China eine Zeit lang versuchte. Würde nicht sagen das man so eine insgesamt betrieb. Die Araber standen zwar als direkte Feinde vor der Türe, aber man stand ihrer Kultur oft aufgeschlossener gegenüber als in Europa. Gegenüber Europa verhielt man sich skeptisch, zuerst sah man sich wohl als überlegen an (nicht ganz zu unrecht), später wurde das Verhältnis durch Ereignisse wie den 4. Kreuzzug getrübt. Doch selbst da würde ich Byzanz nicht als Bunkerhaft verschlossen sehen. Man muss z.B. bedenken das Venedig und Genua als See und Handelsmächte ständig in der Gegend präsent waren (oft nicht gerade zu Gunsten des Byzantinischen Reichs).
Betrachte man die Geschichte von Byzanz muss man sagen manchmal war man dem Westen gegenüber offener (z.B. unter Manuel I Komnenos), manchmal verschlossener. Gesamt sehe ich aber keine Bunkermentalität.

Und das zivilisatorischen Anpassen an das Europa des 14. oder 15. Jahrhunderts hätte Byzanz wohl kaum gerettet.

Oder verstehe ich da den Begriff: Bunkermentalität falsch?

Damit gemeint ist sicherlich das Beharren auf antiken Traditionen, römischer Politik, griechischer Kultur, und orientalischer Religiosität.

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15.09.2012, 15:06
Beitrag: #34
RE: Untergang Ostroms. Warum?

Zusammengefasst die wichtigsten Gründe für den Untergang Ostroms:
  • - Konstantinopel lag am Bosporus, an einem Nadelöhr, wie es sonst nur selten auf der Welt vorkommt, dem Berührungspunkt von Schwarzem Meer und Mittelmeer, von Kleinasien und Europa. Das brachte es mit sich, dass das Byzantinische Reich sowohl von asiatischen und vorderasiatischen (Parther, Araber, Türken) als auch von europäischen Völkern (Bulgaren, Slawen) mit begehrlichen Blicken betrachtet wurde, zumal dort ein außergewöhnlicher Reichtum herrschte. Daraus resultierte ein Zweifrontenkrieg mit sich ständig regenerierenden Gegnern: Waren die Parther beispielsweise niedergerungen, traten die Araber an ihre Stelle. In solch einer Situation kann kein Großreich dauerhaft zu außenpolitischer Stabilität gelangen.
  • - Natürlich spielte es auch einen Grund, dass immer wieder die gegnerischen Reiche militärisch überlegen waren. Selbst eine offene Feldschlacht mit den Türken wäre Anfang der 1450er Jahre einer sicheren Niederlage gleichgekommen. Die Feinde hatten riesige Kanonen, bessere Waffen und unerschrockene Krieger.
  • - Sicher spielten auch Schicksalsschläge eine Rolle, wie verlorene Schlachten oder verlustig gehende Provinzen. Damit verbundene Einbußen an Soldaten oder Steuereinnahmen waren nicht leicht wettzumachen. Das spätbyzantinische Reich hatte sicher einige nicht unfähige Kaiser, doch die Umstände ließen es so geschehen, dass Ostrom einen stetigen Niedergang erlitt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt war es deshalb eh nicht mehr möglich, das Reich zu neuer Blüte aufsteigen zu lassen.
  • - Dass die Kreuzfahrer 1204 Byzanz eroberten, plünderten und schließlich das Lateinische Kaiserreich (unter Kaiser Balduin) gründeten, war ein Akt von Machtgier, bedeutete für Byzanz aber nicht nur kurzfristig den Todesstoß. Da die verschiedenen Kaiserhäuser ihre eigenen Kleinstaaten gründeten, ging das verloren, was man im Heiligen Römischen Reich „Zentralmacht“ nannte. Ab diesem Zeitpunkt waren die Grundvoraussetzungen völlig andere – und für Ostrom schlechtere.
  • - Byzanz sah sich weiterhin als das einzige römische Reich, also als ein antiker Staat. Als schließlich die Neuzeit langsam begann, kam es zu weiteren Schwierigkeiten. Das sich ausbreitende neue Finanzsystem passte nicht mehr zu der religiös geprägten absolutistischen Monarchie in Konstantinopel. Aber auch bei der Taktik und den Waffen überholten andere modernere Staaten das Reich schließlich. Allgemein erstarrte Ostrom während dem mittelbyzantinischen Reich und besann sich nur noch auf alte Werte. Dies ist zwar ein wichtiger Faktor für jede Expansionspolitik, doch im dortigen Ausmaß lähmte sie die Kaiser und auch die Staatskasse nur und trug ihren Teil zum Niedergang von Byzanz bei.
  • - An sich waren es außenpolitische Probleme wie der Zweifrontenkrieg und einige Niederlagen, die schließlich zum Untergang Ostroms führten. Man darf aber als weitere Ursachen die innenpolitischen Probleme nicht unterschätzen, die teilweise außenpolitische Probleme zur Folge hatten. Dazu zählen nicht nur die bereits beim Aspekt des Provinzverlustes erwähnten dramatischen wirtschaftlichen Einbußen, sondern auch gesellschaftliche und soziale Veränderungen.

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19.09.2012, 13:33
Beitrag: #35
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(15.09.2012 15:06)Maxdorfer schrieb:  [*]- Konstantinopel lag am Bosporus, an einem Nadelöhr, wie es sonst nur selten auf der Welt vorkommt, dem Berührungspunkt von Schwarzem Meer und Mittelmeer, von Kleinasien und Europa. Das brachte es mit sich, dass das Byzantinische Reich sowohl von asiatischen und vorderasiatischen (Parther, Araber, Türken) als auch von europäischen Völkern (Bulgaren, Slawen) mit begehrlichen Blicken betrachtet wurde, zumal dort ein außergewöhnlicher Reichtum herrschte. Daraus resultierte ein Zweifrontenkrieg mit sich ständig regenerierenden Gegnern: Waren die Parther beispielsweise niedergerungen, traten die Araber an ihre Stelle. In solch einer Situation kann kein Großreich dauerhaft zu außenpolitischer Stabilität gelangen.

Meiner Meinung nach wohl langfristig gesehen der wichtigste Faktor. Betrachtet man die Anzahl von existenzbedrohenden Gegnern, ist es erstaunlich das sich Byzanz überhaupt so lange halten konnte.

Übrigens: Die Parther hörten sich schon zur Zeit der Römer auf, die Sassaniden waren es, die von den Arabern (und zwar extrem schnell) abgelöst wurden.
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19.09.2012, 17:05
Beitrag: #36
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(19.09.2012 13:33)WDPG schrieb:  Übrigens: Die Parther hörten sich schon zur Zeit der Römer auf, die Sassaniden waren es, die von den Arabern (und zwar extrem schnell) abgelöst wurden.

Danke, das ist etwas unübersichtlich mit den Persern, Neupersern, Parthern und Neuparthern...

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19.09.2012, 21:19
Beitrag: #37
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(15.09.2012 15:06)Maxdorfer schrieb:  [*]- Dass die Kreuzfahrer 1204 Byzanz eroberten, plünderten und schließlich das Lateinische Kaiserreich (unter Kaiser Balduin) gründeten, war ein Akt von Machtgier, bedeutete für Byzanz aber nicht nur kurzfristig den Todesstoß. Da die verschiedenen Kaiserhäuser ihre eigenen Kleinstaaten gründeten, ging das verloren, was man im Heiligen Römischen Reich „Zentralmacht“ nannte. Ab diesem Zeitpunkt waren die Grundvoraussetzungen völlig andere – und für Ostrom schlechtere.

Ein Akt der Machtgiert. OK, sicher kann man das so sagen, aber ich sagen dennoch das jede Macht ihre Hintergründe hat warum sie so handelte oder handeln musste.
Venedig, hatte extrem viel aufs Spiel gesetzt, alles Riskiert und dann seine Chancen genutzt. Der kleine Kreuzritter wollte viel lieber wo anders hin und die Kreuzzugsführer wollten wohl auch zuvor nach Ägypten, gerieten aber da irgendwie auch rein. Alexios IV könnte man die Schuld geben, aber er wollte nur den Thron (koste es was es wolle).

Also ein grausamer Akt ja, aber die beteiligten Mächte gerieten alle irgendwie in das ganze rein.

Bei dem mit der Zentralmacht muss ich sagen das es eher eine Episode war, wo das Probleme machte. Eine bedeutende, aber eine die so nicht ganz bis zum Schluss anhielt:

Thessalonike fiel schon bald wieder an Nikea/Byzanz. Epiros blieb noch einige Zeit lang selbstständig fiel dann doch an Byzanz (das es bald wieder verlor). Blieb noch das Kaiserreich von Trapezunt. Dieses war selbstständig, ein gewisser Ausgleich fand schließlich statt. Eine Vereinigung hätte die Lage wohl nicht groß verändert.

Also war die Aufsplitterung sicher ein wichtiger Faktor, aber nicht zu überschätzen.
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20.09.2012, 12:30
Beitrag: #38
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Man darf aber beim Untergang von Byzanz im Jahr 1453 nicht vergessen, dass die osmanische Armee in der Mitte des 15. Jahrhunderts die modernste Armee war. Die Janitscharen waren gut ausgebildete Berufssoldaten.

Ebenso sollte beachtet werden, dass bereits im 14. Jahrhundert praktisch alle Nachbarstaaten von Byzanz in osmanischer Hand waren. Somit sind nicht nur die internen Probleme Byzanzs für dessen Untergang verantwortlich, sondern eben auch die Überlegenheit der Osmanen, die einen modernen, religiös toleranten Staat mit effektiver, leistungsorientierter zivilen Verwaltung und schlagkräftiger Armee aufgebaut haben.

Interessant ist auch, dass die Griechen relativ schnell integriert wurden. Die Fanarioten, die man durchaus als Nachfolger der alten Byzantiner bezeichnen kann, erlangten als gesellschaftliche Gruppe eine einflussreiche Stellung im Osmanischen Reich.

Weiterhin ist es überlegenswert, warum es nach der Niederlage der Osmanen in der Schlacht von Belgrad (1456) zu keinerlei Aktionen für eine Restauration Byzanzs gekommen ist. Sicher, die Osmanen waren ein starker Gegner, aber ich denke auch, niemand wollte mehr für ein veraltetes Reich kämpfen.

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23.09.2012, 21:35
Beitrag: #39
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.09.2012 12:30)Sansavoir schrieb:  Ebenso sollte beachtet werden, dass bereits im 14. Jahrhundert praktisch alle Nachbarstaaten von Byzanz in osmanischer Hand waren. Somit sind nicht nur die internen Probleme Byzanzs für dessen Untergang verantwortlich, sondern eben auch die Überlegenheit der Osmanen, die einen modernen, religiös toleranten Staat mit effektiver, leistungsorientierter zivilen Verwaltung und schlagkräftiger Armee aufgebaut haben.............

Stimmt schon und das ist es auch, was die Sache ganz logisch macht. Aber es war ja ein Prozess der dazu führte das die Osmanen so stark und Byzanz so schwach wurden. Maxdorfer hat in seinem Posting etliche bedeutende Punkte aufgezählt, die Erklärungsansätze dazu sind.

Das sich Konstantinopel 1453 nicht halten konnte hat nicht viel geheimnissvolles. Betrachtet man die Überlegenheit der Osmanen ist es eher erstaunlich das sich die Byzantiner gar nicht so kurz wehren konnten. Doch ohne Hilfe aus dem Westen hatte man keine Chancen diese Bedrohung abzuwehren. Und wäre diese gekommen ist es auch nicht ganz klar ob man sich langfristig hätte halten können.
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23.09.2012, 21:39
Beitrag: #40
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(20.09.2012 12:30)Sansavoir schrieb:  Weiterhin ist es überlegenswert, warum es nach der Niederlage der Osmanen in der Schlacht von Belgrad (1456) zu keinerlei Aktionen für eine Restauration Byzanzs gekommen ist. Sicher, die Osmanen waren ein starker Gegner, aber ich denke auch, niemand wollte mehr für ein veraltetes Reich kämpfen.

Ich denke weniger das es um das veraltet sein ging. Aber wer hätte da Aktionen durchführen können? Irgendwelche Aufständischen Byzantiner? OK, aber das waren ja auch zum Schluss nicht mehr soo viele Leute und die Führungsschicht Konstantinopels war weg. Außerdem so lange es den Griechen im Osmanenreich gut ging, hatten sie wohl kaum einen Grund zum Aufstand.

Ohne Tatkräftige Hilfe aus dem Westen ging wohl nicht viel. Doch wer hätte diese leisten sollen und was hätte derjenige davon gehabt, wenn etwas die Palaiologiden oder die Komnenen den Thron in Konstantinopel wiedergewonnen hätten?
Europa war zu zersplittert. Alleine hätte wohl kaum wer über längere Zeit Chancen gehabt sich zu halten und eine Allianz zusammenzubekommen wurde sogar mehrfach versucht, war aber schwer und scheiterte schließlich.
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26.06.2013, 19:10
Beitrag: #41
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(24.06.2013 21:04)kugelschreiber schrieb:  Die Völkerwanderung hätte mit genug Militärischer Stärke im keim erstickt werden können.
Byzanz verlor immer dann Gebiete, wenn es im Inneren Probleme gab, ab dem 4. Kreuzzug wars natürlich vorbei.

Natürlich hängt der Untergang Ostroms nicht nur mit außenpolitischen Gründen zusammen. Aber er entstand nicht durch, wie du geschrieben hast, "inneren Zerfall".
Byzanz verlor oft dann Gebiete, wenn die innenpolitische Situation gerade instabil war. Sieht man ja auch am Unterschied zwischen dem ersten und dem vierten Kreuzzug. Beim ersten schaffte es der zwar nicht unangefochten, aber immerhin 37 Jahre lang recht sicher regierende Kaiser Alexios, die rauflustigen und plünderwütigen Kreuzfahrer einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. Um das Jahr 1200 war das anders - und prompt endete das ganze in einem Desaster, der Eroberung Konstantinopels und der Flucht des griechischen Kaiserhofes.
Für andere Beispiele müsste ich noch einmal nachschauen, aber beim Untergang Ostroms spielten Dinge wie gesellschaftlicher Verfall, Barbarisierung o. Ä. nicht wirklich eine große Rolle.

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26.06.2013, 21:41
Beitrag: #42
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Byzanz verlor im Ersten Kreuzug jedoch keine Gebiete, sondern konnte wieder in Kleinasien Fuß fassen. War somit insgesamt Gewinner des Kreuzzugs. Es ist schon eine Wechselwierkung vorhanden. Äußerer druck, daraufen Kriesen im Inland, wegen Auszerung und dauaus resultierenden Unzufriedenheit. Daraufhin haben Feinde freie Hand, führt wieder zu Kriesen...
Ein Teufelskreis.
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26.06.2013, 22:35
Beitrag: #43
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(22.06.2012 13:49)Arkona schrieb:  Viele geschichtsinteressierte Leute haben ein Byzanz-Bild, das von den alten Mosaikheften ("Ritter Runkel") geprägt wurde. Da stellt sich das Reich samt Kaiser (Andronikos II.) als eine Karikatur dar, machtlos und dekadent.

Du wirst lachen, ich habe auch den alten Mosaik-Heften meine erste "Bekanntschaft" mit Byzanz zu verdanken. Das war etwa 1969/70, ich ging in die dritte Klasse und begann die Hefte der zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossenen Runkel-Serie zu sammeln. Meine zweite Bekanntschaft folgte etwas später, es war der Roman "Malchatun" von Johannes Tralow, der ein differenzierteres Geschichtsbild weitergab.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich durch den Geschichtsunterricht nur mangelhaft über Byzanz informiert wurde. Habe mich aber nach 1990 belesen können.

Hier ein Link für alle, die die "Mosaik" nicht kennen. Die "Ritter Runkel" - und die "Amerika"-Serie sind für mich nach wie vor die besten Comics, die ich kenne.

Mosaik Nr. 119 (mit den Digedags)

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27.06.2013, 15:01
Beitrag: #44
Dauerhafter Mehrfrontenkrieg:
(26.06.2013 19:10)Maxdorfer schrieb:  Natürlich hängt der Untergang Ostroms nicht nur mit außenpolitischen Gründen zusammen. Aber er entstand nicht durch, wie du geschrieben hast, "inneren Zerfall".................

Ich würde die Situation so ausdrücken: Zeit seiner Existenz musste Byzanz an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen. Einen solchen Mehrfrontenkampf über eine so lange Dauer zu bestehen war nur schwer möglich. Wie in den meisten Reichen gab es immer wieder auch innere Probleme. Gerade weil man immer einen Mehrfrontenkrieg zu führen hatte, hatten diese dann oft eine verheerende Wirkung.

Also auch eine Art Wechselwirkung, wobei ich finde das, der äußere Faktor fast wichtiger zu nehmen ist.

Das, dass mit der „Wechselwirkung“ so war zeigt sich um nur ein Beispiel zu nennen bei den Arabern. Sobald Byzanz innere Probleme hatten, nutzten sie die Chance für weitere Eroberungen.
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27.06.2013, 17:40
Beitrag: #45
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(26.06.2013 21:41)kugelschreiber schrieb:  Byzanz verlor im Ersten Kreuzug jedoch keine Gebiete, sondern konnte wieder in Kleinasien Fuß fassen. War somit insgesamt Gewinner des Kreuzzugs. Es ist schon eine Wechselwierkung vorhanden. Äußerer druck, daraufen Kriesen im Inland, wegen Auszerung und dauaus resultierenden Unzufriedenheit. Daraufhin haben Feinde freie Hand, führt wieder zu Kriesen...
Ein Teufelskreis.

Genau das sagte ich. Im 1. Kreuzzug, als Byzanz innenpolitisch gut dran war, war das Reich einer der Gewinner. Im 4. Kreuzzug war die innenpolitische Situation katastrophal und deswegen konnte man auch nichts ausrichten, um die Kreuzfahrer zu bändigen.
Vermutlich haben wir ein bisschen aneinander vorbeigeredet: Ich meinte, dass das, was ich unter "innerem Zerfall" verstehe, also gesellschaftliche Probleme, Konflikte zwischen Arm&Reich, wirtschaftlicher Niedergang, nicht so sehr am Untergang Ostroms beteiligt waren.
Dass die innenpolitische Lage die außenpolitische beeinflusst und umgekehrt, stimmt natürlich.

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27.06.2013, 21:38
Beitrag: #46
RE: Untergang Ostroms. Warum?
die größten Inneren Probleme des Mittelalters waren jedoch Machtkämpfe an der Spitzr. So z.B. Konflickte zwischen Aldelsgeschlechter, Innerhalb des Geschlechts um die Vorherschaft, Konflickt zwischen Klerus und Weltlichen Herrschern.
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28.06.2013, 17:55
Beitrag: #47
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(27.06.2013 21:38)kugelschreiber schrieb:  die größten Inneren Probleme des Mittelalters waren jedoch Machtkämpfe an der Spitzr. So z.B. Konflickte zwischen Aldelsgeschlechter, Innerhalb des Geschlechts um die Vorherschaft, Konflickt zwischen Klerus und Weltlichen Herrschern.

Eben.
Gesellschaftliche Probleme gab es auch, und zwar so gut wie überall, aber die führten nicht zum Untergang Ostroms.

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28.06.2013, 22:42
Beitrag: #48
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Volksaufstände waren bis zum 16., 17. Jahrhundert nicht so das Problem. Ein Mann mit einer Mistgabel, holt keinen Ritter oder Kataphraktoi vom Pferd.
Volksaufstände wurden in dem Moment gefährlich für die Herschenden Klassen, als die Feuerwaffen aufkamen. Anfangs nicht gerade Vorteilhaft, aber jeder Depp konnte sie bedienen. Nur deshalb haben sie sich auch durch gesetzt, das Gewehr war anfangs dem Langbogen weit unterlegen, Das Bogenschießen muss jedoch gut geübt sein, dass Schießen mit dem Gewehr nicht (ziehlen war Zeitverschwendung).
Außnahmen bestätigen die Regel, siehe Schweiz.
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28.06.2013, 23:22
Beitrag: #49
RE: Untergang Ostroms. Warum?
Mal eine Frage an WDPG oder an Maxdorfer. Gab es im späten Byzanz unter den Palaiologen Tendenzen, Bündnisse auf monarchischer Grundlage mit den Nemajiden Serbiens oder mit den bulgarischen Asens zu schließen? Ich meine jetzt nicht, Verträge zwischen Staaten Byzanz und Serbien bzw. Bulgarien, sondern eher Verträge zwischen den Herrscherdynastien zur gegenseitigen Unterstützung.

Ich habe so an Verträge gedacht, wie z.B. den Erbvertrag zwischen Luxemburger und Habsburger von 1364 oder den Vertrag, den Karl IV. mit den ungarischen König Ludwig (Lajos) den Großen geschlossen hat, in dem sich die ungarischen Anjou und Luxemburger ebenfalls gegenseitiges Erbrecht gewährten.

Grund der Frage ist, dass ich mir Überlegungen zum Verhältnis von Byzanz zu Serbien und Bulgarien mache und ob ein gemeinsames Vorgehen gegen die Osmanen möglich wäre und wenn ja, auch erfolgreich wäre.

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29.06.2013, 21:50
Beitrag: #50
RE: Untergang Ostroms. Warum?
(28.06.2013 23:22)Sansavoir schrieb:  Mal eine Frage an WDPG oder an Maxdorfer. Gab es im späten Byzanz unter den Palaiologen Tendenzen, Bündnisse auf monarchischer Grundlage mit den Nemajiden Serbiens oder mit den bulgarischen Asens zu schließen? Ich meine jetzt nicht, Verträge zwischen Staaten Byzanz und Serbien bzw. Bulgarien, sondern eher Verträge zwischen den Herrscherdynastien zur gegenseitigen Unterstützung.

Spontan, ohne größere Recherchen geantwortet würde ich folgendes sagen:

Asen, wenn ich mich rechter erinnere gab es zwischen den Asen und der Kaiserdynastie von Byzanz schon so was wie eine Heiratspolitik. Gegen die Osmanen konnte sie aber nicht wirklich was bewirken. Bulgariens Großmachtzeit war spätestens als man den Mongolen Tributpflichtig wurde beendet, das war sogar noch vor der Zeit der Rückeroberung von Konstantinopel durch Nikea.

Was Bündnisse mit Serbien betrifft ist es nicht soo viel anders. Andronikos II hatte seine Tochter mit Stefan Uros II Milutin verheiratet. Jedoch eher zur Absicherung vor Serbien, als für einen gemeinsamen Kampf gegen die Osmanen. Zur Zeit des Serbischen Großreichs, wüsste ich jetzt nichts von einem Bündnis. Byzanz war wohl zu sehr mit dem Bürgerkrieg beschäftigt von dem Serbien dann sehr stark profitierte. Danach gab es zwar sogar Bündnisversuche mit serbischen Fürstentümern, doch beide Seiten waren bereits zu schwach um was gegen die Osmanen auszurichten – Byzanz war schon kurz nachdem die Türken ihren Fuß nach Europa setzten zu schwach um hier einen Beitrag von Bedeutung zu leisten.
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